Nächtlicher Frieden überzog die Hafenstadt Brandenstein. Die Burgmagd hatte es zum nächtlichen Umtrunk in die Taverne gezogen. Am Tresen Platz nehmend drehte sich der Wirt ihr sogleich zu. Beide tauschten ein vertrautes Lächeln aus. Arnim, so der Name des Mannes, der heute hinter dem Tresen stand, stellte ihr ein Glas Wein hin und fragte dann leise. "Wie war Dein Tag?" Shaila rieb sich verspannt den Nacken, ehe sie mit flüsternder Stimme sprach. "Ach, recht ... Naja, nicht so gut." Arnim wischte mit einem Tuch den Tresen ab, während er die Magd mit nachdenklichen, vielleicht etwas besorgten Blicken betrachtete. "Was war denn los?" Einen tiefen Schluck nahm Shaila aus dem Weinglas, dann setzte sie ab und schmunzelte unwillkürlich. "Ich erzähls Dir."
Ein stiller Gedanke. Ihr war Langweilig. Was sollte sie machen? Wieder auf den Markt gehen und dort mit nihilistischem Intresse die arbeitende Bevölkerung beobachten? Warum eigentlich nicht. Es gab schlimmeres als eine Horde von Irren zu beobachten. z.B. eine Horde von so genannten "normalen" Adligen zu beobachten, die versuchen durch flapsige Bemerkungen sich die Stöcke gegenseitig aus dem Arsch zu ziehen. Flanierenden Schrittes, eine Tür hinter sich zu fallen lassen, betrat sie den Hof. Stein und Stufen dieses Teiles der Burg war gesäubert. Der Anblick erzeugte Euphorie, immerhin hatte sie das gemacht. Klackende Absätze konnte sie auf dem Stein hören und fuhr herum. Vor ihr stand ein Mann, der sie zwar überragte, aber von nicht sonderlich großer Statur war. Der Haaransatz des Herren war schon etwas zurück gewichen und sein Antlitz war ihr bekannt. Nur woher. Vorsichtig sprach sie. "Guten Tag, Herr ... Ähh ..." Er ließ sie einfach stehen, zog an ihr vorbei, im Schlepptau einen älteren Herren, der auf einen Stock gestützt ging. Woher kannte sie nur das Antlitz dieses kleinen Mannes? Rasch, wohl von Neugierde getrieben, folgte sie den Beiden in das Innere der Burg. Im großen Saal, der für Audienzen und Besprechungen ausgelegt war, hielt sie inne. Der Blick des kleinen Mannes, richtete sich auf sie. Auch der ältere Herr, der nun auf einem Stuhl Platz genommen hatte, blickte ihr entgegen. "Was wünsche Sie? Könne man ihr helfen? So stelle sie sich doch vor!" Die auffordernden Worte des edlen Herren, trieben ihre Erinnerungen an. Jetzt wusste sie wer er war. Sein Bildnis hatte sie im Büro des Marschall's gesehen. Ihro Gnaden, der Baron von Gerdenwald. Sofort erhob sie die Stimme, nun von leichtem Unwohlsein beseelt. Wie konnte sie nur so respektlos sein? Warum hatte sie sich das Gesicht nicht gemerkt? "Shaila Raphael, Ihro Gnaden. Ich diene als Magd an eurem Hofe." Der Baron winkte nur reichlich genervt ab und nickte dann nebensächlich. "Sie könne meinem Besuch etwas zu trinken bringen, so dieser das wünscht." Kurz warf der Baron einen Blick auf den alten Mann. "Ein Glas Wein würde ich nicht ablehnen," sprach der alte Mann. Shaila verließ über die Treppe den Raum und machte sich auf den Weg zur Schenke im zweiten Stock. Aus den Kisten klaubte sie eine Weinflasche und zwei Kelche aus Eisen. Diese Sachen im Schlepptau, kam sie wieder herab in die Halle. Die beiden Männer waren in ein Gespräch vertieft und der alte Mann stellte sich vor. Gropp war sein Name, den Vornamen hatte sie nicht gehört. Herrn Gropp reichte sie den einen Kelch, um ihm sogleich einzuschenken. Danach erst schenkte sie auch dem Baron ein. Sie fing sich einen missbilligenden Blick ein. Der Fehler war ihr bewusst. Erst dem Hausherren einschenken, dann dem Gast. Doch man lernt aus Fehlern. An der Seite des Saales stellte sie sich an die Wand, um für Wünsche bereit zu stehen. Gedanklich war sie wo anderst und nur in weiter Ferne hörte sie die Konversation der beiden Männer. Scheinbar war der Baron davon überzeugt, dass jener Herr Gropp zu alt und unmobil war um den Posten als Berater anzutreten. Stattdessen wurde ihm eine Stelle als Hofschneider angeboten. Wunderbar, ein Schneidermeister im Hofstaat. Zwangsläufig hieße das, sie habe einer weiteren Person bedingungslos zu gehorchen. Ein weiteres riesen Baby das sich alleine nicht den Arsch abwischen konnte. Ein kleines Seufzer entwich ihr, woraufhin sie wieder einen bösen Blick des Barons einfing.
