Ehrenbürger |
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Der Fluch von Burg Hohenstein - ein Lustspiel in neun Aufzügen - - von Alricio Romero di Madjani - Dramatis Personae: Friedbert – ein edler Ritter Anna – eine schöne Maid Der Vogt – ein böser Tyrann Der Geist – ein Verfluchter Der Bucklige – ein Knecht Das Mädchen – ein Kind Der Junge – noch ein Kind Hauptmann – ein Wachhauptmann 1. Wache – eine Wache 2. Wache – noch eine Wache 3. Wache – eine Gefängniswache
1. AUFZUG Bühnenbild: Ein Wald Requisiten: Ein Stoffhase, ein Steckenpferd, gesiegelte Schriftrolle
Vorhang Auftritt Buckliger mit Hasen Buckliger: Oh, was für ein schöner Hase bist du… da wird sich mein Herr aber freuen. Ja, das wird er, oh ja. Auftritt Friedbert auf Steckenpferd Friedbert: (schroff) Heda! Strolch! Was tust du da? Buckliger: (demütig) Ich jage Hasen für meinen Herrn, hoher Herr. Friedbert: Welcher Herr? Ein Wilderer bist du, nicht mehr! Buckliger: (eingeschüchtert) Mein Herr ist der Vogt von Hohenstein, der Verwalter dieses Landes, hoher Herr. Friedbert zieht in einer dramatischen Geste eine Schriftrolle hervor und entrollt sie Friedbert: (pathetisch deklariert) Sieh her, dieses Schreiben vom König höchst selbst. Erkennst du sein Siegel? Das Leben habe ich ihm gerettet in tapferer Tat, worauf er mich mit diesem Land belohnte. ICH bin dein Herr, und der Herr über deinen Herren! (befehlend) Knie nieder, Bursche! Buckliger fällt eingeschüchtert und demütig auf die Knie Vorhang
2. AUFZUG Bühnenbild: Der Dorfplatz Requisiten: Ein Stoffhase
Vorhang Anna und die Kinder auf dem Dorfplatz, die Kinder in gespannter Aufmerksamkeit um Anna versammelt, ihr lauschend Anna: (erzählend) … und niemand kann die Burg betreten, denn für niemanden öffnet sich das Tor, und keine Gewalt kann es aufbrechen. Doch wer über die Mauer steigt, den fressen die Dämonen, die dort hausen, und er wird nie wieder gesehen. Denn seit undenklichen Zeiten, so heißt es, liegt ein Fluch über den Mauern. Mädchen: (verängstigt) Niemand bringt mich in die Nähe der Burg. Ganz sicher nicht! Junge: (prahlerisch) Ich habe keine Angst! Wenn ich groß bin, gehe ich die Dämonen vertreiben. Ich habe vor NICHTS Angst! Mädchen: (erschocken) Schaut nur der Vogt und seine Wache! Junge und Mädchen verstecken sich hinter Anna, diese steht auf Vogt: (ölig) Sie an, welche schöne Blume sich auf diesen dreckigen Dorfplatz verirrt hat. Anna: (steif) Den Vieren zur Ehre, Herr Vogt Vogt: (den Gruß ignorierend) Nun, mein Täubchen, wann gedenkt dein Vater seine Schulden bei mir zu bezahlen Anna: Bald, Herr. Sobald er wieder gesund ist, Herr. Vogt: Wenn er je wieder gesund wird. Aber mir soll es recht sein. Ich habe sowieso schon eine Idee, wie er seine Schulden begleichen kann. Besitzt er doch etwas, was mehr wert ist als alles, was er sonst je zustande gebracht hat. Du wirst seine Schulden gut bei mir abarbeiten können. Vogt wirft Anna einen lüsternen Blick zu Anna: (entsetzt und eingeschüchtert) Aber Herr, selbst wenn ich wollte, wie könnte ich meinen kranken Vater im Stich lassen? Vogt: (boshaft) Das hätte er sich überlegen sollen, bevor er krank wurde. Richte ihm das aus: Bis übermorgen gibt er mir entweder das Geld, oder du wirst mir zu Willen sein, bis die Schulden abgearbeitet sind. Wenn nicht, dann hole ich dich selbst, und er… (lässt das Ende drohend offen) fieses Gelächter von den Wachen Vogt: (wieder ölig) Und jetzt