Es war dunkel...Vollkommen dunkel..Nichts schien mehr zu existieren..nur die vollkommene Dunkelheit, die alles in ihren Mantel hüllte. Einzig die Schatten der Bäume und Sträucher verzerrten sich zu seltsamen Gestalten und schienen mit ihren Armen nach allem was in ihre Reichweite kam, greifen zu wollen. Der Wind schien ein Eigenleben zu entwickeln und rauschte wild und ungestühm durch das spärlich vorhandene Laub, was das einzige Geräusch verursachte das man wahrnehmen konnte.
Plötzlich und völlig unerwartet konnte man einen dumpfen unterdrückten Schrei vernehmen. Dem Geräusch folgend, würde man wohl auf eine kleine Lichtung kommen, in deren Mitte eine unruhig brennende laterne stand und mit ihrem Schein nur die unmittelbare Umgebung erhellte. Vor dem hellflackerndem Schein der Lampe konnte man die dunkelne Umrisse einer auf den Knien knieenden berobtem Gestalt erkennen, die gerade mit wohl angespanntem Gesichtsausdruck ihren Kopf, in den Nacken warf. Die Robe hatte sie am rechtem Arm bis hin zum Ellenbogen hochgekrempelt und krallte die Finger ihrer linken hand in das Fleisch des entblößten Unterarms, wobei sie ununterbrochen die Luft scharf einzog. Langsam schien die Gestalt wieder zur Ruhe zu kommen und ihr Oberkörper fiel leicht nach vorne über. Mit weitaufgerissenen Augen starrte sie auf die zwei wohl ungefähr stecknadelgroßen Wunden, die in einem geringem Abstand voneinander waren und aus denen sich ein schmales Blutrinnsal über ihren Unterarm ausbreitete. Ihr Atem beruhigte sich wohl immer mehr und war inziwschen schon beinahe wieder gleichmäßig geworden. Allerdings begann sich ihr Körper aufeinmal ruckartig, wie von Schüttelfrost ergriffen, krampfartig anzuspannen und wieder loszulassen. Mit einem seltsamen Ausdruck von Gewissheit in den Augen, schlug sie die Augenlider nieder. Wohl gerade einmal ein paar flüchtige Augenblicke mochte sie so verweilen, ehe sie endgültig vornüber kippte und die Besinnung verlor. Hart schlug ihr Kopf auf die Erde auf und ihre schwarzen Haare legten sich wie ein Vorhang runf um ihren Kopf. Selbst jetzt in der trüglerischen Ruhe der Bessinungslosigkeit schüttelte sich ihr Körper immer noch in krampfartigen Anfallen und ihre Gliedmaßen zuckten unregelmäßig. Die Augen fest zusammengekniffen, merkte sie aber schon lange nichts mehr davon, auch nicht wie sich langsam ihre Körpertemperatur erhöhte und sich die ersten Schweißtropfen auf ihrer Stirn bildeten.
Immer tiefer wurde sie herabgerissen in einen Strudel aus dem, das war , dem, was ist und dem, was kommen würde. Hoffnungslos schien ihr Kampf gegen die grellen Muster und Farben, die vor ihren Augen auf und ab tanzten. Sie versuchte sie zu vertreiben, versuchte einen klaren kopf zu bewahren, doch egal, was sie tat, die Wirbel aus Farben und Mustern, die sich wie in Schlieren hinzogen, wollten einfach nicht weichen. Plötzlich erschienen, wie von geisterhand überall Gesichter, die begannen wild auf sie einzureden. Nein, sie wollte nichts hören, wollte nichts sehen. Verzweifelt versuchte sie sich ihre Ohren zuzuhalten, doch nütze es nicht, sogar ihre Augen weigerten sich von dem Anblick der Gesichter und Frabwirbel zu verschließen. Es waren fremde Gesichter und bekannte Gesichter. Gesichter, von denen sie sich wünschte sie nie wieder zu sehen und Gesichter, die sie schon vergessen hatte. Gesichter aus ihrer Vergangenheit...Sie alle redeten auf sie ein. Doch die Worte konnte sie nicht erkennen und wollte es auch garnicht. Sie wollte hier nicht enden, wollte nicht bis ans Ende ihrer Tage diese Fartzen sehen. Das war es nicht, das sie sich zum Ziel gemacht hatte. Das war die Welt des Wahnsinns und der Schwäche, die nicht die ihre war. Fest kniff sie ihre Augen zusammen und schrie nur ein Wort aus: "Angamon", hallte es mit sämtlicher Kraft und Willenstärke aus Leibeskräften geschrienen wieder. Wie mit einem Peitschenschlag waren die schrecklichen Fratzen und Wirbel endlich weg und nichts schien mehr zu existieren, nicht einmal die Dunkelheit. Ihr Kopf schien wieder frei und klar. Die folgende Stille half ihr dabei ihre Gedanken wiederzufinden und zu ordnen, was eine hohe Konzentration ihrerseits verlangte. Auf einmal bildete sich weitentfernt von ihr ein kleines Lichtbündel, das immer größer werden zu schien. Bald war es schon zu beträchtlicher Größe angeschwollen, als sich aus dieser Lichtkugel heraus ein Gesicht manifestierte. Es war ein männliches altes markantes Gesicht. Sie kannte es. Das lichte aber trotzdem lange graue Haar hing schlaf zu beiden Seiten seines Gesichtes herunter. Wohl hätte das gesicht einen schwächlichen Eindruck gemacht, mit seiner faltigen vom Alter gegerbten Haut und den stumpfen weißen und grauen Haaren, wären da nicht die Augen gewesen, in denen eine Intensität und Wachheit inne wohnte, die beiweitem beängstigend war.
"Wie ich sehe, hast du es wieder geschafft, Ser'zua.", erschallte eine feste und strake Stimme. Sie nickte nur knapp und erwiederte:" Ich werde es immer und immer wieder schaffen, Meister Yert'zua.". "Dessen bin ich mir sicher.", sagte das Gesicht,"Du bist stark und eine würdige Nachfolgerin für mich. Und doch..sei auf der Hut. Selbst du, kannst nicht auf alles vorbereitet sein und es wird die Zeit kommen, in der du mehr gefordert sein wirst, als du es ahnen könntest. Deshalb folge dem Weg der Zual und gehe mit wachem Auge durch die diese Welt. Lerne aus den Fehlern der Menschen, denen du begegnen wirst. Sehe die Schwäche in ihnen..sehe die Schwäche in DIR!". "So will ich es tun, Meister. Habt dank für euren Rat . Habt Dank, dass ich nun wieder den Weg der Zual gehen kann.", sagte sie ruhig und verneigte sich leicht. "Er'tha dsh're, Ser'zua.", ertönte es noch ein letztes Mal, ehe sich das Gesicht langsam auflöste und alles um sie herum zu verschwimmen begann.
Langsam öffnete sie die Augen und drückte ihren Oberkörper vorsichtig vom Boden hoch. Flüchtig strich sie sich noch wie benebelt die wirren schwarzen Haare hinter die Ohren. Gerade eben ging die Sonne auf und tauchte die Lichtung in ein sanftes rötlcihes Licht. Ein sachtes Schmunzeln umspielte ihre Lippen. Ihre Gedanken waren wieder klar und sie wusste was zu tun war. Sie nahm alles so überdeutlich war, ihre Gedanken waren nicht mehr wirr, sondern gerade und entschlossen. Alle nagenden Zweifel waren wieder verschwunden und nur die Gewissheit herrschte in ihr, die Gewissheit, dass sie wusste wer sie war.
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