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 Betreff des Beitrags: Die Vorgeschichte Benions
BeitragVerfasst: 14.08.04, 09:19 
Altratler
Altratler
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Nachfolgend kommt die Vorgeschichte zu Benions Charstory. Die wird vermutlich niemanden interessieren, aber wenn es jemand doch liest und es ihm gefällt, dann freut es mich natürlich um so mehr :D

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Regen prasselte auf die Dächer von Melant, der kleinen Stadt am nördlichen
Rand des Phönix Gebirges, und verwandelte die engen Gassen in kleine
Bäche, die den Unrat des alltäglichen städtischen Lebens davonspühlten.
Ein besonders frecher Regentropfen prasselte gerade auf das Ziegeldach
einer Schmiede hinab und fand seinen Weg hinab zum Rand. Dort angekommen
sammelte er sich mit einigen anderen Tropfen und fiel schließlich hinab.
Doch er sollte die kleine Pfütze am Fuße des Gebäudes nicht erreichen.
Ein Lederhandschuh fing ihn auf halber Strecke nach unten auf.
"Ich hasse Regen.", war die einzige gemurmelte Antwort des Besitzers
des Handschuhs. Dann schlug sich die Gestalt die Kaputze ihres Umhangs
über das dichte schwarze Haar und schlich weiter die Mauer entlang, bis
sie an die Straßenecke gelangte. Ein vorsichtiger Blick veriet ihr, dass
der vor ihr liegende Weg genau so verlassen war wie der Rest der Stadt
und sie eilte zu einem gegenüberliegenden Hauseingang. Wer ging auch schon
bei diesem Wetter aus dem Haus?
Unter dem kleinen Vordach angekommen, dass ein wenig Schutz vor den
sintflutartigen Regenfällen bot, hob die dunkle Gestalt ihre Rechte und
pochte zweimal kurz und dreimal lang gegen die alte Eichentüre. Eine
Klappe in Augenhöhe öffnete sich und eine geflüsterte Losung wurde
ausgetauscht. Kurz darauf öffnet sich die Türe einen Spalt und der
Mann verschwand in dem Gebäude.
Bei dieser geheimnisvollen Person, die nun langsam ihre Lederhandschuhe
abzog und hinter den Gürtel steckte, handelt es sich um Pernon, Händler
des Handelsbundes Goldene Waage zu Draconis, zumindest war das eine
seiner Idenditäten. Die Leute in dem pfeifenrauchgeschwängerten Raum
vor ihm kannten ihn viel mehr unter dem Namen Melidas der Meisterdieb.
Einer der Pfeifenraucher erhob sich nun und wies wortlos vor sich auf
einen der leeren Stühle, die rund um den großen Tisch angeordnet waren.
Dann verschwand er durch einen Vorhang in einen Nebenraum, aus dem er
kurze Zeit später mit einem weiteren Mann zurückkehrte. Pernon - oder
Melidas - schätzte ihn auf Ende fünfzig, sein Haar war von den Jahren
ergraut. Doch ansonsten wirkte der Mann für sein Alter ungewöhnlich
fitt. Das war er also: Gelenar, Anführer dieser kleinen schäbigen
Räuberbande. Mit einem schmierigen Lächeln lies sich der Alte auf den
gegenüberliegenden Stuhl fallen.
"Setzt euch doch, Melidas. Es freut mich jemanden wie euch in meinem
kleinen Reich begrüßen zu können. Ich hoffe Vitama hat eure Reise
behütet?"
Schon bei der Erwähnung Vitamas aus dem Munde dieses Mannes wurde es
Melidas übel. Doch er sein Gesicht verriet nichts von der Abscheu, die
er gegenüber diesen Männern empfand. So setzte er ein gespieltes
Lächeln auf und nahm Platz, nicht ohne dabei stets seinen Gegenüber
anzusehen.
"Auch mir ist es eine Freude, Gelenar. Man hört viel von euch in
Draconis."
"Nur Gutes hoffe ich."
"Natürlich. Aber wir sind doch nicht hier zusammengekommen um über
solche Nebensächlichkeiten zu witzeln, nicht wahr?"
Der Anführer der Räuberbande lachte heiser auf. Ein kalter Schauer lief
Melidas' Rücken hinab. Irgendetwas in diesem Lachen beunruhigte ihn.
Hatte er etwas übersehen?
"Meine Informanten sagten mir schon, dass ihr euch nicht gerne mit
solchen 'Nebensächlichkeiten' - wie ihr sie nanntet - aufhaltet. Ich
hingegen denke das ein wenig Freundlichkeit nicht schaden kann.
Schließlich sind wir ja alles zivilisierte Menschen, nicht wahr?"
Nur das einige von uns das Leben von mehreren unschuldigen Menschen
und Hochelfen auf dem Gewissen haben und andere nicht, dachte sich
Melidas, doch als Antwort gab er nur ein Nicken von sich.
Mit einem Wink gab Gelenar zwei seiner Männer zu verstehen, dass sie
sich in den Nebenraum begeben sollten. Offenbar war er der Meinung,
dass alles in Ordnung war. Dann fuhr er in geschäftsmäßigem Ton
fort:
"Also gut, dann kommen wir zur Sache. Ihr habt sicher schon den
hier ansässigen Tempel besucht? Natürlich habt ihr, das macht jeder
der in diese Stadt kommt. Und natürlich habt ihr auch die goldene
Vitamastatue bewundert, die den Eingang schmückt, oder?"
"Ich habe sie gesehen, ja."
"Nun, es gibt da jemanden der sich für diese Statue interessiert
und an dieser Stelle kommt ihr ins Spiel. Besorgt mir diese Statue
und ihr bekommt dreisig Prozent."
"Fünfzig."
Erneut dieses heisere Lachen.
"Vierzig oder ihr verlasst diesen Raum nicht lebend."
"Fünfundvierzig. Ihr habt mich nicht umsonst kommen lassen. Ihr
braucht mich und das wisst ihr."
Kurz glitzerte es gefährlich in Gelenars Augen und Melidas
befürchtete, dass er zu weit gegangen war, doch dann lächelte
der Alte wieder.
"Also gut, fünfundvierzig. Man sagte mir, dass ihr so hart
verhandeln würdet. Aber wenn ich euch schon so viel zahlen soll,
dann müsst ihr schnell arbeiten. Das Fest der Liebe rückt immer
näher und bis dahin muss die Statue verschwunden sein."
"Ihr werdet sie schon morge in euren Händen halten."
Soweit so gut, er hatte es also geschafft, dachte Melidas und
wollte sich gerade vom Stuhl erheben, als Gelenar offenbar der
Meinung war, dass er noch eine letzte Frage stellen sollte.
"Sagt, mein guter Melidas, wie geht es eigentlich dem guten
alten Heridas?"
Eine Schweißperle bildete sich auf Melidas' Stirn. Heridas?
Er kannte niemanden der so hieß. War dies eine Fangfrage? Hatte
man versäumt ihm etwas mitzuteilen? Er musste das Risiko eingehen.
"Gut... er erfreut sich bester Gesundheit."
"Das ist aber merkwürdig. Ich habe ihn vor zwei Jahren getötet."
Im selben Moment zogen die beiden anderen Männer, die noch im
Raum weilten, ihre Schwerter.
Gleichzeitig sprang Melidas auf, warf dabei den Stuhl rückwärts
um und wich gleichzeitig einem Wurfmesser aus, dass einer der
Räuber aus dem Nebenzimmer geworfen hatte, die scheinbar gelauscht
hatten. In den nächsten paar Sekunden geschahen mehrere Dinge
gleichzeitig:
Der aufgesprungene Melidas rollte sich auf dem Boden zusammen,
während einer der Schwertträger unter einem von ihm geworfenen
Messer zusammenbrach. Der andere setzte zu einem Hechtsprung
über den Tisch an und seine Kameraden eilten nun ganz aus dem
Nebenzimmer herbei. Mitten in dem Chaos saß Gelenar ruhig auf
seinem Stuhl. Dann war Melidas wieder auf den Beinen und hatte
bereits einen weiteren Dolch in seiner Hand. Sie hätten ihn
lieber beim Eintreten auf versteckte Waffen überprüfen sollen,
diese Anfänger, dachte er und schob diesen Gedanken im nächsten
Moment beiseite, als der Schwertträger einen Schlag gegen seinen
Arm ausführte. Er duckte sich reflexartig und rammte den Dolch
in den Magen des Mannes vor ihm, der daraufhin stöhnend
zusammenbrach. Im selben Moment spührte Melidas einen heißen
Stich an seinem linken Arm. Einer der beiden Herbeigeeilten
hatte eine Armbrust und war gerade dabei diese neu zu laden.
Doch so viel Zeit hatte er nicht mehr, denn im nächsten
Augenblick schickte ihn ein gezielter Schlag gegen den Hals
in Morsans Hallen. Der Meisterdieb hatte nicht lange Zeit
sich auszuruhen, denn schon stürmte der letzte Schläger mit
einem langen Nortravenschwert auf ihn zu. Mit einer beinahe
unheimlichen Geschwindigkeit, die das Ergebnis jahrelanger
Übung war, zog Melidas hinter seinem Rücken die verborgene
Ein-Schuß-Armbrust hervor, zog den Abzug durch und lies sie
dann achtlos fallen. Sie schlug im selben Moment wie der
Angreifer auf dem Boden auf.
Nun war nur noch Gelenar übrig, der immernoch auf seinem
Stuhl saß. Er wirkte ungewöhnlich ruhig und gleich darauf
erkannte Melidas auch wieso: In seiner Hand hielt er eine
schwere Armbrust, die direkt auf Melidas' Gesicht gerichtet
war.
"Ihr seid wirklich ein geschickter Kämpfer. Schade, dass ich
euch töten muss."
"Wir alle stehen irgendwann vor Morsan. Doch ihr werdet noch
weit vor mir dort ankommen."
Erneut setzte der Alte zu einer seiner Lacher an. Das war der
Moment auf den der Dieb gewartet hatte. Sein Arm zuckte vor
und löste so die im Ärmel verborgene Armbrust aus. Das Lachen
erstickte noch eher es richtig beginnen konnte.
Schwer atmend ging der einzige Überlebende des Kampfes in
die Hocke. So hatte er das nicht geplant, aber das Ergebnis
war das selbe. Diese Räuberbande hatte doch tatsächlich
geglaubt, dass sie die Kirche so einfach bestehlen könnte.
Prätor Terhal in Draconis würde sich darüber freuen,
dass sein Spion Veridon, auch bekannt als Melidas oder Pernon,
wiedereinmal seinen Auftrag erfolgreich ausgeführt hatte.
Der Spion öffnete den kleinen Beutel an seinem Gürtel und zog
daraus eine Flasche mit einer explosiven Flüssigkeit hervor,
dann nahm er einen weiteren Beutel hervor und streute von der
Flasche eine Spur schwarzen Pulvers in Richtung Türe. Er hatte
dieses Pulver erst vor einigen Tagen bei einem Zwergenhändler
in Draconis erworben und es hatte ihn ein halbes Vermögen
gekostet. Er hoffte das es seinen Preis wert war. Den leeren
Beutel lies er wie zuvor auch die Armbrust achtlos liegen, sie
würden in dem Feuer ohnehin vernichtet werden. Nun war nur
noch eines zu erledigen: Er zog einen fein verzierten kleinen
Dolch hervor, auf dessen Klinge in der Mitte ein einzelnes
Auge prangerte. Der Dolch war aus einem Metal gefertigt, dass
mit Magie behandelt worden war, und würde einer der wenigen
Gegenstände sein, die man nacher in den ausgebrannten Ruinen
finden würde.
Kurz darauf verlies eine in einen dunklen Umhang gehüllte
Gestalt das Gebäude, welches wenige Augenblicke später nach
einem lauten Knall in Flammen aufging. Wie durch ein Wunder
wurden keine weiteren Häuser von dem Brand erfasst.

