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 Betreff des Beitrags: Seemannsbraut
BeitragVerfasst: 12.12.18, 23:30 
Edelbürger
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“1. Ein Wind weht von Süd und zieht mich hinaus auf See
Mein Kind, sei nicht traurig, tut auch der Abschied weh
Mein Herz geht an Bord und fort muss die Reise geh'n
Dein Schmerz wird vergeh'n
Und schön wird das Wiederseh'n"


In der kalten Jahreszeit konnten die Tage in Brandenstein trist und trostlos sein. Morsan und Xan hatten ein gemeinsam gewobenes Tuch ausgeworfen. So hing in den engen Straßen ein dichter Nebel, der als milchweißer Vorhang einem die Sicht nahm, zugleich aber auch alle Geräusche fremd und fern erscheinen ließ. Nur dumpf durchdrangen erst die einzelnen Schreie gieriger Möwen die Schwaden. Dann erklangen auch lauter werdende Schritte. Ein schwerer, schleppender Gang kündigte die nahende Gestalt an, und es schälten sich schon Konturen aus den Nebelschleiern.

Heraus dem trüben Zwielicht löste sich der Kapitän und trat auf den Burghof, wo glimmende Kohleschalen die klamme Kälte vertrieben. Es blieb Zeit, um anzukommen und sich aufzuwärmen. Auch blieb Zeit, zumindest einige wenige Worte mit den übrigen Kameraden zu wechseln. Ein weiterer Wachgang lag hinter ihnen, durch verwaiste Gassen und vorbei an ruhig daliegenden Häusern und Gehöften. So es noch Übeltäter und Schufte gab, hatten sie es wohl den übrigen Geschöpfen gleich getan und sich im Winterschlaf zur Ruhe gelegt. Oder waren sie stattdessen dem Wohlstand erlegen, und ruhten nun feist und faul vor dem Kamin?

Es kreisten seine Gedanken um den andauernden Frieden, während er sich in die Stube zurückzog. Dort legte er seine Uniform ab und hing sie, der Vorschrift gemäß, auf. So konnte sie, unweit des Kachelofens, weitestgehend frei von Falten oder Stockflecken trocknen. Mit einem Tuch und einigen Tropfen Politur brachte er die Knopfleiste aus Messing zum Glänzen. Auch die Stiefel verdienten es, mit einer Bürste und reichlich Wichse wieder auf Vordermann gebracht zu werden. Sie hatten Schnee und Matsch ertragen, auf Dauer aber würde es dem Leder gewiss nicht gut tun. Vieles ging zu Grunde, wenn es zu lange Wind und Wetter ausgesetzt war.

Während er den Stehkragen und die Manschetten bleichte, glättete und stärkte, fiel sein Blick auf den Schreibtisch am fernen Ende der Stube. Denn sein Dienst war nicht getan, bis er sich nicht dem dort hoch aufragenden Stapel wartender, lauernder Pergamente gestellt hatte. Es graute ihm davor, aber ein Schwall aus Formularen, Meldungen, Anforderungen, Anzeigen und Berichten harrte seiner müßigen Feder. War es ein Zufall, das dazwischen auch ein leeres Blatt gerutscht war? Vielleicht, aber statt es beiseite zu legen, setzte er mit schwungvoller Hand an:

Felatag, der 25. Seker 29 nach Hilgorad
Mein lieber Kamerad Maichellis, Ich kehre beizeiten zurück. – Lazalantin.


Ein kurzer Vermerk nur am Rand der Seite; aber schon beim letzten Wort zitterte vor jäher Aufregung die Hand und, mit ihr, das Schriftbild. Er hatte die Wachstube bereits verlassen, bevor die Tinte auf dem oben aufliegenden Blatt getrocknet war. Durch die offene Türe griff er noch nach seinem altgedienten, breitkrempigen Hut – dann war er fort, zur Türe hinaus und schon auf halbem Wege zum Hafen. Zurück blieb die Uniform, die aussah, als ob er schon zum nächsten Wachgang wieder antreten wollte. Erst in den folgenden Tagen ermattete der Glanz des Messings, und die Epauletten setzten eine feine Staubschicht an.


