*in Falkensee findet sich neben der ersten Arbeit ein weiterer Aushang*
Oratio Secundo – Über die Mittel und den Zweck
Ich sehe, werte Brüder und Schwestern des Glaubens, dass Euer aller Gesichter und Augen auf mich gerichtet sind. Zweifellos werden einige von Euch nach meiner Oratio Prima Zweifel an meinen Intentionen hegen, mich gar für einen jener halten die aus kleinem Geiste heraus über andere urteilen. Doch möchte dieser niedere Diener an dieser Stelle erwidern dass der komplexe Diskurs schwieriger Themen zu den höchsten Tugenden des Herren Astraels gehört und so, auch wenn Ihr, meine Brüder und Schwestern, meinen Worten nich zustimmen mögt so ist es doch astraelgefällig so Ihr sie bedenkt, erwägt und sogar falls Ihr sie letztendlich zurückweist. Dieser niedere Diener will jedoch in dieser Oratio nicht auf dieses Thema zurückkommen sondern auf eines von großer Bedeutung für jene von uns die einst bedeutende Entscheidungen zu treffen haben.
Im Verlauf des Leben eines jeden Dieners der Viere wird sich eines Tages die Frage stellen ob der Zweck die Mittel heiligt. Wohl dem, der sich lange nicht mit jener Frage beschäftigen muß und doch kann dieser niedere Diener Euch, Brüder und Schwestern, nur dazu aufrufen rechtzeitig diese Frage zu erkunden auf dass Ihr nicht achtlos mit ihr umgehen mögt. Denn dies ist eine essentielle Frage, von fundamentaler Bedeutung für die Kirche und den Dienst an unseren Herren.
Beginnen wir mit einer Erläuterung. „Der Zweck rechtfertigt die Mittel“ ist ein bekanntes Argument welches gerne in Ignoranz seiner Implikationen weiter gegeben wird, mit dem gleichen Schulterzucken mit dem einer die Frage nach der Uhrzeit in Ignoranz erwidern mag. Ist es rechtens, einen Menschen zu opfern um tausende zu retten? Eine äußert komplexe Frage, deren Antwort wir am besten simpel beginnen. So muß diese Frage in größter Simplizität verneint werden. Die Viere, in ihrer allgegenwärtigen Macht und Weisheit gaben uns Sterblichen den freien Willen, gaben uns Seele und Verstand, Liebe und Mut, Ruhe und Träume auf das wir auf Tare gedeihen mögen. Daraus ergibt sich, in einfachster Betrachtung, dass ein jeder Sterbliche von den Vieren im gleichen Maße geliebt wird und so die Opferung eines Dieners, um viele andere zu retten, dennoch eine Sünde ist. In dieser Situation heiligt der Zweck nicht die Mittel.
Doch ist ein jeder Diener auf Tare gleichbedeutend für den Plan der Viere, für ihren Willen? Ist der Bauer dessen Leben darin besteht Getreide anzubauen und der seinen heimischen Hof nie verlassen wird bedeutender als seine hochheilige Majestät der König, möge er ewig leben, auf dem Throne zu Draconis? Wie Ihr seht, Brüder und Schwestern, alleine diese Frage verwirft schon die Simplizität unerschütterlicher Prinzipien denn dieser Diener bezweifelt dass es auf Tare jemanden gibt, mit Ausnahme des Bauern selbst womöglich, der diese Frage nicht gleich beantworten würde. Natürlich gibt es solche Diener der Götter die in ihrer Bedeutung höher stehen und welche, gesalbt von den Vieren selbst, Aufgaben höchster Bedeutung zu erfüllen haben. Wäre es angemessen viele zu Opfern um einen solchen zu retten?
Brüder und Schwestern, wenn es Euch wie mir geht, wird diese Frage einen natürlichen Widerstand hervorrufen, denn der Gedanke einen anderen Diener der Vier zu opfern, und sei es um einen bedeutenderen Diener zu retten, ist kein Gedanke der uns einfach gelingt. So sind es Vitamas Tugenden der Nächstenliebe die hier aufschreien und lauthals protestieren. Doch mit klarem Verstand und wachem Auge muß hier festgestellt werden dass die absoluten Prinzipien der Vier, nie einen Diener für einen anderen zu opfern, verletzt werden denn ist es nicht so dass im ganzen Reich jeden Tag Dutzende Diener ihr Leben aushauchen an Stelle seiner Majestät? Die in seinen Diensten und den Diensten der Viere von Ketzern und Ungläubigen dahin gerafft werden? Dies ist der Fall.