geh, meine Holde, und richte es aus. Ich freue mich schon auf dich. Anna verneigt sich steif und tritt ab, die Kinder laufen hinterher Vogt: (gehässig zu den Wachen) Das sollte doch mit dem Einen zugehen, wenn sie mir nicht bald das Bett wärmen würde. Vogt lacht, die Wachen fallen ein Auftritt Buckliger mit Hasen, sichtlich eingeschüchtert und durcheinander Vogt: Da bist du ja endlich, Buckliger! Hast du einen Hasen für mein Essen gefangen? Wehe dir, wenn mir heute kein Fleisch aufgetragen wird! Buckliger: (unterwürfig stammelnd) Ja, Herr. Einen Hasen, Herr. Aber… aber Herr, im Wald, ein Herr… Vogt: (ungeduldig) Schwatz nicht, gib mit den Hasen! Buckliger: Aber Herr, das darf ich nicht! Er gehört mir nicht, Herr, und euch auch nicht! Er gehört dem neuen Herrn! Vogt: (zornig) Was faselst du, Bursche? Was für ein Herr? Buckliger:: (eilig) Der neue Herr über Hohenstein… und die Ländereien… und die Burg, Herr. Ein Ritter, Herr. Er hat ein Schreiben, vom König selbst, Herr! Vogt: (außer sich) ICH bin der Herr von Hohenstein! Ich und niemand sonst! Gib mir den Hasen! Vogt entreißt dem Buckligen den Hasen und stößt ihn zu Boden Vogt: Wache! Aufgesessen! Wir reiten diesen Störenfried suchen! Vogt und Wache treten ab Anna tritt auf und hilft dem Buckligen auf die Beine, beide treten ab Vorhang
3. AUFZUG Bühnenbild: das Burgtor von Außen Requisite: gesiegelte Schriftrolle, ein Baum, ein Steckenpferd, ein Laubhaufen
Vorhang Friedbert ‚reitet’ auf die Bühne, sitzt ab und stellt sein Pferd am Baum ab. Er tritt vor das Tor. Friedbert: (ruft) Heda! Ist da wer? Tor: … Friedbert: Ich bin Ritter Friedbert und verlange im Namen des Königs Einlass! Tor: … Friedbert holt die Schriftrolle hervor und hält sie hoch Friedbert: Dieses Dokument macht mich zum Herrn über Burg Hohenstein und alle Ländereien! Öffnet das Tor! Tor: … Friedbert: Ihr widersetzt euch einem Befehl des Königs, wenn ihr nicht sofort öffnet! Tor: … Friedbert: Nun denn, ihr habt es so gewollt. Bereitet euch auf eure gerechte Strafe vor! Friedbert zieht sein Schwert und marschiert auf das Tor zu. Auftritt Vogt und Wachen Vogt: Heda, Herumtreiber! Bist du der angebliche Ritter? Friedbert: Wie kannst du es wagen, so mit deinem Herrn zu reden, Knecht? Ich bin ein Ritter des alten Ordens und vom König höchst selbst für meine Tapferkeit mit diesem Land belohnt worden! Knie nieder, und ich werde dir vielleicht deinen Kopf lassen! Vogt: (spöttisch) Gewiss doch, ein Ritter. Das kann jeder behaupten. Friedbert (von gerechtem Zorn erfüllt) Sieh hier diese Botschaft, ein Dokument gesiegelt vom König! Es ist über jeden Zweifel erhaben und beweist meinen Anspruch. Vogt: Nun, Herr Ritter, ich habe auch eine Botschaft für euch. Wir brauchen hier keinen Ritter, und wir wollen keinen. ICH bin der Herr dieses Landes und werde mich gewiss nicht verdrängen lassen. Friedbert: Du wagst es! Welch Frevel wieder der Ordnung des Weltenlaufes! Dafür wirst du zahlen. Ich werde dich hier und jetzt für dein frevlerisches Verhalten strafen! Friedbert hebt das Schwert und stürmt auf Vogt und Wachen los. Ein kurzer Kampf entbrennt, in dessen verlauf Friedbert von einer Wache von hinten niedergeschlagen wird. Der Vogt nimmt das königliche Schreiben an sich und hält es triumphierend hoch Vogt: (zu seinen Wachen) Schafft ihn irgendwo hin, wo er verrotten kann. Der Vogt hält die Schriftrolle hoch Das hier kommt mir gerade recht. Vogt tritt ab. Die Wachen schleifen den leblosen Friedbert beiseite und bedecken ihn mit etwas Laub, bevor sie folgen. Auftritt Buckliger. Er eilt zum ‚begrabenen’ Friedbert. Buckliger: (schluchzend) Ach, Herr, oh Herr! Buckliger zieht Friedbert aus dem Laub und trägt ihn von der Bühne. Vorhang