"6. Auf, Matrosen, ohe, einmal muss es vorbei sein
Einmal holt uns die See
Und das Meer gibt keinen von uns zurück
Seemannsbraut ist die See
Und nur ihr kann er treu sein
Wenn der Sturmwind sein Lied singt
Dann winkt mir der großen Freiheit Glück."

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 Betreff des Beitrags: Re: Seemannsbraut
BeitragVerfasst: 14.12.18, 20:49 
Edelbürger
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“1. Wer geht mit, juchhe! über See? Fest die Ruder! Frisch bläst der Wind vom Land, juchhe! Bleib zu Haus im Nest, mit dem Rest! Fest das Ruder! Uns dünkt die See das Allerbest! Wer was werden will, ei, der sitz nicht still, ziehe mutig mit uns aus, auf die See hinaus."


In der ersten Nacht war ihm kaum erholsamer Schlaf vergönnt. So lag er auch jetzt wach in seiner Hängematte, richtete den Blick zum Zwischendeck über sich und lauschte den Geräuschen um sich. Etwa dem Rollen und Stampfen des gesamten Schiffes, dessen altes Holz mit jeder Bewegung wieder, einem lebendigen Tiere gleich, schauderlich ächzte und stöhnte. Gurgelnd floss das Leckwasser unter ihm hin, bevor es plätschernd wieder zurückrann. Ähnlich tiergleich klangen die übrigen, schlafenden Seeleute: Von dort drüben drang ein rasselndes Schnarchen, unterbrochen nur von vereinzelten Atempausen. Nicht weit weg, im Halbdunkel unter Deck jedoch kaum mehr auszumachen, erbrach sich beherzt ein junger Matrose. Alles in allem war nichts davon ungewöhnlich, und würde ihn üblicherweise nicht vom Schlaf abhalten.

Vielleicht lag diese quälende innere Unruhe darin begründet, dass er erstmals seit Jahren wieder auf einem fremden Schiff angeheuert hatte. Dieser Kahn brachte ihm nicht die gewohnte Vertrautheit, und auch keine Geborgenheit entgegen; er ließ viele der Vorzüge vermissen, die seine Litheth ihm zuvor geboten hatte. Eine mit Daunen gepolsterte Koje, warmes Wasser zur morgendlichen Wäsche, eine reichlich gefüllte Speisekammer – Hatte ihn all das verwöhnt, und schließlich verweichlichen lassen? Wenn dem so war, dann hatte er unversehens den rechten Ort gefunden, um zu frieren und zu darben.

Kaum eine Stunde später durchdrang der schrille Appell der Bootmannspfeife das Halbdunkel. Wer noch Lifnas Webereien bewunderte, wurde von dem metallischen Klang jäh aus dem Schlaf gerissen. Als wollte er seiner Pfeife in nichts nachstehen, stieg der Bootsmann den Niedergang hinab. Ein feister Nortrave namens Hynjolf, der unter dem unscheinbaren Fett beachtliche Kraft verbarg. Und so brüllte er: „Aus den Kojen, ihr faulen Hunde! Erste Wache, an Deck!“ Um sich herum hörte er beherzte Flüche; mit schmähenden Worten auf den Lippen begann der Tag. Kaum hatte er seine Hängematte geräumt, kam ein Matrose der zweiten Wache heran und übernahm sie. Man schlief, aß und arbeitete in drei Schichten am Tag. Und so wenig Platz, wie hier unter Deck war, blieb kaum eine andere Wahl, als seine Schlafstätte zu teilen.