Wenige Tage später in Draconis. Veridon hatte soeben die
Besprechung mit Prätor Terhal abgeschlossen und darauf ersteinmal
ein paar Tage Ruhe zugesprochen bekommen. Nun war er dabei
das Gebäude der Oculus Ecclesiae, welches als Kirchenverwaltung
der Heiligen Viergöttlichen Kirche getarnt war, zu verlassen.
Bei Veridon handelte es sich um einen Spion der Oculus Ecclesiae,
einer geheimen Organisation innerhalb der Kirche, die offiziell
dem Astrael- und Bellumsorden unterstellt war und von einem
Prätor mit verborgenem Rang geleitet wurde. Wann immer irgendjemand
im Reich Heredon die Interessen der Kirche bedrohte und dies
nicht auf den sonst üblichen Wegen gelöst werden konnte wurde
die Oculus Ecclesiae als Problemlöser eingesetzt. Und so waren
es auch nur ausgewählte Geweihte oder Hochgeweihte, die für
diesen besonderen Dienst an den Göttern herbeigezogen wurden.
Veridon war bei seiner Ausbildung zum Geweihten Bellums in einem
der Klöster in der Nähe von Draconis aufgefallen und schon
kurz nach seiner Weihe trat ein "Talentsucher" der Oculus an
ihn heran. Er hatte diese Entscheidung nie bereut, doch langsam
spührte er wie er in seine Jahre kam. Er sehnte sich nach
einem ruhigeren Leben und das nicht erst seit dem seine Frau
Delia ihr gemeinsames Kind zur Welt gebracht hatte. Beziehungen
dieser Art waren zwar in der Oculus Ecclesiae nicht gern gesehen
doch sie wurden geduldet. Es half den Spionen von Zeit zu Zeit
sich etwas zu entspannen und führte dazu das sie ihre Aufträge
gewissenhafter erfüllten.
Mit einem Lächeln auf den Lippen schlenderte Veridon über den
Marktplatz in Richtung Händlerviertel, wo er getarnt als Händler
ein Haus mit seiner Frau bewohnte, die während seiner Abwesenheit
den kleinen Feinwerkerladen hütete. Er hatte sie vor einigen
Jahren kennen und lieben gelernt und nun war auch ihr gemeinsames
Kind da. Sie hatten sich bis jetzt noch keine Gedanken über den
Namen des Jungen gemacht, aber das würden sie bald tun und gleich
danach zum Vitamatempel gehen um ihn segnen zu lassen.
Stolz überkam den Vater, als er daran dachte, wie er seinen Sohn
am Schwert ausbilden würde. Er würde über seine Beziehungen
dafür sorgen, dass er einen Platz in der Tempelgarde erhalten
würde und wer weiß, vielleicht stieg er ja sogar eines Tages
zum Kommandanten auf?
So in Gedanken versunken bemerkte er garnicht den Mann, der sich
ihm näherte und kurz darauf anrempelte. Veridon schreckte auf,
doch noch bevor er sich entschuldigen konnte war der Rempler in
der Menschenmasse die um dieses Tageszeit die Straßen bevölkerte
verschwunden. Hatte er diesen Mann nicht schon einmal irgendwo
gesehen? Nun ja, vermutlich war es eh nur eine Einbildung und so
verschwendete er keine weiteren Gedanken an ihn und setzte seinen
Weg fort.

