"RATTEN ÜBERALL RIESIGE RATTEN! ALLE MANN ZU DEN TOREN!"
erklang die befehlsgewohnte Stimme eines Mannes, der allen Anschein nach sich eine gewisse Autorität und Annerkennung auf Siebenwind erworben hatte.
Auch sie hatte die Ratten bemerkt, die wie aus dem Nichts vor den Stadttoren aufgetaucht waren und die sie nur mit Mühe abschütteln konnte, dennoch war sie über diese Plage alles andere als unerfreut.
Die Gefahr sie und ihren Kompliezen bei ihrem Vorhaben zu entdecken, war wesentlich geringer, wenn alle Männer und Frauen der Stadt mit etwas anderem beschäftigt waren, als Vermummte zur Rate zu ziehen. Die Ratten kamen wie von der Mutter geschenkt.
Unnachgiebig prasselte der Regen auf den breitkrempigen Hut. Männer mit Waffen eilten ohne auf die Vermummte zu achten die matschige Strasse entlang gen Osttor um sich den Angreifern in den Weg zu stellen. Der Geruch von Blut erfüllte die Luft, das entsetzte Todesquicken der Ratten und die Schreie der Verwundeten fanden den Weg zu ihren Ohren. Doch all das erfüllte sie in diesem Moment nur mit eine gewissen Genugtuung.
Sie gelangte zum Brunnen und kurze Zeit später erreichte auch ihr Komplize den vereinbarten Ort, jedoch sah er mitgenommen aus und von den Ratten nicht so verschont worden wie sie.
Rasch und nur wenige Worte miteinander wechselnd packten sie den vergifteten Brotleib in ein Fass, an dem ein Seil mit einem schweren Stein am Ende gewickelt war. Er lies das Fass samt Inhalt auf den Grund des Brunnens sinken, wo das aufgeweichte Brot ähnlich eines Schwammes das Gift ins Trinkwasser abgeben würde, während sie mit einem rituellen Tonfall ihre Verwünschung sprach:
Leise ertönt unser Raunen, Die trinkenden Menschen werden staunen, Ihre Körper schmerzen als Ausgleich der Sünden, Ihren sterblichen Hüllen die Kräfte entschwinden.
Plagen wird sie der Magen, An keinem Essen können sie sich mehr laben. Habts so gewollt, habts so verdient, Der Mutter entsagt, Ihre Werte verhöhnt.
Erweist Ehre der Mutter Gaben, erst dann wird das Gift euch nichts anhaben.
Leise und vom Prasseln des Regens übertönt vollendete sie ihre Worte. Ihr Komplize nickte ihr zu, als Zeichen, das von seiner Warte aus alles in Ordnung war. Auf Unauffälligkeit bedacht trennten sich die Beiden.
Wer sie beobachtet hat wird wohl eine ca. 170 cm große Frau mit weisser Tunika, dunkler Hose, hellbraunem Umhang und dunklem Hut in Erinnerung haben, sowie einen Mann in blauer Kleidung mit Strohut auf dem Kopf, von ca. 180 cm Größe. Beide Gesichter waren jedoch vom Schatten der Nacht verdunkelt.
Beim Ein oder Anderen, der in nächster Zeit aus dem Brunnen trinkt, kann es vielleicht dazu kommen , dass er von enormen Bauchschmerzen, sowie Appetitlosigkeit geplagt wird.
_________________
„Probleme können nicht von den Personen gelöst werden, die diese erst verursacht haben.“
|