Darin lag auch begründet, dass nur wenig Platz für die Habseligkeiten der Matrosen blieb. Er selbst hatte sich nur ein kleines Bündel geschnürt, das zusammen mit seinem Stiefel und einem Weinschlauch oben in den Netzen über der Hängematte hing – praktischerweise in Griffweite, wenn man dort ruhte. Mit einem wärmenden Schluck machte er sich auf den Tag gefasst und wappnete sein Gemüt. Zuletzt noch schnürte er sich seine Gebetskette um das Handgelenk, bevor er den übrigen Männern folgte. Hinauf auf das Oberdeck, in den blendenden Glanz der soeben aufgegangenen Fela.


"3. Ein Juchhe, Huchhe vor der See, fest die Ruder! Jungens von Galadon, ruft Juchhe! Hier ist's Feld, ist's Feld für den Held, fest die Ruder, hier zeigt der Mann noch, was er gelt. Unterm Seemannskleid wohnt noch Tapferkeit, bangt nicht, feig vor Not und Tod, fürchtet nichts als Xan."

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 Betreff des Beitrags: Re: Seemannsbraut
BeitragVerfasst: 16.12.18, 15:05 
Edelbürger
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“Heute sind wir Maat und Steuermann, Kaptein und Admiral.
Doch ein jeder legt noch heimlich an
in dem Hafen »Es war einmal«,
Wirft die Anker aus dort im Kinderland,
Träumt wie damals sich wieder klein,
Gäb' gerne Heuer, Rang und Stand
Wieder ein Kind zu sein."


Es war niedere Arbeit. Er kniete vornüber gebeugt auf dem Welldeck, in den Händen eine Wurzelbürste. Das selbe Schicksal teilten zwei weitere Matrosen zu seiner Rechten und zu seiner Linken. Der Bootsmann hingegen stand vor ihnen und schüttete im Wechsel einen Schwall seifigen Wassers, dann eine Handvoll Sand auf die Planken. Die Arbeit war hart, die Finger bald klamm und kalt. Aber zumindest konnte er mit seinem Nebenmann einige Worte wechseln: „Hab’ schon auf Kriegsschiffen gedient, auf denen’s gesitteter zuging.“ – „Mhm“, erwiderte Bernd, dem es maßgeblich sowohl an einem Bart, als auch an Silben mangelte.

Zur Mittagszeit saß man wieder beieinander. Gerade hatte er eine ausgefranste Leine mit seinem Messer gestutzt und mit der stumpfen Seite von Teer und gröberen Verschmutzungen befreit. Nun nahm er den Marlspieker zur Hand, einen eisernen Dorn, mit dem er die einzelnen Seilstränge, die Kardeelen, auseinandertrennen konnte. „Bernd?“ „Mhm.“ „Ich frag’ mich, wie weit’s nun noch nach Venturia sein wird. Wie nah, meinst’e, rückte die Insel denn an Falandrien ran?“ „Schon’n Stück“, war die lapidare Antwort. In stiller Arbeit machte man sich daran die Kardeelen zweier Leinen zu verbinden, also zu spleißen. Kaum war man damit fertig, ging das fertige Tauwerk durch die prüfenden Hände von Hynjolf, dem Bootsmann.

Wie im Flug neigte sich der erste Tag auf hoher See bereits dem Ende zu. Während Fela sich müde dem Horizont zuneigte, warfen die zwei Masten des Schiffs immer länger werdende Schatten. Aus dem Niedergang drang der warme Schein der Laternen, und mit ihm der lockende Duft einer Mahlzeit. Die Glocke signalisierte den Wachwechsel, und erlöste sie endlich von ihren Posten. Und wie sie herabströmten, den Möwen gleich schnurstracks hin zum Futter. Zum Abendbrot gab es eine Schüssel mit Haferkleie, verfeinert mit Salz und einigen zerkochten Stücken Fisch. Man saß auf dem Boden des Zwischendecks, unter den hochgespannten Hängematten, und unterhielt sich in kleinen Grüppchen (nach Wache und Stellung an Bord getrennt). „Gut’n, Bernd. Einen Tag näher dran an uns’rem Ziel, und der nächsten Heuer. Hast du irgen’was vor, wenn wir Venturia erreicht haben?“ „Zurückfahren“.

