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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 30.11.15, 19:19 
Edelbürger
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Es hatte fast einen Zyklus benötigt um den Hund so satt und ruhig zu wissen um ihn allmählich in der warmen Stube vor dem Feuer in einen Trog zu locken. Tendarion spielte mit ihm, auch wenn er dabei von dem alles einnehmenden Gestank des Hundes fast um den Verstand gebracht wurde. Er gab ihm Käse, Wurst, Schinken und noch ein paar Reste von dem gebratenem Fleisch. Schließlich ein wenig Bier und der Hund war so ergeben, dass er das warme Wasser nur noch als weitere Entspannungsübung wahrnahm.

So stand der Elf, mit freiem Oberkörper und bis zu den Oberarmen durchnässt, in der Küche und sah sich die riesengroße Pfütze die sich um den Trog gebildet hat ein wenig zermürbt an. Doch der Hund war mit einem Mal eine Nuance heller und er roch angenehm nach Seife. Während der Elf das graubraune Wasser mühevoll nach draußen zog, was nicht so einfach war mit nur einem gesunden Arm, legte sich der Hund faul vor das Feuer und schlief den Stress, den einzig und allein der Elf hatte, erst einmal ordentlich aus. Der Boden wurde gewischt und schließlich ging Tendarion selbst in das Bad um sich wieder der gewohnten Lavendelduftnote, die ihn für gewöhnlich umhüllte, gewiss zu sein.

Als er wieder so im Wasser saß, ließ er abermals seine Gedanken schweifen.

Er wusste nicht mehr, wem er Vertrauen schenken sollte. Gerade er wurde gefragt, warum er Geheimnisse hatte. Er, der nichts zu verbergen hatte. Hatte denn ein jeder von ihnen soviel zu verbergen, dass man davon ausginge, dass es bei ihm nicht anders wäre?

Geheimnisse hatte er keine. Es gab nichts, was er nicht teilen würde. Doch warum sollte er den Fehl anderer jedem ständig erzählen? Mag er dadurch intrigant wirken, dass er nicht alles erzählt und manchen mehr? Es war ihm einerlei. Immer mehr verhärtete sich in ihm der Verdacht, dass er kein Mann der Gesellschaft war. Dass er als Einzelgänger geboren wurde und immer einer sein würde. Er zog sich immer mehr von jenen zurück, die sich auf die Politik eingelassen haben. So sehr, dass er sogar mit schwerem Herzen feststellen musste, dass jene Freundschaften mit diesen Personen nicht mehr gepflegt werden konnten. Es war für ihn nicht im geringsten nachvollziehbar, was man sich dadurch erhoffte ihm Geheimnishaltung vorzuwerfen, wo es doch eine Sache war, die er allein mit seiner geliebten Person und Vitama ausmachen musste. Hatte es für irgendjemanden Relevanz?


Seufzend entstieg er dem Bad und er trocknete sich ab, ehe er sein Bein und seinen Arm neu verband.

Was auch immer die Leute dazu bewogen hat, seine Gutmütigkeit und seine Vertrauenseligkeit als Grundlage für weitere Intrigen zu nehmen - er würde es nicht mehr zulassen.

Freundschaften mit Menschen waren eben sonderbar. Sein Vater hatte immer recht gehabt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 2.12.15, 12:19 
Edelbürger
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Tendarion hörte schon vom Weiten das ausgelassene Gekicher und Geschnatter des kleinen Trupps Halbwüchsiger. Als dann noch ein aufgeregtes Klopfen an der Ordenstüre ertönte, hatte er schon lange vier Beutelchen mit Keksen, Bonbons und jeweils einen Krapfen zurechtgelegt. Die gesamte Küche war wie jeden Morgen mit abkühlenden Broten, Keksen und anderem Backwerk übersäht und sehr zum Wohlgefallen der Kinder, roch und sah es tatsächlich so aus, als wären sie in einer Bäckerei.

Als er die vier Kinder dann auch noch in die Küche ließ, und nicht so unauffällige kleine Kinderhände hier und da einen Keks wegschnappten, waren sie vor aufrichtiger Begeisterung nicht zu bändigen. Tendarion war wieder in seinem Element angekommen. Wie noch vor einem halben Götterlauf jeden Tag umringt von den Kindern in dem großen Waisenhaus in Draconis, fühlte er sich wieder in die Aufgabe, die er solange erfüllte, zurückgesetzt. Er wünschte sich wieder in diese unbeschwerte Zeit hinein. Wünschte sich wieder von unschuldigen Herzen und aufrichtigen Mündern umgeben. Es gab kein Geschöpf der Viere, das er mehr verehrte als Kinder.

Unverderbt und rein waren sie näher an dem göttlichen Funken, der ihrer Seele innewohnte, als ein Erwachsener es je wieder sein könnte.

Der Elf ließ sie solange gewähren, bis sie genug entdeckt, gefragt und noch zusätzlich eingesteckt hatten, bis ihr Tatendrang sie wieder zu weiteren Streichen und ausgelassenen Spielen aus dem Ordenshaus trieb. Eine letzte Warnung, nicht vor die Stadt zu gehen und immer auf ihre Eltern zu hören, wurde erst nach einer Erinnerung an den "Pakt" den er mit ihnen schloss, etwas widerwillig, aber doch aufrichtig, beantwortet.

Adhemar hatte gut und recht gehandelt den Wachposten des Gardisten umzulegen. So konnte er seine Kinde beobachten, wenn sie auf dem Marktplatz herumstreunerten und Tendarion konnte sich mit einem einzigen Blick, wenn er auf dem Weg gen Schlossgarten oder Bank war, vergewissern, dass der Gardist wohlauf war. Er würde wohl dazu übergehen ihm sein Proviant jeden Tag zu bringen, auf dass die wenigen Dukaten, die den Eltern der vier Kinder jeden Mond zur Verfügung waren, nicht noch zusätzlich belastet würden.

So würde ein weiterer Laib Brot ab sofort jeden Morgen gebacken werden und Wurst von Rodrik und ein Trinkschlauch mit einem Saft, der von Galdiell gemacht wurde, dazugelegt, und jeden Tag zu dem Gardisten gebracht. Nie würde der Elf lange bei ihm verharren um ihn in eine unangehme Situation zu bringen, sondern sich lediglich aufrichtig nach ihm erkundigen, ihm in vollkommener Selbstverständlichkeit sein Proviant bringen und schließlich sich ebenso seinem Dienst wieder widmen wollen.

Wie einfach wäre Tendarions Leben, wenn er sich auf eben jene Dinge, die seinen Dienst wahrlich bereicherten, konzentrieren könnte?


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 3.12.15, 17:11 
Edelbürger
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Er empfand den heutigen Vormittag als entspannend. Ein angenehmes Frühstück, das er zusammen mit Elgbert einnahm, die Kinder der Schwertstreichs die ihre versprochenen Rationen erhielten. Die Untersuchung von Frau Schwertstreich und schließlich das Essen, dass er Handis Schwertstreich brachte, ehe er sich in den Schrein der Herrin begab.

Die Frau die dort lag, bereitete ihm Sorgen. Wieder ein Fall, wo er nicht helfen konnte, ohne dass er all die Verletzten und Kranken, sowie anderen Hilfsbedürftigen dafür im Stich lassen musste. Tendarion hatte immer danach gelebt, sich der Person zuzuwenden, die sich an ihn richtete, und nicht mit der er Zeit verbringen wollte, oder die ihm ein angenehmeres Dasein verschaffte. Viele Worte der Kritik wurden an seinem Verhalten dahingehend laut und noch mehr Personen distanzierten sich dadurch von ihm. Doch er hielt daran fest, jedem den Vorzug zu geben, der seinen Dienst benötigte und nicht nur seine Person.

Serena hingegen, würde eine Aufgabe sein, die er rein seiner Kompetenz wegen nicht erfüllen konnte. Er würde sich um ihre Wunden kümmern und hoffen, dass der Ordo Morsan oder die Magierakademie sich ihrer annahm. Fyonn saß bei ihr und hielt Wache. Er hatte es ihr versprochen. Tendarion legte ihm zwar nahe, dass er sich keine Versprechen abnehmen lassen sollte, von einer Frau die nicht Herr ihrer Sinne erschien, doch überließ der Elf dem Archivar, wie er damit nun umgehen wollte.

Nachdem der Elf Serenas Wunden erneut versorgt hatte, zog er sich auch schon wieder zurück und gönnte sich die erste Pause an diesem Tag seit dem frühen Mahl mit Elgbert.

Seit Hochwürden Altor nun dazu übergegangen war, Tendarions Privatleben offen darzulegen, merkte er wie viele Dinge ihm dadurch nicht mehr offen standen. Seine ursprüngliche Absicht war es, die Kirche zu stärken, ihr wieder nach Außen hin die Einigkeit und Rechtmäßigkeit zu verleihen, indem er die internen Konflikte versuchte zu lösen. Er war auch willens dafür Ämter bekleiden zu wollen, um seine Absichten dahingehend , untermauern zu können. Doch Rodrik verdeutlichte ihm durch seine Worte, dass ein Sitz im hohen Rat nicht mehr greifbar sein würde. Auch wurde er für seine Tätigkeiten, sich um die Kasse und die Besorgungen zu kümmern ermahnt. Selbst die Einrichtung des Hospitals war nicht an ihm zu entscheiden. Er hatte sich bemüht eine Stütze in der Kirche zu sein, doch selbst Galdiell deutete an, dass er zu sehr im Vordergrund stünde und deshalb die Gläubigen nicht mehr zu ihr kämen. War er so hochmütig? Oder war es Übermut?

Als die Türe im Ordenshaus aufging und seine Brüder und Schwester sich zum Mittagsmahl einfanden, wandte er sich wieder ungefragt in die Küche. Er würde einfach in der Küche und als Heiler verbleiben. So konnte er sicher stellen, dass er niemanden unbewusst verletzen, in den Schatten stellen konnte, oder anderweitig Probleme bereiten würde. Sachte lächelte er auf, als er die Suppe umrührte und auf verschiedene Schüsseln aufteilte.

Sein Vater hatte recht, er war tatsächlich nicht ambitioniert und würde wohl ewig nur als heilende Hand im Hintergrund verborgen bleiben, da er nicht mutig genug war, sich für seine Interessen, die meist zum Wohl anderer waren, einzusetzen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 13.12.15, 14:07 
Edelbürger
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Mit einem verschmitzten Schmunzeln, und einem vielleicht doch etwas scheuen und zögernden Blick, blickte er zu der Gestalt die bereits im Bett lag und tief schlief, als er mit dem unförmigen Fetzenhäschen und der sorgfältig, auf einem dünnen Holzbrett aufgespannten, Zeichnung sich seiner Seite des Bettes näherte. Als er sich langsam setzte, um eine Störung des Schlafs des anderen zu vermeiden, stellte er die Zeichnung auf dem Nachtschränkchen ab und betrachtete sie einige Momente mit seinem seligen Lächeln.

Wieso Fyonn sich so eine Sorge darum machte, dass es Ketzerei sein könnte, eine derartig schöne Darstellung der Herrin offen zu zeigen? Auch wenn es nicht üblich war, die Göttin mit spitzen Ohren, elfischen Gesichtszügen und einer filigran-schmalen Figur, die seinem Volk so eigen war, künstlerisch festzuhalten, sah Tendarion keinerlei Veranlassung dies als Affront gegen die Götter zu sehen. War nicht auch sein Volk eine Schöpfung der Viere? Wieso sollten sie sich also daran stören, dass sie nicht einzig als Mensch dargestellt würden?

Er stellte das zerrupfte Stoffhäschen, zumindest vermutete er, das es ein Hase sein sollte, neben der Zeichnung ab und drapierte es ein wenig, so dass die schief aufgenähten Knopfaugen zumindest auf den ersten Blick dem Betrachter gleichmäßig erschienen.

Während er sich auskleidete betrachtete er wieder die Zeichnung und blickte dann an sich selbst herab. Es schmeichelte ihm, dass Adhemar ihn mit dem elfischen Bildnis der Vitama verglich, auch wenn es ihm zeitgleich ein Grauen war, sich wieder einmal damit konfrontiert zu sehen, dass er mehr Frau denn Mann in den Augen anderer zu sein schien. Es hatte für ihn eigentlich keine negative Bedeutung, denn weder Frau noch Mann, Mensch noch Elf, oder alle anderen Gegensätze, waren gegeneinander im Guten wie im Schlechten aufzuwiegen. Er hatte keine Begründung eine Frau als weniger anzusehen, als einen Mann, und dennoch schien es vor allem bei den Menschen ein Normales zu sein, es als Beleidigung aufzufassen als Mann mit einer Frau verglichen zu werden. Womöglich war Tendarion doch schon mehr Mensch als Fey in seinem Denken, denn er fühlte sich in der Tat auf etwas reduziert, das er jedoch im Herzen nicht als Beleidigung auffassen wollte.

Er verscheuchte diese unnützen und selbstsüchtigen Gedanken um sich ins Bett zu begeben. Seine Arme hinter dem Kopf verschränkend blickte er zur Decke auf und entsann sich der letzten Wochen. So viel ist geschehen, so viel ist gesagt worden und er fand keinen Moment der Ruhe um sich damit auseinanderzusetzen.

Er freute sich darüber mit Fyonn eine so tatkräftige Unterstützung im Hospital nun zu haben. Willig und jederzeit verfügbar, da die Bücher in der Bibliothek meist sehr geduldig auf seine Rückkehr warteten, konnte der Elf sich jederzeit auf den Sperling, der seine Singstimme endlich wiederfand, verlassen. Wie blühte er doch auf durch die Möglichkeiten die man ihm bot und er so bereitwillig annahm. Es war Tendarion ein leichtes sich ganz auf ihn einzulassen, da er so viel bewirken konnte bei ihm und zeitgleich so viel wiederbekam, ohne dass etwas zwischen ihnen zu stehen schien, außer aufrichtige und bedingungslose Dankbarkeit.

Doch viele befanden sich in seinem Umfeld im Wandel.

Rodriks Blick für das große Ganze schien sich allmählich auszuweiten und sein Blick, der nur stur und mit Scheuklappen auf sein Ziel gerichtet war, fächerte sich allmählich zu beiden Seiten. Sandir Ferofax, in dem Moment, wo der Elf ihn für einige Momente ungestört im Gespräch halten konnte, wies eine ungewöhnliche Tiefgründigkeit auf, die er aus irgendwelchen Gründen hinter seinen Wunderlichkeiten verbogen hielt. Guntram ließ schon lange nichts mehr von seiner inneren Wut, die mehr aus Verzweiflung geschürt schien, ans Tageslicht treten. Ob es Resignation oder eine neugefundene Ruhe war, konnte der Elf nicht feststellen. Doch wollte er die Hoffnung nicht aufgeben, dass es letzeres war. Adhemar, zwischen Pflicht, Ehrgefühl und Träumen zerrissen, zeigte von Tag zu Tag ebenso mehr Reife und Weisheit und auch er erblickte allmählich den Blick für das große Ganze und war nicht mehr nur noch stur auf das Verwirklichen seiner Träume bedacht.

Er wusste, wenn er die vielen Personen in seinem Umfeld genaustens analysieren würde, würde er auch in ihnen einen Wandel feststellen. Doch wusste er auch, dass viele diesen Wandel nicht anstrebten und an alten Feindseligkeiten und tiefer Wut festhielten. Dass sie lieber blind um sich schlugen, anstatt sich auf den Herrn Morsan zu besinnen, auf dass sie ihren Starrsinn und ihren Stolz ablegen konnten.

Das Bild der elfischen Herrin anblickend, dachte er an die Wut, die in ihm aufkeimte, als jene Dienerin des Einen auf Guntram eintrat, als er wehrlos vor ihr auf dem Boden lag. Sie war ein gesetzter Keim, doch merkte er, dass sein Geist und sein Herz keine Kapazitäten hatte, diesen Keim zu hegen und zu pflegen. Je mehr Zeit verging, je mehr er über die Situation nachdachte, umso mehr überkam ihn lediglich eine betrübte Fassungslosigkeit. Wozu war der Eine doch im Stande, wenn er so viel unbegründeten Hass heraufbeschwor.

In einem Anflug von Melancholie drehte sich der Elf seinem schlafenden Bettnachbar zu und er schlang die Arme um ihn. Tendarion würde jene beschützen, die seinen Schutz suchten. Doch keinen Moment würde er zögern auch jene zu beschützen, die nicht in der Lage waren, um Schutz und Trost zu bitten.

Seine Lippen berührten die warme Stirn und er verging endlich im Schlaf der Erschöpften.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 14.12.15, 17:23 
Edelbürger
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Mit einem Ginsengtee, der mit etwas Nachtschatten versetzt war, saß er vor dem Fenster und besah die Sterne mit nachdenklichem Blick.

Tendarion hatte schon lange festgestellt, dass der Dienst an die Götter eine sehr einsame Aufgabe ist. Jeder Gedanke, jede Regung im Herzen musste den Göttern gewidmet sein und so man sich dem ständigen Druck ergab, verlässt man nicht nur seinen Weg, sondern man verlor jegliches Anrecht darauf, weiterhin in ihrer Gunst zu verweilen.

Im Herzen ahnte Tendarion, dass er bei dem Ritual auf sich allein gestellt sein würde. Es erfüllte ihn mit Ehrfurcht, als jenes auch eintrat und nun die Hoffnung, dass seine Bindung zu den Vieren stark genug war, in ihn gelegt wurde. Mit welcher Selbstsicherheit und Kraft Nithavela die anrufenden Worte sprach. Wie die Priesterinnen unison das Ritual vollführten, als wäre es ein Tanz den sie Tageslauf um Tageslauf einstudiert hätten. Wehmut stellte sich in ihm ein, als er begriff, dass ihm jene Einheit, jene Übereinstimmung, in der Kirche nie gegeben sein würde. Einzig und allein Nithavelas Lächeln, als er den Segen vornahm, bekräftigte ihn darin, dass seine Worte und seine Taten angemessen waren. Dass die Viere wohlwollend auf sie herabsahen. Ohne jenes Lächeln - diese sanfte Bestätigung - wäre er in Unsicherheit vergangen, auch wenn sie Fehl am Platze gewesen wäre.

Die Diener Vitamas waren die, die die meiste Gesellschaft um sich wussten. Stets in der Menge. Stets ein Ohr offen. Immer bereit zu helfen. Nie verzagt, selbst wenn ihr eigenes Herz schwer war. Doch im Grunde ihres Herzens waren sie alle Einzelgänger. Er dachte daran, dass seine Mutter und seine Schwester direkt nach ihrem aktiven Dienst nach Hause kamen ohne in ihren Momenten der Muße Freunde aufzusuchen. Sie beschäftigten sich mit ihren engsten Liebsten oder seine Schwester widmete sich ihrer Kunst, während seine Mutter es pflegte die Harfe zu spielen. An jedem Zyklus kamen jene zu ihnen, die ihren Beistand brauchten. Nie wiesen sie einen von ihnen ab. Immer im Dienst. Immer selbstlos. Doch fernab der Familie hatten sie keine Freundschaften oder Bekanntschaften die sie um ihrer selbst willen pflegten. Der Dienst oder die Familie - etwas anderes gab es für beide nicht.

Tendarion hatte nur eine Bezugsperson, in deren Antlitz er sich nicht als ein Diener der Götter fühlte, sondern einzig und allein als der Elf der er war. Und selbst mit ihr war es nicht immer gegeben über alles zu sprechen. Zu schmal war der Grat zwischen Dienst und vollkommener Offenheit. Der Elf konnte und durfte nicht alles sagen, was an ihn herangetragen wurde. Doch war er kein Diener Morsans. Er nahm nicht schweigend hin, wenn jemand beschuldigt wurde. Wenn man einander aufzuhetzen versuchte. Er suchte das Gespräch um beide Seiten zu erfahren. So oft wie es ohne jede Erkenntnis verebbte, war es ebenso oft der Fall neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Als er zu der schlafenden Gestalt im Bett sah, wünschte er sich seinen Kummer von seinem Herzen zu sprechen. Er wollte Rat. Er wollte Bestätigung, dass er richtig handelte. Doch es war ihm nicht vergönnt auf seinem einsamen Weg. Er trank seinen Becher leer, sank auf dem Boden des Schlafgemachs in den Schneidersitz und schloß seine Augen während er tief durchatmete und sich tiefster Kontemplation ergab.

Er fühlte sich einsam. Doch er war nicht allein.

Die Herrin war stets bei ihm.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 15.12.15, 10:00 
Edelbürger
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Tendarion legte die Feder ab und betrachtete das erschöpfte Zittern seiner Hände. Als endlich die letzte Abschrift der Berichte fertig war - er erkannte dabei sein eigenes Schriftbild kaum - rollte er diese sorgsam zusammen und wankte mehr, als dass er ging, zu einem der Fenster das Elgbert am nächsten war. Er schob die Rollen durch einen schmalen Spalt des geöffneten Fensters und verschloss es wieder, ehe der Templer die Pergamentrollen an sich nahm um eine davon in das Ordenshaus, in die Verwaltung Falkensees und den Rest über einen Boten an all die anderen Siedlungen und Gemeinschaften überbringen zu lassen.

Als er die ungewohnten Schlafgeräusche und diesen ewigen Kanalisationsgeruch von Hotte wahrnahm, wurde er zwischen einem tiefen Bedürfnis nach Ruhe und Nähe und zeitgleicher Übelkeit heimgesucht. Nicht selten war sein Herz von Melancholie heimgesucht, doch in diesem Moment erschien er untröstlich. Sein gesamter Körper schrie danach, dass er an den Schlieren und Pusteln kratzen sollte. Kratzen sollte, bis es blutet nur damit es verschwinden würde und dieser Albtraum ein Ende wusste. Er begab sich in das Bett im Lager und kauerte sich auf diesem zusammen, um sich zunächst einfach nur befreienden Tränen hinzugeben.

Wie töricht war er. Wie unsagbar töricht. Er war stets darauf bedacht alles zu vermeiden, das eine Ansteckungsgefahr bedeutete und dann hantierte er, ohne jemanden vorab darüber zu informieren, mit diesem Gift, das aus dem Brunnen extrahiert wurde, herum. Er ging in das Lager, wo sich die kranken Soldaten befanden. Auch wenn er trotz Atemmaske und Handschuhe die üblichen Vorkehrungen traf, war auch dies nicht ausreichend.

