Sein Ende war nun also gekommen – nach nun 194 Jahren.
Alles hatte in seiner Kindheit begonnen und vielleicht stand auch damals schon fest, wie es einst enden sollte.
Zulan Landri wurde in einer klaren und klirrend kalten Morsansnacht in Ascaflone, einer verkommenen Siedlung zwischen Galadon und Endophal, geboren.
Seine Mutter verdingte sich auf einer Flussbarke als Fischerin während sein Vater in einer recht angesehenen Reederei tätig war. Er war ein Wunschkind des jungen Paares und sollte dereinst wie sein Vater oder seine Mutter auf dem Fluss sein Gold verdienen. Seine zweifarbigen Augen galten damals noch als Zeichen für Glück und Segen der Götter, und da er in einer Morsansstunde geboren wurde, beschlossen seine Eltern, ihm ein - mühsam erspartes - Buch seiner Riten zu schenken. Er führte bis zu seinem 40ten Lebensjahr ein recht normales, wenn es auch durch seine hochelfische Leidenschaft, erlernte Religiosität und seiner längeren Lebensspanne aus dem Rahmen der menschlichen Norm gerückt wurde.
Er lebte stets mit einem Gebet oder Mantra des Totengottes auf den Lippen und dessen Lehren und überlieferten Worten im Kopf, bis ein Ereignis sein Religionsbild zum Kippen brachte.
In einem der schweren Winterstürme konnte der überforderte Steuermann nicht verhindern, dass die Barke, von den wütenden Winden getrieben, gegen die Kaimauer schellte, wobei seine Mutter mit einigen anderen unglücklichen Fischern in die Fluten gerissen und mit den wandernden Eisschollen in der Dunkelheit verschwand.
Zulan konnte nun die Wege seines Schutzgottes nicht mehr verstehen und er begann zuerst lange zu zweifeln und in seiner Trauer zu versinken, dann allerdings erschloss er sich andere Wege des Glaubens und er versuchte einen Sinn hinter dem Handeln seines Gottes zu sehen.
Daraufhin begann er zu überlegen, warum seine Mutter in den Tod gerufen wurde. Auf Grund seines argwöhnischen Naturells schob er die Schuld erst auf seinen eigenen Vater und wollte ihn eigenhändig als „Lösegeld“ zu Morsan senden. (Schon hier fällt auf, dass der Junge fanatisch ist)
Hier fasste er den Entschluss zuerst ein guter Assassine zu werden, um dadurch erst seine Mutter zu „rächen“ und dann weiter im Dienste Morsan`s zu morden, oder wie er es nennen würde: zu „erlösen“. Er nahm Unterricht in den Hallen eines alten Meuchlers der ihn für einen, im Vergleich zu anderen Orten, niedrigen Preisen ausbildete – für Zulan jedoch ein wahres Vermögen. Als es endlich soweit war, dass er sich bereit fühlte, seinen Vater in Morsans Arme zu geleiten... konnte er es nicht, er konnte seinen eigenen Vater nicht töten.
Wieder übermannten ihn Zweifel und der Druck der Glaubensprobleme war zu gross, als dass er es weiter in Ascaflone, bei seinem Vater aushalten hätte können.
So zog er eines Morgens, wieder war es ein Morsanstag, mit dem letzten Geld, dass er noch hatte um irgendwo eine neuen Existenz im Namen des Todesgottes zu gründen.
Eines Tages landete er in der Hafenstadt Venturia und bezahlte mit fast seinem letzten Gold eine Überfahrt zu der neuentdeckten und gerade kolonisierten Insel Siebenwind. Erfahren hatte er von der Neuentdeckung wie jedes Wesen auf Falandrien, die Nachricht von der Insel breitete sich aus wie ein Lauffeuer, das ganze Land brodelte... alle Leute sprachen von einer 2ten Chance, dem Neuanfang, dem Land der Hoffnung. Keinen Schritt konnte man tun, ohne irgendwo Hinweise auf Siebenwind zu finden.
