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Laaaaaaangweilig! dachte das Mädchen, während sie durch die Straßen Falkensees wanderte. Am besten erstmal etwas essen gehen! aber Caeden fand sie nicht. Letalis hatte wohl auch noch zu tun. Dann geh ich eben nach hause und esse mit Riel zusammen. Wozu hatte sie ihm auch sonst dieses stinkende Fisch zeug gekauft? Er mochte das ja so gern und sie wollte nicht alleine essen.
Also machte Sahra sich auf den Weg nach Brandenstein.
Als sie Seeberg durchquerte, sah sie eine Gruppe Soldaten auf dem Platz. Letalis war jedoch nicht dabei. Lieber nicht zuschauen, sonst schimpfen sie nur wieder.
Schließlich kam die Kleine in Brandenstein an und stieg vor ihrem Haus von dem Pferd. Drinnen sah sie sich um und seufzte. Auch kein Caeden. Das Mädchen lief die Treppe hinauf. In voller Vorfreude darauf, dass ihr der Kater entgegen sprang, weil er sich freute sie zu sehen.
Aber Riel kam nicht. Das Bett war, abgesehen von ihren Stofftieren, leer und das Fell vor dem Bett ebenso. „Riel? Riel wo bist du?“ rief sie in den Raum. Dann fiel ihr auf, dass auch ihre Kiste nicht dort war wo sie stehen wollte.
Sie vernahm leises Mauzen und ging dem Geräusch nach. Als sie um die Ecke bog und zum Vorhang blickte, sah sie dort ihre Kiste stehen. Aus der Kiste drang auch Riel’s Mauzen. „Riel?“
Sahra hob den Deckel und der Kater kam ihr missmutig Maunzend entgegen gesprungen. Sie drückte ihn an sich und musterte ihn nachdenklich.
„wie bist du denn da rein gekommen, hm?“ das Kind kraulte ihren Kater, um ihn zu beruhigen. „bist da reingefallen, wie? Du bist ja fast so ungeschickt wie Rias!“ während sie auf ihr Tier einredete, hörte sie nicht was hinter ihr geschah.
Plötzlich drückte ihr jemand von hinten seine Hand auf den Mund. Sie hörte hinter sich eine dumpfe Stimme. „Schön ruhig.. kein Ton klar?“
Ihr Magen verkrampfte sich und sie ließ Riel los. Der Kater flüchtete Maunzend in eine Ecke, während Sahra zu Zappeln begann.
Sie fasste nach der Hand auf ihrem Mund und rüttelte daran umher. Es zeigte jedoch keine wirkung.
„Ksch..“ hörte sie wieder die dumpfe Stimme und spürte wie er einen arm um sie legte und ihre Arme festhielt. Schließlich gab sie auf und hielt erschöpft still. „beruhig dich.. argh.“
Sie hatte wieder diese furchtbaren Bauchschmerzen.
„kann ich dich loslassen?“ fragte er und Sahra nickte. Er lies seine Hand von ihrem Mund sinken, mit der anderen hielt er weiterhin ihre Arme und ihre Hüfte umschlungen. Das Mädchen blieb stumm auf dem Boden hocken.
„hör zu, ich nehme dich jetzt mit. Die Reise wird nicht gerade gemütlich.. Aber dir wird nichts geschehen, vorausgesetzt du spielst mit. Wenn du aber versuchst um Hilfe zu rufen oder zu entkommen wirst du das bereuen. Wirklich bereuen. Verstanden?“
Sie hörte die dumpfe Stimme auf sich einreden, dabei verkrampfte sich ihr Magen noch mehr. Dann nickte sie stumm.
„Gut.. dein Quartier wird für die nächsten Tage ein anderes sein, deinem Verhalten entsprechend werde ich versuchen es für dich so bequem oder eben so unbequem wie möglich zu machen. Wohnst du hier allein?“
das Mädchen schüttelte ihren Kopf und sog tief Luft ein.