Myrandhir, der Grundstein für so vieles, das sich in seinem Leben geändert hatte, ohne dass der Elf davon wusste, war kurz zuvor zurückgekehrt. Wie war Tendarion erfreut, nicht nur einen Bruder seines Volkes und seines Glaubens kennenlernen zu dürfen, sondern auch, festzustellen, wie angenehm und einnehmend sein ruhiger Bruder war. Doch währte diese Freude nicht lange, als mit einem Mal der Schwächeanfall auf der Treppe ereilte.

Blut sprudelte zwischen des Elfen Fingern hervor, als er versuchte das Unaufhaltsame aufzuhalten. Die Mimik der Soldatin von Angst und Hoffnungslosigkeit erfüllt. Doch lag in ihren Augen diese ruhige Gewissheit. Ein geflügelter Schemen spiegelte sich in ihren Augen wider als Galtor ihre Hand ergriff.

Warum sah er wieder diese Bilder - keine Träume, schreckliche, schreckliche Erinnerungen - vor seinen Augen, als er auf ein Knie vor dem herbeieilenden Bellumsgeweihten sackte? Panik erfüllte seine Innerstes. War es ein Hinweis, was ihm bevorstand? Sollte er Tare verlassen, ehe er überhaupt seinen Weg, seinen Dienst, richtig angetreten hatte?

Als die Tränen endlich versiegten, als er zusammengekauert auf dem Bett lag, und sein Herz leichter erschien, quälte er sich zu seiner Tasche. Mit unsicheren und zitterigen Handgriffen nahm er aus dieser die Waage, die Sanduhr, den eisernen Kelch und das Kurzschwert, das er ohne Unterlass, neben seinen Heilutensilien, mit sich trug. Er platzierte, in mehreren strauchelnden Anläufen, die Gegenstände rautenförmig auf dem Boden, und er ließ sich im Schneidersitz mittig in dem Ritualkreis ab. Tief atmete er ein und aus um seinen Atem und seinen Herzschlag in Einklang zu bringen. Mehrmaliges Husten und das einhergehende unsägliche Kratzen im Hals, machten es ihm schwer die sonst so gewohnte Ruhe seiner Kontemplation und Meditation zu finden, doch merkte er allmählich, wie sein Bewusstsein in den Hintergrund rückte.

Sein schwerer, etwas rasselnder Atem. Sein immer langsamer schlagendes Herz. Das Blut, das in seinen Adern rauschte. Die Dunkelheit hinter seinen geschlossenen Lidern.


Er hörte nur noch sich. Hinfort waren die Umgebungsgeräusche. Hinfort war das Flackern des Feuers, das er hinter seinen geschlossenen Lidern noch wahrgenommen hatte. Das unsägliche Jucken seines Körpers war einem erträglichem Kribbeln gewichen. Er öffnete seinen Geist und sein Herz. Er benötigte keine Worte um sich an die Viere zu wenden. Die Götter wusste er bei sich, selbst wenn er sie nicht beim Namen nannte. Selbst wenn es keinen Ausweg zu geben schien. Es gab nichts böses und verwerfliches von ihnen. Das Dunkel rückte näher und die Macht des Einen nahm zu. Die Viere hatten sie nicht verlassen, nur ein Nebelschleier legte sich über Tare, der ihnen den Blick auf uns erschwerte. Sie waren da. Sie waren immer da.

Sein Atem, rasselnd, aber nicht mehr so angestrengt, wurde ruhiger und der Hustenreiz war für das erste unterdrückt. Sein Herz klopfte ruhig und fest. Alle Unnanehmlichkeiten, die er wahrnahm, aber ihn nicht mehr quälten, waren einem Hintergrundgefühl gewichen. Sein Geist war nicht mehr eins mit seinem Körper. Er betrachtete sich von außen.


In seinem tiefen meditativen Stadium fokussierte er sein gesamtes Sein auf das Wesentliche. Keine Emotion sollte seine Erkenntnisse überschatten, als er ganz behutsam, einen Teil seines Geistes wieder öffnete und objektive und emotionsgelöste Gedanken zuließ.

Gildas, Arcturus, Tendarion, Lilias, Fyonn.

Sie alle waren in Seeberg im letzten Wochenlauf. Sie alle hatten die selben Symptome.
Sie alle waren bei der Brunnensäuberung und Segnung dabei.
Arcturus war in der Magierakademie, als es ausgebrochen war. Tendarion im Ordenshaus.
Tendarion war am Wall bei den Kranken. Kurz zuvor ließ er Kontakt zu den verseuchten Überresten aus dem Brunnen Falkensees zu.
Arcturus war nicht dabei, als sie den Brunnen reinigten. Er gab an, nicht am Wall gewesen zu sein.
Hotte und Serena steckten sich durch körperliche Nähe an. Die Inkubationszeit traf nur auf jene zu, die zuerst erkrankten.
Masselsirup und Gegengifte waren unwirksam. Heiltränke linderten nur die ärgsten Symptome für einen kurzen Zeitraum. Sie durften nun nicht alles wild durcheinander nehmen, sonst war eine Wechselwirkung der Arzneien und eine eventuelle Immunisierung gegen die helfenden Arzneien wahrscheinlich.
Die Situation am Wall verschlimmerte sich. Die fehlenden Informationen über die Symptome konnten nicht deutlich machen, ob es die selbe Krankheit war.

Die Ratten im Walllager mussten untersucht werden. Zeigten sie Symptome der Krankheit? Ein vollständiger Bericht über die Symptome im Lager musste eingeholt werden. Ausnahmslos Befragung aller ansprechbaren Erkrankten. Tranken sie aus dem Brunnenwasser? Haben sie damit Speisen zubereitet? Gab es bereits Todesfälle? Zeigten bestimmte Arzneien Wirkung - ob negativ oder positiv? Das Lager musste ausnahmslos unter Quarantäne gestellt werden. Nur noch Berichte durften diesen Ort erreichen oder verlassen. Die Botschaften sollen nicht persönlich an den Boten übergeben werden. Man sollte die Nachrichten über die Palisade werfen. Mundschutz und Handschuhe waren nicht ausreichend, sollten dennoch getragen werden um sich davor zu feien sich an einer weiteren Krankheit anzustecken.

Er atmete einmal tief ein und schließlich ergab er sich einem stillen Gebet an die Viere.

Die Decke zog er vom Bett und er kauerte sich in dem Ritualkreis auf dem Boden zusammen. Er hatte morgen weitere Berichte zu verfassen und Informationen einzuholen, ehe er sich daran machen konnte eine Lösung zu erarbeiten. Wie sehr wünschte er sich in seinem Bett zu liegen, diese beruhigenden Arme um sich zu wissen.

Sein letzter Gedanke war bei Myrandhir und er lächelte müde, doch glücklich wirkend, auf. Wahrscheinlich würde der Bellumsgeweihte nie erfahren, was er in Tendarions Leben so einschneidend verändert hatte, doch konnte der junge Diener der Herrin nun begreifen, warum der weißhaarige Elf sich solcher Beliebtheit erfreute. Und so ergab sich der Elf mit einem seligen Lächeln dem Schlaf der Kranken und Erschöpften.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 16.12.15, 19:15 
Edelbürger
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Als er dieses beruhigende Gefühl, dass sich jemand liebevoll an ihn heranschmiegte, wahrnahm, drehte er sich dem wärmenden Körper entgegen und legte sogleich seinen Arm um ihn. Irgendetwas war anders, als er es gewohnt war und Lifnas Webereien vermischten sich mit der Wirklichkeit, als er seine Augen ein wenig öffnete. Er sah auf einen dunklen Haarschopf, etwas was ihn im ersten Moment ein wenig verwirrte, ehe sein dehydrierter Körper und sein benebelter Geist, die zähflüssigen Gedankengänge zuließ, die ihm deutlich machten, wo er sich befand und wer in seinem Armen lag. So drehte er sich vollständig zu Fyonn und schloß ihn behutsam in seine Arme, während er ein stilles Gebet an die Herrin sandte.

Seit nun über zwei Tagesläufen konnte keiner der Erkrankten weder Nahrung noch Wasser bei sich behalten. Ein jedes Gebet, das mittlerweile mehr einem Flehen glich, erfüllte ihn mit Trost und Zuversicht, da er wusste, dass die Herrin bei ihnen war, so dass er trotz seiner körperlichen Schwäche zumindest in der Lage war noch anderen den Trost zu spenden, den sie benötigten. Im Grunde seines Herzens, wollte er in seinem im Lager aufgebauten Ritualkreis in Meditation verbleiben, bis eine Lösung gefunden war oder Galtor nach seiner Hand verlangte. Er wollte mit niemanden sprechen. Er wollte nur zu seinem Liebsten, seiner Familie. Doch er wusste, dass dies unmöglich war. Dass es genau jenes wäre, das diese Krankheit und der Eine, von ihm wollte: Dass selbst er die Hoffnung aufgab.

Tendarion war noch nie krank. Das Schlimmste, was ihm in Draconis - in seinem alten Leben - je widerfuhr war, wenn er sich mit einem Messer in seiner Unachtsamkeit in den Finger schnitt, oder aber sich mit einem der chirurgischen Instrumente eine nicht nennenswerte Wunde zufügte.

Er liebte es als er noch klein war im Morsan im kalten Schnee zu liegen, bis seine Haut vor Kälte blass und rot zugleich war. Seine Fellkleidung durchnässt und von Eis bedeckt war. Amüsiert nahm er das Gemecker seiner Mutter entgegen, die ihn geduldig von den Eisklumpen befreite, da sie ihn vorher nicht ins Haus lassen wollte. Das amüsierte Schmunzeln seines Vaters, der verschwörerisch ihm zuzwinkerte und Selarian liebevoll maßregelte, dass sie doch etwas Nachsicht mit einem jungen Elfen haben sollte. Tendarion erinnerte sich gerne an diese Zeit. Die einzige Zeit, in der sein Verhältnis zu seinem Vater unbeschwert und ausnahmslos liebevoll gewesen war.

Blinzelnd sah er durch einen wässerigen Schleier an Fyonns Schulter vorbei an die Wand. Lautlose Tränen führten an seine Wange herab, als er den Schmerz des Vermissens, die Angst vor dem Tod und dem Eingeständnis, möglicherweise zu versagen, vor Augen führte. Er umfasste Fyonns Leib inniger, ohne ihn tatsächlich fester zu umarmen, und atmete mit seinem schwer rasselnden Atem tief ein.

Er gab der Herrin das Versprechen, alles zu tun, was in seiner Macht stand. Dieses Versprechen war aus tiefster Überzeugung und aus ganzem Herzen gesprochen worden.

Und er wird nicht zaudern um es zu erfüllen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 18.12.15, 14:15 
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Nachdem er die Türe hinter Fyonn geschlossen hatte, wandte er sich die Treppe hoch um direkt in das Schlafzimmer zu gehen. Tendarion hatte nicht einmal die Kraft die noch nicht geleerte Weinflasche und die beiden durchaus geleerten Weinkelche wegzuräumen. Er besah seinen Körper, als er sich auskleidete, der von Flecken durch die Seuche noch gezeichnet war, doch merkte er, im Vergleich zu seinen menschlichen Mit-Erkrankten, dass sich seine Haut deutlich schneller regenerierte. Ob es das Geschenk war, das der Herr Astrael seinem Volk gab, oder die Güte der Herrin, wagte er nicht zu hinterfragen. Letztendlich war beides eine Gabe der Götter.

Er würde Arcturus demnächst aufsuchen müssen, um dessen Gedankengänge einzunorden. Hochmut zeigte die Pfade auf, die dunkel und verlassen der Viere waren. Die Nähe zu dem Kanzler, beflügelte mit großer Gewissheit den strebsamen Geist des jungen Magus' umso mehr. Vor dem Dunkeltief war jedoch Gewissheit, wo jeder seinen Platz auf Tare zu finden wusste, unabdingbar. Wieder eine Pflicht mehr. Wieder ein Herz, das, bevor es wankelmütig werden konnte, mit Stabilität und den richtigen Worten gestärkt werden musste.

Seltsam erschien ihm das sorgengeplagte Gesicht auf der anderen Seite des Bettes. Was grämte es denn so sehr, dass selbst Lifnas Umarmung ihm nicht die geistige Ruhe gönnen konnte? Doch anstatt sich lange damit zu beschäftigen, dass Tendarion einen nicht so ansehnlichen und unberührten Körper aufwies, wie es ihm sonst zu eigen war, legte er sich ins Bett und schloss die schlafende Gestalt behütend in seine Arme. Ein sanfter Kuss auf die Stirn besiegelte seine trostspendende Haltung und er betrachtete, nach vier Tagesläufen der zwangsläufigen Trennung, eingehend das Gesicht seines Gegenübers. Von Moment zu Moment fühlte Tendarion immer mehr, wie jegliche Anspannung, Angst und Melancholie aus seinem Herzen wich. Ruhe, Erschöpfung und die schlichte Gewissheit, dass dies, neben seiner Familie, der einzige Ort auf Tare war, wo Sorgen etwas weitentferntes, abstraktes und kaum greifbares waren, erfüllten seinen Geist und seinen Körper.

Tendarion lehnte stets ab, sein Herz einer Person zu vermachen, da er befürchtete, dass er zu sehr eingenommen sein würde, wenn er vor die Wahl gestellt würde, sich zwischen seiner liebsten Person und einer anderen entscheiden zu müssen. Doch nun, wo sein Herz an so eine ganz und gar nicht zu erwartenden Person gebunden war, wusste er, dass Liebe nichts mit Gram und Kummer zu tun hatte. Dass Liebe nicht mit Entscheidungen und Last aufzuwiegen war. Die Gefühle die man einer anderen Person entgegenbrachte, wenn sie selbstlos und rein, losgelöst jeglicher Äußerlichkeiten, Erwartungen und Erschwernisse waren, waren nur eine Last, wenn man nicht bereit war, sie zu tragen.

Leise seufzte der Elf in Resignation auf, als er an Fyonn dachte. Er wusste, dass Fyonn ihn fernab der allseits hoffnungsvoll-lächelnden Maske kennenlernen wollte. Dass er eine Bestätigung dessen wollte, dass es niemanden gab, der stets davon überzeugt war, dass Tare ein wunderbarer Ort war ohne jeglichen Schrecken, der nicht zu überkommen war. Doch Tendarion war gleichsam sauer, dass er es auf so eine stümperhaft-manipulative Weise versuchte.

Den Wein holte er nicht unbedacht. Er trank nie um seinen Abend zu versüßen. Um Freude zu empfinden. Diese Eigenschaften des Rausches waren ihm Zeit seines Lebens bisher verwehrt geblieben. Als hätte die Herrin ihm soviel Güte und Herz und den unabdingbaren Willen, Leben zu behüten, geschenkt, dass sie nicht daran dachte ihm noch zusätzlich die Möglichkeit zu geben, jederzeit einen Freudenrausch, durch Wein, Tanz und Musik, sich selbst zu schaffen. Wenn er Alkohol trank, war er schon nach einem Glas derart melancholisch und fernab jedweder Hoffnung an seiner sanftmütigen Art und Weise festzuhalten, dass er es tunlichst vermied nur einen Schluck zu nehmen, wenn er sich in einer Gesellschaft befand, die ihm jenes als schlecht auslegen würde. Er wollte keinen Trost in dem Moment. Im Gegenteil. Er wollte offen frustriert und unzufrieden erscheinen. Er wollte sich einen Zyklus ungehemmt und fernab jedes Verständnisses zeigen. Wie hasste er es, dass man ihm stets auftrug, er sollte sich schonen. Am liebsten würde er jedesmal aufstehen und einfach gehen und die Türe hinter sich schließen, wenn er wieder vor allen versammelten Leuten wie ein kleiner Junge gemaßregelt wurde. Er war jung, aber warum vertraute man ihm in jeder erdenklichen Hinsicht, nur nicht darin, dass er in der Lage war auch sich selbst zu behüten, wie er es für andere stets tat? Dass seine Geduld durch diese ewigen Erinnerungen daran, dass er Ruhe brauchte, mehr gereizt wurde, als durch die Tatsache, dass er seinen Dienst ohne Unterlass und ohne jede Form von Beanstandung erfüllte, bis zur körperlichen Erschöpfung, stieß auf taube Ohren.

Nur einen winzig-kleinen Teil dessen eröffnete er Fyonn. Bevor es aus dem Ruder lief und ein handfester Streit den schlafenden Besitzer des Hauses erwecken konnte, stellte er seinen zweiten geleerten Weinkelch ab und beließ es dabei. Fyonn war es, der Hilfe benötigte. Der Weisung erflehte. Tendarion benötigte keine Maßregelung, nur einen Berater. Doch Fyonn war gewiss nicht dazu in der Lage, solange er selbst nicht wusste, was er wollte.

Und so vollführte Tendarion wieder das, was er immer Tat: Seinen Dienst an der Herrin, auf dass sein Gegenüber durch des Elfen Worte zu verstehen lernte, dass man sich nur selbst helfen konnte. Und auch nur dann, wenn man es letztenendes auch zuließ.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 25.12.15, 19:21 
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Ein kritischer Blick fiel auf die Liste mit den Vorbereitungen die er für das Dunkeltief tätigte. So zählte er wieder Flasche um Flasche durch, verglich seine Zählungen mit der langen Liste und schon wandte er sich wieder dem Webstuhl zu. Das Licht Felas sah er die Tage nur noch selten. Immerzu war er im Keller zwischen Planung, Herstellung und Organisation gefangen.

Stimmen wurden laut, dass die Kirche trübselig geworden ist, man sich nur noch auf das Dunkel konzentrierte und selbst die Diener der Herrin kein Lächeln mehr zustande brächten. Tendarion sah sich noch nie als jemand, der ein Lächeln auf das Gesicht des Gegenübers zaubern konnte. Seine Stärken waren darin den Mittelweg zwischen naivem Sanftmut und strenger Ernsthaftigkeit zu wahren. Er amüsierte sich über die Witze anderer. Er schwelgte in der Musik die andere vorführten. Ihn entzückte es Kunst anzusehen, die von anderen erschaffen wurde. Doch Tendarion selbst hatte kein Ansinnen dieses Amusement, Schwelgen und die Entzückung hervorzurufen.

Er liebte es, wenn andere nachdachten und ihr Leben in eine Bahn lenkten, die es ihnen künftig leichter machte sich wieder über die Kleinigkeiten im Leben zu erfreuen. Sein Weg war es, sein Umfeld dorthin zu führen, wo andere bereit standen, um ihnen das Lächeln wiederzugeben, dessen Grundlage er erschaffen hat. Er trocknete Tränen und besänftigte Gemüter. Doch wollte er nie mehr sein als das. Das Lachen in anderen hervorzulocken, dies überließ er all jenen, die sich dafür nicht bemühen mussten.

Tion war es, der ihm vor nicht allzulanger Zeit sagte, dass er in Tendarions Dienst etwas sehr grundlegendes und ursprüngliches sah. Und je mehr der Elf über die Worte nachdachte, sich über jeden Handgriff, den er Tag um Tag vollführte Gedanken machte, wurde ihm bewusst, dass es genau das ist, was er in seinem Dienst an die Götter vorrangig leistete.

Er pflegte und heilte und es störte ihn nicht, dass er selten Unbeschwertheit und Freude während der Behandlung sah. Er wusste, dass dieses Leid, dass er sah, hörte und roch, sogar bei manchen Behandlungen selbst auslösen musste, ein Teil dessen war, was diese wieder erstarken und gesunden ließen, auf dass andere diese Kinder der Viere aufmuntern konnten, während er sich damit zufrieden geben konnte, dass er Galtors Hand sanft aber bestimmt von eben jenen Kindern abweisen konnte.

Er unterhielt sich mit jedem, auf dass er erkannte, ob sie sich auf Pfaden befanden, die ihre Seele in dunkle Gefilde bringen konnten. Ihm war bewusst, dass jene, die die Macht des Einen kosteten, schwerer davon abzubringen waren, als jene, die in ihrer Hoffnungslosigkeit in diese Richtung sahen, aber noch nicht die Grenze überschritten hatten. Wut und Tränen beinhalteten die Gespräche mit diesen sorgengeplagten Geschöpfen. Doch auch hier, war es sein Dienst, der ihn dazu brachte sich mit ihnen zu beschäftigen und zu akzeptieren, dass er selten Unbeschwertheit und Freude während dieser Gespräche entgegengebracht bekam.

Er nähte und kochte. Er wusch und putzte. Pedantisch war sein Sinn nach Reinlichkeit, doch zeitgleich war es die Grundlage für körperliche Gesundheit. War man genährt, gewaschen und angemessen warm gekleidet, war man einem Schritt der Zufriedenheit und Gesundheit näher, als zu dem Zeitpunkt wo eines der Dinge nicht zutraf. Und es erfüllte ihn selbst mit Unbeschwertheit und Freude, wenn er sah, dass man sich bei einem Essen, einem Feuer und einer guten Gesellschaft wohlfühlte. Immerzu erfreute er sich daran, wenn der Fokus auf den Dingen im Leben lag, die einem gut taten. Einzig und allein was er tat, sollte der Grund für die Freude sein und nicht weil Tendarion es war, der es tat.

Das Lächeln und Lächeln erschaffen überließ er anderen. Tendarion selbst hatte einen anderen Weg gewählt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 30.12.15, 16:36 
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Nachdem er das Ordenshaus, mit noch feuchten Haaren, nach dem ausgedehnten Bad, verließ, steuerte er den Stall an, in dem sein Pferd und die Pferde des Calators untergebracht waren. Franz war ein wenig zu wetterfühlig, als dass er ihn allein in einem Stall, ohne ihm bekannte Tiere, lassen konnte. So ging Tendarion dazu über sein Pferd immer öfter mit den Pferden Custodias' bekannt zu machen. Und seine Bemühungen wurden belohnt, denn die Pferde standen dicht an dicht in dem Stall und schienen sich seelenruhig und ohne auffallendes Verhalten, das den Neuzuwachs aus ihrer Mitte ausschloss, gegenseitig zu wärmen.

Einige lange Momente beobachtete der Elf gedankenverloren die Nähe der Pferde. Ein jedes schien aus einer anderen Zucht. Keines glich dem anderen. Und doch erkannten sie einander an und sahen nur das gemeinsame Ziel. Satt zu sein. Sich zu wärmen. Aufeinander achtzugeben.

