Vorbereitung(Sorry, der Inhalt selbst wird hoffentlich etwas spannender
)
Der wirre Rotschopf kann heute beobachtet werden, wie er mit einem prall gefüllten Sack über der Schulter in Richtung Handwerkshaus maschiert, begleitet von einem aufgeregt gackernden Huhn, welches immer wieder mit ein paar kurzen Flügelschlägen zu dem Zausel aufschließt.
Im Inneren des Gebäudes wird erst einmal ein Bottich mit Wasser gefüllt und dann der Inhalt des Sackes auf dem Boden ausgebreitet - allerlei Blätter, Geäste und sonstige Kostbarkeiten, die man im Wald so finden kann. Mit starrem, gedankenverlorenem Blick macht sich der Mann daran, die Pflanzen zu zerkleinern und im Wasserbottich aufzulösen.
Das seltsame Huhn hilft sogar fleißig mit, indem es in die Wasser-Pflanzen-Mischung hüpft, mit übermütigem Herumtrippeln die Pampe gut vermischt und so die Pflanzenfasern beim Auflösen unterstützt.
Sein Herrchen hat es sich inzwischen mit seinem geliebten Topf und ein paar Knollen auf dem Boden bequem gemacht. Ein alter, teils schon fürchterlich verbogener Küchenhobel wird genutzt, um die Pflanzen in ganz besonders feine Flöckchen zu zerteilen, die mit etwas Wasser im Topf aufgelöst werden.
Dann sucht sich der Karottenkopf aus den Beständen des Handwerkshauses ein geeignetes Sieb, auf welchem er unter strenger Beobachtung durch das inzwischen patschnasse Huhn ein wenig der Pflanzenpampe gleichmäßig verteilt, wozu er das Sieb vorsichtig über dem Bottich schüttelt. Der Vorgang wird mit weiteren Sieben wiederholt und selbige überall in der Werkstatt verteilt.
Während die dünnen Pflanzenschichten am Trocknen sind, widmet er sich wieder seinem Topf. Mit einem Stück Stoff, welches vor langer, langer Zeit wohl auch schon einmal besser ausgesehen haben muß, beginnnt er die breiige Masse sorgsam zu waschen, die reine Knollenstärke vom Rest der Pflanzen zu trennen.
Am Ende wird eine dünne Schicht des Stärkeextraktes auf die beinahe getrockneten Siebe aufgetragen und das Ganze zum endgültigen Trocknen weggestellt.
Während er darauf wartet, daß sein Papier fertig wird, hockt sich der seltsame Kauz wieder auf den Boden und fischt ein paar alte Lederstücke aus seiner Tasche. Das Huhn beugt sich neugierig über seinen Schoß und inspiziert die Rohstoffe, während er ein abgetragenes Nähtäschchen hervor holt und das Leder über Zuschneiden und Zusammennähen in die richtige Form bringt.
Als nächstes sind dann wieder die Siebe dran - vorsichtig wird das fertige Papier herausgelöst und dann auf die gewünschte Größe zugeschnitten. Jeweils vier Blatt werden ineinander gelegt, nachdem er diese mit einem Stück Holz ordentlich gefalzt hat. Das Schneidertäschchen kommt gleich ein zweites Mal zum Einsatz, in Form einer dicken Nadel, mit welcher er in regelmäßigen Abständen Löcher durch den Falzbund sticht.
Am Ende mißbraucht er einen der Schraubstöcke des Schreinertisches und zwei einfache Bretter, um das Papier in eine halbwegs glatte, kompakte Form zu bringen. Während die improvisierte Buchpresse ihr Werk tut, blickt er sich nachdenklich um, und beschließt dann, kurzerhand den Webstuhl als Heftlade zu mißbrauchen. Er spannt dort, wo normal die Längsfäden des Stoffes befestigt werden, eine Reihe dicker Schnüre - im Abstand der Löcher, die er vorhin gestochen hat.
Das Papier wird wieder aus dem Schraubstock gelöst und er macht sich daran, die einzelnen Lagen miteinander und den gespannten Schnüren zu vernähen, während es sich sein Huhn auf seiner Tasche bequem macht und ein kleines Nickerchen hält. Mit einer Geduld, die man dem unruhigen, unkonzentrierten Mann wohl eher nicht zugetraut hätte, sitzt er so Stunde um Stunde an seiner Arbeit.
Letztendlich werden die zusammengenähten Lagen dann wieder in die improvisierte Presse gespannt und er macht sich mit seinem Kräutermesserchen daran, vorsichtig die Kanten abzuhobeln, um vor allem gegenüber der Falz einen sauberen Abschluß der Seiten zu gewährleisten.
Ein letztes Mal wird der Block dann in der Presse neu ausgerichtet, um die Ober- und Unterkante des Rückens frei zugänglich zu machen. Ein mittlerweile wieder aufgewachtes und sichtlich gelangweiltes Huhn marschiert leise vor sich hin gackernd durch die Werkstatt, während sein menschlicher Freund in mühevoller Fitzelarbeit die Kapitale näht.
Am Ende des Tages bleibt dann nur noch übrig, die Werkstätte nach einem Topf Leim zu durchsuchen, um den Ledereinband an den Buchblock anzukleben.
"G...g...g...geht ja d...doch noch ..." verkündet der Ersatzbuchbinder stolz, als er das fertige Büchlein schließlich seinem Huhn präsentiert und ein anerkennendes "Gock, gock, gock!" erntet. Das Resultat ist jetzt vielleicht kein Schmuckstück, aber für rissige, schwielenübersähte Hände, welche dieser Tätigkeit offenbar seit Jahren nicht mehr nachgegangen sind, ist das Ergebnis doch ganz passabel.
Die Werkstätte wird noch artig in den Originalszustand versetzt, ehe sich der grüne Kauz mit seinem Huhn wieder in Richtung Tempel bewegt, sein neues Buch zufrieden unter dem Arm tragend.