Auch Zulan sah in der Insel eine neue Möglichkeit... nämlich vor seinem Gott Treue und Glauben beweisen zu können, die Schwachen, Untätigen und Gebrochenen in die warmen und erlösenden Arme von Morsan zu geben.
Nun war er also hier, auf Siebenwind.
Doch irgendwie waren ihm dies Wesen auf dieser Insel nicht wohl gesonnen.
Das Wolfsrudel, auf das er kurz Verlassen des Hafens traf, konnte er noch vertreiben, doch erinnerten ihn die Narben bis ans Ende daran. Als er dann allerdings den Riesen gegenüber stand dachte er, dass der Verhüllte nun auch ihn zu sich rufen wolle. Doch auch wenn er bewusstlos geschlagen und entführt worden war, so fand er nach Tagen und einer glücklichen Flucht doch endlich nach Rohehafen, der einst so stolzen Hauptstadt.
Auf diejenigen, die von da an sein Leben auf der Insel prägen sollten traf er nicht viel später:
in der Taverne der Wirtin Sonjilah und ihren Mann Paris.
Hätte er ihr in einem günstigen Augenblick nicht eine Kiste mit fast drei Duzend Flaschen Schnaps entwendet und sie ihrem Mann einen Tag später wieder verkauft, wer weiss, wie die Geschichte ansonsten verlaufen wäre. Er schenke ihr ein paar Flaschen ihres eigenen Schnapses, da die Wachmannschaft in der Taverne ihn doch etwas nervös gemacht hatten, und irgendwie musste sie ihm sein Unbehagen angesehen haben.
Im Nebenraum wechselten sie ein paar Worte, nach denen beide im anderen keinen Feind erkannt hatten. Vielleicht hatte sie die Tat amüsiert, auf jeden Fall schien sie den blonden Elf als „nützlich“ einzuschätzen. Paris wurde sein erster Ausbilder. Doch nachdem er von seinem Bruder Eldron getötet worden war übernahm dieser Zulans Ausbildung zusammen mit Amon.
Ersterer Freund und Mentor bis zum Ende, Letzerer Schrecken aller Rekruten in Rohehafen und wo auch immer er sich sehen ließ. Sonjilahs späterer Ehemann Rhadamant, ihr ein liebevoller Ehemann und Selina ein liebevoller Vater. Und noch ein paar andere, die alle einer Gemeinschaft angehörten: der Familie, dessen Sohn nun auch er geworden war.
Doch auch die ersten Fey, die er auf Siebenwind getroffen hatte, beeinflussten sein Leben fortan: Tekham, der gutmütige Schmied, einer der ersten wahren Freundschaften die ebenso alt wie die zu Eldron war und ebenso bis zum Ende Bestand hatte. Falador, der in ihm das Interesse an der Thar’Sala geweckt hatte und ihm bis zu seiner Abreise ebenso ein guter Freund gewesen war. Golorias und Antarias als Leiter der Thar’Sala, die ihn aufnahmen, ihm gute Lehrer waren und die ihn zusammen mit Navarra kurz nach dem Fall Rohehafens zu ihren Nachfolgern ernannten.
Tirgalad und Galadol, seine beiden Schüler, der er nach Kräften ausgebildet und sie zu dem Zeitpunkt entließ, als nicht er, sondern nur noch das Leben ihnen etwas lehren konnte und sie zu seinen Nachfolgern in der Reihe der Leiter der Thar’Sala ernannte.
Seine geliebten Iamas: Alina, anfangs nur eine Angestellte in der „Goldenen Harfe“, doch sie wurde zu seiner Geliebten, sie wollten heiraten und auch das fremde Kind in ihr wollte er als Seines annehmen – doch eines Tages war sie verschwunden und wurde nie wieder gesehen. Jendara, die tapfere Kriegerin, trotzig und stolz auch sie hatte er geliebt bis zu dem Tag, an dem auch sie verschwunden war. Fayola, für die er in den Krieg gegen den dunklen Paladin Varg zog, sein Leben geopfert hätte, ihn am Ende auch dazu gebracht hatte, sie nicht weiter zu quälen und in Versuchung zu führen – doch während der Belagerung Rohehafens verließ sie ihn und schenke ihr Herz Tekham, einen seiner besten Freunde. Doch keine dieser drei vermochte es, ihn zu binden wie sie: Lysidia Sylithelen, seine spätere Verlobte und Mutter seines Sohnes Chiar. Lysidias Güte und liebevolle und ruhige Art war es, die ihn schlussendlich wieder stärker zum Glauben zurück finden ließen.
