Was für ein schöner Tag war es, als Dana zum letzten Mal Brandenfels verlassen hatte um durch den Wald zu spazieren. Sie liess sich die Sonne auf den Körper scheinen und genoß die Wärme. Schließlich sollte es bald Winter werden, da wollte sie die letzten Möglichkeiten ausnutzen.
Sie ging tief in den Wald hinein, schaute den EIchhörnchen beim fleißigen Nüssesammeln zu und erfreute sich des Abendrotes.
Auf dem Weg zurück schien die Idylle zu verschwinden. Es wurde sehr schnell dunkel. Dana konnte kaum die Hände vor den Augen sehen. Sie vernahm einige Geräusche, sie klangen wie höhnisches Gelächter. Angst machte sich breit in ihrem Geist, sie versuchte zu rennen. Doch an der nächsten Wurzel blieb sie hängen und stürzte. Doch war es eine Wurzel?
Aus dem dunkel ertönte eine scheussliche Stimme "Packt sie!" sprach es. Starke kräftige Hände hoben sie vom Boden hoch und hielten sie fest im Griff. Dana versuchte, sich loszureißen doch der Griff wurde nur fester. Ihr wurden die Arme verdreht, das verursachte große Schmerzen. "Ab!" befahl die Stimme und Dana wurde fortgeschleppt.
Sie schrie, doch nur Anfangs. Man hielt ihr Nase und Mund zu, viele Sekunden lang, es kam ihr wie eine Ewigkeit vor.
Als sie an einer Straße vorbeikamen ritten einige Leute vorbei. "Wenn du einen Mucks machst bist du tot" zischte man ihr ins Ohr. Dann spürte sie einen Dolch an ihrer Kehle. Die Leute ritten vorüber, aus Danas Augen liefen Tränen. Ihre Hoffnung, befreit zu werden, ritt soeben davon.
Weiter ging es, es war bereits tief in der Nacht und sie befanden sich, wo Dana noch nie gewesen war. Sie hatte große Angst. Die Ungewissheit über ihr drohendes Schicksal plagte sie sehr.
Schließlich kamen sie bei einer kleinen Hütte mitten im Wald an. Dana wurde hinein gestoßen, die Tür wude zugeschlagen und verriegelt. Das einzige Licht was sie sah war das Mondlicht durch die Ritzen der Holzbretter, aus denen die Hütte bestand. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit und sie konnte etwas besser sehen. An den Wänden und von der Decke hingen Ketten und Handschellen, Der Boden war bedeckt mit getrocknetem Blut. Dana schreckte auf und schrie laut. Sie schlug gegen die Tür. "Laßt mich raus!" brüllte sie immer wieder, wurde dabei aber leiser bis ihre Kraft letztendlich schwand. Niemand außer ihre Entführer würden sie hier vernehmen.
Dana kauerte zusammengesunken in einer Ecke des Raumes, die am wenigsten von Blut bedeckt war. Schluchzend und wimmernd erwartete sie ihr Schicksal. Nicht lange musste sie darauf warten. Die Tür öffnete sich, Dana schaute auf und suchte die Gesichter. Alle Personen hatten Hauben über den Kopf gezogen. Sie stellten sich um sie. "Na, hast du dich schon eingelebt?" fragte einer mit gehässig klingender Stimme. Dann wurde sie an den Armgelenken hochgerissen. "Warum ich..." stammelte Dana schluchzend. "Du sprichst wenn ich dir das sage! Verstanden?" wurde sie zurück angebrüllt. Wieder hielt man ihr mit der riesen Pranke Nase und Mund zu. Diesmal länger als sonst, sie drohte zu ersticken. Dana nickte dann und ließ den Kopf hängen.
Jemand fesselte ihre Arme an die Ketten, die von der Decke hingen. Dana war etwas zu kurz und so baumelte sie einige Millimeter über dem Boden. Ihre Gelenke schmerzten ob des scharfen Metalls. Jemand zückte einen Dolch, sie sah das Funkeln der blanken Klinge. Sie schnitten ihr in die Kleidung, hier und dort, verschieden lange Schnitte, wahllos, auch ins Fleisch. Die Leute die darum standen schauten zu und lachten finster. Dann wurden ihre Fesseln gelöst, sie fiel zu Boden und brach wimmernd zusammen. Die Männer näherten sich ihr, packten und rissen sie hoch.
Kurz späte hörte man einen lauten spitzen, furchterregenden Schrei aus der Hütte erklingen.