4. AUFZUG Bühnenbild: Das Innere des Bauernhofs, mit Vorder- und Hintertür Requisiten: ein Bett, ein Besen
Vorhang Friedbert liegt bewusstlos auf dem Bett, Anna kniet vor ihm und versorgt seine Wunden. Das Mädchen steht dabei und hilft ihr. Mädchen: (naiv) Wird er sterben? Anna: (lächelt) Nein, das wird er nicht. Er hat großes Glück gehabt, dass der Bucklige ihn gefunden hat. Aber er ist schwer verletzt. Es ist ein Wunder, dass er überlebt hat, und nur die Viere wissen, wann er wieder aufstehen können wird. Friedbert stöhnt und öffnet die Augen Friedbert: Bist… bist du ein Horwah? Anna: (lach spöttisch) Wie ein Horwah sehe ich wohl nicht aus. Ich bin Anna. Ich habe dich gepflegt. Friedbert: (schmachtend) Anna… welch wundervoller Name. Ich bin Friedbert, der Ritter und Herr dieser Ländereien. Anna: Dann stimmt es also. Kein Wunder, dass der Vogt dich umbringen wollte. Friedbert: (zornig) Der Vogt, dieser Schuft. Ich muss ihn stellen. Er soll seiner Strafe nicht entgehen! Friedbert macht Anstalten, aufzustehen, Anna hält ihn zurück Anna: Halte ein. Du bist noch zu schwach zum Aufstehen! Du lagst zwei Tage ohne Bewusstsein und hast mit dem Tod gekämpft. Friedbert: Ein wahrer Ritter kennt keine Schwäche! Friedbert schiebt Anna zur Seite und steht auf, marschiert auf die Tür zu, bricht dann aber plötzlich ein. Anna eilt hinzu und fängt ihn auf. Die beiden stehen einen Moment eng umschlungen da Friedbert: (selig) Anna! Anna: (schmachtend) Friedbert! Friedbert: Lass uns gemeinsam ausreiten! Zu den heißen Quellen. Dazu bin ich nie zu schwach, und die Bewegung wird uns gut tun. Anna: Oh ja. Beide lösen sich und wenden sich Hand in Hand der Tür zu. Diese wird aufgestoßen und der Junge kommt ins Haus gestürmt. Junge: Anna, Anna, der Vogt ist auf dem Weg! Er ist gleich da! Friedbert: Flüchte, Anna! Ich halte sie auf! Anna: Aber du bist verletzt und unbewaffnet! Komm mit mir. Friedbert: Ich bin ein Ritter, ich weiche keinem Kampf. Jetzt lauf! Anna wendet sich nach kurzem Zögern ab und flüchtet durch die zweite Tür. Der Junge und das Mädchen mit ihr. Friedbert greift den Besen und postiert sich damit mitten im Raum. Der Vogt mit seiner Wache stürmt das Haus. Friedbert: Ha, Schuft. Endlich habe ich dich! Vogt: (genervt) Du schon wieder? Friedbert: Du wolltest mich, deinen Herrn, töten lassen. Aber es ist dir nicht gelungen. Nun erwarte deine gerechte Strafe. Vogt: Du? Mein Herr? Wie kommst du auf solchen Unsinn? Friedbert: Ich habe ein königliches Schreiben, das meinen Anspruch belegt! Vogt: (süffisant) Wenn du ein solches Schreiben hast, macht es dir sicher nichts aus, es vorzuzeigen. Ich werde einen gerechten Anspruch gewiss nicht ablehnen. Friedbert: (einen Moment verwirrt, dann mit aufblitzender Erkenntnis) Ihr habt es mir gestohlen! Gelächter von den Wachen Vogt: (spöttisch) Welch gewaltige Geistesleistung. Doch nun genug davon. Wo ist Anna? Sie gehört mir. Friedbert: Sie ist nicht hier. Doch nun stell dich, Schurke, deinen gerechten Lohn zu empfangen! Friedbert geht mit dem Besen theatralisch auf den Vogt und seine Wachen los. Der Vogt wehrt sich eher entnervt. Friedbert: Hier, nimm