Als er die Türe zu dem Laden öffnete kam ihm schon seine fröhlich
lächelnde Frau entgegen, an ihre Brust den kleinen noch namenlosen
Jungen gepresst.
"Schön, dass du wieder hier bist. Konntest du einige gute Geschäfte
abschließen?"
Eine Regel der Oculus Ecclesiae besagte, dass die Angehörigen
nie von dem wahren Beruf des Spions erfahren durften.
"Nun ja, dieser Händler in Melant war ganz schön hartnäckig. Ich
musste ihn beinahe umbringen, damit er etwas mit seinem Preis
herunterging."
Seine Frau konnte über diesen Witz, der näher an der Wirklichkeit
lag als sie glaubte, nur lachen und berichtete ihrem Mann dann
ausführlich von den Ereignissen in seiner Abwesenheit. Viel war nicht
geschehen, die üblichen Bestellungen und Lieferungen eben. Einzig
und allein eine Nachricht lies Veridon aufhorchen. Ein Mann hatte
sich nach ihm erkundigt. Er wirkte ein wenig merkwürdig... irgendwie
schlecht. Sie hatte ihm dann auch nur erklärt, dass er nicht da
seie und sie nicht wisse wann er wieder komme. Sie hoffe es sei ihm
Recht so? Veridon nickte nur leicht. Ob es der selbe Mann war, der
ihn vorhin angerempelt hatte? Aber nein, so etwas geschah in einer
großen Stadt wie Draconis wohl andauernd. Er war einfach noch
von seinem letzten Auftrag angespannt. Es würde ihn so oder so einige
Mühe kosten seiner Frau heute Nacht im Bett zu erklären wie er zu
der Schnittwunde am linken Arm gekommen war, aber ihm würde wie
immer eine gute Ausrede einfallen. Bis jetzt hatte er es zumindest
jedesmal geschafft. Wieder überlegte er sich, ob es nicht vielleicht
Zeit sei, sich endlich von der Oculus zurückzuziehen und den Rest
seines Lebens als angesehener Feinwerker zu verbringen.
"Schatz?"
"Mhm?"
"Hörst du mir eigentlich zu?"
"Oh... ja, natürlich, Liebling."
"Und warum antwortest du dann nicht?"
"Wie war noch gleich deine Frage, Sonnenblume?"
"Ich wollte wissen wie er denn nun heißen soll."
Kurz war Veridon etwas verwirrt. "Wie soll wer heißen?"
"Na dein Sohn, du Dummerchen."
"Oh... äh. Entschuldige, ich war wohl etwas in Gedanken."
"Na das habe ich auch schon gemerkt. Also wie nun?"
"Ich weiß nicht so recht. Was hälst du von Ermend?"
"Ermend? Das ist ja schrecklich! Mir würde Benion gefallen,
so wie der Name meines Onkels."
"Benion? Ich bitte dich, was ist das für ein Name?"
"Es ist besser als Ermend!"
Veridon setzte zu einer Antwort an, doch dann brach er ab, als er
es an der Türe klopfen hörte.
"Nur immer herein, der Laden hat geöffnet!", rief Delia.
Ein sauber gekleideter Mann öffnete die Türe und betrat den Laden.
Freundlich nickte er den beiden zu und wandte sich dann an
Veridon.
"Den Vieren zum Gruße, Herr. Ich habe gehört ihr verziert auch
Waffen?"
Der Mann zog einen kleinen einfachen Dolch hervor, der keinerlei
Verzierung aufwies, bis auf ein kleines Auge, dass in den Griff
eingeritzt war und das der Spion und Feinwerker sofort als
geheimes Zeichen der Oculus erkannte. Er nickte und bedeutete
dem Kunden mit ihm in das Nebenzimmer zu treten. Nachdem
er die Türe sorgfältig geschlossen hatte, wandte er sich wieder
an den Fremden.
"Ich bin gerade erst nach Hause gekommen. Was gibt es so dringendes,
dass die Oculus gleich wieder nach mir schickt?"
Der Bote verneigte sich vor ihm.
"Verzeiht, euer Gnaden, aber der Prätor selbst hat mich geschickt."
"Also gut, sprecht.", seufzend lies Veridon sich auf einen Stuhl
sinken und lauschte dem kurzen Bericht des Mannes. Offenbar war
es der Geheimorganisation gelungen vor wenigen Tagen einen
Diener des Einen zu fassen, der sich in der Stadt herumtrieb.
Bei dem gerade abgeschlossenen Verhör hatte dieser nun eine Liste
von Namen preisgegeben. Eine Liste, auf der sich auch Veridon
und andere Mitglieder der Oculus befanden. Wie es schien waren
die Angamonanhänger durch einen unglücklichen Zufall an sie
geraten und hatten nun vor etwas "aufzuräumen". Dazu hatte sich
eine Gruppe von gut ausgebildeten Attentätern nach Draconis
begeben.
"Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie mit ihren
Anschlägen beginnen. Deshalb erhaltet ihr auch den Befehl
noch in diesem Zyklus mit den Ermittlungen zu Beginnen. Findet
die Attentäter und tötet sie bevor sie einem Mitglied der Oculus
habhaft werden können. Erfolg ist überlebenswichtig.", damit
schloß der Bote. Mit seinen Händen vollführte er das
Befehlszeichen, dass Veridon mitteilte, dass dieser Befehl
direkt vom Prätor kam und auszuführen sei.
Es dauerte eine Weile, bis der Spion auf diese Nachricht
antwortete. Wenn es wirklich wahr war, dass die Diener des Einen
über eine Liste der Mitglieder der Oculus verfügten, dann
musste schnell gehandelt werden. Doch es bedeutete auch, dass
nicht nur er, sondern auch seine Frau und sein Sohn in
Gefahr waren. Plötzliche Sorge überkam ihn. Was war, wenn
es sich bei dem geheimnisvollen Mann, der ihn suchte, um einen
der Attentäter handelte? Er fasste einen schnellen Entschluß.
"Sagt, wie ist euer Name, Bote?"
"Jamel, euer Gnaden."
"Jamel, könntet ihr mir einen Gefallen tun?"
"Es wäre mir eine Ehre, euer Gnaden."
"Meine Frau, Delia, und mein Sohn, mhm... Benion, sie befinden
sich ebenso in Gefahr wie ich. Ich denke es wäre besser, wenn
sie eine kleine Reise unternehmen. Könntet ihr sie bitte zum
Hafen bringen und dort in ein Schiff nach Rothenbucht setzen?
Wenn ich sie in Sicherheit wüsste würde das meine Arbeit sehr
erleichtern."
"Natürlich, euer Gnaden, ganz wie ihr wünscht."
"Gut, dann werde ich sie sogleich informieren. Sie muss noch
in diesem Zyklus die Stadt verlassen haben. Und denkt dran,
für sie bin ich ein Feinwerker und Händler."
Der Bote verneigte sich nochmals tief und folgte dann Veridon
hinaus in das Vorzimmer.
Nach einem kurzen Streit hatte der Spion es geschafft seine
Frau von der Kurzreise nach Rothenbucht zu überzeugen,
angeblich, weil der dortige Vitamatempel so berühmt sei und
man ja nur das Beste für den Jungen wolle. Er würde sich auch
mit dem Namen Benion zufrieden geben.
Noch bevor der Dunkelzyklus hereinbrach waren die wichtigsten
Dinge gepackt und der Bote mitsamt Delia und Benion in
Richtung Hafen verschwunden. Seufzend sah Veridon ihnen nach.
Hoffentlich ging alles gut, dachte er. Langsam stieg er die
Treppe zu dem Schlafgemach hinauf, wo er seinen Umhang und
einige kleinere Waffen versteckt hatte, als er es unten im
Laden poltern hörte. Wer würde um diese Zeit noch etwas
kaufen wollen? Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden
kontrollierte er nochmals den Sitz des versteckten Messers,
dass er immer bei sich trug, und machte dann kehrt um
nachzusehen ob er noch eine Zange oder eine Lampe verkaufen
konnte.
Als er den kleinen Laden betrat fiel ihm der Mann, der sich
scheinbar interessiert umsah, sogleich unangenehm auf und
seine Sinne warnten ihn. Er hatte diesen Mann schon einmal
gesehen. Es war der Rempler auf der Straße und, wie er sich
inzwischen beinahe sicher war, es war auch derjenige, der
nach ihm gesucht hatte.
"Kann ich etwas für euch tun, Herr?"
Er musste nun sehr vorsichtig sein. Zwar hatte er ein Messer,
aber wenn dies wirklich ein ausgebildeter Attentäter war...
"Ah, sicherlich, sicherlich.", erwiederte der Mann mit einer
schnarrenden, irgendwie unangenehmen Stimme.
"Seid ihr der Besitzer dieses Ladens?"
"So ist es, Herr.", antwortete Veridon, nicht ohne den
vermeintlichen Attentäter dabei stets aufmerksam zu
beobachten.
"Veridon, nicht wahr?"
"Ja, Herr."
"Sehr gut, sehr gut. Ich bringe eine Botschaft für euch.
Sie lautet: Ihr könnt euch der WAHRHEIT nich verschließen.
Angamon Vobiscum!"
Im selben Moment zog der Attentäter eine kleine Armbrust
unter seinem Umhang hervor und zielte damit auf sein Opfer,
doch Veridon war darauf schon gefasst gewesen und hechtete
zur Seite. Der Bolzen versenkte sich an der Stelle, an der
eben noch sein Kopf gewesen war, tief in das Holz eines
Balken. Noch während der Spion sich abgerollte zog er
das verborgene Messer und kam kampfbereit wieder auf die
Füße. Doch auch der Attentäter war nicht untätig gewesen
und hatte einen feinen schwarzen Degen gezogen. Kälte
schien irgendwie von dieser Waffe auszugehen und Veridon
musste nicht lange überlegen um zu erraten, dass diese
entweder verzaubert oder verflucht war. Mit einem
schnellen Schritt war der Attentäter heran und führte
seinen ersten Streich gegen die Brust seines Gegners,
doch dieser wich mit einem kleinen Sprung zurück und
parierte den Schlag mit seinem kleinen Messer.
Eigentlich sollte Veridon angesichts der Übermacht
nun in Panik verfallen, aber sein Verstand arbeitete
vollkommen ruhig. Er sah sich nach einer geeigneten
Waffe um, denn nur allein mit dem Messer würde er
den Mann nicht lange in Schach halten können. Ihm fiel
das große Breitschwert ein, dass ein befreundeter Schmied
neulich zum Verzieren vorbei gebracht hatte. Zwar
verabscheute er solche groben großen Waffen, aber im
Notfall war es besser als nichts. So wich er langsam
in Richtung des Nebenzimmers zurück, in das er auch
vorhin mit dem Boten gegangen war. Immer schwerer
fiel es ihm den Angreifer abzuwehren. Er war wirklich
gut. Doch dann hatte er das Breitschwert endlich
erreicht und schwang jenes nun mit beiden Händen.
Schon beim ersten Schlag zerbrach der dunkle Degen
des Attentäters unter der schieren Wucht. Raureif
bildete sich dort, wo die Klinge der zerbrochenen
Waffe den Boden berührte. Der Fremde war durch
diese Wendung des Kampfes offenbar so überrascht,
dass er die Flucht ergreifen wollte, aber Veridon
schickte ihm sein Messer hinter her, so dass er
noch im Nebenzimmer zusammenbrach. Schwer keuchend
blickte er auf den Toten hinab und kniete sich dann
hin um ihn zu untersuchen. Wie erwartet trug er nichts
bei sich, was über seine Identität aufschluß geben
könnte. Einzig und allein einige rituelle Gegenstände
fielen ihm auf. Sie würden im Haus der Oculus genauer
auf Flüche hin untersucht werden müssen. Dann erhob
er sich wieder und betrat wieder den Laden, um den
angerichteten Schaden genauer zu beäugen. Gerade hatte
er die Türe hinter sich geschlossen, als die Vordertüre
des Ladens aufflog. Erschrocken sah Veridon die Umrisse
eines in einer dunklen Robe gehüllten Mannes, dann fiel
sein Blick auf dessen Hände, die merkwürdige Runen in
die Luft zu zeichnen schienen. Ein ungewöhnlicher
warmer Wind wehte ihm entgegen. Doch bis er begriff was
vor sich ging war es bereits zu spät. Sein letzter Gedanke
war noch "Magier!", dann ging der gesammte Innenraum des
Ladens mit einem Schlag in Flammen auf.

Zur selben Zeit verabschiedete sich der Bote am Hafen
von Delia. Er hatte mit ein wenig Nachhilfe in Form von
Dukaten noch einen Platz an Bord eines Schiffes gefunden,
dass die beiden nach Rothenbucht bringen würde. Anschließend
sollte der kleine Segler weiter nach Hügelau fahren, doch
dann wären die beiden Passagiere ja schon nicht mehr an
Bord. Der Prätor würde zufrieden mit ihm sein, dachte er
und wandte sich ab.
Delia sah ihm noch kurz nach und lächelte dann auf den
Jungen in ihren Armen hinab.
"Schlaf mein kleiner Benion. Wir machen jetzt eine Reise
nach Rothenbucht. Dein Vater wird auch nachkommen und
dann wirst du endlich den Segen der Mutter erfahren."
Dann brachte sie den kleinen Jungen hinab in ihre
bescheidene Schlafkajüte um ihn dort ins Bett zu legen.
Sie selbst war noch nicht müde und entschloss sich nochmals
an Deck zu gehen um die frische Nachtluft einzuatmen.
Sie lies den Blick über den nächtlichen Hafen gleiten, als
sie ein Glitzern am Rande ihres Gesichtsfeldes bemerkte.
Neugierig blickte sie zu einigen Kisten hinüber, als
sie es erneut bemerkte. Irgendetwas metallisches Glitzerte
dort im fahlen Licht des Astreyon. Lächelnd blickte sie
weiter zu der Stelle, als sie plötzlich bemerkte wie sich
das Glitzern von den Kisten löste und rasend schnell auf
sie zukam. Im nächsten Moment spührte sie einen stechenden
Schmerz in ihrer Brust und blickte ungläubig auf einen
Pfeil hinab, der sich dort in sie gebohrt hatte. Sie
war so überrascht, dass sie nicht einmal Schreien konnte,
als sie über die Reling kippte und in das Hafenbecken
fiel.