Eine für Dana unendliche Zeitspanne später verließen die Männer die Hütte, sie war wieder an die Ketten an der Decke gebunden. Ihre ehemals so feine Kleidung lag zerrissen am Boden in der Ecke. Die ihr zugefügten Wunden waren vekrustet, schmerzten jedoch da der Dolch nicht so blank war wie sie dachte.
Tage später kamen die Männer wieder. Die Ringe an der Kette hatten sich schon tief in das Fleisch gegraben, Dana war bewusstlos geworden. In der Zeit hatte man ihr nichts zu essen und nichts zu trinken gegeben. Wieder kamen sie an und stellten sich um sie. Einige Ohrfeigen brachten sie zum aufsehen. Man löste ihre Fesseln und warf sie in die Ecke. Wie ein nasser Sack prallte sie dort auf und blieb regungslos liegen. "Du fragst dich sicher, warum wir das machen" fragte wieder der, der sonst auch immer sprach. "Ich will es dir sagen. Wir hassen Frauen wie dich. Frauen die glauben dass sie mit dem Schwert umgehen können. Schau dich an! Du warst Nichts, du bist Nichts und du wirst nie etwas werden." endete er. Alle gingen hinaus, nur einer von ihnen schien etwas zu zögern. Dann warfen sie etwas hinein, es mag etwas zu essen gewesen sein und stellten einen Krug, kärglich gefüllt mir Wasser hin. Dana schaute zu dem, nach dem sie schon so lange hoffte. Gierig stürzte sie sich auf das Ecklein Brot und auf den Tropfen Wasser. Es reichte kaum aus, um ihren Mund zu füllen. Nach zwei Bissen war das Brot aufgebraucht und nach drei Schlucken das Wasser leer.
Viele Wochen durchlebte Dana dieses Szenario. Immer wieder kamen die Männer und quälten sie, schlugen sie, erstickten sie beinahe.
Doch eines Tages geschah etwas anderes. Früher als sonst öffnete sich die Tür und nur einer trat ein. "He..." rief es zu ihr. Stark geschwächt schaute sie auf. Die Person die sie ansprach war kleiner als sonst der Sprecher. "He, willst du hier raus?" rief es hinterher. "Ich helfe dir... ich kann das nicht weiter ansehen" sagte die Person und ging zu Dana hinüber. Er hob sie hoch, Dana konnte sich kaum auf den Beinen halten. Er wickelte sie in einen Umhang und legte sie sich auf seine Schulter, verließ dann die Hütte und eilte davon.
Einige Stunden lief er davon, scheinbar ziellos und doch einer Spur folgend. Angekommen in einer Höhle setzte er sie wieder ab. "Hier sind wir sicher" flüsterte er und reichte ihr ein paar Kleider. Sie waren dreckig und rochen streng, aber sie hatten ihre Größe. "Und iss erstmal, hier... iss, iss" schien er zu drängen. Recht ungläubig und unschlüssig, ob sie ihm trauen sollte, begann sie zu essen. Viel konnte sie nicht essen, denn Wochenlang hatte sie nur spärlich etwas bekommen. Ausgehungert und entkräftet war sie, doch schöpfte sie nun neue Hoffnung.
Klein war dieser Hoffnungsfunke nur, doch er wurde nicht enttäuscht. Nach nur zwei Tagen war Dana wieder etwas kräftiger. Die Kleidung, die man ihr gegeben hatte, roch inzwischen noch strenger. "Du musst jetzt gehen" zischte ihr ihr Retter zu. Dana trottete langsam davon. Inzwischen hatte es geschneit und es war furchtbar kalt geworden. Sie wickelte den Umhang fest um sich, doch es half nicht viel.
Viele Tage irrte sie umher bis sie in der Ferne eine Mauer erahnen konnte. Zielstrebig stapfte sie darauf zu. Es war Brandenfels. Sie war wieder zurück.
Doch die Freude war nicht von langer Dauer. Die Leute schienen sie zu meiden, ja sogar wurde sie wie eine Bettlerin behandelt. Fast erfroren traf sie auf ein Paar, das ihren Weg kreuzte. Dana fühlte sich scheusslich, scheusslicher als noch in der Hütte. Wortlos ging sie an ihnen vorbei, hören konnte sie nicht was die beiden sprachen.
Sie bog um die Hausecke und sackte im Schnee zusammen. Im Augenwinkel bemerkte sie einen Reiter, der an ihr vorbeiritt. Als sie aufschaute, bemerkte sie dass es eine Reiterin war. Doch hinterher schauen konnte sie ihr nicht lang, sie verschwand dort wo Dana herkam.