„Nein..? Hm mit wem Wohnst du denn zusammen? Deinen Eltern?“
„Mein.. mein Vater.. wohnt hier noch..“ murmelte sie hervor. Sie hatte einen Klos im Hals, der immer weiter anzuschwellen schien und ihr die Luft abdrückte.
„in dem Bett unten, nehme ich an.“ Hörte sie die dumpfe, blecherne Stimme wieder hinter sich.
Sahra nickte stumm.
„Gut.. ich denke er wird während deiner Abwesenheit für deine Katze sorgen. Das heißt aber auch dass wir schnell weg müssen.“
Er griff in seine Tasche und holte ein großes Bündel hervor.
Sahra spürte wie es in ihr zu rumoren begann. Sie wollte nicht mit. Sie wollte nicht wieder entführt sein. Aber was sollte sie tun? Sie wusste nicht wer der Mann hinter ihr war. Bisher hatte sie ihn nicht einmal gesehen. Aber diese dumpfe, blecherne Stimme kam ihr unangenehm bekannt vor. Was sollte sie also anderes tun als mitzuspielen? Zumindest vorerst.
„Also ich werde jetzt dafür sorgen das du, wenn wir gleich das Haus verlassen, keinen Ärger machst. Ich gehe sicher, verstehst du?“
Es klimperte leise hinter ihrem Rücken während er seine Hand endlich wieder von ihrem Bauch löste. Dabei löste sich der Klos in ihrem Hals ein wenig. Jedoch schwoll er einen Moment später schon wieder an.
„Hände auf den Rücken.“
Sie tat was er wollte und spürte wie er ihre Handgelenke mit einer Kette zusammen band. Dann raschelte es kurz, ehe er seine hand wieder zu ihr vorschob und ihr ein zusammen geknülltes stück Stoff in den Mund drückte.
Am liebsten wäre sie nun aufgestanden und hätte gegen ihn angekämpft. Auch wenn sie sicher keine Chance gehabt hätte und so alles nur schlimmer machen würde. Jedoch hielt sie still.
Er hob einen weiteren Stoffstreifen an, drückte ihr diesen in den Mund und wickelte ihn um ihren Kopf, um den Knebel so zu befestigen.
„ich muss noch deine Füße fesseln.“
Als der Mann um sie herum rückte sah sie das erste mal zu ihm auf. Dabei schwoll der Klos in ihrem Hals wieder an und hinderte sie zusätzlich zu dem Knebel daran tief einzuatmen.
Goldhelm, Endophalirobe. Er sah aus wie einer der Wegelagerer denen sie vor kurzem an der Lavabrücke begegnet war.
Er wickelte ihr das Seil um die Füße und sog es fest.
„Hmm, willst du das sie dich begleitet?“ er deutete dabei auf ihren Kater.
Ein Kater! Ein Er! Riel ist doch ein Kater und keine Katze. Das sieht man doch! Sie hätte am liebsten los gemeckert, doch der Knebel hinderte sie daran. Dann schüttelte das Mädchen nur ihren kopf. Der arme Riel. Nein, das musste er nicht auch mitmachen.
Er nickte und schnitt nun den Leinensack neben ihr auseinander. Das eine ende stülpte er ihr über den Kopf und vor ihren Augen wurde es schlagartig dunkel.
Sahra musste sich bemühen um vernünftig Luft zu bekommen. Nicht etwa wegen den Fesseln. Sondern weil sich ihr ganzer Körper zusammen gezogen hatte. Es fühlte sich an als kämpfe er verzweifelt dagegen Luft in sich aufzunehmen.
Dann wurde sie von ihm angehoben und hinaus getragen. Er legte sie auf dem Pferd ab, was ihre Atmung wieder erschwerte, da sie auf dem Bauch lag. So trabe er los und sie ruckelte grob auf dem Pferd hin und her.
Das Kind atmete erleichtert auf als er sie endlich von dem Pferd hob. Der Mann ging mit ihr auf der Schulter ein paar schritte. Dann lies er sie rücklings auf den Fell fallen.