Er entsann sich, als er auf dem Boden dieses Stalls die herzzerreißenden Taten, die ein Kind vollführen musste, weil es aus Angst versuchte zu überleben, erzählt bekam. Und wie es jenes Kind schaffte, aus eigener Kraft sich dem Einen und seinem Wirken zu entsagen. Es war immer einfach von Anfang an auf dem rechten Weg zu wandeln und an diesem festzuhalten. Doch war Tendarion über alle Maße von Ehrfurcht erfüllt, wenn es jemand schaffte aus den tiefsten Tiefen empor zu kommen. Es änderte einen und viele Verhaltensweisen zeugten davon, dass solche Menschen nur sehr bedingt wieder vollständig frei von ihren Erlebnissen leben konnten. Tendarion war betrübt darüber, wie solche Menschen verkannt wurden, da sie nur die Summe der Taten anderer waren und zumeist nur selbst wenig Schuld an dem tragen konnten, was sie nun mühsam mit sich herumtrugen. Ein Fels auf deren Rücken, der sich über die Götterläufe hinweg nur Sandkorn um Sandkorn abtrug. Manche zerbrachen unter der Last, wieder andere fanden kurz vor ihrem Ende endlich die erlösende Leichtigkeit, als der Felsen letztenendes zu einem handtellergroßen Stein verkommen war.

Langsam trat er auf sein Pferd zu. So breit wie es war, war es keineswegs für die schlanke Eleganz seines Volkes geeignet. Doch war es das Sinnbild seines eigenen Charakters. Schreckhaft, doch unbeirrt, wenn es darum ging das Ziel zu erreichen. Jede Hürde nur mit einem kurzen Schnaufen erklimmend, doch nie innehaltend, wenn es zu anstrengend wurde.

Zärtlich zog er die Decke über den Rücken des Pferdes und er nahm die Bürste um den Schweif und die Mähne frei von Frost, Schneeflocken und Staub zu kämmen.

Warum war es den Menschen nicht vergönnt diese Nähe zu den anderen als ein Geschenk anzuerkennen? Stattdessen suchten sie mehr Gründe sich aus dem Weg zu gehen, anstatt eine Gemeinsamkeit zu finden, die über allen Differenzen erhaben war. Tendarion erfüllte es mit Traurigkeit, dass das Gemüt alleine ausreichte um jemanden vollständig aus seinem Leben zu bannen. Nie konnte er selbst an seinem Groll derart festhalten, egal wie sehr er verletzt wurde, dass er anfing einzelne aus seinem Leben zu weisen. Er versuchte in Anwesenheit derer die Themen zu vermeiden, die die Differenzen um so deutlicher machten, doch war er nie unwillens sich auf die anderen Dinge, die Gemeinsamkeiten, zu konzentrieren. So oft war er und andere dazu geneigt zu sagen, sie wären enttäuscht oder gettäuscht worden. Doch war es tatsächlich so, dass andere einen täuschten? Viel mehr war es das eigene Unvermögen klar zu sehen, da man sich blinder und naiver Hoffnung hingab, dass man jemand anderen als sich selbst und den Göttern vollends vertrauen konnte.

Tendarion schob sich auf die halbhohe Mauer, die den Stall in zwei Parzellen teilte und beobachtete die beiden Pferde vor sich. So unterschiedlich in Körper, Farbe und Gebaren, doch waren sie beide dem selben Keim entsprungen. Ein seliges Lächeln erfüllte seine Mimik und er blickte nachdenklich auf seine Hände auf den Schoß.

Es spielte keine Rolle, wie andere waren. Er konnte nur sich selbst treu sein und sich selbst lieben, auf dass er andere vorleben konnte, dass nichts schändliches darin zu finden ist, seinen Weg alleine zu gehen. Immer wieder würde eine Abzweigung des Weges einen Gefährten an seine Seite führen, und eben jenen Gefährten auch wieder an einer anderen Abzweigung verlieren. Doch anstatt seinen Blick ständig nach hinten oder zu den Seiten fallen zu lassen, würde er weiterhin voransehen und auf die ausgebreiteten Arme der Viere zugehen.

Ohne jede Eile schob er sich wieder von der Mauer herab und er schlug seinen Weg nach Hause ein.

Er hatte nun Verantwortung für zwei Leben übernommen. Und diese würde er aufrecht und mit allen Konsequenzen tragen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 31.12.15, 14:04 
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"Menschen, mein Sohn, sind wie Tiere, wenn es darum geht ihr Leben und ihre Lebensweise zu verteidigen."

Langsam drehte sich der groß gewachsene Elf, der fast einen Kopf größer als Tendarion war, um und nippte von seinem Kelch, der mit zarten Ziselierungen in Blütenformen verziert war. Dieses Gesicht, wenn auch deutlich von Reife und Weisheit geprägt, kannte der jüngere Elf aus seinem Ebenbild, das auf der Wasseroberfläche ihm entgegenblickte. Auch wenn er für sein Volk so klein verbleiben würde, wie er war, wusste er, dass in einigen Jahrhunderten ein Mensch Schwierigkeiten hätte ihn von seinem Vater zu unterscheiden. Die Worte, allerdings, die so ruhig mit dieser stoischen Miene an ihn gerichtet wurden, würden nie aus seinem Mund dringen. Selbst wenn er einmal so verbittert in dieser Hinsicht werden würde, wie sein Vater.

"Du wirst keine wahre Selbstlosigkeit unter ihnen finden. Sie werden immer nur Dinge tun und sagen, die im ersten Moment durchaus verständlich klingen. Sie werden möglicherweise an dein Mitleid appellieren."

Sachte strich die Hand seines Vaters, die unzählige Kämpfe sah, doch nur im Vergleich mit andere Elfenhänden etwas rauer erschien, über die weinroten Rosen, die in ihrem Garten omnipräsent erschienen. Das was andere als Unkraut sahen, wuchs auf der Wiese ohne jedes Eingreifen, denn keine Flechte und kein Pilz wagte es sich an den Blumen, die ringsumher wuchsen, zu vergehen. Die Präsenz seiner Mutter in diesem Garten schien wohl selbst in den kleinsten und unscheinbarsten Lebewesen und Pflanzen Respekt und Ehrerbietung vorzurufen. Dieser Garten war wie ein Schrein der Mutter, ohne das auch nur ein Symbol der Herrin dort zu finden war. Einzig und allein die Liebe und Hingabe seiner Mutter gegenüber ihrem Garten, schien auszureichen, damit Vitama selbst sich diesem Ort annahm.

"Du reichst ihnen deine Hand. Du kommst ihnen entgegen. Sie werden erleichtert lächeln, doch im Grunde, nicht weil du ihnen einen Gefallen erwiesen hast, sondern weil sie es geschafft haben einen Fey zu überlisten. Dann werden sie das Leben leben, dass du hättest führen sollen, aber aufgrund ihrer Kurzlebigkeit, hast du ihnen den Vortritt gelassen. Sie werden das Glück spüren, das für dich gedacht war. Erfolge werden sie anhäufen, die dir hätten gelten sollen. Sie werden Fehler machen, die dir nie passiert wären. Sie fragen wie es dir geht und bieten unentwegt ihre Hilfe an, doch im Grunde kümmert es sie in ihrem Egoismus nicht, wie du dich tatsächlich fühlst. Sie wollen sich nur profilieren, in dem sie eventuell einem Fey helfen können. Nimmst du die Hilfe dieser Menschen an, wirst du jedoch nur enttäuscht, weil es den anderen nicht darum geht, dass du glücklich bist, sondern dass einzig und allein sie selbst glücklich sind, weil sie so ihr schlechtes Gewissen dir gegenüber beruhigt haben. Wenn du auf diesem Pfad jedoch weiterwandelst, wirst du nichts erreichen, außer dass du Götterlauf um Götterlauf nur mehr Schmerz in deinem Herzen anhäufst."

Tendarion spürte die Präsenz seiner Mutter, ohne dass er ihre Schritte hörte. Sein Vater, Telendarion, wandte den Blick, wie er es immer tat, wenn sie sich in seiner Nähe aufhielt, zu Selarian und seine stoische Miene weichte sogleich auf um ihr diesen intensiven Blick, der von nie versiegender Liebe erfüllt war, zu schenken. Der junge Elf blickte nun ebenso zu seiner Mutter, die zu ihm trat, um seine Tränen von den Wangen zu streicheln.

"Auch wenn dein Vater sich als Ratgeber in Herzensangelegenheiten so gut eignet, wie ein Heerführer, der mit einem Soldaten spricht", wobei sie zu seinem Vater aufsah und der mit einer leicht gehobenen Braue wieder von seinem Kelch nippte,"hat er in einer Sache durchaus recht. Dein Herz und dein Geist sind es, die du schützen musst. Unsere Körper sind robust und wenn du mit diesem pfleglich umgehst, wirst du das Geschenk des Lebens, das die Herrin unserem Volk so großzügig vermachte, für solange dein wissen, bis du dein Leben als erfüllt ansiehst. Unser Herz, unsere Gefühle, hingegen sind es, die uns von innen heraus zerfressen können, während wir nach außen hin unversehrt wirken. Du hast heute keine Enttäuschung erlebt, als dein menschlicher Freund dich abwies, sondern lediglich den Grundstein dessen erlebt, was allen Fey widerfährt, wenn sie sich nicht unter ihresgleichen halten."

Während den ruhig gesprochenen Worten kniete sich seine Mutter neben die Bank auf der Tendarion saß und streichelte über seinen Oberschenkel in beruhigender und vertrauter Weise. Sein Vater setzte sich langsam neben seinen Sohn und stützte seine Ellbogen auf dem eigenen Schoß ab, während er sinnierenden Blickes in den Garten sah.

"Die Aufgabe unseres Volkes ist es, jene zu lehren, die auf unserem Lebensweg geboren werden, neben uns leben und schließlich auch wieder sterben werden. Wir sehen, dass die Zeichen der Zeit sich immer wiederholen. Wir sehen es, dass ein Mann viel Unheil vollrichten kann, während nur kurze Zeit später ein anderer das Wohl aller in den Vordergrund stellt."

Tendarion senkte seinen Blick ab, ehe er endlich die ersten Worte, mit leicht von Tränen getrübter Stimme sprach:"Warum ist dann nicht unser Volk auf dem Thron? Warum überlassen wir alles den Menschen, wenn sie so selbstsüchtig sind und soviel Leid über uns bringen können?"

Seine Eltern verfielen in betretenes Schweigen.

"..sind wir nicht mehr wichtig für die Viere?", hauchte er verloren wirkend.

Woraufhin seine Mutter ihr Haupt sogleich in seine Richtung wandte und sie entschieden, doch langsam, den Kopf schüttelte. "Die Viere lieben ein jedes ihrer Kinder. Jede Seele, die uns die Herrin schenkte, ist ein Teil ihrer selbst. Doch der freie Wille, der uns allen innewohnt, hat auf Tare die Geschicke so gelenkt, bis wir an diesen Punkt gekommen sind, an dem wir heute sind. Die Götter haben uns allen die Mittel gegeben dies zu ändern oder beizubehalten, aber es ist und bleibt eine Sache, die wir selbst über uns gebracht haben."

Ergeben nickt der junge Elf. Die Worte seiner Mutter gaben immer Sinn, waren immer so gesprochen, dass er es verstand und auch als seine Meinung leicht adaptieren konnte. Im nachdenklichen Schweigen verblieben die drei Elfen nach den Worten, ehe es Tendarion war, der diese Stille unterbrach.

"Warum will er nichts mehr mit mir zu tun haben und sagte, ich würde nur kindische Dinge im Sinn haben und dass es ihm peinlich wäre sich mit so jemanden zu umgeben?"

Ein Arm legte sich um ihn. Dieser war stark und muskulös. Unbewusst lehnt er sich in diese Umarmung und fühlte sich behütet, als er die unmittelbare Nähe seines Vaters genoß, die er selten genug erlebte.

"Er ist nun zwanzig Götterläufe alt, ebenso wie du. Ein Mensch seines Alters kümmert sich darum eine Familie zu gründen. Eine Frau zu finden, Nachwuchs zu zeugen und sein Leben fernab des Elternhauses selbst in die Hand zu nehmen. Du hast die Möglichkeit deine Jugend viel länger zu genießen. Du hast nicht diesen zeitlichen Druck etwas zu erschaffen, solange du dich nicht treiben lässt und ziellos umherwanderst. Wo ihr beiden vor zehn Götterläufen hier in diesem Garten verstecken spieltet, hast du noch immer den Drang dies zu tun, während er sich in dieser Zeit veränderte. Nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich. Eine so rasante Entwicklung wirst du in deinem Leben innerhalb von zehn Götterläufen nie durchmachen müssen."

Tendarion blickte zu seinem älteren Ebenbild auf und wandte den Blick dann zu seiner Mutter, als würde er dort nach Bestätigung für diese Worte suchen. Ihr sachtes Lächeln und der Blick, der von Verständnis und Mitleid geprägt war, bestätigten zu seinem Leidwesen all die gesprochenen Worte.

"Siehe dich als weisende Hand. Du wirst viele Menschen treffen, die dich in Weisheit und Wissen überragen können, doch sind sie ebenso wankelmütig in ihrem Gebaren, wie ihre nicht so gelehrten Vertreter ihres Volkes. Sei nicht überheblich im Umgang mit ihnen. Biete ihnen an aus deiner Erfahrung zu schöpfen, doch dränge dich nie auf oder lasse sie wissen, dass sie aufgrund ihrer Kurzlebigkeit weniger wert seien als ein Fey. Sie sind ein erstaunliches Volk, das durch ihre Wandelbarkeit sehr viele Neuschöpfungen vorweisen können, die die Fey in all den Jahrhunderten zuvor nicht schufen. Wir halten an alten Dingen fest und versuchen sie zur Perfektion zu bewältigen, aber meist fehlt es uns an der Flexibilität einen anderen Weg zu suchen. Die Menschen benötigen unsere Stabilität, wie wir Fey die Menschen benötigen, auf dass sie uns lehren, dass auch wir Fehler zu verzeichnen haben."

Telendarion blickte zu seinem Sohn herab.

"..aber mach nicht den Fehler dein Herz an einen der ihren zu verschenken. Genieße diese kurzen Freundschaften, die dich zuhauf in deinem Leben begleiten werden. Lerne daraus. Wachse über dich hinaus. Doch sollte deine Liebe einzig und allein deinem Volk vorbehalten sein. Liebe zu einem so filigranen Geschöpf der Viere, wie die Menschen es sind, ist nicht für uns bestimmt und wird von Schmerz und Trauer überschattet."

Den betrübten Blick, den seine Mutter auf seinen Vater während dieser Worten richtete, würde Tendarion nie vergessen. Auch wenn er nie erfahren sollte, was er bedeutete.

~~~

Er stieg erst aus dem Bad im Ordenskeller, als oben kein Geräusch mehr zu hören war. Seine Augen waren gerötet. Erst der Tod der drei Wachmänner und dann die Tatsache, dass er wieder jemanden gehen lassen musste, um das Herz eines anderen behütet zu wissen.

Wenige Zeit später fand er sich im Viertel der Fey ein und er begab sich in eines der leeren Betten.

Sie würden glücklich sein, davon war Tendarion überzeugt. Und er wird von der Ferne zu ihnen blicken und sich daran erfreuen, dass sie zusammen ein Lächeln finden würden, das für sie vorgesehen war, aber keineswegs für ihn bestimmt war. Er würde sich an den Schmerz gewöhnen müssen, den jedes Lächeln der beiden in ihm hervorrufen würde. Doch würde er immer sein Herz und seine Arme offen halten, falls er doch noch einmal gebraucht werden würde.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 2.01.16, 17:02 
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Gedankenverloren war der Blick Tendarions auf das Feuer gerichtet, das in dem Kamin flackerte. Er hatte den Brief nun so oft gelesen.

Waren seine Worte so undeutlich gewesen? Sprach Selbstsucht aus ihnen?

Wie er es drehte und wandte, je mehr er sich seiner Worte entsann und sie verglich mit der Antwort die man ihm darauf schrieb - es ergab keinen Sinn für den Elfen. Unzählige Male wollte Tendarion sich dieser Situation nun entziehen und er hatte es wieder versucht. Aber es scheiterte daran, dass er so oder so jemanden verletzen würde. Blieb er in dieser Situation, würde er leiden und einen anderen dafür verletzen. Entzog er sich den Umständen, würde er leiden und wieder einen anderen dafür verletzen.

War die Herrin es, die ihn und seine Gefühle prüfte? Oder war es der Herr Astrael, der ihn prüfte, ob er fähig war, eine Entscheidung zu treffen und all ihre Konsequenzen zu tragen?

Er dachte dreißig, vierzig Götterläufe weiter. So er und sein Umfeld überhaupt solange leben sollten, würde kaum einer der Menschen, an deren Seite er heute wandelt, noch auf Tare weilen, während er und Myrandhir an ihren Gräbern stehen und ihrer gedenken werden. Warum waren die Menschen so verbissen darauf etwas, so vehement zu halten, oder aber von sich weisen zu wollen, wenn es ihnen nur Schmerzen bereitet? Sahen sie nicht, wie wenig Zeit sie auf Tare hatten? Wie wenig Zeit etwas so wunderbares zu vollbringen, das sie und andere mit Glück und Liebe erfüllen könnte?

Tendarions Position war von Anfang an unter keinem guten Stern. Er konnte am Ende nur verlieren. Seine Aufgabe war es lediglich all jenen, die in dieser hoffnungslosen Situation verfangen waren, Zuversicht und Beständigkeit zu gewähren. Doch war er nun gezwungen ein Herz zu erschweren, egal wie er sich entscheiden würde.

Wieder fiel sein Blick auf die grausamen Worte, die gespeist von einem von Schmerz verzerrten Herzen, auf das Pergament gebannt wurden. Seine Beine anwinkelnd kauerte er sich auf dem Thron zusammen und noch einen Zyklus sollte es dauern, bis Lifna ihn in ihre Arme nahm und ihn für einen kurzen Moment von seinen Sorgen und Gedanken befreien konnte.

Als er jedoch aufwachte, fühlte er sich hilflos und von unendlicher Schuld erfüllt...


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 3.01.16, 12:22 
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Als er das zerfetzte Etwas, das Rodriks Gesicht einmal war, sah, war er der Herrin dankbar, dass der Schrecken und Schauder über solch einen Anblick seit zwanzig Götterläufen nur noch einer medizinischen Herausforderung gewichen ist. Doch als er die Wunde säuberte, das Weiß seiner Wangenknochen sehen konnte und die Erkenntnis hatte, dass es sein Bruder war, der vor ihm lag, musste Tendarion einen Würgereiz unterdrücken. Tränen stiegen in seine Augen, als er die andere, weit schwerere Wunde an Rodriks Seite vernähte. So viel Blut hatte er verloren. Als er ihn auf dem Boden der Burg Morgenroth behandelte und der geschmolzene Schnee und der neu hinzukommende Schnee einen jeden der Körper viel zu schnell unterkühlte, erfüllte den Elfen Panik.

Als er sich dem Satai nähern musste, da er so nah am anderen Ende der Gefangenenreihe stand, begann es zwischen seinen Ohren zu rauschen. Sein Herz raste und Furcht und Beklemmung erfüllte sein Herz. Die Präsenz des Mannes war beinahe unerträglich für ihn. Diese dunkle Aura manifestierte sich in Tendarions Kopf als etwas, das mit tentankelartigen Schemen nach ihm greifen wollte. Sich um seinen Kopf legen wollten, in sein Herz eindringen wollten ehe sie den Kern seiner Seele erreichten und ihm diese entriss - oder auf immerdar verdunkelte.

Ein ewiges Mantra an die Viere erfüllte seine Gedanken, als er sich ausschließlich um die Verletzten kümmerte und versuchte diese elenden Worte um sich herum auszublenden.

Er roch nur noch Blut. Seine Hände und Unterarme waren rot und kein bisschen von seiner blassen Haut war mehr zu erkennen. Ihm wurde immer übler und der Würgereiz, den er unterdrücken musste, benötigte seine gesamte Willenskraft. Zu erschöpft und zu schwach um überhaupt noch Angst zu fühlen, sondern sich einfach der geistigen Ohnmacht ergebend, sprach er mit Tesan, sprach den Satai an - ihm war es gleich. Einzig und allein die Verletzten und Gefangenen sollten endlich freikommen.

Nie war er glücklicher über eine Entscheidung, als die, Arin und Fyonn zurückzulassen, auf dass sie dieses Elend nicht mit ansehen mussten. Tendarion wusste, dass Fyonn und Arin überfordert waren im Hospital, aber er konnte und wollte sich auf sie verlassen. Der Heilberuf war kein Beruf, in dem jemand über Götterläufe hinweg sanft und geschont herangeführt werden konnte. Entweder man wollte es und lebte mit den Konsequenzen Blut, Eiter und Tod als seinen fortan täglichen Begleiter zu wissen, oder man hatte es zu unterlassen. Die Heilkunst war, wie der Dienst an die Götter, keine Arbeit die man ab und an vollführen konnte, wenn es einem gefällt. Man wurde aus dem Bett gerissen, selbst wenn man eng umschlungen in den Armen deines Liebsten lag; man musste sogleich jedwede Arbeit einstellen, selbst wenn gerade ein Brot im Ofen war; man musste sein Gebet unterbrechen; man musste willens sein aus dem Bad gerissen zu werden, um nur mit einem Handtuch um die Hüften und triefend nassen Körper durch den Schnee zu laufen um ins Hospital zu kommen.

Und wenn es hieß vor den Füßen eines Satai zu knien um einen jungen Mann aus Galtors Griff zu befreien und die Forderung zu stellen ihn ins Warme bringen zu dürfen, dann war auch das ein Teil des Heilberufs. Angst war in diesen Momenten einzig den Patienten vorbehalten.

~~~

Tendarion hatte gespürt, wie Rodriks Herz aufhörte zu schlagen. Füllte die Kälte die den Körper einzunehmen versuchte. Wie Galtor versuchte die arkane Kraft des Elfen aus Rodriks Körper zu treiben. Der Elf war nicht immer in der Lage ein Lächeln zu zeigen oder einen Scherz zu machen um die dunkelste Situation in Leichtigkeit zu hüllen, doch wenn er etwas vorzuweisen hatte, dann war es die nie versiegende Hoffnung, dass die Herrin bei ihm war. Er sprach seine Gebete zu Astrael und zu Vitama, als er merkte, wie dieser ungewohnt hohe Einsatz an arkaner Kraft seine Nerven zu zerreißen drohte. Sein Kopf schien zu platzen und ihm wurde warm und kalt zugleich. Er hatte das Gefühl Rodrik einen Teil seines eigenen Lebens zu spenden, anstatt des Herrn Astraels Geschenk zu nutzen.

