Ermittlungsakte der Akademischen Kommission zum Fall Jonath Veil, Bezirk Südstadt, Venturia
KrankenbefundDie Untersuchungen des Gelähmten haben keinerlei Reaktion auf physischer oder arkaner Ebene hervorrufen können. Die Paralyse scheint derart tiefgreifend zu sein, dass Schmerz, Hitze- oder Kälteempfinden, Blendung, Lärm usw. vom Subjekt nicht im Geringsten wahrgenommen werden. Abgesehen von der intensiven Pupillenbewegung könnte der Gelähmte ebensogut für tot erklärt werden.
Hergang des UnfallsNach Aussage der Adepta Viola Nali verließ ihr Mentor bei Einbruch der Dunkelheit das Büro des Direktoriums, um sich im Labor weiteren Forschungen zu widmen. Während sie im Nebenzimmer einige Basissubstanzen für seine Forschungen herstellte, vernahm sie regelmäßig Flüche und Unmutsbekundungen des nebenan Arbeitenden, was der Adepta zufolge zum gewöhnlichen Gebaren des Magisters gehörte.
Der Magister verstummte für eine geraume Zeit, bis die Adepta das Westlabor betrat. Dort stellte sie nach kurzer Zeit die Lähmung fest und leitete weitere Schritte ein. Die zunächst von Zuckungen und Schäumen begleitete Lähmung ging im Laufe der Nacht in die derzeit noch immer vorliegende Starre über. Die Adepta bemerkte, dass Magister Veil im Augenblick ihres Erscheinens in der Lage war, sie mit Blicken zu fixieren und ihren Bewegungen zu folgen. Dies sei jedoch bereits sehr bald dem wirren Blick gewichen, den wir weiterhin beobachten können.
Den Resten der Tinktur zufolge, welche von der Kommission analysiert wurde, handelt es sich bei der Substanz, die zur Lähmung führte, um eine Mischung aus Nachtkraut IV.2, birkschem Alraun und Schwarzmandelsaft im Verhältnis 10:2:1. Die Verdünnung mit Wasser scheint vergessen oder nur in geringstem Maße erfolgt zu sein und dürfte die massive Verstärkung der Wirkung verschuldet haben. Das übliche Verdünnungsverhältnis beträgt etwa 1:25 bis 1:100. Es ist nicht schlüssig, wie der Magister diesen Fehler übersehen konnte, welcher durch Geruch, Farbe und Menge der Substanz offenkundig sein musste.
FolgerungenEs ist anzunehmen, dass Magister Veils Lähmung weitgehend geistig induziert ist und einen traumähnlichen Zustand darstellt. Mit dem Abklingen der Wirkung ist wahrscheinlich erst nach längerer Dauer zu rechnen. Da Ernährung zwischenzeitlich nicht möglich ist, ist ein Abklingen der Symptome innerhalb von zwei Tagen notwendig, bevor schwere körperliche Schädigungen und der Tod eintreten können.
Adepta Viola Nali berichtet, dass der Magister in zweifelhafte Forschungen an im Volksmund sogenannten "Traumgiften" involviert gewesen sei. Es ist denkbar, dass dieser Zwischenfall damit in Verbindung steht. Insbesondere der damit häufig in Verbindung gebrachte Schwarzmandelsaft ist aufgrund seines hohen Preises und seiner hochproblematischen Verfügbarkeit ein Indiz für derartige Bestrebungen. Ein Diebstahl aus dem Präparatenschrank des Direktoriums kommt nicht in Frage, da Schwarzmandelsaft dort nicht vorrätig ist, d.h. der Magister muss größere Summen dafür verwendet haben, die Substanz zu beschaffen.
Des Weiteren berichtete die Adepta, dass ihr Mentor ihr mehrfach vergleichbare Substanzen in üblich hoher Verdünnung verabreicht und die somatisch-somnischen Folgeerscheinungen notiert und überwacht habe. Kommissionsleiterin D. empfiehlt die Einleitung einer Disziplinar- bzw. Strafuntersuchung, sollte der Magister wider Erwarten zur Erholung kommen.
AddendumMagister Veil ist heute am fünften Tage der Versorgungsunfähigkeit verstorben.