„wir sind da.“
Er nahm ihr den Sack vom kopf.
„weißt du wo wir sind?“
Sahra sah sich um und schüttelte den Kopf.
„Das ist gut.. sehr schön. Ich kann dir den Knebel leider nicht abnehmen. Du verstehst, es ist zu meiner Sicherheit. Du wirst nicht lange hier bleiben müssen, hoffe ich jedenfalls.“
Er trat hinter sie und löste eine Hand von der Eisenkette. An dieser zerrte er das Mädchen ein stück nach hinten, bis sie sich an eine Wand lehnte, er die kette um einen Balken schwang und dort befestigte. Er durchtrennte noch ihre Fusfesseln.
„Hast du ein Messer dabei? Oder einen Dolch? Irgendwas zu schneiden..?“
Sie schüttelte wieder ihren Kopf und sog Luft ein.
„Wenn ich dich gleich durchsuche und ein Messer winde, wird dir das, was ich dann mit dir mache, sicher nicht gefallen. Bist du sicher das du nichts hast?“
wieder schüttelte sie ihren Kopf und deutete umständlich auf ihren Stiefel. Er zog ihren Dolch aus der Halterung darin hervor.
„was das alles?“
Mehr als nicken konnte sie nicht, also tat sie es wieder.
„Alles also, gut. Du wirst zumindest heute Nacht hier bleiben müssen. Ich hoffe die Felle werden dich ausreichend wärmen. Hast du Hunger oder Durst?“
Wieder nickte die Kleine und auch jetzt erst spürte sie wie sich ihr Magen mehr vor Hunger verkrampft hatte. Sie wollte ja gerade etwas essen, als sie nach Hause kam.
Er löste den Knoten ihres Knebels und sie spuckte den Stoffballen aus.
„Also was willst du?“ wiederholte er seine Frage. „ich habe Krapfen in meiner Tasche.“
Er griff sich nun ihre Tasche und wühlte darin herum. Sahra wurde wieder schlecht bei dem Gedanken an ihre Messer, in der Tasche. Doch er fand die Krapfen zuerst und schob die Tasche wieder zur seite.
„Hmm, ich muss dich wohl füttern. Mund auf.“
Er hob einen der Krapfen an und hielt ihn ihr vor den Mund.
„Ich bin übrigens Jawahir.“
Jawahir ist ein komischer Name, dachte Sahra. Das ist aber bestimmt nicht sein richtiger. Sonst würde er mir den nicht sagen.
„bei deinem Namen bin ich mir nichtmal sicher. Ich weiß nur das du die Tochter von Sire Caeden bist.. aber, mhm, Sahra, oder?“
„ja, Sahra.“ Murmelte sie leiser, ehe er ihr den Rest des Krapfens in den Mund stopfte. Kurz darauf hob er gleich den nächsten Krapfen und hielt ihn anbietend vor ihren Mund.
„warum hast du mich eigentlich mitgenommen?“ fragte das Mädchen, ehe sie die Zähne wieder in dem Krapfen versenkte.
„wegen deinem Vater.. Nicht das er direkt schuld hätte, aber er ist sehr mächtig, wie du sicher weißt. Und ein guter Freund von mir sitzt gerade in Falkensee im Kerker und na ja, vielleicht erwartet ihn der Tod. Wenn ich ihm nicht helfe. Ich werde versuchen dich gegen ihn zu tauschen.“
Nachdenklich kaute sie auf ihrem bissen umher. Doch irgendwie schmeckten die sonst süßen Krapfen nur nach dem Stoff von ihrem Knebel.
„also wenn du irgendetwas brauchst oder so. Dann will ich versuchen es dir zu besorgen. Selbstverständlich nur wenn du mir sagst was ich wissen will, mich dabei nicht belügst und so weiter.“
Weiterhin kaute sie stumm auf ihrem Krapfen und lauschte der blechernen Stimme.