Erst als sich diese so beruhigende Hand auf seine Schulter legte und er Custodias' Anrufung an Astrael vernahm, war ihm der Mut und die Konzentration vergönnt, seine letzten Kraftreserven aufzuwenden um Rodriks Herz wieder einen lebensspendenen Funken zu entlocken. Sein Gehör ganz auf Rodriks Körper konzentrierend vernahm er endlich das erlösende Klopfen des blutpumpenden Muskels in seiner Brust. Seine Kraft nun ganz auf Rodriks Herz und Lunge konzentrierend, merkte er, wie er ihm den Lebensfunken wieder gewähren konnte, doch Rodrik zu schwach war um ihn selbst zu erhalten.

Ein grünes Licht schimmerte durch seine geschlossenen Augenlider und er spürte die beruhigende und tröstende Präsenz der Herrin. Wollte sie Tendarion das Herz erleichtern, in der Gewissheit, dass Galtor Rodrik an diesem Tage gewiss nicht loslassen würde?

Die Augen öffnend erfüllte das grüne Schimmern Rodriks Körper.

Das Herz klopfte schneller.

Der Brustkorb hob sich angestrengt.

Der rasselnde Atem und das angestrengte Husten Rodriks erfüllte Tendarions Herz mit unendlicher Erleichterung.

Entkräftet sank er nach hinten gegen Custodias Brust und schickte nur ein leises gehauchtes immerwiederkehrendes Mantra aus Dankesworten an die Viere. Sein Kopf zerplatzte fast und die Diskussion die Custodias' mit Charlotte anleierte, half nicht im geringsten dazu seine Kopfschmerzen zu beschwichtigen.

Die Fassungslosigkeit über Custodias' Worte gegenüber Erynnion, war einer tiefen Trauer gewichen, als der Herr Astrael den Worten stattgegeben hat. Tendarion diente den Göttern und es war ihm nicht erlaubt, egal welche Gedanken er hegen möchte, auch nur ansatzweise seinen Zweifel über die Entscheidungen der Viere verlautbaren zu lassen. Solle man ihm vorwerfen, dass er sich auf Custodias' Seite schlug. Solle man ihm vorwerfen, dass er anderen Übles will. Wenn die Götter dem stattgegeben haben, so sollte es sein und er würde es akzeptieren.

Wer war er die Götter in Frage zu stellen?


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 9.01.16, 16:07 
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Als Tendarion Akelas' Spiel mit der Oud lauschte versuchte er sich in den Moment einzufühlen, an dem er ihm die verderbte Flamme der Ordnung an den Hals gehalten hat.

Wo war meine Furcht? Die Angst davor zu sterben? Ich wollte nicht in diesem Moment, durch dieses Schwert, unter diesen Umständen sterben. Aber die Erkenntnis, dass ich mich damit abgefunden habe zu sterben, scheint meine Angst zu mindern. War es ein Teil des Geistes meines Volkes das unvermeidbare zu akzeptieren und hinzunehmen? War es das was so viele Fey, die so alt wie meine Eltern, oder deutlich älter waren, ereilte? Gar als wollte Morsan ihnen, zum Austausch für ihren ewigen Seelenfrieden, der sie so spät erst ereilen sollte, zunächst eine, an Apathie grenzende, Ruhe auf Tare gewähren wollen.

Nur darum bedacht so viele Leben geschützt zu wissen wie möglich, sinnierte er die ganze Zeit im Beisein des Satais, Valkuns und des Orkens, ob er eine Grundlage finden würde Fyonn, Arin und Dylanda retten zu können. Die, die im Tempel blieben, wussten woran sie sind. Sie waren bereit zu sterben und nicht nur, ob der Loyalität, einer Freundschaft wegen, da geblieben. Als sich schließlich ein kleiner Lichtblick eröffnete, als er den weintrinkenden Magus mit der Maske so ansah, ereilte ihn zum ersten Mal an diesem Tag Zuversicht. Es ging nicht mehr darum Verletzte zu behandeln. Die Überzeugungen weniger, die sich ganz dem Dienst der Viere hingaben, sollten nicht unnötige Opfer fordern. Es war nicht das Ansinnen der Kirche jemanden zu opfern um das große Ganze zu wahren. Aber sie waren bereit sich selbst zu opfern, wenn es nur einen Hauch einer Möglichkeit gab, einen Unterschied zu machen.

Als sich Tendarion nach einer kurzen Ruhe, die mehr einem unruhigen Dösen glich, mit seinem verbundeten Arm durch den Tempel begab und die Mauern besah, die ihm ein Heim geworden sind - ein Zeichen der Hoffnung, ein Zeichen der Viere hier auf Tare - wurde ihm bewusst, dass es das letzte Mal sein würde, wo ihm das vergönnt sein würde. Er hoffte, dass es in Brandenstein und Schwingenwacht ruhiger sein würde.

Gerne hätte er Myrandhir wenigstens einmal in die Arme geschlossen. Die Comaris und Charlotte ein letztes Mal gesehen und gesprochen. Den Priesterinnen Maquiras liebevolle letzte Worte geschenkt und um ihnen seinen Dank auszurichten für ihren Dienst den sie bewusst, oder unbewusst, für die Insel unentwegt taten. Gerne hätte er Tions Kathedrale gesehen, ihn um Verzeihung gebeten, dass er nicht genug für ihn da sein konnte. Tendarion hoffte jedoch, dass wenn Dylanda wohlbehalten in seine Arme zurückkehrte, dass der Hochgeweihte Bellums verstehen würde, dass Tendarions Gebete und Gedanken auch stets ihn einschlossen. So viele Gesichter, Namen und Emotionen wanderten durch seine Gedanken und er wusste nicht, welchem Ereignis in seinem Leben er eine besondere Gewichtung schenken sollte.

Also ließ er seine Gedanken wandern ehe er die Wunde des schlafenden Erzgeweihten behandelte, ihm nicht die Möglichkeit zur Gegenwehr gab. Mit ritueller Gründlichkeit versorgte er die Wunde, reinigte Haut von dem geronnenen und frischem Blut und verband ihn schließlich. Ein letztes, durchaus bewusstes Mahl, ganz im Sinne der Herrin, ohne in Völlerei zu vergehen, jedoch in Genuss und Zufriedenheit, genießend, summte er eine leise, beruhigende Melodie, als er sich schließlich neben Custodias und all den anderen Verletzten zur Ruhe begab. Morgen würde er mit aller Wahrscheinlichkeit seinen letzten Tag auf Tare verbringen. Also musste er ausgeruht sein um der Herrin ein letztes Mal gerecht zu werden.

