Dampfend galoppiert ein Schimmel durch die dunklen Gassen von Brandenstein, immer wieder rutschen die Hufe auf dem vereisten, unebenen Pflaster. Doch die junge, verhüllte Frau treibt ihn weiter, blind die Augen, gehetzt der Geist. Vor der hohen Mauer des Hospiz springt sie aus dem Sattel hinab, stolpert nach vorne und auf das eiserne Tor zu. Verzweifelt ballt sich ihre bedeckte Faust um ein zerknittertes Pergament. Beide Hände hieben auf die Türflügel ein, niedergeschmettert, hilflos, immer wieder ihr Rufen, schrill und fremden Klangs
„So öffnet doch! Warum öffnet Ihr nicht die Tore!“
Viel zu schnell schwindet ihre Kraft, sie fällt mit dem Rücken gegen den kalten Stein.
Niemand da...niemand zugegen. Angstvoll kriecht der verschleierte Blick hinauf zu den Fenstern.
„Verflucht sei diese schreckliche Stadt und alles was dahinter,“ ächtet sie klar vernehmlich und schreckt zusammen vor den eigenen unbekannten Worten.
Sie lässt sich hinab sinken, vom Mauerwerk gestützt und hockt erschöpft vor dem Tore nieder. Wieder streicht sie fast zärtlich das Papier glatt und es scheint als löschten die Tränen das sanfte Licht in ihren Augen.
*in Gerids sorgfältiger Handschrift*
Liebe Secora!
Ich sitze hier im Schreine Astraels und schreibe dir diese Zeilen und gleichzeitig wünsche ich, dass du diesen Brief niemals erhalten wirst, denn sein Inhalt wird dich, wie ich fürchte, mit Trauer erfüllen.
So du diesen Brief lesen wirst, bin ich wohl schon in Morsans Hallen eingegangen.
Ich weiß nicht wo du bist, ich weiß nicht, was du gerade tust.
Vielleicht denkst du noch ab und zu an unsere Freundschaft, so wie ich es tue.
Du warst mir immer eine große Stütze und ich habe die Zeit mit dir und den anderen in Tiefenbach sehr geliebt.
Jetzt sitze ich hier im Tempel und warte und bete und ich bin rastlos, wie ich es nicht sein sollte. Ich habe einen Weg eingeschlagen, der zu steil und zu schwer für mich ist und ich stehe mutlos an einer Stelle, an der ich nicht weiterzukommen scheine. Ich wünsche mir deine Stärke, Secora, deinen Mut und deine Entschlossenheit.
Weine nicht, wenn du an mich denkst, sondern erinnere dich an die schöne Zeit die wir gemeinsam hatten, an die Zeit in der schönsten Stadt Siebenwinds, die ich nun nicht mehr sehen werde. Denke an die Stunden in denen wir zusammen gelacht haben, aber auch an die, in denen wir zusammen zitterten und in denen wir gemeinsam immer wieder neue Hoffnung fanden.
Nie hatte ich eine solche Freundin wie dich, Secora, nie hatte ich solche Freunde wie in Tiefenbach.
Nun sind sie in die Winde zerstreut. Auch wo du bist, weiß ich nicht, doch ich hoffe, dass Curio an deiner Seite ist und dich in diesen schweren Zeiten beschützt.
So du die anderen siehst, die mir vertraut waren, so sprich ihnen bitte in meinem Namen den Dank für ihre Freundschaft aus.
Gerrit, Garath, Cyria und all die anderen, sie waren mir wichtig und ich bin froh, sie kennengelernt zu haben.
Es ist nicht das Ende, Secora, es ist das Ziel eines langen Weges und ich bin froh es erreicht zu haben. Trage nicht Trauer um mich, meine Freundin, ich bin zum Herrn gegangen und eines Tages, wenn deine Zeit gekommen und deine Aufgabe verrichtet ist, werden wir uns wieder sehen.
Gerid
Ihr Kopf schlägt zurück an den Stein und fahl sieht sie hinauf zum Sternenheer, nicht beschämt der freien Tränen.
„Wie viele noch... wie viele der Lieben müssen wir geben, bis sie endlich begreifen und...“
Sie bricht ab und schüttelt sich angespannt.
„Sie lebt und sie wartet irgendwo. Und ich will warten und hoffen, bis ich das Lächeln der Freundin wiedersehe. Meine vertraute und helfende Hand, mein warmer Stern, wann immer ich nicht weiter wusste...Ihr Götter schützet sie, nicht wahr? So wie ihr sie stets geschützet habt... „
Sie lächelt sanft und scheint nicht zu erkennen, dass ihre Hände zittern und der Mut in ihrer Stimme längst der Hoffnungslosigkeit gewichen ist . Langsam vergräbt sie das Haupt über den angezognen Knien und wartet, der Kälte und der Angst zum Trotz... Das Pergament fest in der schmalen Faust.
[ooc: Danke für viele schöne und lustige RP Stunden mit einem einzigartigen Char – wir sehen uns wieder

]