das! Und das! Und das erst recht! Spüre die Kraft eines Ritters und der Gerechtigkeit! Hauptmann umgeht Friedbert und schlägt ihn ein weiteres Mal von hinten bewusstlos. Vogt: (zu Hauptmann) Schaff ihn in den Kerker. Das sollte ihn daran hindern, einfach noch einmal von den Toten aufzuerstehen. Und ihr anderen sucht das Mädchen, und Wehe euch, ihr findet sie nicht. Sie kann noch nicht weit sein. Vogt, Friedbert und der Hauptmann verlassen den Raum durch die Vordertür, die beiden Wachen durch die Hintertür. Vorhang
5. AUFZUG Bühnenbild: Das Burgtor von außen Requisiten:
Vorhang Anna kommt gehetzt auf die Bühne, zum Publikum gewandt Anna: Sie sind direkt hinter mir. Ich kann sie hören. Wohin soll ich fliehen? Wohin kann ich mich wenden? Das Burgtor öffnet sich knarrend, Anna erstarrt und wendet sich dann langsam um Anna: Die Burg! Aber sie ist verflucht. Soll ich den Schergen des Vogtes entkommen, nur um in noch größeres Unheil zu geraten? Das klappern von Rüstungen ist zu hören, Anna sieht sich hektisch um Anna: Sie kommen! Was soll ich tun? Lieber sterbe ich, als mich dem Schuft hinzugeben. Oh, ihr Viere, helft! Anna flüchtet in die Burg. Kurz darauf stürmen die Wachen auf die Bühne 1. Wache: Wo ist sie hin? Sie muss hier sein! Die Wachen sehen sich suchend um 2. Wache: Sieh nur, das Burgtor! Es ist offen. 1. Wache: Sie wird doch nicht… 2. Wache: … in die Burg… 1. Wache: … geflüchtet sein? Die beiden Wachen sehen sich eine Weile schweigend an 2. Wache: Du bist der Ranghöhere. Dir gebührt die Ehre, sie zu fassen. 1. Wache: Als Ranghöherer befehle ich dir, da rein zu gehen! 2. Wache: Bist du verrückt? Damit der Dämon mich frisst? Geh selber! 1. Wache: Bist du verrückt? Damit der Dämon mich frisst? Ab mit dir! 2. Wache: Befehl was du willst, ich gehe da nicht rein! 1. Wache: Ich ganz sicher auch nicht! Die beiden Wachen sehen sich erneut eine Weile schweigend an, wenden sich dann um 1. Wache: Du erklärst es dem Vogt. 2. Wache: Du bist der Ranghöhere. Du erklärst es dem Vogt. 1. Wache: Als Ranghöherer befehle ich dir… Beide gehen ab Vorhang
6. AUFZUG Bühnenbild: Der Hof der Festung des Vogts mit Kerkertür Requisiten: Kistenstapel, Knüppel, Schlüssel
Vorhang Vogt und Hauptmann treten auf, der Hauptmann trägt den bewusstlosen Friedbert Vogt: Pack ihn in die Zelle und stell Wachen auf. Vogt geht ab. Der Hauptmann trägt Friedbert hinter die Kerkertür und kommt zurück Hauptmann: Wache!! Wache 3 tritt auf Wache 3: Jawohl, Herr Hauptmann? Hauptmann: Bewach den Gefangenen! Wache 3: Jawohl, Herr Hauptmann! Wache 3 stellt sich neben der Kerkertür auf, Hauptmann geht ab. Nach kurzer Zeit treten Junge und Mädchen auf. Die beiden tuscheln verschwörerisch, dann geht das Mädchen wieder ab und der Junge versteckt sich mit Knüppel hinter dem Kistenstapel. Das Mädchen pfeift. Wache 3: Wer ist da?! Das Mädchen pfeift erneut Wache 3: Zeigt euch! Das Mädchen pfeift ein drittes Mal, Wache 3 geht zum Bühnenrand und sieht sich suchend um. Der Junge schleicht sich von hinten an und zieht der Wache den Knüppel über, welche darauf lautlos zusammenbricht Junge: Der schläft erst mal. Mädchen: Gut gemacht. Nun lass uns schnell den Ritter befreien! Junge und Mädchen durchsuchen die Wache und eilen dann mit dem Schlüssel zur Kerkertür, öffnen diese. Friedbert: Ha, ihr Schurken! Seid ihr doch noch zur Besinnung gekommen und lasst mich endlich frei? Na wartet, euch werde ich… Friedbert