Die Zeit der Tränen waren vorbei. Er würde kämpfen, um so viele wie möglich davor zu bewahren zu sterben.


~~~


Vor einigen Wochenläufen im Sekar im Viertel der Fey'haîm in Draconis

Telendarion wagte es nicht den Brief, den Selarian ihm wortlos auf den Schreibtisch legte, neben den neuen Plänen der Stadt, die die neuen Verteidigungsanlagen Draconis' offenbarten, aufzunehmen. Er kannte seine Gefährtin gut genug um mit einem Blick einschätzen zu können, dass sie etwas an dem Schreiben ihres gemeinsamen Sohnes untröstlich stimmte.

Mit gezwungener Konzentration betrachtete er wieder die Karten auf seinem Tisch, doch offenbarten sich ihm nur noch zusammenhangslose Striche, Symbole und Notizen. Bevor der Brief seines Sohnes auf seinem Tisch abgelegt wurde, war ihm jede Einzelheit der Pläne in Fleisch und Blut übergegangen. Jetzt fühlte er nur Nebel, die seine Gedanken verhüllten und ihm sämtliche Auffassungsgabe zu verschleiern drohten. Ihm war nicht bewusst, wie aufgewühlt er tatsächlich war, ehe er merkte, wie zögerlich seine Hand sich auf den Umschlag legte, auf dem die wohlgeübte Schrift seines Sohnes zu sehen war. Telendarion war es immer ein Mysterium, wie sich sein Sohn, so fernab jedes Interesses an Kunst und Musik, in solch' einem vitamageprägten Haushalt, entwickeln konnte. Als er jedoch seinen Brief öffnete und sich diese so wohlgeschwungenen Runen in Auriel vor ihm offenbarten, erkannte er, dass er viele Dinge, die seinen Sohn ausmachten, gar nicht realisiert hatte. Tendarion hatte tatsächlich ein herausragend distinguiertes Schriftbild. Wann hatte er sich jenes angeeignet?

Je länger sein Sohn von zu Hause weg war, umso mehr dachte Telendarion darüber nach, ob es nicht doch noch zu früh gewesen war. Ob er ihm noch etwas Zeit hätte gewähren sollen. Selarian war zurückgezogener, seit er auf Siebenwind war. Ihr Lächeln, nie gezwungen, doch nicht mehr so strahlend wie früher. Er machte sich Sorgen darum, was er über seine Familie hereinbrachte. Hatte er die Familie entzweit, obwohl er nur selbst ein wenig mehr von seinem Sohn an seiner Seite wissen wollte?

Telendarion legte den Brief wieder beiseite, als er die Grußformel las, die sich nur an Selarian richtete. Der Stich in seinem Herzen löste den Nebel in seinem Kopf.

Er hatte sich um seinen Anteil an der Verteidigung Draconis' zu kümmern.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 13.01.16, 13:23 
Edelbürger
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Nicht ein einziger Tage war ihm vergönnt, als dieser Wahnsinn vor vielen Wochenläufen begann, an dem er sich nicht mit dem Krieg beschäftigen musste. So viele Tote. So viele Verletzte. So viel Angst. So viel Kraft wurde benötigt, die er nicht mehr hatte.

Der Anblick, der sich ihm im Speisesaal des Ordenshauses in Brandenstein, seinem neuen unfertigen Heim, anbot, war der letzte Rest an emotionaler Stärke, den er aufbringen konnte. Anwyn und Fyonn saßen blutüberströmt - bewusstlos? tot? - um den Tisch herum und eine Blutspur zog sich von der Türe bis hin zum Tisch. Vor nur wenigen Tagesläufen, wäre sein erster Instinkt und seine erste Tat gewesen, sie zu untersuchen, sich zu vergewissern, dass sie nicht tot sind. Doch sank er an der Türschwelle auf die Knie und begann schluchzend zu weinen.

Dieser letzte Funke Klarheit in seiner Untröstlichkeit, wisperte in seinem Hinterkopf, dass er eigentlich keine Tränen mehr übrig haben könnte. Seine ehemals leuchtenden blauen Augen, waren matt und jedes Leben schien aus ihnen gewichen. Der Punkt der seine allerletzten Kraftreserven verbrauchte, war erreicht. Er wollte sich an Ort und Stelle hinlegen und nie mehr aufstehen. Er wollte nur noch in ewiger Ruhe vergehen.

Guntrams Verschwinden und Myrandhirs Zusammenbruch taten sein übriges. Tendarion musste stark sein. Durfte nicht schwach sein. Und dennoch war er nicht mehr in der Lage aufzustehen. Seine Schützlinge waren tot oder verletzt, aber er war nicht mehr in der Lage zu reagieren. Er vernachlässigte seine Aufgabe, seinen Dienst an der Herrin. Er hatte sich selbst schon vollkommen vernachlässigt.

Guntram sagte, wir sollen uns selbst vergessen. Das habe ich getan, bei der Herrin, das habe ich getan.


Und dennoch kniete er auf dem Boden und von Schwäche und fehlender Nervenstärke gebeutelt, schluchzte er tatenlos auf dem Boden herum. Tendarion hatte versagt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 17.01.16, 20:08 
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In die Felle eingewickelt, die er neben dem Bett des Calators auf dem Boden ablegte, aus Ermangelung an genügend Betten in dem Ordenshaus, besah er den goldenen Ring an seinem Finger. Sein goldenfunkelnder Blick wanderte über die kleinen perlmuttschimmernden Muscheln im Dunkel der Nacht und er hing seinen Gedanken nach.

Ihre grünen Augen, das schwarze lange Haar, das feine Gesicht. Charlotte war die menschgewordene Manifestation dessen, was Tendarion durchaus an einer Fey gefiel. Er wusste nicht, warum es ihm so sehr überkam sie zu küssen, doch seit die Herrin das Mal auf Tendarions Stirn mit einem Kuss aufbrachte, hatte er ein neues Bewusstsein für die Emotionen um ihn herum erlangt. Das Leid und der Zorn anderer, beutelte ihn mit Mitgefühl, während Liebe und Freude anderer ihn auf eine sonderbare Weise beseelte, wie er es zuvor noch nicht spürte. Es war, als hätte er einen neuen Sinn erlangt, der ihn noch zu übermannen schien, und ihm bisweilen den Verstand raubte. Er wollte mehr von dieser Freude und Liebe um ihn herum schaffen, auf dass auch er davon profitierte. Und war nicht ein Kuss ein probates Mittel um Glücksgefühle in einem anderen zu erschaffen?

Im Ratsaal spürte er die überkochenden Emotionen und er horchte in sich, besann sich seiner Meditation, als er so tatenlos dasaß und diesen Hort der Gefühle von sich drängen wollte, ohne seinen Verstand zu verlieren. Doch Lazalantins Zorn und Groll konnte er nicht ignorieren und schon aus Sorge darum, was geschehen könnte, bat er die Herrin selbst, sich ihm anzunehmen. Aber wie konnte er erwarten einen Hohepriester eines so unberechenbares Elements zu beruhigen? Der bohrende und übermannende Schmerz der seinen rechten Arm zerfetzte, war Antwort genug, dass er nicht in der Lage dazu war. In Schock und seines Atem beraubt, stand er erst für einige fassungslose Momente da, ehe der Schmerz dann auch tatsächlich seinen Geist erreichte und er auf die Knie sank.

Doch trotz der Schmerzen, war es ihm nicht möglich Groll zu entwickeln oder tatsächlich in Panik zu verfallen. Er fühlte sich dermaßen gefasst und erhaben über negative Gefühle, dass er daran zweifelt noch jemals langfristigen Zorn gegenüber jemanden oder etwas aufbringen zu können. Selbst die Wut, die er über diesen ungehörigen Druiden verspürte, der ihn und seine Ordensgeschwister so ungebührlich überraschte und aufsuchte, brachte ihn nicht zum überkochen. Viel mehr spürte er ein tiefes Verständnis für diesen Mann, so ungehörig er sich benahm, eine Situation auszunutzen, die ihn näher an seine eigenen Ziele brachte, die zwar drastisch, aber nicht selbstsüchtig waren. Viel mehr war Tendarion davon abgeschreckt, wie schamlos man mit Rache drohte, wenn man den Wünschen der Seelen der Wälder nicht stattgeben würde.

In dieser Nacht, nach diesem zermürbenden Kriegsrat, war ihm nicht einmal der Schlaf der Erschöpften vergönnt, so begab sich Tendarion in eine sitzende Position und ergab sich einem Zyklus lang der Meditation, ehe er, lange bevor alle anderen aufstanden, Pergament und Schreibfeder auf dem Tisch im Speisesaal ausbreitete und einen Brief verfasste..

Zitat:
Geliebte Mutter, Geliebter Vater, Geliebte Schwestern,

meine Hoffnungen und Gebete richte ich an Shilor, Khaleb und Maquira, dass dieser Brief und all jene, die sich auf dem selben Schiff befinden, euch sicher und unbeschadet erreichen.

So vieles ist geschehen seit dem letzten Brief, dass es mir unwirklich erscheint, dass es erst zwei Monde her ist, dass ich ihn an euch richtete. Doch erscheint es mir zunächst wichtig, die Situation auf der Insel möglichst chronologisch zu erläutern, ehe ich meine eigenen Ansichten dazu preisgebe.

Vor wenigen Monden verließ der Baron recht eilig die Insel mit seinem Hofstaat, was für einige Verwunderung sorgte, da keine explizite Erklärung folgte, was ihn dazu bewegte. Im Zuge dessen wurde die Position des Kanzlers ausgerufen, der fortan die Lehensführung übernehmen sollte. Dem Marschall des II. Lehensbanners Toran Dur und Erynnion Comari, beides Magier zum Pfad der Mitte, waren jene Kandidaten, denen man unter den anderen aufgestellten Kandidaten den größten Erfolg auf eine Wahl in Aussicht stellte. Erynnion Comari war noch nicht lange auf der Insel, weshalb man ihm vor allem zugestand die Geschicke der Insel mit neuen Ideen und Änderungen zu bereichern. Toran Dur hingegen konnte mit langer Erfahrung und seiner Bekanntheit, und auch Popularität, auf der Insel von sich reden machen lassen.

Die Wahl fiel schließlich auf Erynnion Comari. Toran Dur, der somit Vizekanzler werden sollte, lehnte das Amt ab und konzentrierte sich auf seine Position als Marschall. Doch führte die Situation zu einem Disput, die letztendlich dafür sorgte, dass Toran Dur sein Amt als Marschall niederlegen musste und der damalige Knappe Adhemar Ravenforth das Kommando über das II. Lehensbanner übernahm. Die ersten Widersprüche bezüglich Prioritäten und Ansichten wurden deutlich.

Das was sich über Wochenläufe zuvor bemerkbar gemacht hat, dass die Cortaner und die Diener des Einen sich zusammenschlossen, wurde in dieser Situation mehr als deutlich. Sie begannen uns regelrecht zu überrennen. Die ehemalige Baronsburg, die zu diesem Moment ungesichert und frei zugänglich für jeden verwaist war, wurde von den Cortanern eingenommen und konnte seither nicht zurückerobert werden. Am Wall, der die Siedlungen der rechtgläubigen und die Ödnis trennte, war ein Kriegslager, an dem das Expeditionskorps stationiert war. Die Cortaner gingen dazu über, das Brunnenwasser dort zu vergiften und eine Seuche breitete sich aus, die nur mit dem äußerst schnellen Handeln von Hochwürden von Reinlicht und mir eingedämmt werden konnte, da wir den Wall und das Hospital in der Hauptstadt Falkensee zum Quarantänegebiet erklärt haben. Niemand durfte die Orte verlassen noch betreten. Mit der Mithilfe von dem Hohepriester Khalebs, Lazalantin, und einigen Priesterinnen Maquiras, sowie der Kirche, konnte ein Gegenmittel erschaffen werden. Doch die Erkenntnis, dass diese Seuche ihren Ursprung in der Gegendomäne Khalebs fand, und somit die Saat des Einen in sich trug, zeugte davon, dass Cortan vor nichts zurückschreckt um den Cortaner Theobald zum König über Galadon zu wissen.

Im Zuge der Seuche starben viele Männer und Frauen in unseren Reihen. Das Expeditionskorps wurde ausgedünnt,und auch war es einer armen Seele, die während der Seuche in meiner Obhut war, nicht vergönnt länger auf Tare zu weilen. So nahm der Feind den Wall ein und wir hatten zwei strategisch wichtige Punkte verloren. Die Piraten, die die Insel wohl schon über Monde hinweg mit ihrer Anwesenheit mehr oder minder in Bedrängnis brachten, haben sich indes von den Cortanern als Söldner verdingen lassen. Seither ist der Seeweg rund um Siebenwind keineswegs mehr gesichert. Ab und an schaffen es dennoch einige Schiffe von der Insel fortzukommen oder anzukommen.

So war vor dem Dunkel die Tatsache gegeben, dass die Hauptstadt mehr oder minder eingekesselt war. Im Süden Kairodun, der Hauptsitz der Diener des Einen, der Tardukai und den Magiern zum linken Pfad. Der Wall, in unmittelbarer Nähe zum Nordtor zu Falkensee. Burg Morgenroth, die zwischen der Festung Schwingenwacht, dem Sitz der Ritterschaft und des Kanzlers, und Brandenstein liegt. Das das nächste Ziel Falkensee, mit dem Sitz der Kirche auf Siebenwind, sein würde war nun ohne die Taktik des Feindes zu kennen mehr als eindeutig. Man war davon ausgegangen zu diesem Zeitpunkt, dass vor dem Dunkeltief keine weiteren Angriffe seitens des Feindes stattfinden würden, doch wurden wir alsbald eines besseren belehrt.

Ungeklärte Umstände ließen Adhemar Ravenforth schließlich seine Position als Marschall des II. Lehensbanner niederlegen und der Großmeister der Ritterschaft, Laurec Llewellyen, übernahm den Posten. Das Lehensbanner war zu diesem Zeitpunkt bereits quantitativ geschwächt und bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich diesen Brief verfasste, haben sich die Reihen im Lehensbanner auch nicht mehr füllen lassen können.

Ein neutrales großes Handelshaus wurde in Schutt und Asche gelegt und dessen Wachmänner ermordet. Die Begründung dafür erschloss sich keinem, da der Händler für seine politische Neutralität bekannt war und niemanden den Handel verwehrte. Unmittelbar in der Nähe des Handelshauses befindet sich das alte Elementarkloster, das zu diesem Zeitpunkt noch von dem Expeditionskorps Hilgorad besetzt war. Aber auch diesen Stützpunkt nahm man nach kürzester Zeit unter sehr blutigen Umständen ein.

Letztendlich waren alle Städte damit beschäftigt sich für das Dunkeltief vorzubereiten und es gab keine Möglichkeit die eroberten Punkte zurückzuholen. Uneinigkeit zwischen den Obrigkeiten führten schließlich dazu, dass sich die Vögte zurückzogen, der Kanzler sich nicht mehr an das Volk wandte und auch die Kirche im offenen Disput mit dem Kanzler stand. Dies resultierte kurz vor dem Dunkel darin, dass Eminenz Custodias einen Astraelbann gegen den Kanzler aussprach, den der Herr Astrael auch gewährte.

In dem Moment, als das Dunkel uns ereilte, erfüllte die Geweihten im Tempel ein unsagbares Gefühl von Schmerz, Machtlosigkeit und Angst, das uns wortwörtlich auf die Knie zwang. Später erfuhren wir von dem dritten Sohn Galtors, dem Horwah Feran, der uns erschienen war, dass der Eine einen Splitter des Horlaf herausbrechen konnte, der auf Tare stürzte und unweit von der Insel Siebenwind gelandet war. Mit diesem Splitter wurden auch viele Seelen, die schon lange ihre Ruhe gefunden hatten, auf Tare zurückgeholt und waren für die rechtgläubigen, wie auch dem Feind, ein leichtes Ziel geworden. Dank Bruder Philip, ein Diener Morsans, konnten viele der Seelen wieder zu ihrer Ruhe finden, doch wissen wir, dass noch einige Seelen im Besitz jener sind, die sie dem Herrn Morsan nicht mehr zurückgeben wollen.

Das Dunkeltief reduzierte sich sogleich vollständig auf Falkensee. Wir waren stark unterbesetzt im Tempel, während der Kanzler, der Hofstaat und die Ritterschaft in Schwingenwacht waren und der Rest Brandenstein verteidigte. Der Tempel wurde mehrere Tage von allen Seiten durch die Diener des Einen vehement belagert und angegriffen, bis schließlich eine Tempelaufgabe unumstößlich war und wir nach Brandenstein abziehen mussten. Nun sind wir seit einigen Tagesläufen hier und sehen uns mit einer Vielzahl an Problemen konfrontiert, deren Lösung sich uns zum derzeitigen Zeitpunkt nicht erschließt.

Wie ihr unschwer erkennen könnt, ist die Lage auf Siebenwind keineswegs einfacher als auf dem Festland. Ritter Galthana, die vor kurzem aus Draconis den Weg zurück auf die Insel fand, berichtete mir von der Situation vom Festland und ich muss gestehen, es beruhigt mich nicht im geringsten zu wissen, dass nur die Viere wissen, ob und wann wir wieder als Familie vereint zueinander finden werden. So mag mein naives Herz aus mir sprechen, doch fühle ich mich nach wie vor nicht allen Aufgaben gewachsen, die sich mir so zwangsweise offenbaren.

Ich helfe meinen Ordensgeschwistern vor Ort so gut es mir möglich ist und ich merke auch, dass die Herrin Vitama meine Bemühungen anerkennt und mich in meinem Dienst unterstützt und nicht zulässt, dass ich daran zerbreche. Doch wird mir, durch das enge Zusammenleben mit so vielen Menschen auch immer mehr bewusst, wie schwierig es ist, die Vielfalt unterschiedlicher Charaktere zu verstehen und letztenendes zu akzeptieren.

Eminenz Custodias spielt eine sehr große Rolle in meinem Wirken auf der Insel. Nicht letztlich, weil ich mich ihm verbunden fühle, sondern da seine Ansichten in vielen Fällen den meinen entsprechen, aber ihm durchaus das Feingefühl abhanden kommen kann, um diese diplomatisch an andere heranzutragen. So wird ihm auch in einem Fall, der von äußerste Brisanz ist, gerne niedere Absichten nachgesagt, obwohl er zum Wohle aller eine Lösung zu finden suchte. Persönliche Befindlichkeiten führten schließlich auch dazu, dass der Kanzler sich mit ihm überworfen hatte. Es war keine Möglichkeit mehr gegeben den Erzgeweihten und den Kanzler zusammenzuführen, was schließlich dazu führte, dass der Kanzler die gesamte Ritterschaft aus dem Tempel abziehen ließ, als die Kirche explizit darum bat, zum Schutz des Tempels, diese zurück zu lassen. Erynnion machte hingegen deutlich, dass seine Fehde mit Custodias schwerer wog, als der Schutz des Tempels und er zog sie komplett ab.

Ich hege keinen Groll gegen Erynnion, auch wenn die Rückeroberung des Tempels im Moment noch unerreichbar scheint, doch komme ich nicht umhin dass es mich nachdenklich stimmte, als ein Magier zum Pfad der Linken mir gegenüber äußerte, dass man eine Statue zu Ehren des Kanzlers geplant hat, mit einer Gedenktafel die besagen soll "Erynnion Comari - Cortanischer Kriegsheld". Gemessen daran, dass Erynnion und die Ritterschaft die Zeit vor dem Dunkel vorrangig mit dem Umbau der Festung verbrachte und der Großmeister der Ritterschaft einen Gespräch zu der Lage der Insel mit einem Geweihten Bellums mit den Worten "Ich habe eine Baustelle zu beaufsichtigen" ablehnte, kann ich gewiss verstehen, dass die Außenwahrnehmung der Lehensführung dazu führte, dass man den Kanzler absetzen ließ.

Nichts desto trotz, habe ich mir gewünscht, dass die Umstände dazu anders verlaufen wären. Doch war es die Entscheidung von mehreren und es obliegt nicht mir darüber zu urteilen, was richtig oder falsch ist. Ich versuchte zu intervenieren und Gemüter abzukühlen, wo es mir möglich war, doch auch ich bin nur ein einzelner, der sich dem großen Ganzen letztendlich fügen musste.

Eminenz Custodias hatte sein Leben auf das Spiel gesetzt um den Tempel, den Glauben und alle Geweihten zu verteidigen und dies hatte mir letztendlich bewiesen, dass er über alle Maße bereit war alles für seinen Glauben und die Viere zu tun. Dieser Mann hat nicht nur meinen tiefsten Respekt und meine Liebe für sich gewonnen, sondern meine unabdingbare Loyalität. Auch wenn ich ihm beim besten Willen nicht hörig bin, da die unterschiedlichen Herangehensweisen in unserem Dienst, dazu führen, dass ich nicht jede Handlung seinerseits gutheißen kann. Aber er akzeptiert es, dass ich anders zu handeln gedenke, wenn es die Situation erfordert, so wie auch ich es akzeptiere, dass er einen anderen Pfad auf dem Weg zu den Vieren beschreitet.

Seit einigen Wochenläufen weiß ich nun zwei Schützlinge in meinen Reihen. Zwei junge Menschen, die den Weg der Herrin schon immer gingen, aber ähnlich wie ich, zögerten sich ganz darauf zu konzentrieren. Fyonn und Arin sind ein Gespann, dass durchaus von der Herrin selbst zusammengeführt wurde. Ich muss gestehen, dass ich zunächst überfordert war, da ich die extrovertierte Art und Weise, wie sie ihre Zuneigung zueinander kundtaten, nicht erfassen konnte und auch jetzt noch meine Probleme damit habe. Doch gerade Arin ist jemand den man ohne Sorge und Zaudern in sein Herz schließen konnte. Viel hatte er erlebt und gesehen, doch hatte er das Funkeln in seinen Augen und das Strahlen in seinem Lächeln keineswegs verloren. Fyonn ist ein sehr charakterstarker Mann, der jedoch oftmals verzweifelt, was im Gegenzug dazu, mich selbst zur Verzweiflung bringt. Oft liegen wir im Streit. Unverständnis auf seiner Seite, Sorge auf meiner Seite, doch letztendlich finden wir trotz quälender Diskussionen immer wieder zueinander. Und auch ihn möchte ich nicht mehr missen, so unterschiedlich wir auch in unserem Denken und Handeln sein mögen.

Bruder Myrandhir hingegen ist der Ruhepol in meiner Anwesenheit hier auf der Insel. Oftmals fühlte ich mich dabei ertappt, wie ich zu dem erfreulichen Schluss kam, dass er dir, geliebter Vater, sehr ähnlich ist. Doch birgt er eine Verspieltheit in sich, die in unverhofften Momenten zu tragen kommt, die es einfacher macht ihn auf Augenhöhe zu sehen.

Doch was es auch immer ist, was uns bevorsteht, die Herrin hätte mich nicht so offensichtlich als einen ihrer Diener gezeichnet, wenn es nicht an mir ist, jenen helfen zu können, die auf der Insel einen Unterschied machen können. Die Situation und dass die Herrin meinen Dienst so würdigt, erfüllt mich von nie da gewesener Demut und gleichsam Selbstbewusstsein, da ich das Leben so vieler unnötig dahinschwinden sah, um auf meine Weise für das Wohl aller zu kämpfen.

So will ich euch und all jene, die an unserer Seite kämpfen, auf ewig in dem Schutz und Segen der heiligen Viere wissen.

In ewiger Liebe und in Gedanken stets bei euch,

Tendarion


Nachdem er den Brief, den er vollständig in Auriel verfasste und einige Pergamente umfasste, in einen Umschlag schloss und einfach versiegelte und adressierte, begab er sich selbst zum Hafen, um in Erfahrung zu bringen, ob es noch einen wagemutigen Kapitän gab, der sich gen Festland aufmachen wollte. In der Tat sollte in den nächsten zwei Tagesläufen ein kleines Handelsschiff, das einige Waren ablieferte, den Anker lichten. Er gab dem Kapitän den Brief, seinen Segen und die letzten Dukaten die er noch in seinem Besitz wusste.

Es war ein seltsames Gefühl seine Gedanken auf eine so ungewisse Reise zu schicken, doch fühlte er sich ruhiger, nachdem er sie erstmalig derart ausformuliert hatte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 31.01.16, 14:46 
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Nachdem er mit Elgbert noch einen Tee getrunken hatte und sich jener in die Nachtruhe verabschiedete, rollte Tendarion die Abschriften, die ihm zuvor überreicht wurden, auf dem Tisch aus und fixierte sie mit Teekanne und dem Kerzenständer. Nachdem der Elf die Absätze mehrmals hintereinander las und er bemerkte, dass keines der Worte für ihn Sinn zu ergeben schien, wurde ihm bewusst, dass es nicht an dem Inhalt der Schriften lag, sondern an dem Unvermögen sich auf jene zu konzentrieren.

Seit die Herrin ihn küsste, war er in einer emotionalen Berg und Talwanderung. Wo zuvor sein Leben aus einer nichtssagenden, angenehmen Grundstimmung bestand, die nur in sehr seltenen Momenten ihren Tiefpunkt erreichte, oder aber einen der wenigen Höhepunkte, so war seine jetzige Existenz ein Strudel aus durcheinandergewirbelten Eindrücken. Er schreckte aus seinem Schlaf hoch, da seine Träume nicht mehr bloße Eindrücke waren aus zusammenhangslosen nicht greifbaren Aneinanderreihungen von surrealen Bildern, sondern die Träume sich mit der Wirklichkeit mischten. Der Elf sah ihm bekannte und geliebte Gesichter vor sich in Szenerien, die er sich tagsüber nicht einmal zu vorstellen wagte. Es erschütterte ihn, dass seine sonst so beherrschten Gedanken und Emotionen nun sogar jene - die er mitnichten in einer derart respektlosen Art und Weise in seinem Innersten zu diesen Dingen treiben wollte - in ungebührlichen und unbeeinflussbaren Momenten vor seinem geistigen Auge beobachten konnte. Immer schwerer fiel es ihm sich diesen gegenüber ruhig und gelassen zu geben, da er sich davor fürchtete, dass man seine Gedanken in seinem Blick erahnen konnte.

Fyonn sagte ihm, dass er nun durch die stetigen Eindrücke von Gefühlen durch andere - vor allem durch so junge Menschen wie Arin und Maluk - einer ungewollten Ballung an Emotionen ausgesetzt war, die er selbst zuvor nie durchmachen musste. Wie alle Fey, war auch Tendarion stets dazu erzogen worden, sich beherrscht und ruhig zu geben. Seine arkane Gabe zu kontrollieren und seinen Geist vor dem Verfall zu wahren, war das äußerste Gebot und eine der wichtigsten Lektionen, die man ihm von klein auf beigebracht hatte. Wer unbeherrscht war, neigte dazu Fehler zu begehen. Wer nicht in der Lage war, über Sachverhalte in Ruhe nachzudenken, war auch nicht in der Lage in Zeiten der Not angemessen zu reagieren.

Seufzend schloß er die Augen, als er den Geruch nach Lavendel, der von seinem noch feuchten Haar ausging, wahrnahm. Er wusste, dass er sich in erster Linie selbst belog, in dem er meinte aus reiner Selbstlosigkeit diese unverhoffte Aufmerksamkeit, die ihm zu Teil wurde, zuzulassen. In seinem Innersten wusste er jedoch, dass er mit dem Versprechen, das er gab, die nächsten Jahrzehnte seines Lebens in eine Richtung diktierte, die er sowieso nicht mehr ändern konnte und auch nicht ändern wollte.

Eindrücke von vorhin ereilten ihn und ihm war es danach seinen Kopf in seine verschränkten Arme zu betten und zu warten, bis sich diese ungewohnten und übermannenden Gefühle von selbst wieder beruhigten. Doch je tatenloser er verblieb umso mehr schien sein Geist daran interessiert zu sein ihm genau dies nicht zu gönnen. Während sich, zu seinem Leidwesen, eine Gänsehaut auf seinem Körper bildete, die definitiv nicht auf einen kalten Luftzug zurückzuführen war, stand er frustriert raunend auf und begann die Küche bis in die letzte Ecke ausgiebig zu putzen.

Als ihm schließlich noch ein alles andere als angemessenes Bild von Akelas in den Sinn kam, als er sich einen der Nusskekse aus dem Korb nahm, aß er den Keks mit sichtlicher Mühe auf und begab sich noch frustrierter als zuvor in das Zimmer der Geweihten. Er hoffte, dass er nicht zu der Erkenntnis kam, dass Schlaf ihm diese Nacht nicht vergönnt war, denn der Schrein des Herrn Morsan war gerade in jener Nacht vollständig belegt.

Während er sein Ornat ablegte, glitt sein Blick zu dem Bett, das ihm gegenüber auf der anderen Wandseite war und er besah die schlafende Gestalt. Einen Moment zögerte der Elf, doch legte er sich, wie in den letzten Wochenläufen auch, in sein eigenes einsames Bett und hoffte, dass die Erschöpfung für diese Nacht seine Probleme für ihn löste.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 23.03.16, 18:43 
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Tendarion besah seine von Tinte blaugefärbten Finger und musste unweigerlich Schmunzeln, als er an Galdiell dachte. Er lehnte sich in dem Thron in der Schreibstube des Ordenshauses zurück und sein Blick glitt aus dem Fenster, als er sich die wenigen Momente des Nichtstun gönnte, indem er Janus' Abhandlung über die Seele für den Moment auf sich wirken ließ.

Galdiell warnte ihn, dass seine Seele viel zu blaufgefärbt sei um auf dem Weg der Herrin zu gehen. Der Elf konnte jenes nicht mehr abstreiten, doch war und würde er sich immer bewusst sein, dass er ein Teil des Volkes Astrael war und ein Teil seiner Seele ihm immer gehören würde. Konnte sich aber ein Fey überhaupt davon freisprechen, nicht auch der Herrin Vitama ergeben zu sein? Mitnichten. Ihr langes Leben, die Verbundenheit zur Natur, waren gewiss sehr eindeutige Attribute, die von der Herrin selbst stammten.

Und dennoch war ein winzig-kleiner Teil seines Herzens ein wenig von Neid beseelt, als er Janus' in seinem Ornat am vorherigen Tage besah.

Schon einmal musste er sich eingestehen - und wagte es sogar laut vor Guntram zu sagen - dass er der blauen Robe neidet. Dass er gerne mehr Kontrolle über das hätte, was er Tageslauf um Tageslauf tun muss. Verwunderung lag in Guntrams Blick bei diesem Anflug der Schwäche, den Tendarion sich zu diesem Zeitpunkt gönnte, doch gleichsam schien seit diesem Zeitpunkt eine innere Ruhe in dem Elfen einzukehren. Angestrengte Selbstlosigkeit, um sich selbst und anderen zu beweisen, dass er seinen Dienst ernst nahm, wich einem leichten Gleichmut. Tendarion wurden tatsächlich einige Dinge gleichgültig, wenn sie nicht änderbar waren. Er akzeptierte, dass er nicht Tare auf den Kopf stellen konnte, aber er akzeptierte nicht mehr, dass ein jeder auf ihn einwirken konnte, als wäre er ein Spielball aller. Denn dies war seine größte Schwäche geworden. Gewohnt, alles zu bekommen, zu haben und zu erreichen, war es ein Sprung in Maquiras eisiges Nass, zu wissen, dass Tare nicht so freigiebig ist, wie seine Familie ihm dies vorlebte.

Von Mond zu Mond wurde er selbstsicherer. Er musste sich nicht mehr auf Mimik und Worte anderer verlassen. Die Gefühle anderer sprachen Bände. Sprachen darüber wie oft er angelogen und hintergangen wurde. Wie oft wurde er in der Vergangenheit angelächelt, weil man der Meinung war ihn schonen zu wollen? Dem Elfen fiel es schwer diese Tatsache aus seinen Gedanken und seinem Herzen zu bannen. Er begann auszulesen. Er begann sein vertrautes Umfeld nach dem zu erwählen, der ihm ins Gesicht spuckte und es auch so meinte und auch jene, die ihn anlächelten und es so meinten. Ein jeder der nach wie vor versuchte ihm etwas vorzuspielen, dem gab er nur noch soviel, wie es sein Dienst verlangte.

Doch kam er nicht umhin das größte Mysterium in seinem jetzigen Leben dennoch lösen zu wollen.

Tendarion lehnte sich seufzend zurück und er schloss die Augen. Nie war er von größerer Unsicherheit geprägt als wenn es um jene Person geht. Seit Monden nun versuchte der Elf zu akzeptieren, dass er nur ein geduldeter Teil des Lebens des anderen war, der solange willkommen war, wie er sich nützlich machen konnte. Doch seit die Herrin ihn mit der Gabe segnete, fühlte er diese widersprüchlichen Emotionen und die Unsicherheit entflammte erneut. So versuchte der Elf sich abzulenken und seine Konzentration auf die Wesentliche Dinge zu lenken. Auf andere sehr geliebte Personen in sein Leben. Doch am vorherigen Tageslauf, ein Blick, eine Geste, drei Worte..

..er benetzte seine Lippen und hob die Brauen ein wenig an und trotz dessen, dass er allein war, blickt er sich ein wenig verstohlen um, als eine gewisse Verlegenheit ihn, aufgrund seiner Gedanken und seiner körperlichen Reaktionen darauf, ereilte.

Er lehnte sich wieder vor und besah Janus' Abhandlung mit konzentrierterem Blick und schien seine Gedanken nur noch minimal wandern zu lassen. Janus' war für Tendarion ein essenzieller Teil geworden um einige astraelgefälligere Forschungen im Sinne Vitamas anzustellen. Er musste für Arin und Fyonn das eher oberflächlich behandelte Wissen der höheren Diener Vitamas grundlegend ausarbeiten, ehe er sie dort heranführen konnte. So würde er mit dem Ordo Astrael ausarbeiten, was dem Ordo Vitamae an genauem Wissen fehlte.

Ein Schmunzeln machte sich in einem Gesicht breit. Heute würde er wohl nach den ganzen Akten seine Zeit auf ganz eigennützige Dinge konzentrieren. Er fragte sich ob ein gewisser Bannerist sich auch dafür frei nehmen konnte..


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 31.03.16, 11:58 
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Diese Nacht war von wenig Schlaf geprägt. Immer dann, wenn er das Gefühl hatte, dass die körperliche Erschöpfung ausreichte um seine rasenden Gedanken zu übertrumpfen, wälzte sich Tendarion dennoch unruhig im Bett. Er konnte es nicht mehr ertragen und ergab sich einer tiefen Meditation für einen Dunkelzyklus, ehe er sich zurück in die Kirche begab, als alle noch schliefen.

Der Nachtschattentee, den er kurze Zeit zuvor so dringend brauchte und im Büro des Ordenshauses stehen ließ, war mittlerweile kalt geworden. Die Erkenntnis, dass er ausgekühlt noch abscheulicher schmeckte, als warm, sorgte zumindest nicht dafür, dass sich seine Laune verbesserte. Spielraum nach unten hin war jedoch nicht gegeben. So war die einzige Rettung ein Teller mit einem Turm aus Gebäck. Bevorzugt nahm er dabei Arins Leckereien, denn da konnte sich der Elf darauf verlassen, dass sie an Süße nur noch vom Honig selbst übertroffen werden konnten. So setzte er sich mit dem keineswegs bekömmlichen Tee, den für ihn viel zu süßen Gebäckstücken und vielen bereit gelegten Pergamenten, die diese Nacht noch beschrieben werden, in das Büro. Wenigstens waren seine zyklenlangen Schreibarbeiten keine Ursache dafür, dass die Kerzen immer knapp waren. Es hatte seine Vorteile Fey zu sein, auch wenn er die Menschen von Wochenlauf zu Wochenlauf immer weniger zu verstehen schien.

Tendarion hatte seit sehr langer Zeit wieder das Gefühl alles unter Kontrolle zu haben. Das Gespräch mit Kadir lief mehr als zufriedenstellend. Maluk und Janus vertrugen sich wieder und allmählich macht sich eine angenehme Vertrautheit und Harmonie zwischen ihnen bemerkbar. Adhemars Reaktion auf des Elfen Angebot war über alle Maße erfreulich. Tendarion hatte alles so zurechtgelegt um für die nächste Zeit sich ganz auf seinen Dienst an der Herrin zu konzentrieren und gleichsam neue Erfahrungen und Erkenntnisse zu gewinnen. Tendarion war sich sicher, dass der Fehl sich richtig um die Novizen zu kümmern, einzig bei ihm zu finden war. Er wollte sich in Demut üben, um zu verstehen. Er wollte sich in Demut üben, um künftig richtig zu handeln.

Dies war mit wenigen beiläufig gesprochenen Sätzen, im Regen, neben dem Stall, durch Fyonn zerschlagen worden.

Er wusste zwar, wie er es Kadir erklären konnte, aber dennoch war es etwas, das nicht mit einfachen Worten und einer Bitte um Verzeihung revidiert werden konnte. Adhemar wird keineswegs erfreut sein, wenn er Tendarions Bitte um Aufschub anhören musste. Der Elf selbst war keineswegs erfreut, dass sämtliche Ruhe, die er über die letzten Wochenläufe angestrebt hat, um sich die Zeit zu gönnen sich ganz Vitama widmen zu können, nun durch diese Sache vollkommen weggefegt war.

Kadir war kein Mann der vorschnell handelte, aber was ist mit dem Rest des Rats in Falkensee? Wird nun wieder Stimmung gegen die Kirche gemacht? Wird das Volk in Falkensee wieder aufgestachelt? Werden die Gerüchte, dass die Kirche zu politisch sei, um sich um das Volk zu kümmern wieder aufflammen?

Er bettete seine Stirn in seine Hände und seufzte. Warum hatte er sich mit Bruder Philip verworfen um des Ordo Vitamae Willen und den Bestrebungen in Falkensee? Warum hatte er seine Novizen überall in Schutz genommen, wenn das Ansehen - und vor allem der Respekt - gegenüber dem Ordo Vitamae darunter litt, wie sie sich verhielten? Er war von seinen Novizen überzeugt. Die Herrin selbst war von ihnen überzeugt. Aber es war ein Punkt erreicht, wo Tendarions Überzeugung andere nicht mehr überzeugen konnte.

Sein Herz schmerzte, seine Gedanken rasten. Er musste sich eingestehen, dass er nun akzeptieren müsste, dass er nicht mehr das Schutzschild sein konnte. Er musste beiseite treten und akzeptieren, dass er der Abt des Ordens war und kein liebender Vater, der sich vor seine Kinder stellte, um sie vor allen Gefahren und schlechten Erfahrungen zu schützen.

Es war der Punkt erreicht, wo Tendarion um Hilfe bitten musste. Er war hilflos und überfordert.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 1.04.16, 11:58 
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Seine Augen brannten und die Tränen waren versiegt, doch verlangte sein Körper immerzu weiter an der Trauer festzuhalten. Tränen zu weinen, die sein Körper nicht mehr herzugeben mochte. Er war schon einmal an diesem Punkt, an dem er sich zurückziehen musste. Sein Gefühl riet ihm, dass er es tun sollte, ehe es zu spät war und er sich wieder vollständig von seinem Umfeld zurückziehen musste. Doch es war zu spät.

Er hatte den metallischen Geruch des Blutes in der Nase. Die hellrote Farbe, als ihm das Blut über die Hände sprudelte, hatte er genau vor Augen. Das entsetzte Gurgeln und Röcheln noch immer in den Ohren.

Seine Hände fuhren durch sein mittlerweile schon wieder getrocknetes Haar und er atmete zitternd ein, ehe es wieder in ein Schluchzen überglitt. Wie viele müssen noch in seinen Armen so unnötig sterben? Wie oft muss er noch versagen? Er hatte das Gefühl für sein Umfeld nicht mehr die Stütze sein zu können, wie man es einst von ihm erhofft hatte. Alles entglitt ihm wie Wasser zwischen seinen Händen.

Als er aus dem Bad entstieg, hatte er eine Entscheidung getroffen. Er würde mit Janus darüber sprechen.

