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Falscher Heiland
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Autor:  Mandragora [ 3.02.18, 23:05 ]
Betreff des Beitrags:  Falscher Heiland

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…Sein Blick ruhte auf der Vermummten Gestalt und mit jedem Schritt den diese auf die Tür zuging, wurde das Bild vor seinen Augen schwammiger bis nur noch die blasse Silhouette für ihn auszumachen war. Mit einer flinken Bewegung schob die Person den Vorhang zur Seite und öffnete die Tür um sich nach draußen, in Felas Licht zu begeben und in Unschuld zu Baden. Der dunkle Vorhang fiel wieder zurück und unterbrach in seiner behäbigen Bewegung den matten Blick des alten Mannes.
Eine kühle Brise zwängte sich noch mit letzter Kraft vorbei, ehe der schwere Stoff die Grenzen zwischen der Stille des Ladens und dem regen Treiben der Stadt klar und deutlicher denn je definierte. Sie wirbelte verspielt durch den Vorraum, schnellte auf den alten Mann zu und zerbrach an seinem Gehstock, an dem sich die knochigen Hände mutig klammerten, als wäre es die Klippe zwischen dieser und Morsans Sphäre. Er verharrte noch eine ganze Weile in der Mitte des Raumes, seines Ladens in dem er sich eigentlich sicher und geborgen fühlen sollte, doch einmal mehr lernte er wie kurzweilig ein jeder Moment sein mag und wie schnell sich das Blatt zu wenden scheint.
Vielleicht merkte er es nicht einmal das sich seine rechte Hand vom hölzernen Griff löste und plötzlich an der Stelle seiner linken Brust ruhte um den schnellen aber schwachen Herzschlag aufzunehmen. Doch war es vielleicht ebendieser ungewöhnliche Rhythmus der ihn bei Sinnen hielt um nicht auf der Stelle zu zerbrechen.

Zögernd drehte er seinen Kopf zum hinteren Bereich seines Ladens und seine braunen Augen folgten beinahe widerwillig einen Wimpernschlag später. Er humpelte träge und still auf den Wasserbottich zu in dessen hölzernem Bauch das Abschiedsgeschenk seines letzten Besuchers steckte. Er begann den Bolzen zu entfernen, das Loch mit Wachs und Knorrholz zu flicken und auch das ausgelaufene Wasser am Boden aufwischen und so verging ein gar nicht enden wollender Moment. Eine farb- und lautlose Szenerie in der nur er allein vorkam, als hätte Timanor selbst eine seiner mächtigen Schwinge über ihn gelegt und ein Vakuum erschaffen, in dem die Zeit selbst an Bedeutung verlor. Ein Raum in dem er sich, gedankenverloren wie er schien, nicht einmal selbst jammern oder wimmern hörte als er schmerzhaft auf seinen alten kaputten Knien hockend und mit aufgeweichten Händen die nassen Tücher in den Eimer legte.

Zitat:
„...ich gebe dir nun eine Chance.. ich lass dir 'ne Woche Zeit, dann komm ich wieder...“

Noch immer im grauen Sog seiner Gedanken gefangen, stand er auf und begab sich zur Tür.

Zitat:
„...wenn du mir dann nicht **** bieten kannst...“

Die schwere Tür schnappte in das Schloss ein und mit einer leichten Bewegung seiner Hand drehte er den Schlüssel.

Zitat:
„...dann sorg' ich dafür das du hier wen brauchst der deinen Laden übernimmt...“

Er stand in der Mitte seines Ladens und formte beide Handflächen so, als würde er sich vorstellen das er etwas fangen müsste.

Zitat:
„...da is' alles drin was du brauchst...“

Erfolglos blickte er auf seine leeren Hände, legte sie auf den gläsernen Deckel seiner Vitrine und starrte auf sein erbärmliches Spiegelbild das sich ihm dort zur Schau stellte. Die klanglosen Worte seines aufdringlichen Kunden schienen um seinen Kopf zu kreisen wie Aasgeier am Himmel, die ihre verrottete Beute ausgemacht haben und nur darauf warteten sich endlich an ihr zu laben, ungeachtet dessen wie widerwärtig es auch sein mag. Doch so klanglos wie die Worte waren, so laut und weit schien ihr bedrohliches Echo zu hallen.