Den alten Mann hatte sie nach dem Gespräch hinaus geführt und aus der Burg gelassen. Dafür folgte ihr ein Nordmann nun in das Innere der Burg. Diese Khalandrier konnte sie nie leiden. Ihre raue Art war schändlich und manche von ihnen rochen penetrant nach Fisch. So etwas wollte sie sich nicht lange antun. So war es nicht verwunderlich, dass sie sich beeilte und ihn in die Audienzenhalle führte. Wieder am Platz an der Wand angekommen, blieb sie dort verharrend. Der Nortrave setzte sich nicht mal, er blieb nur stehen, sah den Baron an und fragte dann reichlich direkt. "Ick wollt nu' ma' frachen ob dee Burchpersonal ne eichene Tavern hat. Weil bei mi in der Tavern is' nie Einer von dee Burg drin." Das diese Frage den Baron aufbrachte, war keineswegs verwunderlich. Ein Hausierer, mehr war dieser Mann nicht. Er wollte Werbung für die Seeschlange machen. Gefliesslich verschwieg der Baron dem hünnenhaften Nortraven, dass das Baronshaus eine eigene Taverne besaß. "Also ick hab jedacht, dat wir Dir wat zu essen und so liefern könn', wat meinst?" Der Baron wich den Worten gefliesslich aus, indem er ihm versicherte, dass jemand aus dem Hofstaat sich bei ihm melden würde. Shaila erhob nun das Wort und schnitt so dem Lehensherren von Gerdenwald das Wort ab. "Herr, ich greife auch dem Lagerverwalter unter die Arme. Ich könnte mit Frau Merseck darüber reden. Das tat ich auch schon." Der Kopf des Barons nahm eine ungesund rote Farbe an, ehe er schrie. "Schweig, Magd." Sofort war Ruhe im Saal. Shaila senkte den Kopf verlegen dreinschauend ab und nickte einmal leicht. Mittlerweile hatte auch ein Rekrut den Raum betreten. Darn, ihr Geliebter. Wirklich die letzte Person die sie jetzt sehen wollte. Seine Unachtsamkeit ihr gegenüber machte sie krank. Er war nur verliebt in diese Uniform. Darn führte den Nortraven heraus. Der Baron winkte nun seine getreue Magd heran. "Es ist nicht üblich, dass man Ihm ins Wort fällt. Wenn man alleine ist, gehe das in Ordnung, doch nicht im Beisein von Außenstehenden. Habe man verstanden?" Shaila nickte zwei mal gelehrig und verständig. Dann ging sie wieder auf ihren Platz.