Ihr seht Brüder und Schwestern, dass jenes ideale Prinzip nicht aufrecht erhalten werden kann denn dies ist keine ideale Welt und Gefahren, welchen nicht erlaubt werden kann die Ziele der hochheiligen Viere zu trüben, lauern überall. Dies ist mitunter der Grund warum so viele dem Glauben anhängen dass der Zweck die Mittel heiligt und dabei doch eine der wichtigsten Lektionen ignorieren, zu ihrem eigenen Schaden. Ja, im Leben eines Diener der Viere mag der Tag kommen an dem er über das Leben Vieler zu gunsten eines Einzelnen entscheiden muß, wo er die Schicksal seiner Mitmenschen wägen muß um letztendlich eine Entscheidung zu treffen. Doch ist dies, kann dies geschehen, kann diese Verletzung der Prinzipien der hochheiligen Vier geschehen ohne dass daraus eine Konsequenz erwächst?
Dies muß verneint werden, Brüder und Schwestern. Denn wisset, jener der vom Schicksal dazu berufen wird über Leben und Tod zu urteilen, jener der sich in der Position eines Richters findet um zu erwägen welches Leben höher in den Gunsten der Viere steht, lädt Schuld auf seine Seele. Denn auch der Tod eines Bauern um einen Grafen zu retten ist Sünde, denn er widerspricht den Prinzipien der Vier. Bedeutet dies jedoch dass uns der Luxus gegönnt ist eine solche Entscheidung abzulehnen? Auch dies muß dieser niedere Diener verneinen. Die Gründe dafür sind komplexer und sollen nun nachfolgend betrachtet werden.
Zuerst einmal läd der Richter immer Schuld auf seine Seele. So er den Grafen sterben und den Bauern leben lässt so trägt er dennoch die Schuld am Tode des Grafen. Eine Entscheidung muß getroffen werden und eine jede davon ist mit Sünde verbunden, denn Brüder und Schwestern, ein Leben ohne Sünde ist in einer imperfekten Welt nicht möglich und ein jeder von uns trägt seine Sünden mit sich. Wir haben nicht die Wahl nein zur Sünde zu sagen denn dies würde bedeuten sich dieser Welt zu entziehen und unser Werk für die Viere aufzugeben.
Des weiteren muß auch bedacht werden ob die Seele eines Dieners der Viere bedeutender ist als der Wille der Viere selbst. Kann ein wahrer Diener im Angesicht der Sünde den Dienst verweigern um seine Seele nicht zu beschmutzen mit einem Richtschluß? Natürlich kann er dies nicht, denn er würde seine Herren und sich selbst verraten. So wisset Brüder und Schwestern, wo Sünde nicht vermieden werden kann ist sie notwendig im Dienste an den Horen und so muß die Frage nach dem Mittel und dem Zwecke damit beantwort werden dass wenn die Ziele der Vier in Gefahr sind, ein jedes Mittel gerecht ist um den Zweck zu erfüllen. Doch stets muß sich der Diener dabei bewußt sein dass er die Reinheit seiner Seele zu opfern hat um seinen Herren zu dienen. Dieses Bewußtsein ist die bedeutendste Lektion in diesem Texte, bedenkt, Brüder und Schwestern, das Ihr eines Tages in der Situation sein werdet, Schuld auf Euch zu laden und bedenkt ebenso wie gefährlich dies ist und bedenkt die Tugenden der Viere, die Situation vor Euch und die Konsequenzen Eures tuns. Nutzt die Tugenden des Herren Astrael und wägt. Und so Euch keine Wahl bleibt, so sündigt für die Herren und seid bereit gerechte Strafe zu empfangen denn die Viere sind gerecht und sie sind gütig.
Im Namen des Herren Astrael, verfasst von Bruder Antonius, Anwärter des Ordo Astrael zu Siebenwind am 1. Carmar 22. n.H.
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