Ein wohl nicht ganz normaler Tag im Hofe der Burg „Morgenroth“. Wie schon so oft stand Nadja auf den Mauern der Burg im eisigem Wind und beobachtete alles um sich herum. Dort oben, wo sie die meiste Zeit ihre Ruhe hatte, schien es ihr nach einiger Zeit gut zu gefallen. Nur selten kam jemand ans Tor, der etwas von ihr wollte, schließlich war sie nur eine Gardistin. Meist waren es Personen die Zugang zur Burg hatten und denen niemals in den Sinn käme sie zu sprechen. Passierten sie das Tor und verschwanden aus ihrem Sichtbereich, konnte sich Nadja dann wieder in ihren Tagtraum vertiefen. Dann in einem späterem Zyklus, schon nahe des Sonnenuntergangs kam der Graf des Reiches ans Burgtor. Er verlangte von ihr alle Anwesenden im Burghof versammeln zu lassen, seine Stimmung schien nicht sonderlich gut. Sie verleierte die Augen und öffnete ihm das Tor und ging dann scheinbar genervt durch den Burgturm nach unten. Nur um ihm da ein kurzes vorgespieltes, einladend wirkendes nicken und eine angebrachte Begrüßung zukommen zu lassen. Sogleich machte sich Nadja auf den Weg aus allen Bereichen der Burg die Anwesenden Gardisten, Köche, Bauern, Händler und noch eine Gruppe von drei Magistern auf den Burghof zu bitten. Nur der Burgherr war noch nicht von seinem Ausflug zurück, eigentlich ja soweit nichts ungewöhnliches. Alle im Hofe angekommen nahmen die Gardisten Stellung , die anderen verteilten sich etwas behielten jedoch das Augenmerk auf den Grafen gerichtet. Dieser lehnte sich an seinen Stab und wartete ruhig ab. Als dann alles ruhig zu seien schien, brüllte er plötzlich wutentbrannt auf die Gardisten ein. „Wisst ihr wo der Hauptmann steckt?!“. Das plötzlich rumgeschreie schien Nadja dann etwas aus ihrem Träumereien zu rütteln, was äußerlich leicht erkennbar durch ein kurzes zappeln und ein darauf folgendes hektisches umschauen war. Richtete sie den Blick dann aber doch wieder vor zu ihm. Keiner hatte eine Antwort auf seine Frage, alle bevorzugten die Stille in der Hoffnung, dass irgendjemand etwas sagen würde. Dem geschah aber nicht. Stattdessen folgte der nächste Ausruf vom Grafen. „Der liegt Tot in irgendeiner Ecke rum! Was habt ihr dazu zu sagen?!“. Wieder hatte die Stille die Oberhand im Burghof errungen. Es wollte wohl niemand die Aufmerksamkeit, durch ein einziges Wort, auf sich lenken. Am wenigsten Nadja die nur wieder hoch auf die Mauer wollte, wo niemand sie stört. Sie hatte sich anscheinend etwas in Gedanken verloren und malte sich aus wie der Hauptmann wohl zu seinem Ende kam. So bekam sie nicht mit das der Graf weiterhin vor ihnen mit seinem Stab lang schwang und auf sie einredete. Bis hin zu dem Punkt wo er sagte: „ Herzlichen Glückwunsch, du bist jetzt der neue Hauptmann“ und den Stabende auf Nadjas Brust legte. Plötzlich war sie nun der Mittelpunkt des Geschehens, alle Augen waren auf sie gerichtet. Viel zu viel Aufmerksamkeit in ihren Augen, es fühlte sich fast so an, als sei die Zeit stehen geblieben. Bis auf ein sehr zögerliches „Danke“, was länger auf sich warten ließ, verblieben ihr die Worte. Der Graf verschwand und sie wurde gar umringt von Gästen, welche sie beglückwünschen wollten. Sie selbst verblieb regungslos verloren in der Menge ohne ein Wort zu sagen. Diese Überraschung hatte sie sich wohl niemals erhofft, vor allem da sie sehr zufrieden mit ihrer Position war. Etwas Verantwortung und direkte Befehle die ausgeführt werden sollen, war eher ihre Richtung. Nun sollte sie Befehle geben, die Burg verwalten, die Rekruten ausbilden und sich um all diesen Papierkram kümmern. Nadja hatte davon nicht den geringsten Schimmer und sollte das nun alles beherrschen. Ihr geliebtes entspanntes Leben änderte sich an diesem Tag in einem Augenblick zu dem was sie sich nie erwünscht hätte.
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