~~~


Es war ein glücklicher Zufall, als er sogleich am Hafen ein Schiff finden konnte, das am morgigen Tage zum Festland aufbrach. Auch wenn der Gedanke, dass er zunächst nach Endophal musste befremdlich und einschüchternd war, konnte Janus Tendarion dahingehend beruhigen, dass er die Sprache beherrschte und mit den Gepflogenheiten der Endophali eng vertraut war. Janus würde ihm auf der mehrwöchigen Reise die Grundzüge der endophalischen Sprache und Sitten beibringen.

Sie verzichteten beide darauf ihre Habseligkeiten mitzunehmen. Nur das nötigste wurde eingepackt. Tendarions Heilertasche wurde neu befüllt. Dukaten wurden der Ordenskasse entnommen im Austausch zu ihren Habseligkeiten. Und darüber hinaus wurden Lebensmittelvorräte eingepackt, die über Rum und Trockenfleisch hinausgingen. Beide hofften sie natürlich, dass Guntram und Maluk mit ihnen gehen würde.

Ihnen war bewusst, dass dies noch einige Diskussionen mit sich bringen würde, aber sie waren davon überzeugt, dass die Viere ihre Geschicke lenkten und sie ihrer Intuition folgen sollten. Wo wäre ein Diener der Mutter besser aufgehoben als in einem Land, in dem Frauen verehrt und geachtet wurden? Mit der anfänglichen Unsicherheit einhergehend kam allmählich eine gewisse Vorfreude auf. Er fühlte sich frei von Last. Etwas was ihm auf der Insel nie vergönnt war.

Die Viere schickten sie fort, da ihre Aufgabe nicht auf Siebenwind zu finden war. Die Viere schickten sie fort, auf dass Tendarion wieder zu seinem eigentlichen Dienst fand.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 2.04.16, 11:19 
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Lange lag er noch wach und sehnte sich nach dem Traum denn er letzte Nacht im Schrein der Herrin hatte. Warum Endophal das Ziel seiner Träume war, konnte er sich nicht erklären, aber ihm würde sich dieser Umstand in seinem Leben noch erschließen. Er wäre tatsächlich zufriedener, auf einem Schiff einige Wochenläufe unterwegs sein zu können. Sich um die Besatzung zu kümmern, Khalebs unbeständige Stärke und Maquiras nicht zu erfassende Macht für einige Zeit einfach nur fühlen können.

Das Gespräch mit Ayon machte ihm deutlich, wie sehr er Anwyn vermisste. Eine starke und so schöne Fey, die er nicht nur wegen ihres - in seinen Augen perfekten - Aussehens auserkoren hat um eine potenzielle Gefährtin zu sein, sondern vor allem wegen ihrer selbstlosen Art, die sich nicht, wie es bei ihm der Fall war, mit Unsicherheit verknüpfte. Er war nicht in der Lage einzuschätzen, wann er zu hart war und wann er vernichtend in seinem Urteil war, weshalb er nur seinen engsten Vertrauten sein wahres Ich zeigte, indem er ihnen schonungslos zeigte, wer er war. Nicht in der Lage sich selbst zu führen, aber dennoch versuchend andere durch das Leben zu führen. Dass so mancher ihn durchschaute und er sich dann resigniert ergeben musste, waren die Momente wo er sich endlich frei fühlte.

Erst, wenn seine Fehler anerkannt wurden und ihm diese auch mit Nachdruck vorgehalten wurden und man dennoch seine Nähe wünschte, war er sicher, dass man ihn für ihn selbst liebte und nicht weil die Herrin ihr Mal auf seine Stirn küsste, oder weil er alles tun würde, wenn man ihn nur darum bat. Immer mehr wurde ihm jedoch auch bewusst, dass er seinen Vater vermisste. Die strenge Hand, das vernichtende Urteil über seine Person. Die schneidenden Worte, die Tendarion trafen wie tausend kalte Dolchstöße. Aber keinen Moment schien er in der Gegenwart seines Vaters das Gefühl gehabt zu haben, nicht geliebt zu werden. Manchesmal wusste der junge Elf nicht, warum man ihn so sehr tadelte für Dinge die er gar nicht tat, oder warum man so eine strenge Hand ihm gereichte, wo seine Schwestern deutlich aufmüpfiger und entschlossener waren, sich und ihr Leben zu verteidigen. Tendarion hatte immer getan, was man ihm auftrug, immer geliebt was er getan hat und es immerzu perfektionieren wollen. Aber nie war es ausreichend. Stets wurde er für die Dinge, die er noch nicht erreicht hat gerügt.

Tendarion hatte mittlerweile verstanden, dass sein Vater ihn nicht verformen, sondern antreiben wollte. Nicht schneller sollte er sein. Nur inbrünstiger. Nicht besser sollte er sein, als er es sein konnte. Hingegen besser als andere. Nicht mehr sollte er sein. Nur ambitionierter.

Magnifizienz Nhergas konnte mit wenigen Worten ihm aufzeigen, woran er scheiterte in den letzten Monden. Oder viel mehr seit er auf der Insel war. Er musste akzeptieren, dass er kein Anführer war. Dass er kein guter Lehrer war. Er musste es akzeptieren und verdrängen und sich auf seine Stärken konzentrieren. Die Herrin erwählte ihn nicht, weil er strebsam war und er es jedem recht machen wollte, sondern weil er trotz aller Unsicherheit stets nur das beste für sein Umfeld wollte. Nicht in ewiger Demut und mit Eigenvorhaltung seiner Fehler lebte.

Er war leidenschaftslos geworden und versuchte die verlorene Leidenschaft über andere Wege zu kompensieren. Und so sehr er diese neuen Wege durchaus neugierig und mit Eifer zu entdecken versuchte, war es ihm nicht möglich damit wirklich die Kompensation zu erhalten die er wünschte. Er sehnte sich immer mehr nach dieser Ablenkung. Nutzte sie mittlerweile um einen klaren Kopf zu finden und schwere Entscheidungen für einen Moment zu verdrängen. Und gleichsam merkte er nur, wie es ihn auf seinem Weg nicht weiterbrachte und die Probleme nur verschob. Fatalerweise wollte er jedoch immer mehr.

Es war an der Zeit wieder zu sich selbst zu finden. Sich wieder bewusst vor Augen halten, dass nur er sich selbst ändern konnte. Seine verzweifelte Überforderung wollte er ablegen. Der erste Schritt war dafür getan.

Mit einem Lächeln dachte er an Magnifizienz Nhergas' Worte und eine aufkeimende Freude bahnte sich in seinem Herzen an, als er sich nach der kommenden Zeit sehnte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 6.05.16, 10:12 
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Es war spät in den Nachtzyklen. Nur das ebenmäßige Schnarchen einiger Brüder war aus den Novizen und Geweihten-Schlafsälen zu vernehmen, als der Elf ruhig durch das Haus wandelte und hier und dort einige Sachen aufräumte, versäumte Gedanken umsetzte, noch einige Briefe, die sich allmählich wieder türmten, las, bedachte und sortierte und vor allem Berichte schrieb.

Tendarion merkte, dass er wieder an Grenzen stieß, die er mit Meditation und anderen Tätigkeiten nicht mehr ausgleichen konnte. Viele andere Geweihte vollführten ihren Dienst außerhalb der Kirchenmauern, oder aber hielten sich schlichtweg aus der Politik heraus. Mit müdem Blick setzt sich der Elf auf sein Bett im Ordenshaus - er wollte seine Kommode dort endlich etwas aufräumen - und er starrte auf die offene Schublade.

Der Federumhang, den er Arin schenkte.

Langsam schloss er die Augen und er schluckte schwer. Er verstand die Situation noch immer nicht. Wieso hatte Arin beteuert, dass er Tendarion vertraute und liebte und dann ist es ihm selbst zuwider ein Geschenk von Tendarion zu behalten und noch dazu es über andere an Tendarion wieder abzugeben? Der Elf merkte, wie sich sein Herz zusammenzog und er schob leise die Schublade zu. Er würde sich nicht heute damit beschäftigen. Vielleicht auch nicht morgen. Sein persönliches Leid spielte keine Rolle. Er hatte sich um andere Dinge zu kümmern.

Er empfand es als gutes Zeichen, dass die Diener des Einen und andere ihnen affine Leute sich allmählich gegen ihn richteten. Es war ein Hinweis darauf, dass er als potenzielle Gefahr angesehen wurde. Auch wenn es sein Leben nicht sicherer machte, sorgte es für die passende Legitimation. Er war der Freund des Kriegstreibers und jemand der zuerst nach der Fackel griff um einen Scheiterhaufen zu entzünden? Umso besser, wenn der Feind genau das dachte. Umso verzwickter, wenn die eigenen Reihen anfingen diese Lügen ebenso zu glauben.

Auf dem Weg nach Hause besah er die unermüdlichen Wachmänner und -frauen und hielt hier und da ein kleines Gespräch mit ihnen. Fragte nach ihrer Familie. Fragte nach der Verletzung, die er vor kurzem behandelte. Ob denn ihr Schnupfen weg wäre. Es waren diese Momente, die er vermisste. Wo andere sich daran freuten, dass er Zeit fand, wenn er einmal die Möglichkeit hatte ruhig durch die Stadt zu schlendern und nicht wo diese Zeit eingefordert wurde. Sei es vom Feind oder von sogenannten Freunden.

Tendarion verstand immer mehr, warum er in Draconis keine Freundschaften pflegte. Seine Familie war für sein eigenes geistiges und emotionales Wohl am wichtigsten. Er hatte auf der Insel eine Familie gefunden, die ihm genau das gab. Ein stetes Arrangieren von Dingen, die sich aufgrund unterschiedlicher Charaktere nicht ändern ließen, aber sie alle wussten, dass sie stets aufeinander bauen konnten, ohne dass man es von dem anderen einfordern musste.

Er schloss die Türe zu der Wohnung auf und sah in das Schlafzimmer. Wie zu erwarten war, war nur der gleichmäßige Atem zu hören, der auf einen tiefen Schlaf hindeutete.

So begab er sich zunächst in die Küche und er machte sich an das erste richtige Mahl des Tages, für das er endlich Ruhe fand. In drei Tagesläufen war die Sitzung des Hohen Rates. Er wusste nicht, ob er sich darauf freuen sollte, oder ob er sich jetzt schon eine Flasche Steinwasser in die Tasche legen sollte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 21.05.16, 12:06 
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Der Schrei seines neugewonnenen Bruder des Glaubens hallte noch immer in seinen Ohren. Unbeherrscht. Zügellos. Unbedacht. Dinge die Tendarion selbst in den höchsten Momenten der Lust nicht an sich selbst zulassen konnte und wollte. Er war dankbar darum, dass Ravenne nicht nur zugegen war, sondern sich auch dem emotionalen Bruder annahm. Tendarion war in diesen Momenten, dieser unkontrollierten Flut an Emotionen, die von anderen ausging, hilflos gefangen und unterlegen. Man verlangte von ihm zu reagieren, da die Situation es so mit sich brachte, doch gleichsam hatte er nicht die Möglichkeit ruhig und besonnen die Worte und Reaktionen des Gegenübers zu zerlegen, zu ordnen und schließlich zu verstehen, denn er war dazu gezwungen seine eigenen Emotionen, die Emotionen seines gegenübers, die ihn selbst über alle Maße überschatteten, zunächst zu verstehen, ehe er auch nur daran denken konnte eine besonnene Reaktion folgen zu lassen. War er alleine verfiel er in seiner Hilflosigkeit in Vorwürfe, schwieg oder er flüchtete um Zeit zu gewinnen, die andere jedoch meist in solchen Momenten nicht hatten.

Allmählich begann er das Geschenk, dass die Herrin ihm machte zu verstehen. Zu fühlen was andere fühlen war nicht nur ein Geschenk an ihn um anderen besser helfen zu können, sondern auch als Geschenk an ihn um sich zu schützen. Tränen und Worte können täuschen. Doch fehlende Emotionen können nie lügen. Wer von Reue spricht und nichts fühlt, bereut nicht. Wer von Liebe spricht und nichts fühlt, liebt nicht. Der Elf wusste, dass ihm durch diese Erkenntnis ein großes Stück seiner Jugendlichkeit und seiner Naivität geraubt wurde. Er wurde nicht härter. Er war nur weniger weich, weniger manipulierbar und weniger zugänglich als noch vor einem Götterlauf. Vier Menschen auf der Insel jedoch haben schon lange, bevor er wusste, was sie fühlen, bewiesen, dass sie stets aufrecht waren. In ihren schlechten Eigenschaften allen voran. Sie vertrautem dem Elfen und waren demnach nicht dazu verführt worden ihm etwas vorzuspielen, das nicht existierte, oder die Wahrheit in ein schöneres Gewand kleidete. Wut war Wut. Reue war Reue. Fehlbarkeit war Fehlbarkeit.

Oft fragte er sich, objektiv betrachtet, was er an ihnen so sehr liebte, dass er sich ein Tare ohne sie nicht mehr vorstellen wollte. Sie waren unbeherrscht, überheblich, hatten keine erstrebenswerte Vergangenheit und neigten dazu Dinge zu sagen und zu tun, die sie am Ende bereuten. Doch musste sich Tendarion ebenso eingestehen, dass genau diese harsche und rohe Ehrlichkeit, auf einer Insel wo Intrigen und Lügen akzeptierter waren, als die unverblümte Wahrheit, einen erheblichen Reiz auf ihn auswirkte. Er konnte seiner eigenen Verzweiflung dort Luft machen und wissen, dass die Arme der anderen sich nicht verschließen würden. Genauso konnten sie dem Elfen entgegenwerfen, was sie wollten, und wissen, dass er sich nie von ihnen abwenden würde. Vertrauen und Liebe wurde über alles andere gestellt, das sich gut und angenehm anfühlt und so war es nicht nötig sich ständig gegenseitig anzulügen oder sich in Schöntuerei zu üben um diese engen Bindungen aufrecht zu erhalten. Jonar könnte einer von diesen Vertrauten werden. Doch das würde allein die Zeit selbst zeigen.

~~~


Er wühlte sich aus den exorbitanten Kissenberg im Schrein der Herrin und streckte sich noch liegend, ausgiebig, ungeachtet seiner unverdeckten Nacktheit. Sein Blick fiel durch die Fenster und er lächelte etwas auf, als Fela ihm in der Nase kitzelte. So angenehm diese erholende Ruhe im Schrein des Herrn Morsan war, so wachte er immer energetischer und belebter auf, wenn er im Schrein der Herrin ruhte. Er dreht sich auf den Bauch und drückte sein Gesicht in die Kissen. Erinnerungen an zweisame Momente hier im Schrein, von Lust und Liebe getrieben, erfüllten ihn und er machte sich schnell daran sich in das Wasserbecken am Fuße des Bettes zu begeben. Ein sachtes, an sich selbst gerichtetes, Kopfschütteln erfolgte und er musste ein wenig Schmunzeln, als er seine Gedanken, ganz der Herrin gefällig, wandern ließ, als er sich im Bad einließ. Es war tatsächlich einfacher für ihn einfach nur die meditative Ruhe Morsans zu finden, doch viel schwerer, die reine Lebensfreude und Liebe in sich hervorzurufen, die er benötigte, wenn er seinen Dienst an der Herrin tut. Er war ein melancholischer Elf. Er war schwermütig. Er war viel zu nachdenklich. Aber genau aus dem Grunde, wollte er der Herrin dienen. Selbstüberwindung. Einen steten Kampf in sich ausführend, wo er entscheiden musste, ob er den einfachen Weg, der Verurteilung und Akzeptanz wählen würde, oder den schweren und mühseligen Weg, des immerwährenden Bemühens, Hoffens und Liebens, wo es nichts liebenswertes zu sehen gab, zu gehen.

Ravenne und Tendarion waren sich einig, dass die Viere ihre Diener nicht erwählten, weil sie sind, was sie waren, sondern weil sie bereit sind Dinge zu tun, die weit über das hinausgingen, was ein gewöhnlicher Sterblicher, getrieben von Lebenserhaltungstrieb, gesundem Egoismus und dem Wunsch nach Ruhe, bereit war zu geben.

Nackt wie er war, trocknete er sich nur ab und begab sich in den unteren Teil des Schreins. Ungeachtet der großen Fenster, wo ihn jeder erblicken konnte, wenn er denn das Bedürfnis hatte in den Schrein zu sehen, setzte er sich vor dem Schrein ab und aß und trank sein erstes Mahl, an jenem Tag, im Antlitz der Herrin. Er genoß jeden Bissen, als wäre es das erste und letzte Essen was er auf Tare zu sich nehmen durfte. Jeder Schluck vom Saft schmeckte wie der süßeste Kuss. Er erblickte das Grün, das sich um den Sockel der Statue der Herrin wand, doch kein einziges Blatt wagte es ihren Oberkörper zu bedecken. Das gesichtslose Antlitz blieb unberührt und schön, wie junger Neuschnee, der eine zarte Decke über das Land legte. Quiek stupste ihn an und verlangte seinen Anteil für seinen unermüdlichen Wachdienst im Schrein und quietschte dabei wie das arme verhungernde Wesen, was es war. Tendarion lachte auf und teilte sein Brot mit der korpulenten Ratte und besah die Vögel die sich auf dem Törchen abließen, das den Schrein vom Hof trennte. Auch sie sollten ihren Teil vom Brot erhalten und dankten mit einem fröhlichen Gesang, der den Elfen auf einen beschwingten Tag einstimmen sollte.

Ohne sich darum weiter zu kümmern seine Blöße zu verhüllen, wollte er diese ungestörte Zufriedenheit, die ihn ereilte, diese Ausgeruhtheit, diese Sättigung und innere vollständig ausgeglichene Befriedigung nutzen, um seine Vorbereitungen für die Schlacht umzusetzen. Er entnahm seiner Tasche die sauberen, bauchigen, handtellergroßen Fläschchen und stellt sie auf dem Altar ab. Vorsichtig räumte er das zarte Blumengeflecht, das Schwester Ravenne ihm fertigte, beiseite und er nahm den Kelch der Freude mit andächtigen und ruhigen Handbewegungen an sich. Ein Tropfen des gesegneten Weines, der im Schrein der Herrin seit der Weihe des Tempels seinen festen Platz gefunden hatte, wurde in den Kelch gefüllt und schließlich schöpfte er aus dem Altarbecken das Wasser und befüllte den Kelch.

Leise Worte in Auriel begleiteten die ruhigen Handgriffe.

Herrin Vitama,
so will ich dir schenken, deine Gabe, die du geschaffen hast mit Tevra und Maquira.
Die Traube, die Tevra uns schenkte,
das Leben und die Nährbarkeit, die du ihr gabst,
das Wasser, das Maquira, ihr gab.

Das Wissen, das Astrael uns gab, um zu schaffen, den Wein,
der unsere Adern mit den Feuern Ignis wärmt,
der Rausch, dem du ihn schenktest,
der Wunsch in ihm zu tanzen und zu frohlocken, wie Khaleb es gefällt.

Nimm diesen Tropfen um die Gabe Maquiras zu segnen,
auf dass Blut und Tränen damit weggewaschen werde,
auf dass Hass und Wut, in Sanftmut und Liebe gewandelt werde.

Lass dieses Wasser Wunden vergehen,
lass dieses Wasser jenes vergehen, das nicht auf Tare wandeln sollte.

Heile und erhalte,
liebe und lebe.


Er küsste den Kelch mit geschlossenen Augen und befüllte die Flaschen mit dem Wasser im andächtigen Schweigen, während die Vögel das Ritual mit einer fröhlichen Melodie begleiteten, Quiek sich wieder über den Brotkorb hermachte und Elgbert etwas verstört durch das Fenster zu dem nackten Elf sah.

Doch Tendarion musste amüsiert lächeln. Vitama war stets bei ihm, daran gab es keine Zweifel.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 24.05.16, 15:39 
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Draconis im Viertel der Fey - Haushalt der Familie Silberglanz, Duler 27 n.H.


Behutsam legte Telendarion den Brief auf seinem Tisch ab. Baupläne, Berichte und Manöverkarten stapelten sich darunter. Alles weniger mühselig als der Brief den sein Vater, der Großvater seiner Kinder, ihm zukommen ließ.

Seit der Geburt Tendarions hatte Telendarion seine Eltern nicht mehr gesehen. Unachtsam gesprochene Worte, eine aufgebrachte Mutter - seine geliebte Gefährtin - und schon war ein Keil in die Familie getrieben worden. Selarian war ganz und gar die Vitami wie sie sein könnte. Emotional, leidenschaftlich und jede ihrer Emotionen mit vollen Armen empfangend. Ihr ausgeprägter Beschützerinstinkt gegenüber ihren Kindern, veranlasste Telendarion ihnen zu gewähren zwei Kinder zu bekommen. Zwei wunderbare Töchter, die einen eigenen Kopf, eine starke Persönlichkeit und eine unnachahmliche Loyalität zu ihrer Familie und ihrem Volk aufwiesen. Telendarion war stolz auf seine Töchter, wie kein anderer Vater es sein könnte. Und dann kam Tendarion.

Abgelehnt von seinem Großvater, überbehütet von seiner Mutter und selbst unsicher und mit wenig Selbstbewusstsein gesegnet, konnte er nur ergeben und demütig abnicken, was man ihm angedeihte. Telendarion hatte nicht die Möglichkeit sich umfassend seiner anzunehmen, weshalb er ihn in die Hände seiner Mutter legte. Je älter Tendarion wurde, umso mehr wurde deutlich, dass er Potenzial hatte. Kein Krieger würde er jemals sein. Kein herausragender Magus seines Volkes. Aber definitiv ein Mann, der besonnen und gelehrt auf Tare wandeln würde und für die Gesellschaft der Fey und der Menschen gleichermaßen ein Zugewinn sein würde. Doch er wollte Heiler bleiben. Er wollte weiterhin im Waisenhaus arbeiten.

Telendarion war über alle Maße zermürbt, seinen begabten Sohn mit seinen Geschenken Astraels so ein verschwendetes Leben führen zu sehen. Er kritisierte das Leben seines Sohnes, immer dann wenn jener stolz davon berichtete, dass eines der Kinder im Waisenhaus seine ersten Worte tätigte. Er schenkte seiner Frau und seinem Sohn verächtliche Blicke, während sie sich über ein Kuchenrezept unterhielten, als würde die Menge an Honig, die in einen Kuchen gelangte, die Geschicke Tares ändern. Nein, er war ganz und gar nicht zufrieden mit dem, was sein Sohn wurde. Wie solle er je dem Namen Silberglanz alle Ehre machen? Ein Name der Ajasendalla ehrte und lobpreiste und das Licht Jassavias für alle kommenden Generationen weiterhin aufrecht erhalten sollte. Selarian merkte diesen Wandel in ihrem Gefährten und alsbald entbrannte eine nie enden wollende Diskussion über ihren gemeinsamen Sohn. Seine Frau förderte Tendarions Wesen. Telendarion hingegen wollte es brechen, auf dass er die Scherben, die dadurch entstanden zu einem neuen, besseren Ich zusammenführen konnte.

Doch als er den letzten Brief seines Sohnes, der noch immer unbeantwortet verblieb, nochmals besah, wusste er, dass er ihm hätte vertrauen müssen. Es war nicht Tendarion der ihm schrieb. Es war ein Geweihter der Viere, der selbstsicher war. Aufrührerisch. Er hatte seinen Sohn zu etwas gezwungen, was ihn veränderte, nicht verbesserte. Er war nicht mehr das sanftmütige Wesen, das Geleit und Schutz suchte. Er war ein Einzelkämpfer geworden, der nur noch für sich und die Viere lebte und nur jene neben sich duldete, die entweder seinem Weg folgten, oder er sie umging, um seinen eigenen Weg auf seine Weise wieder weiterzugehen. Telendarion befürchtete, dass sein Sohn nie wieder zu seiner Familie zurückfinden würde.

In diesen Zeiten war jedoch sein Sohn nur eine Randsorge. Aus den Augen, war er auch oftmals aus dem Sinn. Die Verstärkungen in Draconis kamen voran. Die Mauern wurden stärker, robuster, noch eindrucksvoller, als sie zuvor schon waren. Es herrschte eine angespannte Disziplin in den Stadtwachenverbänden. Selbst das Lachen an den Markttagen war anders geworden. Jeder der sich auffällig verhielt, wurde in Haft genommen, verhört, untersucht und bei Mangel an Beweisen wieder freigelassen. Man wollte cortanische Spione um jeden Preis innerhalb der Stadtmauern vermeiden. Manipulationen der Befestigungen, Ausspähen der Truppenbewegungen. Das preisgeben von Plänen. Man hatte Angst. Und Telendarion war inmitten dieser Angst und wurde in alle Belange, die den Schutz der Stadt anbelangte, involviert, da sein kühler Kopf dafür bekannt war, diese Angst zu vermindern.

Dass seine Eltern nun wieder nach Draconis zurückkehren wollten, zu dieser Zeit, war kaum verwunderlich, aber keinswegs gelegen. Vor einiger Zeit fand sich eine Geweihte Vitamas seines Volkes mit ihrem Gefährten hier ein. Beide alt genug um seine Eltern sein zu können und gleichsam - war vor allem der Mann dieser Geweihten - gebrechlich. Sein Alter prägte ihn, doch das Feuer Bellums glühte noch stark in seinem Herzen. Selarian verlor, lange noch, ehe Telendarion und sie Gefährten wurden, ihre Eltern und als sie hörte, dass die Tochter der beiden ebenso auf Siebenwind verweilte - eine Dienerin Morsans - war es um sie geschehen. Sie hatte jemanden, der ihr lauschte und sich ihrer Angst um ihren Sohn annahm, weil Selarian sich verstanden fühlte. Telendarion besah dies mit gemischten Gefühlen. Einerseits war er glücklich darüber, dass seine Gefährtin eine neue Mutter fand, andererseits fühlte er sich abseits gestellt und nutzlos. Was für ein Seelengefährte war er, wenn er seine eigene Frau von ihrer Angst und Beklommenheit nicht erretten konnte?

