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 Betreff des Beitrags: Sterne
BeitragVerfasst: 19.09.04, 01:24 
Altratler
Altratler

Registriert: 9.09.04, 20:53
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(Siebenwind'scher Krimi. Frei nach Agatha Christie's "Mord im Orientexpress" ;))

Auf und ab. Auf und ab. Stetig. Getragen von sich leicht wogenden Wellen gleitet das Schiffe, genannt nach einem jener welcher einst in dem ihrigen Leben etwas erreicht hatten, über die Weiten des Wassers. Unendlich? So man seinen eigenen Augen zu trauen vermochte, ja. Himmel und Meer, sich berührend, verschmelzend an jenem Punkte an welchem die Sonne Tag für Tag dieser langen Reise zu versinken pflegte. Des Schlafes Trägheit und wohliger Ruhe über die Welt ausbreitend..

"...die Sterne, Ann! Wie sie hier funkelnd und erhaben über uns stehen. Noch nie konnte ich sie in solcher Deutlichkeit erkennen. Selbst während unsren schönen gemeinsamen Zeiten nicht. Meine liebes Schwesterchen. Liegend unter jener alten, weisen Eiche, deren Äste sich krümend in den nächtlichen Himmel streckten. Wohl nach den leuchtenden Augen des dunkeln Zeltes greifend. Was hatten wir uns zu erzählen. Wir waren unser Halt. Du warst es, welche zu meiner Seite trat, so die Zeiten es verlangten. Vertrauen. Verständnis. Dankbarkeit. Die Sterne, Ann. Wie schön..."

Reges Treiben überschwemmt das Deck des kleinen Zweimasters. Kreaturen, geweckt von den durch die Ritzen der hölzernen Wände einfallenden ersten Sonnenstrahlen. Tummelnd. Das Gespräch untereinander suchend, wie sie es jeden Morgen tun. Ein oftmals kläglicher Versuch die Langeweile dieser ewigen Reise gen' neuen Landen zu dämpfen. Doch was haben sich Orken und Menschen zu erzählen? Welche zwergischen Geschichten, einst vorgetragen in grossen Hallen, wüssten es das Gemüt eines vom Stolze befallenen Hochelfen zu befriedigen? So erschallt es. Morgens. Jenes Gelächter und Geschwatze, das Gekeife und Geknurre. Das Rauschen des Meeres übertönend. Die Blicke, argwöhnisch, neugierig die Sonderlichkeiten des Gegenübers abwandernd. Man wolle mit ihnen ja nichts zu tun haben, doch wie solle man sich auf so engem Raume aus dem Wege gehen? So gebe man sich halt notgedrungen hin. Der Orken Gestank ist an der frischen, vom Salze getränkten Luft, ja noch im Bereiche des Erträglichen.

Nur langsam ihre Schritte. Lautlos berühren die glatten Fussohlen den rauen Holzboden. Das weisse wallende Kleid leicht anhebend. Der Vogel. Sitzend und wachsam auf der Schulter, den Kopf hastig zu allen Seiten drehend. Gedankenlos geht sie voran. Vorbei an jenem Trubel. Vorbei an den Geschöpfen Tares. Vorbei an jenem beinahe ironischen, täglichen Schauspiel. Nur langsam ihre Schritte.

Ein Schrei. Durchdringend und sich in den engen Gängen des schwankenden Gefährtes verlierend. Schweigen macht sich breit unter jenen, welche gerade noch die Neuigkeiten aus Falandrien und das neuste Gerücht über das königliche Hause im Munde hin und her drehten und die bittere Freude am Leide Anderer aus ihnen aussaugten. Zurück bleibt Stille...

"Ann, liebe Ann. Fremdes wandelt auf diesem Schiffe. Vieles ist mir nicht bekannt. Grosse Gestalten mit spitzen Zähnen und kleine mit Haaren auf ihren Füssen, wie wir sie auf dem Kopf zu tragen gewohnt sind. Nicht geheuer. Und so überraschen mich die neusten Ereignisse nicht. Lass mich es dir erzählen..."

...zurück bleibt Stille und die leise Melodie. Untergegangen unter dem Lärm. Dem Kenner der musischen Künste als Lied des Waldes bekannt, gespielt von flinken elfischen Fingern auf den Saiten einer Harfe. Ein weiterer Schrei, oder bezeichnen wir es als Kreischen, denn mit dem vorhergegangenen sei es kaum gleichzusetzten. Einer aufgeschreckten Meute Ratten gleich strömt die Menge in Richtung der Kajüten. Spekulierend. Hoffend. Einige werden belohnt.. Auf dem Boden, die Arme und Beine zu einem seltsamen Gebilde verrenkt liegt eine junge Frau. Rot. Blut sucht sich seinen Weg, dem Laufe der feinen Kerben im Boden folgend. Kleine Bächlein, begleitet vom sinnlichen Klange des Harfespiels und den entsetzten, mit einer Prise Erleichterung gewürzten Blicke der Anwesenden. Die Langeweile, sie ist vorüber.

