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Es war spät am Abend, als Samira tränenvoller Augen vor der Tür der Gilde stand. Ich bat sie rein und begab mich mit ihr in den Gemeinschaftsraum. Das Kaminfeuer prasselte vor sich hin und während sich Samira setzte, holte ich ihr eine Tasse, um ihr von dem Kräutertee einzuschenken, den ich kurz zuvor gekocht hatte.
Ruhig saß ich da und trank mit ihr Tee, auf das sie sich ein wenig beruhigen konnte. Dann fing sie auch von selbst an zu sprechen und erzählte mir, was geschehen war.
Sie würde Schieferbruch verlassen, sobald Tronko dazu bereit wäre. Der Schlag des Ritters hatte ihn im Rücken getroffen und eine böse Wunde hinterlassen, aber sie hatte sich dessen schon angenommen. Tronko war also versorgt, nun war es an mir, mich der seelischen Wunden Samiras anzunehmen. Wie sich im weiteren Verlauf des Gespräches herausstellte, hatte man Samira des galadonischen Reiches verwiesen, sie schlichtweg verbannt, nach all dem, was sie für die Menschen hier in Schieferbruch und auch in den anderen Städten tat.
Das sollte also der Dank dafür sein ... tief in mir drin spührte ich einen wohlbekannten Zorn, aber ich lies mir nichts anmerken, noch nicht jedenfalls. Am frühen Morgen verlies sie das Haus wieder und wie ich sie den Weg hinunterlaufen sah, war mir klar, das ich sie so schnell nicht wiedersehen würde.
Ich legte mich, nachdem ich die Tassen und die Kanne weggeräumt hatte noch ein paar Stunden hin, um Kraft zu schöpfen für den nächsten Tag.
Spät am Mittag stand ich auf. Der Zwerg unten hatte mcih wachgebrüllt. Ihm verlangte nach Speis und Trank, was ich ihm dann auch möglichst bald zukommen lies. Ich sah mir seine Verbände an und machte mich dann auf den Weg zur Ritterlichen Verwaltung in der Vorburg des Schieferhorsts.
Ich stand auf dem Burghof, sah mich um. Keine Menschenseele war zu sehen. Stille herrschte, selbst der Schmied Erudin Gropp war nicht an seinem Amboss. Da wurde mir klar, das es ja Mittagszeit war und alle ihr Mahl im Burgwichtel einnahmen.
Zögerlich klopfte ich an die Tür der Verwaltung, eine Stimme von drinnen wies mich an, einzutreten, was ich dann auch tat. Sir Talliostro Barnabas stand an einem Bücherschrank und begrüßte mich dann, sich umdrehend. Nachdem wir Platz genommen hatten, wurde die Tür hinter mir ein weiteres mal geöffnet und Sir Lorence betrat den Raum, um rechts von mir an der Wand Haltung anzunehmen und dort zu verweilen.
Ich konzentrierte mich wieder auf mein Gegenüber und das Gespräch begann. Man erklärte mir den Vorfall aus der Sicht der beiden anwesenden Herren, doch ich war wie immer zu rebellisch, zu ungehalten und fragte, wo denn da die Gerechtigkeit bliebe, wenn es so zuginge, wie gestern Abend. Ohne auf meine Fragen einzugehen, erklärte mir Sir Barnabas den Unterschied zwischen Adel und gemeinem Volk und fragte mich, ob ich adeliger Herkunft wäre. Ihr ständiges Schmunzeln hatte mich schon früher stuztig werden lassen, irgendwas stimmte da nicht. Dies konnte ich nur verneinen und da war mir klar, worauf das hier hinaus lief. Ein Ringen mit zwei Riesen konnte ich nicht bestehen, doch meine Verpflichtung als Heiler dem Leben gegenüber konnte diese Ungerechtigkeit nicht tollerieren.
In einem Ansturm an Wut und Ärgernis sprach ich den Ritter jegliche Hilfe meinerseits und damit auch die Hilfe der Gilde ab. Wenn die Herren meinten, Sie müßten uns zeigen, wo wir Heiler Gesellschaftlich stehen, dann konnte ich meines Stolzes nach ihnen nur so zeigen, das wir sehr wohl einen wichtigen Standpunkt vertreten, auch wenn wir nur gemeine Menschen sind. Sollten sie doch einen Adligen Heiler finden, der sich ihrer Wehwehchen annimmt, wir würden es jedenfalls nicht mehr tun.
Daraufhin wies Sir Barnabas Sir Lorence an, mich festzusetzen. Ich gelte nunmehr wiedereinmal als Verräter und hätte damit der Krone den Rücken zugewandt. Die Gilde würde absofort geschlossen, Lady Fay solle sich in Zukunft der Bedürftigen annehmen. Ich wurde in den Kerker geführt und in eine Zelle gesperrt, wie ein mieser Verbrecher, dabei hatte ich doch nur versucht, die Gilde und ihre Mitglieder zu schützen.
Am nächsten Abend lies man mich wieder frei. Sir Curio, einer der meines Erachtens noch alteingessenen Ritter mit dem Glauben an den Alten Kodex lies mich ziehen. Der Knappe Randur begleitete mich ein letztes mal in das Haus der Gilde, wo ich ein paar persönliche Dinge an mich nahm, um dann Schieferbruch ostwärts zu verlassen. Mein Klopfen an Samiras Haus wurde nicht erhört, ein Blick durch die Fenster verriet, das keiner mehr da war, sie war schon längst fort.
So lief ich den Weg entlang, über den kleinen Bach vorbei am Gerichtsgebäude ... die Hoffnung nicht aufgebend, die Mitglieder der Communis Medici eines Tages wiederzusehen.
Leomar Finkenfarn
Heiler zu Siebenwind
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