~~~

Draconis im Viertel der Fey - Haushalt der Familie Silberglanz, Trier 27 n.H.


"Ich spreche mit meinem Blut wie es mir beliebt, wann es mir beliebt und wo es mir beliebt, Selarian."

Telendarion ließ sein Besteck sinken, als er die Worte seines Vaters vernahm und nahm ohne Verwunderung, mit deutlicher Resignation, zur Kenntnis, dass seine Gefährtin vom Esstisch aufstand und den Raum verließ. Seit dem Dunkel, als sie spürte, wie ihre Kinder litten und selbst dabei einem alarmierenden Schwächeanfall erlag, von dem sie sich mehrere Wochenläufe erholen musste, war Selarian nicht mehr so ausgeglichen, wie sie es all die Jahrhunderte zuvor war. Sie betrauerte den Weggang ihres Sohnes, sie war emotional instabil und diese ewige Sorge um den Krieg und ihre Kinder, schien sich von Tag zu Tag zu verschlimmern. Unbekümmert aß Telendarions Mutter weiter. Der Blick unnahbar und unbewegt. Der Grund, warum sie es mit ihrem Gefährten all die Zeit über wohl ausgehalten hat. Sture Akzeptanz und Ignoranz. Seine Töchter baten darum ihrer Mutter folgen zu dürfen und Telendarion nickte es nur enerviert ab, ehe sie grußlos, in schon fluchtartiger Manier, den Speisesaal verließen.

"Du solltest dich zurücknehmen, Vater. Sie hat viel durchgemacht."

Den Moment, wo die Worte Telendarions Lippen verließen, wusste er, dass er seinen eigenen Untergang hervorgerufen hat. Seine Mutter stand nur wortlos auf und verließ ebenso den Raum, ehe Vater und Sohn alleine waren.

"Deine erste Lebenszeit hast du ein Menschenweib nach dem anderen nach Hause gebracht. Alle paar Jahrzehnte dein Herz und deine Seele einer anderen dieses niederen Volks schenken wollen. Nur durch meinen Worte, konntest du daran gehindert werden, deinen eigenen Untergang zu besiegeln für soetwas ignorantes und lächerliches wie diese Verliebtheit, die vor allem deiner Lenden entsprang. Und am Ende, als du endlich deinen Fehl dir eingestehen konntest, bringst du eine Fey'amrai in unsere Familie und verwässerst unser starkes und erhabenes Blut mit nicht einem, sondern drei, Erben. Bist du tatsächlich der Meinung, dass du in irgendeiner Form das Anrecht darauf hast mir und deiner Mutter vorzuschreiben, was wir zu tun haben, sagen und von dir und deinem liederlichen Leben halten sollen? Glaube mir, dass ich dir noch den Namen meiner Vorväter gewähre, hast du deiner Mutter zu verdanken und dem traurigen und unumstößlichen Fakt, dass dein Bruder sich von seiner Familie distanzierte um seinen eigenen Träumen nachzujagen."

Er besah seinen Vater, senkte den Blick und lauschte nur dem leisen Rascheln des edlen Stoffes, das das Verlassen des Raumes des anderen Fey begleitete.

Telendarion verstand nur zu gut, wie sein Sohn sich gefühlt haben musste, als er noch bei ihnen lebte. Tief atmete er durch und begab sich zurück in sein Büro. Als Tendarion noch hier war, gab es keinen einzigen Grund den Esstisch mit halbvollen Tellern zurückzulassen. Er war nicht das Problem gewesen. Telendarion selbst war nur immer mehr wie sein Vater geworden. Verbittert ließ er sich an seinem Schreibtisch ab. Er würde arbeiten. Eine Sache über die er noch Kontrolle hatte. Und so wurden die Pläne und Berichte abermals studiert.

Der Brief an seinen Sohn blieb weiterhin unbeantwortet.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 4.06.16, 11:47 
Edelbürger
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Es brannte in seinem Herzen eine so freudige Nachricht erhalten zu haben und sie mit kaum jemanden teilen zu dürfen. All der Schrecken, den die Rückfahrt mit dem Schiff mit sich brachte, wurden durch die leisen Worte der Kanzlerin schlichtweg fortgewischt. Als die Kanzlerin und Tion gegangen waren, zog sich der Elf rasch an und eilte zu dem letzten im Bunde, der davon erfahren durfte.

Wie immer konnte er nicht einschätzen, was Guntram darüber wirklich dachte, was in seinem Kopf vorging und welche Schritte er bereits weitersponn, doch es war eine Erleichterung für den Elfen wenigsten einen zu haben, mit dem er sich darüber austauschen konnte, ohne dass es Vermessen oder unangebracht war. Als Guntram schließlich wieder hinter seinem Schreibtisch verschwand, bereitete er das Essen zu, denn er wusste, dass auch Janus und Maluk bald dazu stoßen würden.

Ein sachtes Lächeln zierte Tendarions Lippen, als ihm Gewahr wurde, dass sie alle mittlerweile unausgesprochene Routinen hatten. Sie fühlten sich nicht nur wie eine Familie, sondern waren es durchaus geworden. Ein Festhalten an alltäglichen und langweiligen Routinen, damit man in diesen wieder die Kraft schöpfen kann um sich den Dingen widmen zu können, die in ihrer wenig alltäglichen Art und Weise viel zu häufig auf dieser Insel geschahen.

Nach dem Essen widmeten sich Janus und Maluk dem Geschirr und der Elf zog sich vor den Kamin auf das Sofa zurück um seinen Tee zu trinken, während er dem Abwasch lauschte, das leise Rascheln des Pergament aus Guntrams Schreibstube und das biestige Fauchen von Gaisgeach, der auf dem Balkon eine Eule verscheuchen wollte, die es kurzweilig wagte, um ihre nächste Jagdbeute auszumachen, sich auf das Geländer des Balkons zu setzen. Doch trotz dieser beruhigenden Geräusche, die ihm sonst ein Lächeln entlocken konnten, war Tendarion geistig weit weg von dem was um ihn herum geschah.

..Gift einflößen..


Immer mehr schienen die Geräusche um ihn herum zu einem weit entferntem in Wolle gepackten Summen zu vergehen, als sein Herz etwas schneller zu schlagen begann und Unruhe sich in ihm breit machte.

Er hatte schnell zugesagt. Aber er wusste, dass sie mit ihrem verwirrten Geist dazu übergegangen wäre, es selbst zu tun, hätte er nicht sofort zugestimmt ihr zu helfen.

Er hatte mit einem Kloß im Hals ihr erklärt, wie er es tun will, und dass er erst Zeit benötigt alles vorzubereiten. Aber im Grunde wusste er, dass er diese Sünde nur selbst hinausschieben wollte.

Als sie ihm dankte, wollte er in Tränen ausbrechen. Er konnte weder ihr noch ihm in die Augen sehen, sonst wäre genau dies geschehen. Später stand er festumklammert in den Armen Jonars, der ihn mit Vorwürfen daran erinnerte, dass er ein Diener der Herrin war.

Doch Tendarion war dazu bereit um wenigstens ihr Leben zu retten, diese Sünde auf sich zu nehmen um ihr diese Sünde zu ersparen. Er war dazu bereit im ewigen Wissen zu leben ein Leben beendet zu haben, das noch nicht einmal die Möglichkeit hatte das Licht Tares zu sehen. Er wäre dazu bereit gewesen für diese junge Frau in Buße zu gehen.

Diese Schmerzen die ihr Gefährte mit seinen Worten auslöste, waren kaum zu ertragen. Er sprach davon wie Tendarion ein Leben vergiften wollte.

Tendarion lag auf der Zunge, dass ein vergangenes Leben besser sei, als dieses reine Geschöpf auf Tare zu wissen und tatenlos zusehen zu müssen, wie es umgeben von Selbstzerstörung und vergifteten Seelen aufwächst. Wie deutlich wurde dem Elfen in diesem Moment, dass manchesmal ein Leben vergehen muss, damit man eine Seele schützen kann. Und wie sehr zerriss ihm dieser Gedanke das Herz.

Er stand auf und ging hinaus auf den Balkon, denn er hatte das Gefühl, dass er nicht mehr atmen konnte. Mit einem Kloß im Hals wurde er durch das Aufstehen kurzzeitig wieder in die tatsächliche Umgebung gedrängt und er hörte Janus' erfreuter Erzählstimme zu, als er Guntram von dem Wal berichtete. Nein, er würde ihnen heute nicht die Freude nehmen mit seinem Leid.

Diese Normalität, wie sich die Diener des Einen nun offen - sei es bewusst oder unbewusst - zeigten, war erschreckend. Wie konnte man die Augen öffnen und mit Dämonen Seite an Seite bewusst kämpfen und behaupten, man würde für die rechte Sache kämpfen? Wie kann man es als gewöhnlich ansehen die sterblichen Überreste längst vergangener aufrecht neben sich zu wissen, ohne sich klar zu werden, dass dies abnorm und bizarr war?

Das Weiß seiner Fingerknöchel trat heraus, als er das Geländer umklammerte und er noch immer versuchte gegen den Kloß in seinem Hals gegenzuatmen. Doch es ist nicht der Atem der ihm verschlagen war, denn als die ersten Tränen im Dunkel, geschützt vor den Augen anderer, auf das Holz herabtropften, wusste er, dass er nur versuchte eben jene zu unterdrücken.

Er wollte doch nur helfen. Er wollte nur für andere da sein. Nie hatte er damit gerechnet, mit welchem Hass man ihm dabei begegnen konnte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 21.06.16, 11:50 
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Musik..

Ruhig lauschte Tendarion den ungewohnt fordernden und ernsten Anweisungen von Janus. Er besah die Handgriffe und das Werkzeug, das er bisher nur in den Händen hielt, um es im Schuppen zu verstauen oder aber jemanden zu reichen. Sichel, Harke und eine kleine Schaufel. Sein Haar hatte er heute in einer aufwendigen Zopffrisur hochgesteckt. Die Kleidung, bestehend aus einer einfachen Lederhose und einer unverzierten enganliegenden Weste wurden von hohen Stiefeln vervollständigt.

Er begab sich auf die Knie um das Grün der Karotten zu prüfen. Er würde anhand der Länge des Grüns erkennen, ob sie groß genug waren zur Ernte. Also grub er sie aus, legte sie beiseite und harkte die Löcher in der Erde zu. Unkraut solle er jäten. Also ging er in der Hocke die Beete entlang und zupfte hier und da die Pflanzen aus dem Erdreich, die nicht danach aussahen, als würden sie jemals etwas nahrhaftes für ein beseeltes Wesen tragen können. Als er schließlich an ein einfaches Löwenköpfchen stieß, hielt er inne. Ein unsicherer Blick zu Janus, der ihm gerade den Rücken zugewandt hatte. Der Elf fühlte sich aus irgendeinem Grund beschämt, die Frage die auf seiner Zunge brannte laut auszusprechen. Er sah ein, dass zuviel Grün auf dem Feld dafür sorgte, dass das Gemüse und Obst nicht mehr genug Kraft von der Erde bekamen. Aber was machte schon ein Löwenköpfchen aus? Unschlüssig saß er da und starrte die Blume an. Seine Gedanken schweiften in eine weit entfernte Vergangenheit..

~~~


"Mutter, Mutter!", kreischte der kleine Elf, kaum acht Götterläufe hatte er zu diesem Zeitpunkt gesehen. Seine etwas tollpatschigen Beine führten ihn rasch durch den langen Flur zum stets geöffneten Raum seiner Mutter, um ungebremst in den anschließenden Garten zu rasen. Und als er ankam, kniete seine Mutter inmitten des Gartens und hatte ihren Kopf tief geneigt, während sie die Hände zu einer Schale vor sich hielt. Ihr Gesicht wandte sich zu ihm. Er wurde von hinten gepackt.

Nur kurz sah er die tiefste Trauer, die das Gesicht seiner Mutter erfüllte. Die tränenverhangenen Augen. Das gerötete Gesicht. Die geschwollenen Augenlider.

Tendarion weitete die Augen, als er von seinem Vater fortgetragen wurde. Sich in dem starken Griff seines Vater windend, wollte er ihm entfliehen, zu seiner Mutter gehen und ihr sagen, dass er nie wieder brüllen würde und sich immer artig benehmen würde, aber sie nicht mehr traurig sein muss, weil er immer so böse ist. In seiner Verzweiflung, dass er den Armen nicht entfliehen konnte, begann er auch selbst zu weinen und trommelte mit den Fäusten auf den Rücken seines Vaters ein. Doch mit stoischer Ruhe ließ er dies über sich ergehen, bis Telendarion mit seinem Sohn das Haus verlassen hatte. Dùlindwen hauchte ihnen noch eine Verabschiedung zu und das Versprechen bei Mutter zu bleiben.

Über 900 Jahre hatte Telendarion schon erlebt zu dieser Zeit. Seine Gefährtin war ihm in seinem Alter ebenbürtig. Sie beide kannten den Wandel Tares aus zwei verschiedenen Blickwinkeln. Das kleine Geschöpf in seinen Armen hingegen hatte noch nichts erlebt, was nur ansatzweise an das heranreichen könnte. Telendarion war nicht in der Lage diesem kleinen Funken des Lebens auch nur annähernd erklären zu können, was sie erlebten. Was sie fühlten. Warum Hoffnung in Resignation glitt. Warum Resignation zu Akzeptanz wurde. Warum Akzeptanz zu Ignoranz wurde. Wie sollte er ihm erklären, dass sie früher oder später nicht körperlich zerbrechen, sondern geistig?

Er ging mit seinem jüngsten Spross in den Park und setzte sich in eine ruhige Ecke mit ihm, wo er ihn für einen Zyklus schweigend und behütend im Arm hielt. Andere Fey, die in dem Park alleine zur Kontemplation spazierten, oder aber pärchenweise im leisen Gespräch über die Wege leise wandelten, sahen zu ihnen. Kein Wort wurde gewechselt. Ein sachtes Senken der Augenlider Telendarions machte deutlich, dass alles in Ordnung war und so gingen die anderen Fey im verständnisvollen Schweigen weiter ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen.

Erst als Tendarions letzten Tränen versiegt waren und er auf dem Schoß seines Vaters eingedöst war und schließlich wieder erwachte, sprach sein Vater leise mit seinem Sohn.

"Du brauchst dich nicht zu fürchten und auch keine Sorge um deine Mutter haben, Tendarion. In unserem Leben, in unser aller Leben, werden wir immer an einen Punkt stoßen, an dem wir uns eingestehen müssen, dass wir Zeit für uns selbst brauchen. Einen geschützten Raum benötigen, wo wir sein können und müssen, wer wir sind. Wo wir uns nicht dafür erklären müssen, warum wir lachen, weinen oder zornig sind. Wo wir nicht mit Fragen überfordert werden, sondern nur unseren Gefühlen freien Lauf lassen müssen. Du bist noch sehr, sehr jung, mein Sohn, aber genau aus dem Grund musst du verstehen lernen, dass unser Volk nicht dafür gemacht ist das schnelle Leben der kurzlebigen Völker zu erleben. Wir können nicht das fühlen was sie fühlen. Wenn wir so leben wie sie, werden wir keinen Zyklus älter als sie, weil unser Geist zerbrechen würde. Unsere einzige und größte Schwachstelle befindet sich nicht an unserem Körper. Wir können zwar durch Stahl getötet werden, aber dennoch sind unsere Körper robust und du siehst die Schönheit in den jüngsten und ältesten in unserem Volk. Vitama schenkte uns unseren Körper und unser langes Leben. Doch Astrael war es, der uns unseren Geist schenkte. Wir sind dafür auserkoren ruhig, besonnen und stets logisch zu denken.

Gefühle sind unsere Schwachstelle.


Astrael hat erkannt, dass wir nicht solange leben können, wie es uns körperlich möglich ist, wenn er zulässt, dass wir so empfänglich und ungestüm in unseren Gefühlen sind, wie andere Völker es sind. Er gab uns Aufgaben. Etwas womit wir uns stets beschäftigen können, damit wir nicht dazu übergehen uns ständig in unseren Empfindungen zu verlieren. Bist du von Trauer beseelt, so nimm ein Buch und lerne etwas. Bist du wütend, dann übe dich darin ein Rätsel zu lösen. Bist du fröhlich, ermahne dich, dass auch eine Blume nicht binnen eines Tageslauf gewachsen ist, sondern erhalte die Schönheit der Blüte, indem du die Freude lange in dir bewahrst und nicht in dem Moment wo du von Frohsinn erfüllt bist, in Übermut vergehst."


~~~


Tendarion zupfte gerade das letzte Unkraut aus der Ecke, als er Janus Stimme vernahm. "Du hast da etwas übersehen."

Janus zupfte das verschonte Löwenköpfchen aus der Erde und warf es achtlos auf den Unkrauthaufen.


"Lass uns zu den Tieren." Tendarion stand nur wortlos auf bei der Aufforderung und besah die gelbe Blüte auf dem grünen Blatthaufen. Bitter zogen sich seine Mundwinkel hinab. Mit gesenktem Haupt folgte er dem Novizen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 24.06.16, 08:24 
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In den frühen Morgenzyklen entwand sich der Elf von dem Körper neben sich und aß sein angemessenes Frühstück, um sich nicht wieder den ganzen Tag mit Keksen zu ernähren. Es war selbst für Janus noch zu früh, so hinterließ er eine Nachricht auf dem Tisch, dass er im Schrein der Herrin sei und für die Arbeit auf dem Feld und im Gatter bald zurückkehren würde.