"...und so banden sie ihren Körper in Bandagen aus feinstem Stoffe, trugen ihn hinauf an Deck und übergaben ihn der See. Ein grausiges Schicksal. Wahrlich. Ich habe Angst. Obwohl sie kurz nach jenem Funde einen der Grünhäutigen in Ketten legten und in eine dunkle Kammer sperrten. Etwas stimmt nicht. Die Angst, sie kriecht den meinigen Rücken hoch und setzt sich lauernd in meinen Nacken. Ich werde Turi losschicken mit diesem und jenen Briefen die ich bereits geschrieben habe. Soll er sie mit schnellem Flügelschlag zu dir geleiten, Schwesterchen. Freudig erwarte ich deine Antwort. Meine Gedanken sind bei dir."

Ein Gähnen verzieht sein raues und von einigen Narben und Falten durchfurchtes Gesicht. Schlurfenden Schrittes stolpert er die Treppen hinunter, immer darauf bedacht, den Teller mit dem stinkenden Essen, wohl jenes, das vor einigen Tagen bei einem üppigen Mahl an Deck übrig blieb, nicht zu verschütten. Welch tragischer Anblick. So haben sie ihm doch gesagt er solle zur See fahren. Eine vernünftige Arbeit, welche seine Eltern und seine notravische Abstammung mit Stolz erfülle. Und nun? Einen Teller in der Hand, keine Dukaten in der Tasche. Zu seinem überschwenglichen Glücke gesellt sich nun auch noch die Tatsache den persönlichen Diener eins stinkenden Orken spielen zu dürfen. Ein Grummeln. Ein Stolpern. Seinen wuchtigen Körper geschickt mit der einen Hand, stützend auf der von der Treppe gegenüberliegenenden Wand auffangend, landet der Teller und das köstliche Mahl scheppernd verteilt vor der Tür zur einzigen Zelle an Bord des Kutters. Den frühen Morgen verfluchend bückt sich der Bärtige. Die Esswaren einsammelnd. Anrichtend. Darüber pustend. Dann, mit nordländischer Flinkheit, zieht er einen Bund mit einigen gusseisernen Schlüsseln hervor, greift zielsicher einen derselben und steckt ihn ins Schloss. Wie er es schon zu oft getan hat. Reinstecken, drehen, klick, klack. Ganz einfach. Das darauffolgenden erneute Scheppern des Tellers dürfte auch jene Reisenden geweckt haben, welche das erste mit einem kurzen Schmatzen und Zurseitedrehen auf dem minder weichen Bette ignorierten. Nun war er wach. Vom Mute verlassen stürmt der Notrave die Treppe hoch, ein Bild zurücklassend, doch wohl niemals vergessend.

Schnell machte die Neuigkeit die Runde, einem Feuer, gelegt in der Trockenheit Endophals, nicht unähnlich. Der Mörder ermordet? So soll man sich wirklich getäuscht haben? Unmöglich. Man habe ihn gefunden, den stinkenden Orken, mit den eigenen eisernen Fesseln erwürgt. Und Aufgeschlitzt! Und die Zunge soll ihm rausgeschnitten worden sein! Und.. Neues Futter führ die achso hungrigen Passagiere. Es noch so gerne verschlingend und mit Einzelheiten, zwar nie dagewesen, aber dem Dagewesenen den letzten Schliff verleihend, ausschmückend. Schon beinahe nebensächlich wird die, wiederum in feinste Tücher gewickelte Gestalt über Bord geworfen. Wer war es? Zuerst vereinzelt, dann konkret, schleicht sich diese Frage in die angeregten Gespräche. Schnell ward ein neuer schuldiger gefunden. So er ja auch so merkwürdig ist. Den ganzen Tag unter Deck, in die Ecke zurückgezogen, die Harfe spielend und aus dem Wald soll er auch noch kommen.. Eindeutig schuldig.

Nur langsam ihre Schritte. Lautlos berühren die glatten Fussohlen den rauen Holzboden. Das weisse wallende Kleid leicht anhebend. Gedankenlos geht sie voran. Vorbei an jenem Trubel. Vorbei an jenen Beschuldigungen. Vorbei an jenem ironischen Schauspiel. Nur langsam ihre Schritte.

"...erinnerst du dich an jene Eiche, Ann? Nie werd ich sie vergessen. Die feine Rinde. Der Duft des Harzes, wie er allabendlich die Luft erfüllte. Das Rauschen der Blätter im Winde. Hast du dich jemals gefragt wieso wir uns so nahe stehen? Ich mich schon. Es scheint als kennst du mich besser als ich mich selbst. In jenen Stunden, Tagen und Wochen nach dem Tode unserer geliebten Eltern warst du für mich da. Tröstend. Ich sehe es vor mir wie ich sie damals fand. Liegend auf dem Boden. Von dem eben noch durch ihre Adern pulsierendem Blutes bedeckt. Mama und Papa. Noch immer trage ich jene Zeichnung bei mir, die einst ein begabter junger Maler von uns allen anfertigte, während eines Ausfluges, an einem sonnigen und warmen Tage wie diesem. Doch ich schwelge in Erinnerungen. Ann, ich hoffe meine Briefe haben dich erreicht und Turi findet seinen Weg zu mir zurück. Dieser hier wartet schon darauf zu dir zu gelangen..."