Am nächsten Morgen im Zimmer des Prätors.
"Wie sieht es mit dem Brand im Händlerviertel aus, Jamel.
Konnte er gelöscht werden?"
"Ja, Prätor."
"Gut. Kennt man den Ursprung?"
"Offenbar der Feinwerkerladen Veridons, Herr."
Der weißhaarige Mann, der vor dem Boten in einem
bequemen Sessel saß verzog das Gesicht.
"Überlebende?"
"Keine, Herr. Einige unserer Magier scheinen der Ansicht
zu sein, dass es sich um ein magisches Feuer handelte.
Sehr heiß und tödlich."
"Ich verstehe."
"Außerdem wurde von der Morgenwache eine Frau tot im
Hafenbecken treibend gefunden. Offensichtlich handelt
es sich dabei um die Frau Veridons. Der Pfeil, der sie
tötete, wird noch untersucht. Aber er schien vergiftet
zu sein."
"Bedauerlich. Veridon war ein guter Mann. Setzt die
anderen Spione in Alarmbereitschaft. Wir müssen diese
Gruppe zerschlagen, bevor sie noch mehr von uns töten."
"Sehr wohl, Herr."
Der Prätor gab dem Boten einen Wink, der ihn entließ,
doch dieser schien nicht gehen zu wollen.
"Ist noch etwas, Jamel?"
"Der Sohn, Herr."
"Der Sohn?"
"Benion, Herr. Der Sohn Veridons. Sein Aufenthaltsort
ist unbekannt, aber vermutlich befindet er sich noch
auf dem Schiff. Jedenfalls wurde dort keine weitere
Leiche gemeldet."
"Wohin fährt dieses Schiff?"
"Nach Hügelau über Rothenbucht, Herr."
"Nun gut. Dann erteile ich dir folgenden Befehl:
Nachdem du jemanden gefunden hast, der unsere Spione
in Alarmbereitschaft versetzt, wirst du dich selbst
auf dem schnellsten Weg nach Rothenbucht begeben.
Heure dort als Seemann auf dem Schiff an und sorge
dafür, dass der Junge gut versorgt wird. Ich hörte
auf Hügelau soll es eine hervorragende Niederlassung
des Ordens vom Lieblichen Kelche Vitamas geben."

_________________
Benion - vita et amor - Pater Brown Verschnitt, Häretiker und Lord der Vitamith - Geburtshelfer: 8 mal - Ehejahre-Rekordhalter
Querdenker aus Leidenschaft.


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Altratler
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Dunkelheit umgab ihn. Verunsichert sah er sich um, doch die
undurchdringliche Schwärze gab nichts von seiner Umgebung preis.
Dann plötzlich ein helles Aufblitzen und er fand sich in einem
Garten wieder. Um ihn herum erkannte er verschiedene Bäume:
Eichen, Eschen und ein besonders großer Ahornbaum ragte am
Rand eines kleinen Teiches hervor. Die Luft war erfüllt von
dem Duft frischer Blumen, die überall auf der Wiese die sich
zu seinen Füßen erstreckte in voller Blüte standen. Doch
irgendwie wirkte das ganze unwirklich. Es war so, als würde
man die Welt durch einen feinen Nebel betrachten, wie er im
Bellum oft am frühen Morgen über den saftigen Auen nördlich
Draconis' lag.
Im nächsten Augenblick bemerkte er die Vogelstimmen, die ihn
zu umgeben schienen. Davon ertönte eine schöner als alle anderen
und übertönte diese. Auch schien sie sich langsam auf ihn zu
zu bewegen, denn sie wurde lauter. Nocheinmal ließ er seinen
Blick über den nahen Teich und den großen Ahornbaum schweifen,
als er ihn sah: einen orangenen kleinen Vogel. Er konnte ihn
nicht einordnen, denn noch nie zuvor war ihm diese Art
untergekommen. Doch das merkwürdigste war, dass der Vogel ihn
interessiert zu mustern schien.
"Na du?"
Der Vogel gab - wie nicht anders zu erwarten war und was ihn
dazu brachte sich innerlich einen Dummkopf zu schimpfen -
keine Antwort. Seufzend wandt er seinen Blick ab, da fiel
ihm ein hellbrauner Fleck in die Augen. Als er sich diesem
Fleck langsam näherte erkannte er, dass es sich dabei um
ein vergilbtes Stück Pergament handelte. Er hob es in die
Höhe und wendete es herum. Tatsächlich, auf der Rückseite
stand etwas geschrieben:

Deine Zeit ist noch nicht da. Kehre um!

Irritiert betrachte er diese Worte, die offenbar in der
Handschrift seiner Frau verfasst waren, als sie auf einmal zu
verschwimmen begannen und sich dann ganz auflösten. Dann
zerfiel das Pergament zu staub und wurde von einer leichten
Brise, die inzwischen aufgekommen war, hinweg geweht.
Wo zum Henker bin ich hier eigentlich, ging es ihm durch
den Kopf. Doch er hatte keine Zeit mehr eine Antwort zu
finden, denn er öffnete die Augen. Schon wieder? Erst jetzt
begriff er, dass das, was er soeben erlebt hatte, wohl ein
Traum gewesen sein musste. Er sah nun in das Gesicht einer
älteren Dame mit braunem Haar, die sich scheinbar über ihn
gebeugt hatte. Sie trug eine weiße Robe, die sie als Heilerin
auswießen. Mit einem erfreuten Lächeln begrüßte sie ihn.
"Oh, ihr seid erwacht, wie schön. Wir haben uns schon große
Sorgen um euch gemacht."
"W...wo bin ich?", seine Stimme war noch schwach und fühlte
sich ungewohnt an. In seinem Hals brannte es als ob er heißes
Pech getrunken hätte.
"Im Hospiz am Marktplatz zu Draconis. Aber redet nicht so viel
es ist ein Wunder, dass ihr noch lebt."
"Aber ich war doch... was ist mit meinem Laden?"
Die Augen der Heilerin füllten sich auf einmal mit großer Trauer.
"Ich befürchte von eurem Laden ist nichts mehr übrig, genau
wie vom Rest des Handwerkerviertels. Es gab viele Tote und
Verletzte. Man hatte die Suche nach Überlebenden schon
aufgegeben, als wir euch in einem Loch fanden, dass wohl
einmal euer Keller gewesen war."
Jetzt fiel ihm alles wieder ein. Der Attentäter und der Magier.
Der warme Wind, der ihm plötzlich entgegenwehte und dann
sah er nocheinmal vor seinem inneren Auge wie sein Laden
in Flammen aufging. Geistesgegenwärtig wie er war hatte er
sich in diesem Augenblick in die hinter der Theke
versteckte Geheimtür im Boden geworfen, die hinab in den
Keller führte. Dabei hatte er sich wohl den Kopf gestoßen
und war bewusstlos geworden. Was ihm einerseits das Leben
rettete und andererseits die brennenden Kopfschmerzen
erklären würde, die in diesem Augenblick seinen Kopf
durchzuckten. Leise stöhnte er auf.
"Ihr müsst euch wohl den Kopf gestoßen haben, daher auch
die Kopfschmerzen. Sagt, könnt ihr euch noch an euren
Namen erinnern?"
"V...Veridon. Mein Name ist Veridon."

Jamel blickte zu dem kleinen Segler auf, den er vor nicht
einmal vier Tagen zum letzten Mal gesehen hatte. Seitdem
war alles falsch gelaufen. Noch bevor er Draconis auf einem
der schnellen Pferde der Oculus, die extra aus Endophal
importiert wurden, verließ hatten die Attentäter des Einen
zwei weitere Spione der Oculus erwischt und sie auf dem
Weg zu Morsans Hallen geschickt. Er konnte nur hoffen, dass
sie dort aufgenommen wurden. Doch das war nun weit weg und
er hatte sich jetzt um seine Aufgabe zu kümmern. Er musste
an Bord des Schiffes gelangen und sich dort nach dem kleinen
Benion umsehen, um ihn dann auf Hügelau abzuliefern. Dort
würde niemand ahnen, dass dies der Sohn des - wie er glaubte -
verstorbenen Veridon war und Benion könnte friedlich im
Schoß der Kirche aufwachsen.
Als er einen großen dickbäuchigen Mann erblickte riß er sich
zusammen und brüllte dann zum Schiff hinüber.
"Den Vieren zum Gruße, Herr. Dürfte ich euch sprechen?"
Der Dicke schenkte ihm nur einen mürrischen Blick, dann
winkte er ihn herauf.
"Aye, was kann ich für dich tun, Landratte?"
"Ich bin auf der Suche nach Arbeit und würde gern auf
diesem Schiff anheuern."
Skeptisch betrachtete der Seeman Jamel von oben bis
unten.
"Kannste denn zupacken, Landratte?"
"Ja, Herr."
"Aye, dann können wir dich gebrauchen. Aber irgendwie
kommste mir bekannt vor."
"Ich habe ein Allerweltsgesicht, Herr."
"Aye. Na dann verstau deine Sach'n mal unter Deck,
Schiffsjunge."
Zum Glück hatte Jamel an dem Abend, als er den Kapitän
zum letzten Mal gesehen hatte und ihm die Dukaten gab
um die arme Delia und den jungen Benion zu befördern,
eine Kaputze tief in sein Gesich gezogen gehabt, so
dass er nun nicht erkannt wurde. Es dauerte nicht lange
bis er von einem der Seemänner an Bord erfuhr, dass
man in einer der kleinen Kojen ein schreiendes Kind
gefunden hatte. Dies war nun drei Tage her. Doch der
Kapitän war ein viel zu gläubiger Mann, als dass er es
über das Herz brachte den Jungen einfach über Bord zu
werfen, wie es in so einem Fall durchaus üblich war.
Stattdessen wurde das Kleinkind nun abwechselnd von den
Seemännern versorgt bis der Kapitän eine Entscheidung
gefällt hatte, was mit ihm geschehen solle. Doch diese
Entscheidung musste bald kommen, denn schon am nächsten
Tag würden sie nach Hardhaven auf Hügelau auslaufen.
Es brauchte einige Überredungskunst, bis es Jamel gelang
den Kapitän zu überzeugen ihm den Kleinen anzuvertrauen,
natürlich nur unter der Bedingung, dass er seine Arbeit
nicht vernachlässigen würde. Und die Ziege, die für
die Milch des Jungens gekauft werden müsste, wurde ihm
von seiner Heuer abgezogen. Doch Jamel lag ohnehin nichts
an den paar Dukaten, die er für seinen Dienst bekommen
würde. Es zählt einzig und allein das Überleben des
Jungen. Am darauffolgenden Tag lief das Schiff aus.