Während sie speisten, nahm er sich einen Moment, um seinen Kumpanen zu betrachten. Vom bärtigen, buschig überwucherten Gesicht, über die zerschlissene Kluft bis hinab zu den löchrigen Stiefeln. Gegerbte, gebräunte Haut, flächig von maritimen Tätowierungen variierender Kunstfertigkeit bedeckt. Da saß jemand, der sich Zeit seines Lebens nie zu schade war, stets genau die selbe Strecke zu befahren. Vom Fährhafen Venturias nach Siebenwind, und wieder zurück. Und stets die selbe Fracht, obendrein! Junge Frauen und Männer kühnen Gemüts, die mit Frische und Eifer ein neues Leben auf der Insel des Schicksals suchten. Auf dem Rückweg waren es zumeist desillusionierte, ermüdete Gestalten, die mit eingekniffenem Schwanz zurück in ihre Heimat flohen. Für sie alle hatte es mit der Überfahrt begonnen, ermöglicht durch die einfachen Fährschiffer.


"Nimm mich mit, Kapitän, aus der Ferne,
bis nach Venturia, da steige ich aus.
In der Heimat, da glüh'n meine Sterne,
in der Heimat bei Muttern zu Haus,
in der Heimat, da glüh'n uns're Sterne,
nimm mich mit, Kapitän, nach Haus."

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 Betreff des Beitrags: Re: Seemannsbraut
BeitragVerfasst: 25.12.18, 19:49 
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Derweil der Kapitän seine Freiheit auf offener See genoss war die letzte Meldung des Leutnants, er würde sich in die Wildnis zurückziehen, und auch er ward einige Zeit nicht mehr gesehen.
So setzte die vernachlässigte Litheth, nurmehr ohne Aufsicht mindestens eines Paars fachkundiger Augen und einer die Matrosen lautstark antreibender Zunge, Moos und Fäule an, die Matrosen indes wurden auch nicht schlanker.

Doch wer vielleicht leise bereits auf einen gemütlichen Xan vor dem heimischen Herdfeuer hoffte hatte die Rechnung ohne Harlas gemacht. So schnell wie er verschwand war er dann auch plötzlich wieder da, und das Fluchen in den Mannschaftsrängen stieg mit der Lautstärke seiner Stimme, mit der er ihnen Beine machte.

Die Wachpläne wurden umgestellt und ausnahmslos jeder Matrose wurde regelmässig auf der Litheth dazu verdonnert, es unwissentlich dem Kapitän gleich zu tun.
Das Deck wurde geschrubbt, die Taue neu gespleisst, die Segel an einem lauen Tag gehisst und neu eingeölt. Bald wusste ein jeder wieder seine Arbeit still und gut zu erledigen, denn der Leutnant lauerte nur darauf, einen gröberen Schnitzer aufzudecken.

Es erwischte denn auch einen der jungen Rekruten, der während seiner Schicht vor dem Ofen eingeschlafen aufgefunden wurde. Er sollte seinen Ofen bald vermissen, so wurde er ins Wasser geschmissen um Schalentiere vom Unterwasserschiff zu schrubben. Aufgrund der eisigen Kälte nur in ganz kurzen Einsätzen, von ausreichend Zeit zum aufwärmen unterbrochen - umso peinlicher (sic!) dann das erneute eintauchen für den nächsten Abschnitt - über Tage hinweg, bis das Schiff sauber war, der Leutnant war sich nicht zu schade, selbst nachzusehen.

Und so nahm auf der Litheth alles wieder seinen Lauf und binnen erstaunlich kurzer Zeit war das Schiff wieder so blank, dass der Kapitän bei seiner Rückkehr seine hellste Freude haben sollte.