unterbricht sich oh, ihr seid es. Junge: Leise, euer Wohlgeboren! Es sind noch Wachen in der Feste! Friedbert: Die sollen mich kennen lernen! Ich bin bereit zum Kampf! Mädchen und Junge verdrehen die Augen Mädchen: Aber nicht jetzt, euer Wohlgeboren! Anna braucht euch! Euer Pferd steht bereit. Friedbert: Anna! Meine geliebte Anna, wo ist sie? Was ist mit ihr? Junge: Sie hat sich vor den Schergen des Vogtes in die verfluchte Burg geflüchtet. Friedbert: Ich muss zu ihr! Mädchen: Und die Wache? Junge: Wir können sie im Kerker einsperren. Friedbert: Eine gute Idee. Du könntest fast Knappe sein. Friedbert und die Kinder schleifen die bewusstlose Wache in die Zelle und flüchten dann aus der Burg. Vogt tritt auf und sieht Friedbert gerade noch davoneilen. Vogt: Was ist das? Er ist entkommen? Hauptmann! Die Pferde!! Wache 1 und Wache 2 treten außer Atem auf Vogt: Ihr! Wo ist die Frau? Die Wachen sehen sich eingeschüchtert an Vogt: Antwortet! Und wehe euch, wenn sie entkommen ist! Wache 1: Entkommen… nicht wirklich. Wache 2: Eher… festgesetzt. Wache 1: (kleinlaut) In der verfluchten Burg… Vogt: (scharf) Ihr nichtsnutzigen Idioten! Sattelt auf, wir reiten zur Burg! Wache 1: Aber Herr… Wache 2: … der Dämon! Vogt: Der Dämon ist mir egal! Ich will diese Frau! Die beiden eilen davon, treten kurz darauf zusammen mit dem Hauptmann auf. Jeder hat ein Steckenpferd, der Hauptmann trägt ein zweites für den Vogt. Dieser steigt auf. Vogt: Wir reiten, Männer! Die vier ‚galoppieren’ auf ihren Steckenpferden ab. Vorhang
7. AUFZUG Bühnenbild: Das Burgverlies, brüchige Wände, Spinnweben Requisiten: Eine Truhe mit Geschmeide
Vorhang Anna betritt langsam und unschlüssig die Bühne, sieht sich eine Weile um. Mehrfach scheint sie mit der Versuchung zu ringen, das Geschmeide zu greifen und anzuprobieren, aber jedes Mal hält sie im letzten Augenblick inne und berührt den Schmuck doch nicht. Aus dem düsteren Hintergrund tritt langsam eine in Fetzenrobe gekleidete Gestalt hervor, das Gesicht vom Schatten der Kapuze verborgen. Die Gestalt tritt hinter Anna, bleibt aber mit ein paar Schritten Abstand stehen. Nach einer Weile entringt sich der Kehle der Gestalt ein leises, tiefes Seufzen, worauf Anna erschrocken herumfährt und zurückweicht Anna: (sich berautend) Ihr Viere helft, der Dämon! Geist: (sanft und traurig) Fürchtet euch nicht, Maid. Von mir wird euch kein Leid geschehen. Anna: (sich langsam fassend) Wer… wer seid ihr? Geist: Ich bin Ritter Reumund, der letzte Herr dieser Burg, von dem Herren Morsan dazu verdammt, niemals in sein Reich einkehren zu dürfen, bis meine Frevel an der Herrin Vitama gesühnt sind. Anna: Ihr seid ein Verdammter, eine gefesselte Seele? Geist: Ja, so ist es. So hört meine Geschichte, edle Maid. Der Geist beginnt zu erzählen Einst, vor fast zweihundert Götterläufen, war ich ein junger und stolzer Ritter, Herr dieser Länder, von den Vieren gesegnet mit treuen Untertanen, einem wohlgefälligen Aussehen und einem starken und geschickten Schwertarm. Doch wie die Menschen sind, dankte ich nicht den Vieren für ihre Gnade und nutzte sie demütig und weise, sondern ich glaubte, all mein Glück aus eigener Kraft errungen zu haben. So wurde ich stolz, eitel und herrisch, und wie die Jahre vergingen wandelte sich die Treue und Liebe meiner Untertanen mehr und mehr in Furcht. Doch blind wie ich war, wollte ich das nicht sehen, und gab Verschwörern oder Schergen des Einen die