Es dauerte nochmal beinahe zwei Tage bis Veridon sich
soweit erholt hatte, dass er das Bett wieder verlassen
konnte. Die Heilerinnen des Hospizes schenkten ihm eine
einfache dunkle Robe, denn seine Kleidungsstücke waren
größtenteils angekokelt und nicht mehr zu gebrauchen.
Er bedankte sich noch einmal bei ihnen und verließ
dann das Hospiz. Wie sollte es nun weitergehen? Sowohl
die Oculus als auch die Diener Angamons schienen ihn
für tot zu halten, was ein ungemeiner Vorteil sein
konnte. Gleichzeitig konnte er sich aber auch nicht
erlauben mit der Oculus Ecclesiae Kontakt aufzunehmen,
denn es konnte sich immernoch ein Maulwurf in ihren
Reihen befinden. Wie sonst hätten die Attentäter an
die Liste mit den Namen der Oculus-Agenten gelangen können?
Und die Zeit lief ihm davon. Hatten sie schon weitere
Spione getötet?
Doch das half alles nichts zu erst einmal würde er
neue Kleidung brauchen und Waffen. Ein grimmiges Lächeln
erfüllte nun sein Drei-Tage-Bart Gesicht. Oh ja, Waffen.
Viele Waffen. Doch woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Konnte er es wagen zum Bankhaus zu gehen um dort etwas
vom Familienvermögen abzuheben? Ins Händlerviertel
musste er seine Schritte wohl erst garnicht lenken.
Unter einigen Tränen hatte ihm die alte Heilerin von
dem dortigen Inferno berichtet. Und da sein Laden
das Zentrum war konnte er kaum hoffen dort noch irgendetwas
brauchbares vorzufinden. Und selbst wenn er an Dukaten
käme. Wo sollte er diese ausgeben? Er konnte schlecht
einfach zu einem Schmied maschieren und bei ihm
dutzende von Waffen kaufen. Das würde auffallen. Außerdem
war die Qualität der meisten Produkte der ansässigen
Schmieder allerhöchstens befriedigend. Konnte er es
wagen zu Melzar zu gehen? Er kannte ihn schon sehr
lange und jener Melzar, der seinen Laden in der
unteren Vorstadt im Vergnügungsviertel hatte, führte
viele der Bestellungen der Oculus aus. Er kannte ihn
sogar so gut, dass er ihn zum Paten für den kleinen
Benion erwählt hatte. Hoffentlich ging es seiner Frau
und seinem Sohn gut. Ja, Melzar konnte er vertrauen.
Und so machte er sich schließlich auf den Weg zum
Bankhaus Goldstein. Die Inhaber, eine Gruppe von
Zwergen aus dem nördlichen Heredon, waren ihren Kunden
gegenüber zum Schweigen verpflichtet. So konnte
er das Risiko also wagen.

Wenig später betrat Veridon das Haus des Waffenschmieds
und Feinwerkers der Oculus Ecclesiae. Als jener den
Spion in seiner neuen Kleidung - ein einfaches dunkles
Hemd, darüber eine ebenso dunkle Weste, sowie eine
dunkle Hose, alles von einem dunkelgrünen Umhang
eingerahmt - erblickte, hielt er mit einem verdutzten
Blick mit seiner Arbeit inne.
"Na Melzar, freust du dich nicht mich zu sehen?"
"Veridon, ich dachte du wärst tot!"
"Vielleicht war ich das auch, Melzar."
Veridon musste auf einmal an den merkwürdigen Traum
zurückdenken. War es wirklich ein Traum gewesen? Er
war sich da nun nicht mehr so sicher.
"Es ist... schön dich wohlauf zu sehen, Freund."
"Danke, Melzar. Doch halten wir uns nicht lange mit
Höflichkeitsfloskeln auf. Wie steht es um die Oculus?
Weißt du etwas neues? Ich war einige Tage außer Gefecht
und auch jetzt wage ich es nicht mich bei ihr zu melden,
da ich befürchte ich könnte verraten werden. Irgendwo
muss es einen Maulwurf geben und ich habe vor ihn zu
finden. Und dann werde ich diese Schlangenbrut des
Einen auslöschen."
"Also ist es wahr? Die O.E. wird von Attentätern
angegriffen? Ich hörte einige Gerüchte darüber."
"Bitte berichte mir alles, was du weißt, Melzar."
Doch jener schien nicht viel mehr zu wissen, als dass
die Attentäter inzwischenzeit offenbar ganze Arbeit
geleistet hätten. Zu den zwei toten Spionen, von denen
Jamel bei seiner Abreise schon gewusst hatte, waren
offenbar noch vier weitere hinzugekommen. Man fand
sie hier und dort. Meistens mit einem Messer im
Rücken, bei manchen waren auch nachträglich Spuren
von Magie festgestellt worden. Offenbar zogen die
Attentäter alle Register.
"Es tut mir leid um deine Frau, Veridon.", schloß
Melzar mit einem bedauernden Seufzer.
"Delia?", ein Blitz durchzuckte den Spion.
"Was ist mit ihr, Melzar?"
"Bei den Vieren, du weißt es noch nicht? Sie wurde
vor ein paar Tagen tot im Hafenbecken treibend
gefunden. Ein vergifteter Pfeil steckte in ihrer
Brust."
Das war zu viel für Veridon. Mit Mühe klammerte er
sich an der Theke seines Freundes fest. Dalia tot?
Die Frau die er liebte tot? Bis jetzt hatte er
geglaubt er könnte diesem ganzen Spuk hier ein
Ende bereiten und dann würde das Leben weitergehen
wie zuvor. Doch nun würde es nie wieder wie früher
sein. Und nun wurde ihm vieles klar. Der Traum und
der Zettel. Das war gar kein Traum. In Wirklichkeit
hatte er sich an der Grenze zu dem sagenumwobenen
Land Vidor befunden, wohin angeblich all jene nach
ihrem Tode gelangen sollten, die den Vitamabund geschlossen
hatten. Dort konnten sie zusammen mit ihrem Partner
bis zum Ende aller Tage weiterleben. Und der Zettel
war von seiner Frau, daher auch die Ähnlichkeit der
Handschrift. Offenbar hatte sie erkannt, dass er
noch gar nicht tot war und hatte ihm darauf diese
Botschaft zukommen lassen. Doch welche Rolle spielte
der Vogel?
Ein weiterer Gedanken ließ ihn zusammenzucken und
führte dazu, dass er diesmal fast wirklich den Halt
verlor. Schnell streckte Melzar seinen Arm aus um
ihn zu stützen.
"Melzar, was ist mit meinem Sohn? Was ist mit Benion?"
"Ganz ruhig, alter Freund. Wie ich hörte hat sich
ein Bote Namens Jamel seiner angenommen und soll
ihn nach Hügelau bringen. Dort ist er in Sicherheit und
du kannst ihn ja später wieder abholen."
Erleichtert atmete Veridon auf. Er hatte seine
Liebe verloren, doch ihr gemeinsames Kind war noch
am Leben. Also gab es doch noch etwas für das es sich
zu kämpfen lohnte.
Nach wenigen Augenblicken löste er sich aus dem
Griff seines Freundes und sah ihn dann entschlossen
an.
"Ich brauche Waffen, Melzar. Viele Waffen."