Mühsam und mit großem Kraftaufwand rappelte sich Dana wieder hoch und lief weiter, ziellos. Sie erreichte den Marktplatz, auf dem das Paar und die Reiterin standen. Dana schaute und schien die Reiterin zu erkennen. Es war Saphyriella. Die Frau, die ihr damals die schöne Kleidung schneiderte die nun zerrissen in der Hütte lag. Doch ihr fiel der Name nicht mehr ein, und so stammelte sie irgend etwas. Husten und Niesen unterbrach sie, sie nieste so stark dass sie umkippte. Eine der Personen trat auf sie zu und warf ihr einige Dukaten vor die Füße. "Kauf dir etwas zu essen" sagte sie und ging wieder fort. Dana schaute auf das Gold und dann fragend der Person hinterher. Ihr war zu kalt um sprechen zu können. Und ihre Finger waren zu eingefroren um die Münzen aufzuheben. Das Paar und die Reiterin gingen schließlich fort, nur noch ein Fremder stand in ihrer Nähe der sie mit kaltem Blick anstarrte. "Wenn ihr das Gold nicht wollt, ich nehme es" sagte er und lachte finster. Dana konnte die Münzen mit ihren beinahe erfrorenen Fingern nicht packen. Sie blickte ihn entsetzt an, als er das Gold nahm und in seinen Geldbeutel steckte. "Gier... Hals..." stotterte sie ihm hinterher und ging fort, in die Richtung in die das Paar und die Reiterin gegangen waren.
Sie stand vor der Taverne und überlegte, ob sie sie betreten solle denn sie schämte sich für ihren Zustand. Doch drinnen war es warm. So entschied sie sich, die Taverne zu betreten. Innen war ein Tumult im Gange, ein Herr stritt sich mit einer Zwergin. Sie begannen zu kämpfen, die Zwergin fiel zu Boden. Hier nun taute sie etwas auf und konnte ein wenig lauter sprechen. Wieder stammelte sie "Sa... Sa..." und blickte Saphyriella dabei an. Die andere Frau sprach "Saphyriella, siese Frau scheint was von dir zu wollen". Saphyriella drehte sich zu Dana und blickte sie an. "Kenne ich euch?" fragte sie und schien zu überlegen. Dana stammelte leise ihren Namen. Ihr Gegenüber schien sich zu erinnern. Doch lange währte das Gespräch nicht. Die drei verließen das Lokal. Nach einer Weile des Alleinseins stand sie auf und ging hinaus.
Sie sah keinen Sinn mehr an ihrem Leben. Sie war gebrochen worden, ihr Körper mißbraucht und erfroren, zerfurcht von Schnitten, ihre Freunde waren nicht mehr da und schienen sie nicht mehr zu kennen.
Langsam schlich sie zu einem der Stände auf dem Markt und zückte einen Dolch. Doch sie war zu schwach, sie brach zusammen. Ein Mann kam vorbei und schaute zu ihr hinab. Er kniete sich neben sie und hielt seine Hand über ihre Brust. Langsam erfüllte sich ihr Körper mit Wärme. Sie schaute zu ihm auf und fragte, warum er das tue. Es sei seine Aufgabe erwiderte er. Dana wollte sterben da sie keinen Sinn darin sehe, weiterzuleben, das versuchte sie ihm klarzumachen doch er meinte darauf dass alles Leben einen Sinn hat. Er geleitete sie ins Hospiz wo sie sich in eines der Betten legte.
"Überleg es dir gut" sagte er. "Schlafe eine Nacht und sieh dann weiter" ergänzte er. Dana lag starr auf dem Bett und schaute zur Decke. Der Herr ging hinaus, Dana konnte nicht einschlafen. Nein, sie wollte auch nicht. Wenig später hörte sie unten die Tür krachen. Sie wartete einen moment, schaute sich kurz um und ging dann hinaus.
Sie lief zu einer hohen Klippe und schaute hinunter. Unten waren viele scharfe und spitze Felsen. Dana nahm ihren Dolch aus dem Rucksack, hielt ihn sich vor die Brust, atmete tief durch und sprach einige letzte Worte in den Wind. "Ich gehe nun, ich habe versagt. Ich bin gebrochen und schwach. Alleine und einsam. Es tut mir leid..." und mit diesen Worten stach sie sich den Dolch tief in die Brust.
Sie verlor das Bewusstsein, kippte und fiel die Klippe hinunter. Kurz später verschwand sie in der Gischt des Meeres. Ihre Leiche war ein gefundenes Fressen für die Haie im Wasser. Niemand sollte je wieder etwas von ihr sehen.
Zuletzt geändert von Dana Sheldorn: 5.03.04, 15:56, insgesamt 1-mal geändert.
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