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 Betreff des Beitrags: Re: Seemannsbraut
BeitragVerfasst: 26.12.18, 23:29 
Edelbürger
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“Das ist die Liebe der Matrosen!
Auf die Dauer, lieber Schatz
Ist mein Herz kein Ankerplatz
Es blüh'n an allen Küsten Rosen
Und für jede gibt es tausendfach Ersatz - jawoll!
Man kann so süß im Hafen schlafen
Doch heißt es bald: "Auf Wiederseh'n!"
Das ist die Liebe der Matrosen
Von dem kleinsten
Und gemeinsten
Mann bis rauf zum Kapitän"

(Melodie)


Das war das Leben der Matrosen. Prosa und Poesie berichteten nur von den erlesenen Momente auf See: Vom kühnen Ringen mit den stürmischen Elementen. Von den großen Schlachten. Vom Herzschmerz und zerronnener Liebe. Die Wahrheit aber war und ist, dass auch die Seefahrt einen Alltag kennt. Während sie unter vollen Segeln gute Fahrt machten, hatte der Kapitän den Großteil der Mannschaft freigestellt. Jeder brachte die freie Zeit anders zu: Gerne wurde gespielt, und dabei auch viel gewettet. Die Karten waren noch die harmloseste Art, sich die Zeit zu vertreiben - erst vorhin hatte der Mittschiffsmann sich beim Messerspiel verletzt, zur allgemeinen Belustigung seiner Kameraden. Den Rest seines Tages verbrachte er in der Koje, und betäubte den Schmerz mit seiner täglichen Ration Rum. Der Heiterkeit an Deck tat das keinen Abbruch: Zum Abend hin hatte man einige Instrumente aufgebracht, etwa einen Schellenring und eine Drehleier, und saß nun musizierend, singend und trinkend in großer Runde zusammen. Anfangs besang man noch die Heimat oder die Liebe, mit fortschreitender Stunde aber war man rasch bei Trinkliedern angekommen. Dazu wurde getrunken, was man in die Hände bekam.

Dass Lazalantin am nächsten Morgen mit einem grauenhaften Kater erwachte, hatte er sich selbst zuzuschreiben. Die müden, schmerzenden Glieder erinnerten ihn daran, dass er am gestrigen Abend erst das (eine) Tanzbein geschwungen hatte, bevor er stürzte und zum Ende hin bloß noch in seine Koje kroch. Was war das Alter doch für eine grausame Herrin! In jüngeren Jahren hätte er noch bis in die Morgenstunden mit den anderen Männern einen draufgemacht, und wäre schon mit den ersten Felastrahlen wieder im Rigg gewesen. Und wie fürchterlich der Boden doch drehte, stampfte und schwankte. Als er auf die Beine kam, zog es ihn prompt taumelnd zur Seite hin, sodass er sich erstmal wie ein loses Stück Fracht festhalten musste. Dann aber begriff er schnell, warum ihm seine Beine diesen Streich spielten: Er mochte zwar schwanken, aber das Boot tat es nicht mehr! Er spürte unter seinen Füßen den Wellengang nicht mehr, den seine Seebeine hatten ausgleichen wollen. Und als er verdutzt den Niedergang empor stieg und blinzelt über das Deck spähte, wurde ihm der Grund dafür gewahr: Das Fährschiff lag sicher vertäut im Hafen des Ziels, Venturia. In nicht einmal anderthalb Wochen hatten sie die Fahrt bewältigt.



"Von Arngold bis Falkensteen
Da gibt es was zu seh'n
Wofür ist man denn Seemann?
Jawoll, Herr Kapitän!
Jawoll, Herr Kapitän!
Wie schön ist es zuhaus'
Doch halten wir's nicht aus
Woanders ist es auch schön
Jawoll, Herr Kapitän!
Jawoll, Herr Kapitän!
Wenn dich die Tränen rühr'n
Dann schwör's mit tausend Schwür'n:
"Ich muss mal am Großmast, die Linie frisch lackier'n!""

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