Schuld am dem Wandel. Zu dieser Zeit fiel mein Auge auf die Tochter des Müllers, ein Mädchen von vollkommener Schönheit und edler Seele. Aber sie wies mein Werben zurück, entschlossen, aber doch in aller Höflichkeit. Keine Geschenke, keine Verlockung konnten ihre Entscheidung umstimmen. Ich tobte vor Wut, war ich doch gewohnt, alles zu erhalten, was ich begehre. Und so beschloss ich, mir mit Gewalt zu nehmen, was mir freiwillig nicht gegeben werden sollte. Meine Wachen überfielen die Mühle, töteten ihre Eltern und verschleppten sie hierher, in diese Burg. Obwohl sie mir hier ausgesetzt war grauste es mir doch davor, mich an ihr zu vergehen, denn auch wenn ich es mir in meiner Verblendung auch nicht eingestehen wollte wusste ich doch tief im Inneren um den Frevel an der Herrin, den ich auch so schon beging. So hielt ich sie gefangen, gab ihr aber feinste Speisen und edle Gewänder, denn ich hatte beschlossen, mich an ihrem Anblick zu erfreuen, wenn ich schon nicht weiter zu gehen wagte. Doch die edle Maid verweigerte die Kleidung und das Essen, und blieb in Lumpen und hungernd in den Gemächern, die ihr Gefängnis waren. Weder Drohen noch Flehen konnte sie dazu bewegen, und so musste ich mit Grauen ansehen, wie ihr Körper mehr und mehr verfiel. Es zerriss mein Herz, sie so zu sehen, doch waren meine Gedanken so verdüstert, dass es mir nicht gelang, meine Schuld zu erkennen und zu sühnen und sie so zu retten. So rief Morsan die arme Maid zuletzt in ihre Hallen, und ich wütete von Verzweiflung und Selbsthass zerfressen wochenlang in meiner Feste, bis auch der letzte Vertraute, der letzte Diener geflüchtet war. Zuletzt legte ich Feuer an die Burg, um allem ein Ende zu bereiten, doch Morsan verweigerte mir seine Erlösung, bis dass ich den Frevel gesühnt und eine unschuldig in Bedrängnis geratene Maid aus den Klauen eines finsteren Tyrannen befreit habe. So fürchtet nichts, denn was immer in meiner Macht steht werde ich tun, um euch vor den Nachstellungen des Vogtes zu bewahren und euch das Schicksal zu ersparen, vor dem ich die, die durch meine Hand Unrecht und Leid erfuhr, trotz aller Reue nicht mehr zu erretten vermag. Der Geist steht demütig und reuevoll vor Anna, welche ihn eine Weile betrachtet. Anna: Ich höre in euren Worten und fühle noch mehr in meinem Herzen, dass eure Reue aufrichtig ist und ihr eure Sünden wirklich erkannt habt. Wohlan, Ritter, ich will mein Leben in eure Hand geben und erbitte euren Schutz und euren Beistand. Der Geist strafft sich in neuer Hoffnung. Geist: Niemals wird er euch in diesen Mauern Leid antun, solange ich über euch wache. Vorhang
8. AUFZUG Bühnenbild: Das Burgtor von außen Requisiten:
Vorhang Friedbert tritt auf und vor das Burgtor, rufend Friedbert: Öffnet im Namen des… Friedbert unterbricht sich, spricht normal laut weiter Friedbert: Oh, es ist ja schon auf. Um so besser. Wohlan, auf zur mutigen Tat. Erzittert, ihr Dämonen, denn nichts und niemand kann einen Ritter mit reinem Herzen aufhalten! Und kein Dämon dieser oder irgend einer anderen Welt wird sich zwischen mich und meine geliebte Anna stellen! Für Krone und die Viere, Sieg oder Tod! Friedbert stürmt durch das Burgtor. Vogt, Hauptmann und Wachen treten auf. Vogt: Ha! Hierher ist er, der Zinnsoldat. Umso besser, so bekommen wir ihn und meine Anna auf einen Schlag. Vorwärts, Männer, das Tor steht offen! Die Wachen sind wenig begeistert. Wache 1: In die Burg…? Wache 