Es vergingen Minuten die er in seinem Gedankenhaus verbrachte haben musste bis der trostlose Blick des alten Mannes stückchenweise, erst kaum erkennbar, doch nach und nach mehr einem Ausdruck des Trotzes weichen musste. Als würde eine Fassade erst bröckeln, dann reißen und schließlich brechen, um den Blick auf das was dahinter zu warten scheint, freizugeben. Seine Pupillen weiteten sich und verdrängten das Braun seiner Augen um ein gutes Maß. Sie fixierten sich auf die mystische Pflanze die bislang vom Spiegel gleichen Abbild seines Ichs verdeckt war doch nun sah er es, klar und deutlich wie nur Astrael es konnte.

Sein beängstigend schwächlicher Gang führte ihn in seinen Keller und erst vor seinem Nachttisch hielt er wankend an. Geschlossen und somit einladend wie auch verlockend, ruhte dort ein altes und stark mitgenommenes Buch. Dem äußeren abgenutzten Ledereinband und den vielen bereits vergilbten Seiten nach musste es unzählige Götterläufe überstanden haben und mindestens so alt sein wie der Besitzer selbst.
Der Ärmel der dunklen Robe bewegte sich, erhob sich, unter Führung der knochigen Hand ihres Trägers. Die blassen Finger regten sich, streckten sich aus wie verkümmerte Fühler, bemüht das matte Leder des Buches zu ertasten, doch hielten sie Inne in ihrem Tun. Der Alte in seiner gebückten Haltung kräuselte seine trockenen Lippen und nur seine Augen wirkten feucht, viel zu feucht in einem Gesicht das ein beispielloses Bildnis für Verachtung darbot, wie nur selten es in von diesem Menschen erwartet werden konnte. Seine Fingerspitzen zuckten, er zögerte und doch wollte er es. Die fahle, papierdünne Haut an seinen Gelenken zuckte abermals, doch dieses mal bewegten sich die Knochen unter ihr sichtbar. Wie die Tentakeln eines Kraken griffen sie nach dem Buch, umschlungen den trockenen Einband und zerrten diesen in die tiefen Abgründe seiner Umarmung. Mit geröteten Augen las er den stark verblassten Titel und hielt es fest, so fest wie schon lange nicht mehr: Gifte und ihre Wirkung – von Siegfried Reinbach

Versteckter Inhalt bzw. Spoiler :
Ein kleines Dankeschön an das Eventteam, die das Thema wieder aufleben lassen.

Autor:  Mandragora [ 10.02.18, 19:21 ]
Betreff des Beitrags:  Re: Falscher Heiland

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...Es war ungewöhnlich früh für den Tag als die ersten Kerzen innerhalb der Mandragora entzündet wurden um den Schatten des zweiten Dunkelzyklus entgegenzuwirken. Das noch blasse Licht schien durch die schmalen Fenster des Ladens nach draußen und bot einen Einblick in das Innere des Gebäudes. Vielleicht hat der eine oder andere von Neugier übermannte Bewohner um diese Zeit, den Schatten wahrnehmen können, der in unregelmäßigen Abständen die Sicht auf die gefüllten Regale, bunten Fläschchen und unzähligen gestapelten Bücher unterbrach, die man sonst so schön von außen sehen konnte.

Es war ungewöhnlich früh für den Tag als der alte Besitzer, Schaufel wie auch Messer im Rucksack verstaute, sich mit Mantel und Mütze schmückte, seine Kräutertasche über die zerbrechlich dürren Schultern warf und mit einem letzten Schluck Vitama, Tag und Nacht sein spärliches Frühstück einverleibte. Fast schon paranoid stellte er sich an den Eingang und spähte durch durch das Glas der Fenster hinaus auf die Straßen. Wild suchend sprangen die blassbraunen Iriden seiner Augen umher und versuchten allem etwas bedrohliches abzugewinnen ehe er sich wohl sicher genug fühlen musste um hinauszugehen. Auf das leise Einschnappen ertönte der zweifache Schließmechanismus der schwere Eisentür zur Mandragora und signalisierte so den eiligen Aufbruch des Alchemisten der im Begriff war eine kurze Reise anzutreten.
Ein Ausflug in die verschneiten Wälder der Insel würde ihm die notwendigen Kräuter und Zutaten beschaffen und weiterhin könnte ein Wechsel der Szenerie von Labor zu Wald helfen, seine Situation neu zu überdenken..