Kurz darauf kam Darn wieder herein. Ein Ork begleitete ihn. Diese Kreaturen konnte Shaila nicht leiden. Immer wenn sie diese Wesen sah, dachte sie an einen schlimmen Vorfall. Damals war sie zusammen mit einer Freundin im Wald unterwegs gewesen. Dort begegneten sie einer solchen Grünhaut. Der Ork war nicht gerade friedlich, das Resultat war ein gebrochenes Bein bei ihr und eine gebrochene Schulter bei ihrer Freundin. Da sie mittlerweile jedoch begriffen hatte, dass man den Gästen des Barons etwas anzubieten hat, ging sie auf den Ork zu und fragte ihn leise nach seinem Begehr. "Prinkäntzh Glitzähr!" Ein schallendes Lachen entwich dem Grünling und eine kleine Wolke stinkendem Atem schlug der Magd ins Gesicht. Fast wäre sie in Ohnmacht gefallen und nur mit Mühe und Not konnte sie die Fassung waren. "Aphärh uoarg aukh nämänthz Zhnapz!" Shaila nickte kurz und rannte dann förmlich zur Treppe. Rasch war sie aus dem Raum verschwunden und schnappte ihm ersten Stock erstmal frische Luft. Ihr war Übel durch den Gestank und nur langsam wich dieses Gefühl. Aus der Hausinternen Taverne holte sie eine Flasche Schnaps und einen Kelch. Wieder in der Halle, reichte sie dem Ork den Kelch. Diesen nahm er zwar, grabschte aber auch nach der Flasche, doch entzog die Magd diese ihm. Der Ork gab protestierende Grunzer von sich, ließ sich dann aber Einschenken. Die Flasche umarmt haltend machte sich Shaila dann wieder auf den Weg zu ihrem Platz, um dort zu verharren. Das Gespräch zwischen Baron und Ork war mehr als amüsant, vorallem da sich Beide dutzten. Am Ende stellte der Baron den Ork sogar für "spezielle Aufträge" ein. Wieder brachte Darn den Gast hinaus.
Ein paar Augenblicke später kam Darn herein und deutete mit leicht verwirrter Miene zur Türe. "Ihro Gnade, eine Gewisse Frau Morgan bittet um eine Audienz." Der Baron hob seine Brauen, seltsam geschockt kam das der Magd vor. Scheinbar kannte er eben jene Frau Morgen. "Nun, ähh, man bringe sie herein." Wieder ging Darn nach darußen, um kurz darauf mit einer kleinen, quierlichen Person wieder herein zu kommen. Ziemlich hektisch wirkte dieser kleine Gnome, gekleidet mit ihrem geliebten Hut "Hannah". "Grüße Grüße! Ich wollt mit dir sprechen! Ich wollte in die Wache! Aber die sagten das geht nicht! Hab mit dem Marschall geredet! Lehensritter wollt ich auch werden! Bin aber zu klein! Aber der Marschall sagte Herold wäre was! Ja, Herold! Brauchst du einen Herold!" Der Wortschwall brach über die drei Anderen im Raum nur so herein. Shaila hatte den Mund leicht geöffnet und starrte die kleine Närrin mit einem Ausdruck an, den man nur offeriert, wenn man etwas wirklich widerliches betrachtet. Der Baron saß versteift auf seinem Sessel und hatte die Augen zu kleinen Schlitzen verzogen. Darn stand da, fasste sich immer wieder an die Stirn und atmete desöfteren tief durch. Da der Baron dieser kleinen hysterischen Frau nicht ganz Herr wurde, schnitt er ihr rasch das Wort ab. "Vielen Dank Frau Morgan. Wir.. ähh ... haben im Moment keinerlei Verwendung für ... für ... für jemanden wie Euch. Der Rekrut wird euch hinaus geleiten." Darn war schon nach vorn getreten, wohl um das nimmermüde redende Etwas nach draußen zu geleiten. "Geschichten kann ich aber erzählen! Ich erzähl dir eine! Ich erzähl dir wie ich Angelkönigin geworden bin!" Ein tiefes Seufzen durchzog den ganzen Raum. Wie im Chor war dieses dem Baron, Darn und der Magd entwichen. Der Rekrut griff nun sanft nach dem Arm der Schelmin, diese machte wie von der Biene gestochen einen Satz zurück. "Nicht anfassen! Ich komm ja mit!" Danach verließ das ungleiche Paar den Saal. Shaila dagegen ging auf den Schreibtisch des Barons zu und schenkte dessen, mittlerweile leeren Kelch mit Schnaps voll. Die Flasche hatte sie nach dem Besucht des Orken bei sich behalten. Sofort griff der Baron nach dem Kelch und nahm einen zierlichen Schluck, ehe er die blasierte Miene verzog.
Wird fortgesetzt ...
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"It seems as if heaven had sent its insane angels into our world as to an asylum, and here they will break out into their native music and utter at intervals the words they have heard in heaven; then the mad fit returns and they mope and wallow like dogs." Ralph Waldo Emerson, 1841
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Zuletzt geändert von Shaila: 7.09.04, 23:45, insgesamt 1-mal geändert.
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