Das leise platschende Geräusch wird von einem erleichterten und mit Wehmut getränktem Ausatmen der Anwesenden begleitet. Nun ward die Sache erledigt. Wohl niemand hätte gedacht, dass sich hinter einem solch zierlichen, elfischen Körper eine Kraft verbirgt, die es fünf stämmigen Männern kaum ermöglichte, ihn über die Reeling und somit ins tiefe Blau des Meeres zu befördern. So soll an jenem Gerüchte etwas Wahres sein, dass die Elfen aus dem Walde und von den Wiesen Angst vor dem Wasser haben? Apropos Gerüchte und Geschichten... Ruhe scheint sich über dem Schiffe auszubreiten. Die Gespräche werden wieder aufgenommen. Geregelte Bahnen. Langeweile. Kreisend auch die Bahnen des Vogels, welcher sich in elegantem Fluge langsam dem Maste des Schiffes nähert. Und dann.. die einen mögen es geahnt haben. Ein Schrei.

Die Nacht. Die Stille. Dunkel und erdrückend liegen sie über dem schlafenden Schiffe. Nur langsam ihre Schritte. Lautlos berühren die glatten Fusssohlen den rauen Holzboden. Mit zitternder Hand hebt sie ihr weisses wallende Kleid an. Umschlingt mit der anderen ein Seil, aus der Dunkelheit fallend, nur zu erahnen, dass es am Maste des Schiffes befestigt ist, und steigt mühseelig auf die Reeling. Halt suchend.

"Ann, es ist etwas passiert. Turi ist zurückgekehrt. Er hatte Briefe dabei. Meine Handschrift, Ann. Es ward meine Handschrift auf ihnen. Wo bist du, Schwesterchen? Ich hab es hervorgenommen, jenes Bild. Von Uns. Mama, Papa, dir und mir. Du warst nicht darauf. Wieso warst du nicht auf dem Bild, Ann?"

Kühl, die spätabendliche Luft. Ruhig ihr Atem, getragen von kleinen Wölkchen. Aufsteigend. Ihr Blick findet zum Himmel, ehe sich ein Lächeln auf ihre Lippen legt.

"Dich gibt es nicht. Schwesterchen? Nie haben wir zusammen unter der alten Eiche gelegen. Nie lange, endlose Gespräche geführt. Doch bist du immer für mich da gewesen. Du bist auch jetzt hier. In mir. Ich habe vielen Menschen weh getan, Kummer bereitet. Mama. Papa. Den Passagieren, blind auf der Suche nach Hoffnung und einem Neuanfang auf Siebenwind. Bin ich krank?
Mein Kleid, Ann, mein schönes weisses Kleid, dass mir meine Mutter vor vielen Jahren gefertigt hat. Es ist nicht mehr weiss. Rote Flecken, überall diese roten Flecken."

Neckisch spielt der sachte Hauch des Windes mit ihren Haaren, während sie die Arme langsam ausbreitet und ins Tiefe Schwarz des Wassers blickt. Funkelnde Pünktchen. Tausende. Sich auf der ruhigen Oberfläche wiederspiegelnd.

"Mein letzter Brief an dich, Schwesterchen. Die Sterne! Ann, wie sie hier funkelnd und erhaben über mir stehen. Wie schön.. Ich werde zu ihnen gehen."

Mit wellender Eleganz schmiegt sich ihr weisses Kleid an ihren Körper. Ihn umgarnend. Während sie fällt und schliesslich Eintaucht in die Dunkelheit des Meeres. Und des Schlafes Trägheit und wohlige Ruhe breitet sich über ihre Welt aus.

Freudige Erwartung steht in den Gesichtern jener, welche, wartend auf Angehörige und Anvertraute, die, über den schmalen Steg aussteigenden Reisenden beobachtet. "Papa, Papa!" Ein kleiner Junge löst sich aus der Menge und rennt, wild mit den Armen fuchtelnd in Richtung des Piers. Von den offenen Armen eines älteren, wohlbetuchten Herren schon erwartet. Umarmung. Kuss. Kuss. "Papa, du warst lange weg. Wie war es denn mit dem grossen Schiff zu fahren?" Hand in Hand schlendern die beiden dem Pier entlang. "Ach mein Junge. Nichts zu tun. Nichts zu erleben. Und eine grosse Langeweile ward mit an Bord. Und soll ich dir was sagen?" Leicht weiten sich die Augen des Kleinen, während sich sein Vater zu ihm hinab bückt und einen Blick zurück zum Schiffe wirft. "Die Orken stinken ganz fürchterlich.."


Entstanden aus Langeweile. Vielleicht unterhälts ja den einen oder anderen.


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