Jamel befand sich nun schon einige Tage auf dem Schiff
und langsam gewöhnte er sich an das Schaukeln. Er
war von jeher ein bodenständiger Mensch gewesen. Seine
Eltern waren kleine Bauern gewesen, die ihr Land
in der fruchtbaren Ebene gut eine Tagesreise von
Draconis entfernt bestellten. Da er der dritte Sohn
im Hause gewesen war entschied man sich ihn zur
Kirche zu schicken. Dort begann er seine Lehre als
Tempeldiener im Ordo Astraeli. Doch schon bald wurde
er von einem Mann angesprochen, der ihn fragte ob
er diese doch recht eintönige Aufgabe als Tempeldiener
immer fortführen wolle oder ob es ihm nicht viel
mehr nach Abenteuern reizte. Jung und naiv wie Jamel
damals war stimmte er begeistert zu dem Mann zu
folgen und schon am nächsten Tag wurde er als
Botenjunge in die Oculus Ecclesiae aufgenommen. Seit
jenem Tag hatte er ihr stets treu gedient.
Doch nun war er hier auf diesem Schiff und hatte
in den vergangenen Tagen die Fische öfters gefüttert
als ihm lieb sein konnte. Wenigstens ging es dem
Jungen gut. Benion war wirklich ein süßes Kind.
Er beschloß, sollte er dies hier überleben, so würde
er sich eine schöne Frau in Hardhaven suchen und
sich auf Hügelau niederlassen. Schweren Herzens
würde er dem Prätor wohl seinen Austritt aus der
Oculus bekannt geben müssen. Falls es sie bis dahin
noch gab.
Er schreckte von seinen Gedanken auf, als er vom
Kapitän unsanft in die Seite gestoßen wurde.
"Schlaf nicht, mein Junge. Sonst kann ich dir keine
Heuer auszahlen und du schuldest mir immernoch
einiges für die Ziege."
Er warf dem Kapitän einen ärgerlichen Blick nach
wie dieser davonwatschelte. Wenn der bloß wüsste
mit wem er es zu tun hat...
Dann fiel sein Blick auf einen der Schiffspassagiere.
Der Mann war, wie auch Jamel, in Rothenbucht
dazugestiegen. Seit dem hatte der Bote der Oculus
ihn nicht mehr aus den Augen gelassen. Er hatte
irgendetwas bedrohliches ansich, doch Jamel
konnte nicht konkret sagen was genau. Vermutlich
täuschte er sich so oder so. Seufzend tauchte
er den Wischmob wieder in den Wassereimer und
schrubbte weiter das Deck.

Eine dunkle Gasse im Vergnügungsviertels Draconis'.
Unsicher sah sich der Spion um. Vom nahegelegenen
"Vitamahaus", wie es sich selbst nannte, klang
helles Gelächter der - wie er aus einigen anderen
Geräuschen erkennen konnte - offenbar sehr beschäftigten
jungen Damen des Hauses herüber. Sein Blick fiel
auf den Eingang der Spelunke neben der er Position
bezogen hatte, als ein lauter Schrei aus der Taverne
ertönte. Kurz darauf flog die Türe auf und ein
scheinbar bewusstloser Mann wurde von zwei starken
Kerlen auf die Straße geworfen. Die beiden warfen
dem Spion noch einen finstren Blick zu, dann begaben
sie sich wieder in die Taverne. Warum wollte sich
sein Kontaktmann auch ausgerechnet in dieser
götterverlassenen Gegend treffen, in die sich nicht
einmal mehr die Stadtwache wagte? Aber der Kontaktmann
versprach ihm wichtige Informationen über die
Attentäter des Einen und so hatte er sich schweren
Herzens hierher begeben. Seit dem Tod Veridons war
die Oculus in Panik verfallen und jeder verfügbare
Spion wurde gebraucht, so auch er. Als sich eine
geduckte Gestalt näherte schreckte er aus seinen
Gedanken auf. Das musste der Kontaktmann sein.
Die kleine Gestalt, die offenbar unter einem
krummen Rücken litt, kam nur langsam näher, bis
sie schließlich dicht vor ihm zu stehen kam.
Eine flüsternde Stimme ertönte.
"Ich habe euch schon erwartet."
"Selbes gilt auch für mich. Welche Informationen
habt ihr also für mich? Sprecht rasch und ich
werde euch reich belohnen."
"Das ihr gleich sterben werdet."
Mit diesen Worten warf die gebückte Gestalt den
Umhang beiseite und noch bevor der Agent der Oculus
von dem verfluchten Messer durchbohrt wurde erkannte
er seinen Irrtum. Denn unter dem Umhang steckte
keinesfalls ein Buckliger sondern vielmehr einer
jener, die er gesucht hatte. Ein überlegenes
Grinsen zeigte sich im Angesicht des Attentäters,
als der Spion zu Boden sank und von Galtor
empfangen hatte, der ihn zu Morsans Hallen geleitete.
Doch das Grinsen sollte nicht lange anhalten.
Im nächsten Augenblick wurde er von einem Pfeil
herumgerissen, der ihn in die Schulter traf.
Stöhnend ging auch er zu Boden. Eine Gestalt kam
aus dem nahen Schatten auf ihn zugerannt und
beugte sich über ihn.
"So, nun werden wir uns unterhalten. Und wenn
ihr Glück habt lasse ich euch schnell sterben.",
flüsterte Veridon dem nun winselnden Attentäter zu.


To be continued...

_________________
Benion - vita et amor - Pater Brown Verschnitt, Häretiker und Lord der Vitamith - Geburtshelfer: 8 mal - Ehejahre-Rekordhalter
Querdenker aus Leidenschaft.


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BeitragVerfasst: 25.09.04, 17:41 
Altratler
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Viel hatte der Diener des Einen ihm nicht mitteilen können,
doch immerhin kannte Veridon nun einen der Treffpunkte
an dem sich die Attentäter von Zeit zu Zeit versammelten
um neue Aufträge entgegen zu nehmen und den Segen ihres
Herren zu empfangen. Es handelte sich dabei offenbar
um ein altes Lagerhaus am nördlichen Ende des Hafens -
nahe an der Stelle wo seine Frau in Morsans Hallen
eingegangen war, aber davon wusste der Spion nichts.
So kam es also, dass er verkleidet als einfacher Arbeiter
am selben Pier Waren hin- und hertrug, an dem auch
das Schiff nach Rothenbucht gelegen hatte. Unauffällig
beobachtete der dabei stets dieses eine Lagerhaus.
Zwei Tage vergingen, bis er endlich einige dunkle
Gestalten bemerkte, die sich in Abständen dem vermeindlichen
Treffpunkt näherten.
Als nach einiger Zeit niemand neues mehr erschien,
entschied der Spion, dass er nun das Risiko eingehen
konnte. Er stellte den Sack mit Korn, den er eben noch
auf der Schulter getragen hatte, neben einigen Kisten ab
und schlich vorsichtig an den Eingang der Versammlungsstätte
heran. Das Schloß hatte er nach wenigen Augenblicken
mit Hilfe eines Dietriches geöffnet, dann schwang die
Tür nach innen auf. Er blickte in eine schwarze Leere
und es dauerte, bis er begriff, dass sich vor ihm ein
dunkler Vorhang befand, der einen kleinen Vorraum vom
Rest der Halle abschirmte. Leise schloß er die Türe
wieder hinter sich und näherte sich dem Vorgang. Nun konnte
er gedämpfte Stimmen hören. Offenbar war gerade ein Streit
im Gange. Vorsichtig linste Veridon durch einen Spalt im
Vorhang, doch schon im nächsten Moment schlug er diesen
ganz beiseite, nur um verblüfft in eine leere Lagerhalle
zu blicken, die jediglich durch einige im Dach eingelassenen
Fenster beleuchtet wurde. Wo waren sie nur? Er konnte
noch immer die Stimmen hören, deutlicher als zuvor, wenn
auch noch nicht wirklich klar.
Der Agent tat einige vorsichtige Schritte in die Halle
herein, als seine feinen Ohren ein Geräusch hinter ihm
wahrnahmen. Er wollte sich herumdrehen, doch im selben
Augenblick spührte er, wie sich ein dünnes Lederband um
sein Hals legte. Dann wurde daran gezogen. Mühevoll
schnappte er nach Luft. Er stieß mit seinem Ellenbogen
nach hinten, was mit einem dumpfen Aufstöhnen quitiert
wurde. Der Druck um seinen Hals löste sich und es gelang
ihm sich herumzudrehen, nur um seinem Angreifer den
Handballen in den Magen zu stoßen. Dieser taumelte einige
Schritte rückwärts gegen eine Wand. Er hatte keine Zeit
sich zu erholen, denn schon war Veridon heran und
schickte ihn mit einem Schlag gegen die Schläfe ins Land
der Träume.
Du wirst alt, dachte sich der Spion, als er schwer atmend
auf den am Boden Liegenden hinabblickte. Langsam wandte er
seine Aufmerksamkeit wieder der Halle zu, doch irgendetwas
war nun anders. Plötzlich wurde er sehr unruhig. Die Stimmen
waren verschwunden. Hatte die Versammlung schon ein Ende
gefunden? Oder war sein Kampf nicht unbemerkt geblieben?
Seine Frage sollte nicht lange unbeantwortet bleiben, denn
im nächsten Augenblick löste sich aus dem Schatten in einer
Ecke der Halle ein Pfeil und bohrte sich in Veridons Schulter.
Fluchend taumelte er einige Schritte hinter den Vorhang
zurück und riss sich den Pfeil dann mit einem Ruck aus der
Wunde, was allerdings nur dazu führte, dass er kurzzeitig
bunte Sterne vor den Augen sah. Schnell überdachte er
seine Lage. Er war verwundet und deshalb nicht voll
Einsatzbereit, außerdem tummelten sich dort draußen in
der Halle eine unbekannte Anzahl von Attentäter - Minus
Eins, fügte er grimmig in Gedanken hinzu - von denen
mindestens einer über einen Bogen verfügte. Doch wenn er
jetzt fliehen würde, dann würde der Treffpunkt aufgegeben
und er dürfte von vorne anfangen. Diese zeitliche Verzögerung
konnte er sich aber nicht erlauben, wenn er das Leben
der Spione der Oculus retten wollte. Der Entschluss war
also schnell gefasst. Er beugte sich eilig hinab und
zog mit der rechten Hand die beiden Teile der
zusammensteckbaren Armbrust aus den eingenähten Taschen
seiner Hose. Obwohl er den linken Arm kaum bewegen konnte
hatte er die Armbrust innerhalb weniger Sekunden zusammengesetzt
und mit einem Bolzen aus einer weiteren geheimen Tasche
geladen. Dann näherte er sich wieder dem Spalt im Vorhang.
Alles war ruhig in der Halle. Etwas staub rieselte von
einem der Dachbalken hinab und wurde im einfallenden
Licht erhellt. In dem Schatten, aus dem zuvor der Pfeil
angeflogen kam, war nichts zu erkennen. Seine Sinne
arbeiteten auf Hochtouren und er spührte deutlich
die Gefahr, doch noch konnte er nicht ihren Ursprung
bestimmen. Ein weiteres Mal ließ er seinen Blick über die
Leere der Halle wandern, als er reflexartig den Kopf
zurückzog. Und tatsächlich, im nächsten Augenblick bohrte
sich ein Pfeil dort in den Vorhang, wo eben noch sein
Kopf gewesen war. Doch woher war er gekommen? Veridon
meinte kurz vor dem Schuß ein Aufblitzen in seinem linken
Augenwinkel gesehen zu haben. Es half nichts, er musste
das Risiko eingehen. Also trat er einige Schritte vom
Vorhang zurück, holte tief Luft und machte dann einen Satz
auf den Spalt zu, warf sich auf den Boden und rollte
sich gekonnt ab. Als er wieder auf den Knien war - nun
innerhalb der Halle - schoß er ohne groß zu zielen auf die
Stelle wo er meinte das Aufblitzen wahrgenommen zu haben.
Ein Schrei ertönte und dann ein dumpfer Aufschlag. Und,
sehr zu Veridons Freude, auch der stechende Schmerz eines
in der Brust steckenden Pfeiles blieb aus.
Erst jetzt erkannte er, dass der Bogenschütze sich
offenbar auf einem Laufsteg befunden hatte. Falls er bis
jetzt unbemerkt geblieben war, dann hatte der Sturz
des Mannes aus drei Schritt höhe und der folgende Aufprall
nun sicher alle Wachen alamiert.
Den pochenden Schmerz in seiner Schulter ignorierend
schlich der Spion weiter voran. Doch noch immer blieb
alles merkwürdig ruhig in der Halle. Es dauerte auch
nicht lange, bis Veridon die Geheimtüre am anderen
Ende der Halle entdeckt hatte. Sie war nur angelehnt und
als er sie kurzerhand aufschwang, dabei bereit jeden mit
einem Bolzen zu durchbohren, der sich hinter ihr befinden
könnte, fiel sein Blick nur auf eine Wendeltreppe, die
scheinbar in den Keller des Lagerhauses führte. Die
Armbrust würde ihm nun wenig helfen, also legte er sie
auf den Boden und zog mit einem metallischen Schaben
den dünnen Degen hervor.
Als er den Fuß der Treppe erreicht hatte, fand er sich
vor einer Abzweigung wieder. Der linke Gang führte stetig
aufwärts, bis er in der Ferne an einer Türe mündete unter
dem ein blasser Lichtschein hindurchfiel. Offenbar war
dies ein zweiter Eingang zur Lagerhalle oder aber ein
Fluchtweg. Der rechte Gang führte zurück unter den
Boden des Lagers und wurde schon in fünf Schritt
Entfernung von einer weiteren Türe blockiert. Veridon
entschloss sich diesen Weg zu nehmen. Er tastete sich
zur Türe vor und lauschte an ihr, doch er konnte kein
Geräusch hören. Also drückte er den Knauf der Türe hinab
und öffnete sie. Hinter ihr befand sich ein kleiner Raum,
der von dutzenden von Kerzen beleuchtet wurde. Der Spion
musste nicht erst auf das blutrote Pentagramm hinabschauen
um zu spühren welche mächtige Magie und welche Bosheit
sich in diesem Raum angesammelt hatte. Er trat einige
Schritte in ihn hinein, doch von einem weiteren Ausgang
war nichts zu sehen. Plötzlich ertönte hinter ihm
ein kaltes Lachen.
"Oh Veridon, das hat aber lange gedauert."
Schauernd drehte sich der Angesprochene herum und sah
direkt in die Augen des Anführers der Attentäter: Melzar.
Und neben ihm stand der dunkle Magier.