2: … zu dem Dämon…? Hauptmann: … dem noch niemand lebend entkommen ist? Der Vogt wird zornig. Vogt: Ihr feigen Memmen! Was seid ihr, Männer oder Kinder, die noch in die Windeln machen? Wache 1 murmelt. Wache 1: Ich wünschte, ich hätte welche an… Hauptmann: Herr Vogt, bei allem Respekt, ich empfehle… Der Vogt unterbricht ihn. Vogt: Feiglinge, alle miteinander! Ohne euch bin ich sowieso besser dran. Aber wehe euch, wenn ich wieder herauskomme, dann geht es euch schlecht! Der Vogt stürmt durch das Burgtor. Wache 1: ‚Wenn’ oder ‚falls’… Wache 2: … das ist hier die Frage. Hauptmann: Ich glaube, so oder so müssen wir uns einen neuen Herrn suchen. Ich habe gehört, es soll da in Falkenstein einen Söldnerhauptmann geben… Wache 1: Falkenstein? Viel Sonne, Meer und exotische Früchte? Wache 2: Genau. Das ist sicher ein gesundes Klima. Wache 1: Genau. Auf jeden Fall gesünder als hier. Wache 2: Genau. Wegen dem Regen und so. Wache 1: Genau. Und den Dämonen und all dem. Hauptmann: Dann ist es also abgemacht. Auf nach Falkenstein! Die Wachen schwingen sich auf ihre Steckenpferde und treten ab. Vorhang
9. AUFZUG Bühnenbild: Das Burgverlies, brüchige Wände, Spinnweben Requisiten: Eine Truhe mit Geschmeide, eine Pistolenarmbrust, Dolch und Schwert für den Vogt, ein Schwert für Friedbert
Vorhang Friedbert ruft von hinter der Bühne nach Anna, erst leise dann immer lauter. Friedbert tritt auf. Friedbert: Anna! Anna, mein Liebling, wo bist du?! Anna! So antworte doch! Anna tritt auf. Anna: Hier bin ich, Friedbert, mein Liebster! Beruhige dich, mir ist nichts geschehen. Friedbert: Oh Anna! Wie bin ich erleichtert, dich zu sehen. Ich fürchtete schon… Der Geist tritt hinter Anna auf die Bühne und stellt sich hinter sie. Friedbert unterbricht sich. Friedbert: Hah! Welch finsterer Schatten lauert hier unter den Gemäuern? Stell dich, was du auch bist! Die edle Anna steht unter meinem Schutz und kein Gespenst, Schatten oder Dämon wird ihr des Leides tun! Friedbert springt vor, schiebt Anna hinter sich und zieht das Schwert Friedbert: Stell dich, finstere Gestalt! Mit namenlosen Geschöpfen mache ich kurzen Prozess! Friedbert schwingt sein Schwert und schlägt auf den Geist ein, ohne diesen jedoch treffen zu können. Dieser verharrt schweigend und regungslos. Anna: Friedbert, halte ein! Friedbert: Was für eine schwarze Magie ist das? Was schützt dich vor der rächenden Klinge eines Ritters? Sprich, Kreatur, oder ich werde dir mit bloßen Händen den Schädel vom Rumpf reißen! Anna: Friedbert! Er ist auf unserer Seite! Friedbert hält überrascht inne, zum Teil auch, weil er die Nutzlosigkeit seines Bestrebens erkennt. Friedbert: Auf unserer Seite? Anna, du redest wirr, die finsteren Gemäuer haben deinen Geist verwirrt. Wie meinst du das? Der Geist erhebt die Stimme, worauf Friedbert sofort wieder in Kampfstellung geht, von weiteren nutzlosen Angriffen aber absieht. Geist: Lasst mich erklären, tapferer Ritter. Ich bin Ritter Reumund, der letzte Herr dieser Burg, und aufgrund frevelhafter Taten verdammt, hier zu wandeln, bis ich eine unschuldige Maid vor üblem Schicksal bewahrt habe. Ich werde Anna mit all meiner Macht beschützen. Friedbert: Das klingt annehmlich. Nun gut, ich will euch glauben. Geist: Dann tretet rasch mit Anna hinter diese Wand, bevor der Vogt kommt. Friedbert: Es ist mir zutiefst zuwider, mich wie ein Kaninchen zu verstecken… Anna unterbricht ihn. Anna: Bitte, Friedbert. Tut