...Es war nun einen Wochenlauf her das der unerwünschte Besuch, mit der nicht weniger unerwünschten geladenen Armbrust bewaffnet, das Geschäft verließ. Und es war einen Wochenlauf her, das der Alte gebeten wurde wurde, die gewünschte Bestellung bereitzustellen und Siegfried tat was man von ihm Verlangte, er hatte keine Wahl. Schweigend kniete er auf einem dicken Bärenfell, in den weiten der schneeweißen Wälder Brandensteins und schaufelte fast lautlos die kühle Masse auf um das Erdreich zu enthüllen. Beinahe lethargisch grub er nach dort nach Rohstoffen für sein Vorhaben, Gedankenverloren zog er eine Wurzel aus dem unerbittlich harten Boden doch merkte er die Anstrengung nicht, er war wie in Trance...

...Nächtelang arbeitete er an der Formel, versuchte sie nachzustellen in all ihren komplexen Einzelheiten. Doch jeden Abend blieb es nur ein weiterer Versuch und diese Versuche waren es, die ihn schlaflos an den Steintisch ketteten und sich erst dann lösten, wenn er erschöpft auf seinem Stuhl zusammenbrach und so die Bindung zur Realität kappte. Irgendwo in diesem Zustand zwischen Schlaf und Wachsein trieb er wie Treibholz in einem grauen Meer; führerlos, unkontrolliert und allem ausgeliefert was auch immer da draußen auf ihn wartete. In dieser endlosen Weite der Einsamkeit waren seine einzigen Begleiter seine Gedanken:

„...nur eine Woche...“
„...Ich muss die Formel fertigstellen..“
„...wieder ein Fehlschlag...?“
„...Mir rennt die Zeit davon..!“
„...die Rohstoffe werden knapp...“
„...Ich werde es nicht rechtzeitig schaffen...“
„...koste es was es wolle...“



Es waren Ängste die ihn plagten, Befürchtungen die ihn leiden ließen. Besorgnis die dafür sorgte das er an sich selbst zweifelte. Doch welche Wahl blieb ihm außer sich dem zu stellen was sich ihm in den Weg stellte? Er musste die Formel vervollständigen und vielleicht wäre er danach seine Peiniger los. Es schien der erste glückliche Gedanke seit Tagen zu sein, doch wusste er auch das es naiv war zu glauben das man ihn nach getaner Arbeit gehen lassen würde. Mehr und mehr machte sich das Gefühl breit, das sein Leben nur noch schlimmer werden könnte...

...Als er wieder nach Brandenstein zurückkehrte und mit einer vollbeladenen Kräutertasche vor der Mandragora stand, stockte ihm der Atem. Ein eingeschlagenes Fenster neben der Tür seines Ladens war eine Botschaft die er sehr wohl verstand. Er betrat seinen Laden und fassungslos besah er das angerichtete Chaos das man ihm hinterlassen hat. Es war ein Schlachtfeld auf dem er zwar nicht gekämpft hatte, aber dennoch als Verlierer hervorging. Seine knochige Hand klammerte sich an seinen Gehstock mit dem er sich bemühte vorsichtig einen Fuss vor den anderen zu setzen und so den Scherben auszuweichen die rings um einer der Vitrinen, auf Teppich als auch Diele, verteilt lagen. Doch zahlreich waren sie und ein bitteres Knacken untermauerte rustikal sein leises Wimmern, das allmählich lauter wurde mit jedem Schritt den machte und jeder weiteren Scherbe die splitterte. Unter den Trümmern seiner Einrichtung fand er ein Pergament vor. Mit angehaltenem Atem wanderten seine angsterfüllten Augen über die mehr als eindeutig und bündig verfasste Zeile, ehe sein Blick irreal durch das Schreiben hindurch zu starren schien. Regungslos stand er da, das Schreiben glitt aus seine trockenen vernarbten Fingern und segelte zu Boden wo es auf einer Pfütze landete.

Zitat:
„Wir Warten.“

Die Worte verschwammen als das Pergament das Wasser in sich aufnahm als wäre es ausgehungert wie sein Verfasser selbst. Die Tinte wurde zwar unleserlich noch die Nachricht war trotz allem weiterhin klar und deutlich zu verstehen. Sie zeigte das Sieg in Verzug war und das jemand keine Geduld mehr mit ihm hatte...

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