Im Schrein angekommen, zog er sämtliche Vorhänge zu - doch er wusste, dass um diese Zeit die wenigsten in den Schrein der Herrin kamen. Doch mag eher der eine oder andere Schmied in den Bellumsschrein kommen um ein Gebet an ihn zu richten, oder aber an Astrael, um um erhöhte Konzentration zu bitten. Um Vitama um Rat zu fragen oder ihren Segen zu bitten, kamen die meisten dann doch eher zu ihren Dienern und nicht in den Schrein. Es war auch für den Elfen selbstverständlich. Ist es nicht die größte Freude der Herrin, wenn ihre Kinder sich miteinander beschäftigten, anstatt alleine in einem Schrein zu sitzen und mit ihr zu sprechen, wenn es doch in den wenigsten Fällen nötig war?

Und doch war es Tendarion selbst, der diese Einsamkeit, die er stets anmäkelte, am meisten suchte und benötigte. Sein Dienst war es nicht, für andere da zu sein, sondern anderen zu helfen. Gab es keine Wunde, körperlich wie geistig, so wollte er nicht benötigt werden. Kam man ohne Wunde zu ihm, wollte er nicht der Schausteller für andere sein, die sich in Langeweile übten. Er wollte in diesen Momenten als Tendarion und als Diener Vitamas gesehen werden, nicht als der Vertreiber der Eintönigkeit. Erfüllende Gespräche führen, die für alle Beteiligten eine Erkenntnis hervorbrachten. Zielführend und Gewinnbringend. Dass er nicht zum Unterhalter geboren war, hatte er oft genug bewiesen.

Zitat:
~~~

Er stellte die grünen und weinroten Kerzen kelchförmig um sich herum auf. Eine in eine Säuglingsform geschnitzte Ginsengwurzel wurde in den Kelch der Freude vor seinen knienden Beinen abgelegt. Mit einer Schale schöpfte er das gesegnete Wasser aus dem Brunnen im Schrein. Aus seiner Heilertasche entnahm er einen dieser goldenen Tränke, die ihm die Herrin selbst schenkte. Der sanft melodische Hauch Auriels erfüllte den Raum.

Herrin Vitama, in deiner Güte und da du stets das Gute erkennst, hast du ein weiteres Leben auf Tare ermöglicht, das unser kleiner sterblicher Geist nicht in dieser Art erfassen kann. Du gabst uns allen ein Geschenk und eine Prüfung zugleich. Siehe in meinem Herzen, wie sehr ich diesem Geschöpf helfen möchte. Siehe in meinem Herzen, was ich bereit bin dafür zu tun um dieses Leben zu bewahren. Doch so ich nur ein einfacher Sterblicher bin, der all seine Kraft und Macht durch dich und deine Geschwister erhielt, so ist es mir bewusst, dass ich nur das Heilen und Schützen kann, das ich in Händen halte. Herrin, höre meine Worte, höre mein Flehen, diesen neuen Funken des Lebens von den verschlingenden Klauen des Einen zu schützen, ehe es noch das Licht Tares erblickte.

Er füllte den Kelch zu einem Drittel mit dem gesegneten Wasser auf, so dass der stilisierte Säugling aus Ginseng nur zur Hälfte abgedeckt in dem Kelch verblieb.

Vitama, ich flehe dich an, jedweden Einfluss von diesem Kind, der nichts als Schwärze und Vernichtung bedeutet, fortzuwaschen. Gib diesem unbeseelten Leben die Möglichkeit eine Seele zu erhalten. Gib diesem unbeseelten Leben die Kraft sich gegen den Einen und seinen Dienern zu erwehren. Gib diesem unbeseeltem Leben die Möglichkeit ein Leben ganz in Reinheit und fernab den dunklen Einflüssen auf Tare führen zu können.

Den Rest des Kelches füllte er mit dem kostbaren Regenerationstrank auf.

Vitama schenke diesem Kind den Schutz, den ich ihm noch nicht gewähren kann. Heile jede Wunde, die es bereits hat und noch erhalten wird, ehe es das Licht Tares erblickt. Lass es überleben, auf dass es ein freies Kind der Viere werden kann. Einen freien Willen erfährt und erkennt, dass es nur eine Seele für es gibt, die es zu beschützen und bewahren gilt. Herrin, ich gebe dir mein innigstes Versprechen, dieses Kind nie aus den Augen zu verlieren und es als mein eigenes Kind anzuerkennen, wenn es nur das Licht Tares erblicken kann. Bitte..

~~~


Bei den letzten Worten war Tendarion bereits nach vorne gesunken und seine Stirn auf dem Teppich gebettet. Mit bebenden Schultern weinte er seine Frustration, seine Verzweiflung seine Ängste um das Kind heraus. Er hatte nie damit gerechnet, dass die Bindung, die er mit dem Kind am gestrigen Tage aufbaute, als er den Lebensfunken sah, direkt bis in sein Herz durchdrang.

Er schluchzte leise, als die Erkenntnis ihn ereilte, dass dieses Kind bereits verloren war, noch ehe ihm etwas geschehen war.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 27.06.16, 12:35 
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Die Schreie die er so oft in seinem Leben hörte als er Geburten beiwohnte waren stets eine Probe für sein feines Gehör. Doch am Anlass gemessen war es immer freudige Erwartung die sich in die Anspannung dieser anstrengenden Zyklen schlich. Ein neues beseeltes Kind der Viere zu empfangen übertraf ungeschlagen die höchsten Momente der körperlichen Lust. Es gab nichts vergleichbareres auf Tare als das Glück und die Liebe der Mutter, die jede Qual und Schmerzen vergissen ließen, den Moment als sie das neue Leben in den Armen halten konnte.

Doch diesmal war es anders.

Ringsumher schwabbte schwarzes, zähes Wasser um Tendarion und die Frau die vor ihm in den Wehen lag. Sie kreischte gequält wie unter Folter. Der Bauch noch viel zu wenig gewölbt. Es gab Kinder, die den voreiligen Blick auf Tare richteten, die überlebten. Aber Tendarion wusste dass dies eine Seltenheit war.

Er versuchte der Frau Ruhe zu spenden. Bat die Herrin ihn in seinem Ansinnen zu unterstützen, doch Tendarion fühlte sich verlassen. Wie im Dunkeltief, als der Viere Blick auf Tare getrübt war. Nie fühlte er sich einsamer und verlorener als in diesem Moment.

Das ohrenbetäubende Schreien wandelte sich in ein Kreischen wie von herabstürzenden Harpyien und ging in ein manisches Lachen über. In dem Moment erreichte das schwarze Wasser Tendarions Füße.

"Nimm dieses Balg, Dämon. Reiß mir dieses Leben aus dem Leib und friss seine Seele!"

Kreischte die Frau wieder in ihrem hysterischen Lachanfall. Der Elf trat verstört zurück, während die schwarze Brühe sich an seinen Beinen hochwandte.

"Ich hab dir das Kind und einen Geweihten der Hure versprochen! ! Nimm dir beides und gib mir die Macht, die du mir versprochen hast, um mich an allen zu rächen, die mir das antaten!!"

Tatenlos starrte Tendarion auf das Wasser dass dem Bauch der Frau umspülte, sich zu Klauen formte und ihr den Unterbauch aufriss. Das Kind wurde entrissen. Viel zu klein. Viel zu blau.

Tendarion hatte noch einen Moment sich zu übergeben. Eine schwarz-rote Masse die strahlenförmig aus seinem Mund hervorbrach.

Dann nahm das schwarze gallertartige Wesen sein Bewusstsein.

Der Lebensfunke in dem Kind erlosch.

Der Diener verging.

Die Frau hatte ihren Willen. Der Dämon auch.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 28.06.16, 15:10 
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Er war müde. So müde.

Nicht körperlich. Nein, er hatte sich strikt an das gehalten, was Janus ihm auftrug. Er aß regelmäßig auch wenn er die meiste Zeit über keinen Appetit verspürte. Er schlief oder meditierte. Er betätigte sich körperlich. Keinen Alkohol trank er und sämtliche körperliche Freuden, die aus reinem Trieb oder der Sucht nach Ablenkung geschahen, verwehrte er sich.

Und dennoch war er geistig und emotional erschöpft. Jede Nacht plagten ihn Albträume. Jeder Wachmoment erfüllte ihn mit ständiger Angst irrational zu sein, da er seine Gedanken nicht mehr beherrschen konnte.

Er war eine Schande für sein Volk und seinem Namen. Sein Vater machte es immer deutlich.

Ihm war nicht zu vertrauen. Er hatte Guntrams Worte nie vergessen.

Er war inkompetent und konnte seine Aufgaben nicht erfüllen. Fyonns und Janus Worte zerbarsten sein gläsernes Herz endgültig.

Er hatte seine nichtssagende Maske gegen eine lachende Maske getauscht. Doch je breiter das Lächeln, je lauter das Lachen und je provokanter sein Auftreten wurde, desto leerer fühlte er sich, desto mehr wollte er die Tränen zurückhalten, umso mehr schwand sein Selbstbewusstsein. Er musste stets erwähnen dass er arrogant wäre und sich besser als andere fühlte, um eher für das gehasst zu werden, als dass man seine wahre Schwäche erkannte. Dass er keineswegs überheblich war, sondern sah, wie jeder um ihn herum über sich hinauswuchs und binnen weniger Monde erwas erreichte, was er mit seinem wenig belastbarem Geist und seinem brüchigen Selbstbewusstsein ebenso zu erreichen suchte. Er wollte keine Hilfe. Er wollte nicht abhängig sein.

"Du musst dich nicht wundern, wenn irgendwann niemand mehr seine Hilfe anbietet, wenn du sie stets ablehnst."

Nithavelas Worte bestätigten das was sein Vater ihm immer predigte. Menschen wollen nicht selbstlos helfen, damit es einem anderen gut geht. Sie wollen helfen, damit sie eine weitere Schuldenkerbe ritzen können, um etwas in der Hinterhand gegen jemanden zu haben. Ein Gefallen. Ein Druckmittel.

Wie sehr würde Tendarion nun gehen wollen. Zurück zu seiner Familie. Seinem Vater sagen, dass er auf Tare versagt hatte und ein Leben in Kontemplation nun suchen würde. Ein letzter Abschied an seine Mutter. Das einzige sterbliche Wesen, das ihn förderte und forderte, aber ihm immer deutlich machte, dass es für ihn kein Ziel geben muss um einen festen Platz auf Tare zu haben. Es reichte, wenn er das tat, was sein Herz ihm gebot. Wollte er ewig Heiler bleiben. Wollte er die Weihe anstreben. Wollte er einen ganz anderen Weg einschlagen. Ihr war es gleich, solange Tendarions Entscheidungen ihm selbst ein Lächeln auf die Lippen zaubern konnte.

Wann hatte er zuletzt um seinetwillen gelächelt? Wann war das letzte Mal, dass er zurückblicken konnte auf seine Taten um sich über das Ergebnis zu erfreuen?

Er hinterließ einen Pfad der Verwüstung. Er zerrte einen nach dem anderen in den Abgrund. Selbst jene die ihn liebten und vielleicht einige Zeit sogar achteten, sahen seinen wankelmütigen Geist und das Schwarz dass diesen allmählich einnahm.

Die Herrin war seit seiner Weihe ruhig geworden. Schenkte ihn nur mahnende Visionen. Zeigte ihm dass er einen falschen Weg verfolgte. Zeigte ihm dass er nicht mehr ihr Diener war, sondern langsam das Licht um ihn herum immer mehr in Dunkelheit tauchte. Tendarion kämpfte sich auf den Berg hoch, nur um oben festzustellen, dass er nicht im geringsten auf diesem überleben konnte.

Waren es die dämonischen Einflüsse denen er sich zu oft und zu naiv aussetzte? War es das Geschenk der Herrin, das seinen Geist auseinanderriss?

Er wusste dass Sarana einen Großteil seiner geistigen Gesundheit auf dem Gewissen hatte. Sie war eine wandelde Zerstörung die Gift für jeden schwachen Geist war. Und sie würde nicht eher ruhen, bis Tendarion seinen letzten Kampf aufgab und sich ihr zu Füßen legte.

Nein. Er konnte nicht auf das Festland zurück. Er hatte einen Eid geschworen, den er im Antlitz der Viere sprach. Und solange dieser Eid ihn auf der Insel hielt, würde er nicht aufgeben. Er konnte Sarana nicht beseitigen. Aber er konnte seine eigene Schwäche besiegen.

Sie beweinten die naive und unschuldige Seite die der Elf auf der Insel ablegen musste. Und dennoch haben jene die sich am meisten über den Verlust beschwerten herausgefordert, dass Tendarion nicht mehr in Liebe und Verständnis agieren konnte.

Er war schwach. Aber er konnte sich gegen jene stemmen, die Janus und all die anderen die stark waren bedrohten, um sie zu schützen. Sein Leben um ihnen Zeit zu gönnen, das Dunkel wenigstens auf Siebenwind zu vertreiben. Sein Geist konnte nicht mehr zerstört werden, denn er war bereits gebrochen.

Sollen sie sich an den Scherben, die sein Geist waren und sie selbst verursachten, aufschlitzen. Er würde sie nicht daran hindern. Er würde sich vorbereiten um dem Ansturm und der Ablehnung gegenüber gewappnet zu sein.

Er mochte der Herrin der Güte dienen. Doch vergessen sie, dass sie in erster Linie diejenige ist die uns unser Leben und unsere Seele gab. Er würde ein Seelenbewahrer sein, ein Wächter des Lebens und die Güte und Freude jenen überlassen, die dazu auserkoren waren ihr reines Herz zu behalten.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ein gewöhnlicher Diener der lieblichen Herrin
BeitragVerfasst: 28.06.16, 18:09 
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Der Unmut war auch nach dieser Nacht noch nicht verflogen. Schlafen konnte er nicht, und so hatte er bis zum ersten Erwachen des Vogelgesanges und dem dritten Erheben Felas am Schreibtisch ausgeharrt. Berge von Akten, Papieren und Notizen türmten sich mittlerweile auf der freien Fläche in die Höhe und liessem den Blonden gerade noch soviel Platz, daß er noch weitere Schriften anständig verfassen konnte. Etliche Teetassen und Kannen, allesamt bereits geleert, beschwerten die Schriften und hinterten sie zumindest einen Moment daran, nicht von einer unbedachten Geste hinabgewischt zu werden.
Je länger er auf die verfassten Notizen starrte, umso unklarer wurde das Bild vor seinem geistigen Auge. Zu wenig hatten sie in Erfahrung gebracht und doch genug, daß man damit hätte mehr aufschlüsseln können, als er zu Anfang geglaubt hatte. Zwar fehlten die Abschriften von Rowen und Halgrim noch, aber der rote Faden war zumindest zu erkennen, auch wenn er sich an etlichen Stellen nicht als sonderlich deutlich erwies. Und kaum schweiften seine Gedanken wieder zu der Szenerie, dem Ort, der sich ihnen enthüllte, die Stimme in seinem Kopf, war sie wieder da.

Wut.

Daß Er die Vision kontrollierte, wurde Janus in jenem Moment bewusst, als der stechende Schmerz durch seine Schläfen pochte und ihn zurück in den steinernen Stuhl warf. Zu oft hatte er bereits vor solchen Dingen gestanden, zu oft dabei zugesehen, wie sich Unachtsamkeit und Selbstüberschätzung vereinten und etwas schufen, was nicht mehr aufzuhalten war. Etwas, von dem er glaubte, nun gefeit zu sein – und doch passierte es gestern wieder. Er Selbst war kaum in der Lage, aufzustehen, während die stete Pein hinter seiner Stirn immer stärker wurde und registrierte kaum, daß der Elf sich Ihm bereits gefährlich nahe zugewandt hatte. Unbedarft, unbedacht und in der Manier eines naiven Kindes hatte Tendarion sich dem Dämon genähert; es hätte nicht mehr viel gefehlt und ein simples Handstrecken hätte ausgereicht, Ihn zu berühren.
Zu gelähmt war er gewesen, einzuschreiten. Immer noch hallten die letzten Worte des Dämons in seinem Kopf, ehe das Bild vor ihnen Allen verschwomm.

"Das weißt du doch schon längst.."

Nichts wusste er. Er wusste, daß er sich nicht vergleichen wollte, sich nicht messen an Denen, die ihn formen wollten. Auch wenn er die Taten, die er beging, mit der gleichen Trauer bereute, wie vor einigen Götterläufen noch, hatte er gelernt, sich nicht von ihnen übermannen zu lassen. Eine Stütze wollte er sein für Jene, die vom Weg abkamen, ein Hafen, eine Hoffnung, daß es möglich war, all' Dies hinter sich zu lassen und durch die Gnade der Viere zu etwas Neuem, Besseren zu erwachsen. Sich nicht mitreissen zu lassen von Elend und Leid und stets aufrecht und fest mit beiden Beinen auf dem Boden zu stehen, um jeden Sturm, der sich ihm entgegen warf, zu trotzen. Und doch...

Kaum, daß die sich wieder zurück in der Kapelle befanden, schwelte das Feuer bereits hinter der Fassade des Blonden, die stets darauf bedacht war, gefasst und ruhig zu wirken. Die harschen Worte, die er aussprach bereute er nicht. Auch nicht die Distanz, die er nach der späteren Anweisung gesucht hatte, damit Tendarion nicht abermals von den zornigen Emotionen getroffen wurde, die er ihm bereits im Büro entgegengeworfen hatte. Doch sich von Maluk dazu hinreissen lassen, weiterzusprechen, war der Fehler gewesen, den er eigentlich vermeiden wollte.
Vieles hatte sich entladen. Ungerechtes, Gerechtes, aber auch Unbedachtes und Worte, die darauf abzielten, bewusst dort zu treffen, wo sie am Meisten wehtaten. Daß Maluk nicht verstand, worauf Janus eigentlich hinauswollte, wunderte ihn gar nicht. Das Ausmaß der Lage hatte Niemand begriffen und der Templer, der noch länger auf diesem Eiland verweilte, als sie Alle zu sammen, sah nicht, was da eigentlich passiert war. Daß er ihn schon längst verloren hatte, war dem Blonden schon nach seiner Rückkehr aus der langen Meditation vor einigen Monden klar gewesen. Aber nie war es so deutlich gewesen, wie an diesem Abend.

Er war müde und ausgebrannt. Nur noch wenige Tage hatten sie Zeit, zu vollenden, was sie begonnen hatten und waren kaum wenige Schritte weitergekommen. Es hing zu Vieles daran, um nun Rücksicht zu nehmen auf die Bedürfnisse und Gefühle eines jeden Einzelnen. Niemand hatte Janus gefragt, ob er bereits bereit war, die volle Verantwortung über den gesamten Orden zu übernehmen. Niemand hatte ihm gezeigt, wie es richtig geht. Zwar half der Unterricht über das Meiste hinweg, doch die Unsicherheit blieb weiterhin – gerade bei solchen Ritualen, die er fast vollständig alleine für den Allsehenden zelebrieren musste, fehlte die stärkende Hand im Rücken, die Zusage, daß das, was er tat, auf dem rechten Weg lag.

Guntram interessierte sich schon lange für Nichts mehr. Die vielen Götterläufe, die sie bereits Seite an Seite bestritten, die vielen Momente, in denen Janus glaubte, sicher zu sein, daß Alles, was er tat, das Richtige war, lagen bereits in weiter Ferne – genau wie die wenigen Momente, in der sie beide ihre Masken fallen liessen, es zuliessen, sich zu offenbaren, die eigene Verletzlichkeit und Schwäche, vor der sie sich Beide so sehr fürchteten. Es war immer noch der Tanz zweier Wölfe, die sich umkreisten und unsicher waren, ob sie sich im nächsten Moment an der Kehle zerfetzen wollten oder in stillem Frieden weiterzogen. Die Schlucht, die zwischen ihnen stand, hatte Janus selbst eingerissen – eine Schuld, die er sich heute noch nicht verzieh. Und doch hatten drehten sie sich langsam immer mehr den Rücken zu, anstatt sich, wie damals, fest und von Sicherheit beseelt in die Augen zu sehen.
Tendarion war mit sich Selbst zu sehr beschäftigt. Die Schwermut, die ihn langsam in die Schwärze zog, wurde immer präsenter und deutlicher – und auch immer unberechenbarer das Verhalten des Elfen. An seine Aufrichtigkeit zweifelte er nicht; aber an sich Selbst, an der eigenen Kraft, sich immer wieder schützend vor den Abgrund zu stellen und den Elfen am Sprung zu hindern. Er hatte es mit Veständnis versucht, mit Ablenkung, mit Handreichen und doch schien Tendarion immer mehr zu entgleiten. Und diese Last dazu zu tragen, fühlte sich langsam immer schwerer an – und auch das Gefühl, nun verstanden zu haben, was den Elfen so zerbrechen liess, erdrückte ihn immer mehr.
Maluk verstand zu wenig ausserhalb seiner eigenen Gedankenwelt. Auch er war mehr mit sich beschäftigt und immer noch auf der Suche nach den Pfaden, die seinen Weg eigentlich bestimmen sollten. Für wenige Zeit hatte Janus geglaubt, daß sie gemeinsam diese Suche weiterführen sollten – doch auch das entglitt dem Griff seiner Hände. Und als der Templer abermals ging, Tendarion hinterher, war es wieder da.

Nur kurz lenkte er den Blick aus seinen Gedanken heraus Richtung des Schlafgemaches, zu müde, um aufzustehen, zu müde, um dem Körper und dem Geist die Ruhe zu gönnen, die er seit Zyklen schon verlangte.

Es war wie damals, als Ionas noch da war. Wie damals, als er auf die Insel zurückkehrte aus dem Kloster und um den Frieden mit Maluk kämpfen musste. Wie damals, als der Elf nach Falkensee kam und der Turm ihm verwehrt blieb. Wie damals, als er nach der inneren Stärkung sein zu Hause entrissen fand und das Band, was er geknüpft hatte, abermals zerborsten.

Der Schatten, dessen Platz stets derselbe war – und nie mehr.

_________________
<Oberon>selbst das wort "Frau" ist ethisch nicht mehr korrekt
<Oberon>das nennt man jetzt "Mensch mit Menstruationshintergrund"


¯\_(ツ)_/¯

<Solos>Sorania = Spielerin ohne richtige Ahnung nervt irgendwie Alle


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