Doch auch die anderen, die früher oder später in sein Leben traten, übten Einfluss auf ihn und sein Leben aus: Samira, die ihn mehr als einmal wieder gesund pflegte, Terenon, Pireto, Samir, Parodin, Kida, Sylest, Nianor, Sylvir, Laranielle, Deros, Finduleia, Deradur, Fyrion und viele mehr – sie alle begleiteten ihn ein Stück seines Weges, nicht immer standen die ersten Momente des Kennenlernens unter einem guten Stern, sei es in einer Schlacht oder wie so oft bei den Fey’Amrai: beim Schlichtes eines Zwists mit einem anderen Fey.
Doch nicht nur diese zwei Gemeinschaften prägten sein Leben auf Siebenwind, auch gab es einige andere, die in sein Leben traten und Spuren hinterließen.
Angefangen bei anfangs einfachen, später wohlhabenden und einflussreichen Handwerkern wie Siegfried Arnd, Jarusch Wanderlin und Trinso Langenbriehl, mit denen ihn eine äußerst innige Freundschaft verband, über Magier wie Johann Liebig und Edomawyr, die in ihm das Interesse an den arkanen Künste weckten, bis hin zu Krieger und Rittern wie Tzann, Totila, Aldones, Luther, Jonathan von Sonnenhaar, Larson und auch McKevin.
Nicht zu vergessen natürlich die Brüder und Schwestern der viergöttlichen Kirche. Ob sie nun Novizen wie Aelwin und Laurus, Geweihte wie Donarius und Xian, oder Hoch- und Erzgeweihte wie Sean, Ehlen, Benion oder Tzara waren.
Doch auch „gewöhnliche“ Menschen wie Sheeban oder Arcturagon waren in seine Erinnerung eingegangen, als positive Beispiele für die in seinen Augen nicht immer bewundernswerten Biunda.
Auch wenn ihn nicht mit allen eine tiefe Freundschaft verband, so waren es dennoch alles Menschen, die sein Leben beeinflusst und ihn begleitet hatten.
Die Zeit in Rohehafen war geprägt von anfänglicher Harmonie, die Gemeinschaft der Familie und der Tha’Sala gaben ihm Halt und ließen seinen Rachedurst nach und nach abschwellen.
Überfälle, Einbrüche und Intrigen wurden zu seinem täglichen Begleitern, die nach seiner Ernennung zu einem der beiden Leiter der Thar’Sala nur langsam weniger wurden, erst als er nach Navarras Verschwinden die Miliz der Hochelfen kurze Zeit alleine leitete, beschränkten sich seine illegalen Aktivitäten auf ein Minimum. Zu sehr nahm ihn diese Aufgabe in Anspruch, wobei sich seine früher geknüpften Verbindungen zu den Reichen und Mächtigen wie Händlern und Soldaten, die mittlerweile teilweise zu Ritter geschlagen worden waren, als sehr nützlich erwiesen. Einigen begegnete er noch wenige Tage bevor seine Seele nie mehr zurückkehren sollte.
Sein Umfeld wandelte sich nach und nach: nur wenige Mitglieder der Thar’Sala waren nach dem Krieg übrig geblieben, doch kamen auch Neue hinzu, so dass die Gemeinschaft der Fey für ihn eine Familie blieb.
Doch mit seinem Rang innerhalb der Miliz wuchs scheinbar auch das Misstrauen einiger anderer: so erfuhr er von einem Freund unter anderem, dass angeblich 100.000 Dukaten auf seine Schwerthand ausgesetzt worden waren – ob auch eine Belohnung auf seinen Kopf ausgesetzt war wusste er nie.