Müde von der Tagesarbeit begab sich Jamel unter Deck
um nach Benion zu sehen. Er machte sich Sorgen um ihn.
Das Kind schrie in der letzten Zeit immer öfter, offenbar
vermisste es seine Mutter. Und bei aller Ausbildung die
er in der Oculus genossen hatte: wie man eine gute Mutter
war hatte man ihm nie beigebracht. Und alles was von
Benions Mutter nun noch übrig war, war ein Lederarmband,
dass er bei ihm gefunden hatte. Scheinbar sollten dort
der Namen des Junge eingenäht werden, doch die Mutter hatte
dafür keine Zeit mehr gefunden. Er wusste nicht ob es
Mitgefühl für den Jungen war oder einfach nur langeweile,
jedenfalls hatte er sich vor einigen Tagen hingesetzt und
mit einem Stück Kohle den Namen des Kindes auf das Armband
geschrieben. Das würde zwar nicht lange halten, aber
vielleicht fand sich ja im Tempel Vitamas eine junge
Novizin, die das Armband besticken könnte. Wie so oft
in letzter Zeit schweiften seine Gedanken zu dem Ziel
dieser Reise ab, dass sie nun bald erreichen müssten.
Was würde Hügelau für Benion bedeuten? Was würde es für
ihn bedeuten?
Als er einen Schrei hörte blickte er erschrocken auf und
spurtete den Gang entlang. Ihn überkam ein unheilvolle
Vorahnung und tatsächlich: als er um eine Ecke bog, bot
sich ihm ein erschreckendes Bild. Am Boden lag eine
tote Frau in einer Blutlache. Offenbar hatte sie den
unheimlichen Passagier aus Rothenbucht dabei erwischt
wie dieser sich über Benion gebeugt hatte, denn genau
das tat er in diesem Moment wieder. In seiner Hand hielt
er einen großen glitzernden Dolch, von dem ein dünnes
Blutrinnsal hinablief. Doch der Mann kam nicht mehr zum
Zustechen, denn im nächsten Augenblick hatte sich
Jamel gegen ihn geworfen und riss ihn zu Boden. Es folgte
ein Handgemänge, bei dem es dem Boten nicht gelang
die Überhand zu gewinnen. Der Attentäter rammte ihm
das Knie in den Bauch, worauf er rückwärts gegen eine
der Schiffswände stolperte und dort benommen hinabsank.
Dies wäre vermutlich sein Ende gewesen, wäre nicht gerade
jetzt der Kapitän des Schiffes, aufgeschreckt durch den
Lärm, herangeeilt gekommen.
"Verfluchter Klabautermann, wat isn hier los?" schimpfte
er vor sich hin. Der Attentäter war davon so überrascht,
dass er die Flucht ergriff. Doch Jamel war schon wieder
auf den Beinen und spurtete ihm nach. An der Treppe
hinauf zum Deck des Schiffes hätte er ihn beinahe erwischt,
wenn ihn nicht der Fuß des Angreifers an der Schulter
getroffen und ihn die Stiegen wieder hinabpurzeln
gelassen hätte. Durch diese Zwangspause in der Jagd
kam Jamel endlich wieder zu Besinnung. Er erinnerte sich
über seine Ausbildung in der Oculus, die zwar nicht so
gut wie die der Spione gewesen war, aber trotzdem ein
großes Feld in Kampftechniken umfasst hatte. Entschlossen
dem ganzen ein Ende zu bereiten zog er das versteckte
Messer aus seinem Stiefel und folgte dem Attentäter hinauf.
Dieser hatte ihn jedoch schon erwartet und traf ihn mit
einem harten Schlag ins Gesicht, der seine Nase brechen ließ.
Aber noch wollte er nicht aufgeben, wieder setzte er dem
Diener des Einen nach und stellte ihn schließlich am Bug
des Schiffes. In die Enge getrieben wählte dieser die
Flucht nach vorne und führte mit dem Dolch, den er noch
immer bei sich trug einen Stich nach vorne. Geschickt
wich ihm Jamel zur Seite hin aus und nutzte die entstandene
Lücke um seinem Gegenüber einen Schnitt am Arm zuzufügen.
Doch der Verletzte geriet nun vollends in Panik und stach
wie wild auf Jamel ein. Nur mit Müh und Not konnte er die
Angriffe abwehren, doch er wurde zurückgedrängt. Überrascht
spührte er den Mast des Seglers in seinem Rücken und
noch immer war keine Hilfe unterwegs. Schließlich gelang
es ihm doch Jamels Abwehr zu durchbrechen und der Dolch
bohrte sich tief in den Boten der Oculus. Etwas erstaunt
schaute er in die hämisch dreinblickenden Augen des
Attentäters, der nun seine Angriffe eingestellt hatte um
sich ganz an den Anblick des Sterbenden zu weiden. Doch
noch war Jamel nicht tot. Wie als hätte Bellum ihm Kraft
verliehen führte er einen gewaltigen Faustschlag gegen
den Angreifer, worauf dieser rückwärts in Richtung der
Reling taumelte. Dann setzte er ihm in einer letzten
Anstrengung nach, warf sich gegen ihn und flog schließlich
gemeinsam mit ihm über Bord.