es für mich. Friedbert: Wenn ihr mich darum bittet, teuerste Anna, will ich meinen Stolz überwinden. Friedbert führt Anna hinter die Wand, der Geist stellt sich in eine Mauernische. Kurz darauf stürmt der Vogt in das Verlies und verharrt beim Anblick der Schatztruhe. Vogt: Na sieh einer an… Der Vogt tritt zu der Truhe und beginnt, in der Truhe zu kramen und sich deren Inhalt in die Taschen zu stopfen. Der Geist tritt, von ihm bisher ungesehen, aus der Nische hinter ihn. Geist: Hat man euch nicht gelehrt, dass man keine Schätze nimmt, die einem nicht gehören? Der Vogt fährt herum und zieht sein Schwert. Vogt: Wer bei allen Höllen seid ihr? Geist: Ich bin der Herr dieser Burg. Vogt: Ha. Und wenn schon. Ich nehme mir, was ich will, und kein Geist wird mich daran hindern. Schemen können nicht kämpfen und Schatten keine Klinge halten. Geist: Ihr sprecht wahr, körperlich kann ich euch nicht hindern. Doch gibt es hier jemanden, der dies kann, und mit dem ihr euch zuerst werdet ihm ehrlichen Zweikampf messen müssen, wenn ihr diesen Preis erlangen wollt. Vogt: Nur heraus mit ihm, ich fürchte keinen Gegner! Friedbert tritt hinter der Wand hervor, das Schwert gezogen. Vogt: Bei allen Geistern und Dämonen, ihr schon wieder? Nun gut, bringen wir es hinter uns. Diesmal werdet ihr nicht lebend davonkommen, so wahr ich hier stehe! Friedbert tritt vor und verharrt in etwas Abstand, verneigt sich leicht. Friedbert: Auf einen bellumsgerechten Zweikampf… Der Vogt nutzt die Gelegenheit, um die versteckte Pistolenarmbrust zu ziehen Vogt: Pah. Bellums Regeln sind für Feiglinge nur! Der Vogt zieht auf Friedbert ab, der Geist streckt die Hand dazwischen aus… Friedbert bleibt unberührt Geist: Einen ehrlichen Zweikampf wies ich an, und ehrlich werdet ihr bleiben, Vogt. Denn dies durchzusetzen liegt durchaus in meiner Mach! Der Vogt sieht wütend auf die Armbrust, dann auf den Geist, bevor er die Armbrust wegwirft und auf Friedbert zumarschiert. Vogt: Pah. Ich bin nicht auf solche Tricks angewiesen, um diesen Hanswurst in seine Schranken zu weisen! Auf einen Wink des Geistes hin fällt ein verborgener Dolch aus dem Ärmel des Vogtes, der darauf etwas weniger selbstsicher wirkt. Vogt: … oder auf verborgene Waffen. Mann gegen Mann, so soll es entschieden werden. Friedbert: So soll es sein. Darauf warte ich schon lange, Schurke. Spüre den Zorn eines Ritters! Ein längerer Zweikampf entbrennt, bei dem Friedbert des öfteren durch fiese Tricks des Vogtes in Bedrängnis gerät. Trotzdem lässt sich der Ritter nicht übertölpeln und streckt den Vogt zuletzt mit einem gezielten Stoß nieder. Friedbert: So siegt denn ein weiteres Mal die Gerechtigkeit! Anna, die das Ganze furchtsam verfolgt hat, fällt ihm in die Arme. Anna: Oh Friedbert! Friedbert: Es ist vorbei, liebste Anna. Er vermag dir nicht mehr zu schaden. Geist: Es ist vollbracht! Der Fluch ist gebrochen. Ich danke euch. Nehmt diese Schätze als euren Lohn für meine Erlösung. Der Geist sinkt mit einem erlösten Seufzen dahin. Friedbert tritt zu der Truhe und entnimmt ihr nach einiger Suche einen Ring, kniet damit vor Anna nieder Friedbert: Liebreizende Anna, ich frage dich vor den Vieren, willst du meine Frau werden und an meiner Seite über dieses Lehen herrschen? Anna: Oh Friedbert! Ja, ich will! Friedbert streift ihr den Ring über den Finger, im Hintergrund Glockenläuten Vorhang
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