„Hm ja, vorerst gibt es denke ich nicht mehr zu sagen. Meinst du dein Vater wird sich auf den Handel einlassen? Du bist ihm doch bestimmt so wichtig. Oder?“
Sahra schluckte und musterte die Felle einen Moment nachdenklich, ehe sie antwortete.
„wichtig genug bin ich ihm schon. Aber die Ritter haben da so einen Kodex, an den sie sich halten müssen. Und da steht das sie nicht verhandeln. Hat mir mal jemand erzählt.“
Er drückte ihr die Reste des letzten Krapfens in den Mund.
„Hm ja? Dann wird dein Vater sich wohl entscheiden müssen. Zwischen dem Kodex und seiner Tochter.“
Nicht mal als sie sich darauf konzentrierte die Süße des Krapfens zu spüren, gelang es ihr. Ihre Zunge fühlte sich taub an und schmeckte gar nichts.
„Das ganze ist nicht besonders nobel, wenn man bedenkt, dass mein Freund im Kerker in Falkensee und dein Vater einmal die besten Freunde waren.“
Das Mädchen musterte ihren Entführer verwundert.
„er hat mir ein paar Dinge über Caeden erzählt die du bestimmt nicht kennst.“
„wie? Wer ist er denn?“
„Erich Romuald, heißt er. Das war noch vor seiner Zeit als Ritter..“
„Ich weiß das er da Schattenjäger war und nicht besonders nett.“
„das ist richtig.. mhm.. willst du etwas Trinken? Oder brauchst du etwas aus deiner Tasche?“
Bei dem Gedanken an ihre Messer zog sich ihr Magen wieder zusammen.
„nein aus meiner Tasche brauch ich nichts!“ sprach sie hastig und fügte langsamer an. „Aber durst hab ich schon.“
„und in deiner Tasche ist nichts?“
wieder schüttelte sie hastig den Kopf.
„Hmm na ja ich habe nichts bei mir, bedaure.. außer vielleicht, eine Flasche Wein. Ich würde sagen, besser als nichts. Aber trink ja nicht die ganze Flasche, gut?“
„ja gut, währe eh zu viel.“
Er holte die Weinflasche vor, entkorkte sie und stellte sie ihr hin.
„ach wie willst du geknebelt aus der Flasche trinken? Nimm einfach einen kräftigen schluck.“
Sie nahm also die Flasche auf und sog zwei große Schlücke heraus, ehe er sie ihr wieder entriss. Er stellte die Flache neben ihr ab.
„Dann.. bis Morgen.“
„ja, bis Morgen.. ach hast du noch eine Decke für mich? Mir ist kalt.“
Er griff sich wieder die zusammengeknüllten Verbände und sie musterte diese kurz missmutig.
„mit den Fellen hier kannst du dich zudecken. Die habe ich Extra für dich besorgt.“
„oh.. wie nett..“ murmelte sie bitter.
„Mund auf.“
Sie lies sich wieder knebeln und blickte ihm noch nach. Als er weg war hob sie ihre freie hand und rupfte an dem Knebel umher, um ihn aus dem Mund zu bekommen. Es wollte ihr jedoch nicht recht gelingen. Als griff sie nach der Tasche und holte eines der Messer hervor. Mit diesem trennte sie ihren Knebel durch und spuckte den Stoffballen wieder aus dem Mund.
Sahra hob den blick zu der Kette, mit der ihre linke Hand an den Pfosten gekettet war. Sie zog und rüttelte daran umher. Doch die Kette wollte sich nicht rühren. Die Zyklen vergingen. Aber egal wie sehr sie die Kette bearbeitete, sie wollte sich nicht lösen.
Schließlich rutsche das Mädchen erschöpft zusammen und deckte sich mit einem der Felle zu.
Immer wieder nahm sie einen Schluck aus der Weinflasche. Aber selbst den spürte sie nicht auf ihrer tauben Zunge.
Es dauerte eine weile, aber dann sank sie in unruhigen Schlaf.
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