"Melzar... du?", schwere Enttäuschung schwang in der Stimme
Veridons mit.
"Ja, ich, du Narr."
"Aber... warum? Ich habe dir vertraut! Verdammt, Melzar, du
bist sogar Benions Pate!"
Der Dunkle lachte schallend auf.
"Der Pate eines Sohnes eines Versagers. Oh... wie fühle
ich mich geehrt. Nun ja, vermutlich ist der Junge ohnehin
schon längst tot. Den Attentäter den ich schickte, war
einer meiner besten."
Veridon schwankte bedrohlich. Sollte diese Schlangenbrut
nun auch noch seinen Sohn gemordet haben? Aber nein,
irgendetwas sagte ihm, dass es nicht so wahr. Und aus
diesem Gefühl gewann er kraft.
"Dann nehme ich an, dass ich nun der nächste bin, der Sterben
soll."
"Du hättest schon längst tot sein sollen, hätte meine rechte
Hand", er warf einen kurzen Seitenblick auf den Magier,
"nicht versagt. Aber gütig wie ich bin, werde ich ihm nun
eine zweite Gelegenheit lassen das zu vollenden, was er
angefangen hat."
Damit gab er dem Magier ein Zeichen, der einen Schritt nach
vorne tat.
"Du hast mir immernoch nicht gesagt, warum du die Oculus
verraten hast, Melzar."
"Die Oculus... pah. Denk in GROßEN Massstäben, Veridon. Die
O.E. ist erst der Anfang. Und wenn wir euch kleine Wichtigtuer
endlich ausgeschaltet haben, dann hält uns nichts mehr aus
SEINE Wahrheit zu verbreiten. Die einzige Wahrheit."
Melzar gab dem Magier ein weiteres Zeichen, sich bereitzuhalten.
"Eine Frage musst du mir noch beantworten, Melzar. Warst du
schon immer so? Hast du uns von Anfang an getäuscht? Hast du
mich von Anfang an getäuscht?"
Kurz flackerte es etwas unsicher in den Augen des Anführers,
doch dann schien etwas inneres die Überhand zu gewinnen und
er lachte wieder mit diesem kalten Lacher auf, der so
verschieden von Lachen war, dass Veridon jeher von seinem
Freund gekannt hatte.
"Du bist ein Trottel, Veridon. Ja, ich habe euch die ganze
Zeit hinters Licht geführt. Dich und deine ach so tolle
Oculus. Und nun weiß ich alles über euch. Und ich werde
es gegen euch verwenden. Aber keine Angst, dass musst du
nicht miterleben, denn du wirst nun sterben."
Mit diesem Worten begann der Magier ein paar Worte zu
murmeln, doch der Blitz, der sich von seinen Fingern löste,
traf nur ins Leere. Veridon hatte sich über seine verletzte
Schulter abgerollt, was den Schmerz zwar nur noch schlimmer
machte, aber gleichzeitig auch Unmengen von Adrenalien in
sein Blut pumpte. Noch bevor der Magier die Gelegenheit
hatte ein weiteres Mal einen Blitz auf den Spion zu schicken
wurde er von einem Wurfmesser getroffen und brach tot
zusammen. Melzar schenkte ihm nur einen kurzen Blick.
"Na ja, so hast du mir zumindest die Arbeit abgenommen
ihn für sein Versagen zu bestrafen."
Mit diesen Worten zog er ein langes dunkles Schwert
hervor. Veridon rappelte sich mühevoll wieder auf.
"Weißt du, was die Ironie an dem ganzen ist, Melzar?"
"Bitte verschone mich mit deinem geistigen Tiefflug."
"Ich werde dich mit den Waffen töten, die du mir
verkauft hast."
Damit machte Veridon einen schnellen Satz nach vorne und
stach mit dem Degen in die Richtung seines ehemaligen
Freundes. Doch dieser war offenbar auf den Angriff
vorbereitet gewesen und wich mit einem Schritt zur Seite
aus, nur um im selben Augenblick sein Schwert gegen
die Hüfte des Spions zu lenken. Der Treffer wäre ihm
auch gelungen, hätte sich sein Ziel nicht mit einer
Rolle vorwärts in Sicherheit gebracht. Veridon erkannte,
dass er in Schwierigkeiten war. Der Säbel war zwar eine
feine Waffe. Schnell und tödlich wie ein Skorpion, doch
er konnte damit keine Schläge eines Langschwertes abwehren.
Also warf er den Säbel kurzerhand beiseite und zog aus
seinem Gürtel die zwei Dolche.
Es begann eine Art Tanz, schön und tödlich zu gleich: der
Eine, bewaffnet mit einem Langschwert, dass er mit tödlicher
Präzession gegen seinen Gegenüber schwang, der Andere, nur
mit zwei Messern bewaffnet, wehrte jeden dieser Schläge
ebenso gekonnt ab. Sie wirbelten herum, sprangen in
die Höhe oder duckten sich unter einem Angriff
hinweg. Schon längst hatten sie einige der Kerzen
umgestoßen und am Rand des Raumes war ein Feuer ausgebrochen,
dass sich langsam ausbreitete. Veridon überkreuzte beide
Dolche um so eine Schere zu bilden, die den gegen seinen Kopf
geführten Schlag Melzars abwehrte. Seine Schulter schmerzte
schlimmer denn je, aber er durfte jetzt keine Schwäche
zeigen.
"Du kämpfst gut, alter Freund.", brachte Melzar höhnisch
hervor.
"Und du kämpfst wie meine Großmutter."
Veridon löste die Schere, rollte sich am Arm des Attentäter
Anführers ab und verpasste ihm dann einen kräftigen
Tritt in den Rücken, der diesen einige Schritt vorwärts
gegen die Wand stolpern ließ. Doch er hatte keine Zeit
zu verschnaufen, denn Melzar drehte sich schon wieder herum,
richtete seine Klinge auf die Brust des Spions und stürmte
auf ihn los. Der Klinge konnte er ausweichen, doch wurde
er durch den Aufprall der Körper trotzdem von den Füßen
gerissen und flog im hohen Bogen zu Boden. Benommen sah er
zur Decke, als Melzar sich ihm näherte und sich über ihn
beugte, dabei die Spitze des Schwertes an Veridons Kehle
legend.
"Dies ist also das Ende des glorreichen Veridons. Geweihter
des Schwesternschwängerers, Spion der Oculus Ecclesiae und
Narr bis zum Schluß. Lebe Wohl."
Veridon machte sich auf sein Ende gefasst, doch im selben
Moment löste sich ein Deckenbalken, der vom schwelenden
Brand gelöst worden war und stürzte auf den Hinterkopf
Melzars hinab. Dieser verdrehte die Augen und glitt
langsam wie in Zeitlupe nach vorne, was unweigerlich
den Tod Veridons bedeutet hätte, wäre dieser nicht so
geistesgegenwärtig gewesen sich beiseite zu rollen. So
versenkte sich das Langschwert seines ehemaligen Freundes
nur in den Boden des Raumes, als dieser zu Boden stürzte.
Einen Augenblick überlegte Veridon, ob er Melzar nun
töten sollte, doch er entschied sich dagegen. Er war
immerhin sein Freund gewesen und als solcher verdiente er
es nicht bewusstlos umgebracht zu werden. Außerdem würde
das Feuer, dass nun schon die Hälfte des Raumes einnahm
und das Atmen zu einer Qual werden ließ, so oder so den
Rest erledigen. An der Türe drehte sich Veridon noch einmal
herum, dann verließ er den Raum und das Lagerhaus.

"Ja, bitte?", die Geweihte Vitamas lächelte den Mann vor den
Toren des Vitamatempels freundlich entgegen.
"Eh... ich hab hier'n Jungen. Der wurd bei mir aufm Schiff
gefunden... eh... hinter ner Kiste." brachte der Kapitän
stotternd hervor. Er hatte es nach dem Tod Jemals, was er
für eine einfache Messerstecherei mit einem Passagier um
eine Frau hielt, wobei leider alle drei ums Leben gekommen
waren, nicht über sein Herz gebracht den unversehrten
Benion über Bord zu werfen. Und so entschloss er sich zwei
Tage später, als das Schiff in Hardhaven anlegte, das Kind
zu dem dortigen Vitamatempel zu bringen, denn der Vitamaorden
war dafür bekannt Weise aufzunehmen. Über die Herkunft des
Kindes wollte er aber lieber schweigen, daher die Ausrede
mit der Kiste.
"Oh ist der süß!", die Geweihte streckte dem Mann lächelnd
die Arme entgegen und betrachtete das Kind. Dieser legte
ihr den Jungen recht unbeholfen in die Arme.
"Wie heißt er denn, der Kleine?"
"Äh... ick weiß nich so recht. Aber auf dem Lederband
da stand was von Benion... is aber abgegangen, war wohl
blos Kohle."

Die Oculus fand niemals heraus, wem sie es zu verdanken
hatte, dass die Attentäter des Einen ausgelöscht wurden.
Es schien wie ein Wunder Bellums zu sein, dass ausgerechnet
die Lagerhalle Feuer fing und niederbrannte indem kurz
zuvor eine Versammlung stattgefunden hatte. Ihres Anführers
beraubt konnten die letzten Attentäter von der Oculus
ausfindig gemacht werden und einige von ihnen berichteten
im Verhör, bei dem sie leider ums Leben kamen, davon, dass
der Waffenschmied Melzar ihr Anführer gewesen sei. Scheinbar
hatte er sich zum Zeitpunkt des Feuers im Lagerhaus
befunden. So wurde dieser Fall abgeschlossen und in das
Archiv verbannt. Der Spion Veridon galt weiter als tot.
Zwar berichteten einige Spione einige Monate später sie
hätten einen Mann an der Westgrenze Heredons gesehen, der
ihm sehr ähnlich sah, doch man wollte die Toten ruhen
lassen und so wurden keine weiteren Nachforschungen
angestellt.
Auf dem Morsansacker in Draconis wurde wenige Tage nach
dem Lagerhausbrand ein Grabstein aufgestellt mit der
Inschrift "Delia und Veridon - Kesselflicker - In Vidor
vereint". Das Grab jedoch barg nur eine Leiche...

_________________
Benion - vita et amor - Pater Brown Verschnitt, Häretiker und Lord der Vitamith - Geburtshelfer: 8 mal - Ehejahre-Rekordhalter
Querdenker aus Leidenschaft.


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