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In sich versunken saß die junge Kriegerin am Feuer, die Laute auf dem Schoß, den Blick in die Flammen gerichtet, langsam, monoton ihr Schwert schärfend. Manchmal wollte sie einfach allein sein und dies war ein solcher Moment.
Sie dachte an die letzten Tage zurück. An den Felsen wie er auf Siebenwind nieder gekracht ist. Sie hatte Aufstieg und Fall betrachtet. So sah es also aus, wenn Larysei oder Engel, wie Merros sie mystifiziert bezeichnet hatte, fielen.
Noch immer fragte sie sich, weshalb es so gekommen war. Sie hatten erreicht was sie wollten oder nicht? Blieb nur die Frage, warum nicht Merros, Telkos, die grauen Eminenzen der Magierschaft oder ja, auch ihre Mutter, sich nicht an diesem Abend nahmen als sie wollten, als das Wesen kometenhaft aufstieg, frei, allein, ungeschützt. Nun, sie mußte auch nicht alles wissen.
Sie dachte an den jungen Krieger zurück, der ihr an dem Felsen sagte, daß dies das Ende des Krieges sei. Sie hatte es nicht übers Herz gebracht, ihm mit mehr als einem traurigen Kopfschütteln zu widersprechen. Welcher Krieg denn? Um Siebenwind? Schon lang zog dieser sich zurück, von den offenen Schlachtfeldern heim, auf vertrauten Boden, in die Schatten.
Ihre Augen verengten sich ein Stück, als sie das Spiel der flackernden Flammen betrachtete. Krieg. Sie hatten es immer noch nicht verstanden.
Tare. Siebenwind. Schlachtfelder, nicht mehr. Schlachtfelder, die zeigten, was die Schatten nicht offenbaren wollten, die abertausenden kleinen Schlachtfelder, tief, tief in einem jeden.
Wie oft hatte sie es ihnen gesagt? Sie wußte es nicht mehr. Warum eigentlich? War das sie, die sie warnte, die die Schleier lüftete und die Geheimnisse der Schatten offenbarte? War es ihr selbst, wie sie jetzt war? War es ihr früheres ich, das um Tare und damit auch um sie rang? Lüge, Täuschung, Wahrheit und Verrat, so dicht, so eng, so untrennbar miteinander verbunden.
Was auch immer geschehen war und weshalb, es war vergebens. Tare war verloren, aufgegeben von denen, die es zu schützen trachteten, kampflos in die Hände des Einen übergeben. Siebenwind, das war nur ein Schlachtfeld, ein Resultat, logische Konsequenz unzähliger verlorener Kämpfe um die Seelen der Menschheit. Das waren die Schlachtfelder der Götter, darum rangen sie, der Rest, das war schmückendes Beiwerk und doch würde es mit unter gehen, wenn mehr und mehr Seelen dem entsagten, was sie hervor gebracht hatte. Lächerliche Bemühungen, zu retten, was man retten kann und doch nur das Unvermeidbare aufschiebend. Wer von der Dunkelheit gekostet hatte, wer vom bittersüßen Kelch der Dämonenmacht trank, war verloren. Menschen waren nicht perfekt. Sich dies ein zu reden war Hochmut. Und doch, schwer zu akzeptieren, wer sich die Fehler zueigen machte, wer sie packte bei ihrer Gier, ihrer Selbstsucht, ihrem Hass.
Hass. Sie schüttelte den Kopf. Konnte man wirklich Feuer mit Feuer bekämpfen? Sicherlich, man konnte dem Feuer den Nährboden nehmen, verhindern, daß es sich allzu weit ausbreitete, doch vergassen sie darüber, daß das Opfer des Verlustes angemessen sein mußte. Und das Land, das brannte, war verloren, Staub und Asche, verdorrt, verbrannt, verloren.
Sie zweifelte nicht daran, daß es noch fruchtbares Land für die Lehren der Vier gab. Doch wie viel? Was wog eine Hand voll Erde in einer Welt auf? Wie viel war ein Tropfen Wasser in einem von Tränen salzigen Meer wert?
Die Kriegerin hob ihre Klinge an und betrachtete diese ausgiebig. Sie wußte, daß sie verloren war. Sie brannte, schon lang. Vielleicht machte es dies so leicht zu sehen, wer noch alles lichterloh in Flammen stand. Nein, die Menschheit war verloren. Das wußte sie. Ein Teil in ihr wollte ihr sagen, daß das gut so sei. Gerecht. Ein anderer wollte dem widersprechen, aber er war schwach geworden, die einst donnernde Stimme zu einem Flüstern verkommen.
Sie schloß die Augen und atmete tief durch, den beißenden Geruch des Feuers gierig aufnehmend und legte die Klinge neben sich.
Kriegsende. Wie lang wohl? Wie lang mochte der immerwährende Krieg ihr und den anderen Zeit lassen zum Durchatmen? Wie viel Zeit der Vorbereitung auf den nächsten? Wie viel Zeit mochte einem die Endlosigkeit und ihr geifernder Meister, dem es begierig nach mehr und mehr verlangte, gönnen? Es war nie genug. Es war nie vorbei. Das wußte sie. Wollte sie es wahr haben? Ja, vielleicht schon. Welcher Krieg war schon vorbei, solange es einer Seite nach Rache verlangte? Welche Reiche konnten sich schon ewig behaupten?
Die Kriegerin legte den Kopf in den Nacken und blickte zu den Sternen empor. Dann nahm sie die Laute auf und begann, die Stille der Nacht und das Knistern des Feuers leise auf den Saiten zu begleiten.
"Es ist niemals genug." schienen diese ihr zu zu flüstern. Ja. Es war niemals vorbei.
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