Doch irgendwann kam der Augenblick, in dem er nachzusinnen begann, über sein Leben auf der Insel. Es wurde ihm bewusst, dass er vieles falsch gemacht hatte und nicht nur aus eigener Kraft überlebt hatte. Er begann sich nach Ruhe zu sehnen, nach Zufriedenheit. Und so legte er die Leitung der Thar’Sala und seine Arbeit als Advokat nieder und besann sich mehr auf seinen Glauben zu seinem Herrn. Zu oft hatte er diese Verbindung als selbstverständlich gesehen, sich als auserwählt. Die Ruhe begann langsam in sein Leben zurück zu kehren, die Zufriedenheit und Sicherheit als Riek in sein Leben trat. Er wurde an Neol erinnert, den Fey, in dessen Nähe er stets zur Ruhe gefunden hatte.
Riek wurde zu seinem Bruder, seinem Mentor. Der Glaube wurde nach langer Zeit wieder zum Wissen, Weltliches nichtig und vergänglich. Mehr und mehr begann er, sich zurückzuziehen in seine stummen Gebete, begann, die Welt zu beobachten und versuchte sie zu verstehen. In Arameus fand er einen Bruder im Glauben, zusammen verbrachten sie viel Zeit der Ruhe, im Gebet und bargen auch das Buch der Seelen, dessen würdiger Träger Arameus nun war.
Dieses Flüstern – es leitete ihn, führte ihn in eine andere Welt.
Seine Vergangenheit stand nun wieder vor ihm, in jedem Detail.
Seine Sünden waren groß, sein Vertrauen auf Morsan unendlich.
Wenige Tage später wurde er gefunden: zusammengesunken auf einer Bank in der Krypta, scheinbar ins Gebet vertieft. Sein Körper war bleich und kalt, seine Augen leblos und leer: nur noch eine Hülle, nicht mehr.
Er war nicht im Kampf gestorben: nicht bezwungen von einem Stärkeren und nicht erschlagen von einem hinterhältigen Räuber oder einem schwachen und verblendeten Diener des Einen – er hatte seine Seele freiwillig seinem Herren übergeben, im Vertrauen auf dessen Gnade.
Und so war es gekommen, das Ende, für das er gelebt, das er als Vollendung seines Seins sah.
Nur der Gedanke an die Tränen, derer die um ihn weinten würden schmerzten ihn.
Es schmerzte ihn nicht, dass er seinen Sohn nicht aufwachsen sehen würde – er wusste, dass er aufwachsen würde, in einer Umgebung, die er selbst nach Kräften mitgestaltet hatte.
Doch er würde warten in den Hallen seines Herrn: jede Sünde war von seinen Schultern genommen, unendliche Ruhe und Zufriedenheit hatte sich in ihm ausgebreitet.
Galtor ward gesandt, auf dass er ihn sicher geleite auf den dunklen und verschlungenen Pfaden in die Hallen Morsans und sich Lifnas Schleier ein letztes Mal über seine Augen lege.
Und so ward er in die Hallen seines Herrn eingegangen um dort dessen Gnade zu empfangen.
[ooc: Tschuldigung an diejenigen, die ich vergessen habe und für alle Fehler, der Text entstand am Strand von Rimini *g* - Richtigstellungen und sonstige Bemerkungen bitte in "Geschichtskritiken", danke]
_________________ Hagnar (Bergzwerg) - Rogal-Trätzer krell Bragarim; Sieger der I. Arena-Saison zu Radak Grimbor Goldstaub (Bergzwerg) - Feinwerkergeselle Zulan Landri (Hochelf) - Diener Morsans
Die obligatorische Waffe eines Zwergen? Hauptsache schwer und man kann es dem Gegner auf den Kopf oder wahlweise gegen das Schienbein hauen!
Zuletzt geändert von Zulan: 5.06.04, 19:13, insgesamt 1-mal geändert.
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