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 Betreff des Beitrags: Der Tor
BeitragVerfasst: 29.05.06, 23:41 
Einsiedler
Einsiedler

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Der Tor

Die folgenden Ereignisse trugen sich in der Nacht vom 29. auf den 30. Trier 17 nach Hilgorad zu

Dunstige Nebel stiegen aus den Ritzen der Kanaldeckel in Falkensee. Der Geruch war geradezu unerträglich und dabei handelte es sich nicht um den normalen Gestank der Kanalisation, sondern es war etwas anderes, etwas viel penetranteres, was sich über dem ganzen Markt zu verteilen schien.
Ein Stockwerk unter dem Marktplatz hätte man indessen ein irres Gelächter hören können, so wie es seltsamer in den Ohren nicht hätte klingen können. Es kam von Agonisius Vardan, der sich in der Kanalisation eingenistet hatte. Dort unten hatte er einen Tisch mit lauter Brandflecken und Apparaturen darauf, welche sich über komplizierte Formen ineinander verschlangen und in denen merkwürdige Flüssigkeiten brodelten. Davor stand Agonisius und las in einem Buch, was den Titel „Die geheimen und dunklen Künste der Alchemie“ trug. Er schien diese Apparaturen zu bedienen und ein faulig und übel riechendes Gemisch zu entwerfen. Wie es schien hatte er sehr große Freude an dieser Arbeit entwickelt und es störte ihn anscheinend nicht, in welcher Umgebung er sich aufhielt.

Agonisius war ein sehr kaputter Mann; nachdem seine Frau ihn auf dem Festland betrogen hatte mit ihrem Cousin und dann auch noch ein Kind von jenem erhielt verließ er sie in einer stürmischen Nacht und kam zu einer heruntergekommenen Wohngegend in Draconis, wo er in einer schäbigen Taverne auf ein paar Männer stieß, denen er von seinem großen Unglück erzählte. Nach ein paar alkoholischen Getränken war er so sehr angeheitert, dass er den Wunsch äußerte, die beiden würden sterben. Wie es der Zufall wollte, waren die Männer in dieser Taverne Assasine, Auftragsmörder, die ihm sofort zusagten und die Frau samt ihres Cousins und Kindes auf brutalste weise töteten. Daraufhin floh Agonisius und bestieg ein Schiff nach Siebenwind, denn er dachte, dort wäre er vielleicht sicher. Inzwischen war es aber auch schon gar sehr schlecht um seinen Geisteszustand beschaffen und ihm gingen nur noch wahnsinnige Ideen durch den Kopf.
Angekommen in Siebenwind begann er sich für die Alchemie zu interessieren und besonders für die dunkle Seite davon. Er mischte Tränke und verabreichte sie Tieren, um ihre Wirkung an ihnen zu testen. Die meisten von ihnen starben einfach nur, wahrscheinlich die Glücklicheren, denn manch eines der Tiere bekam Geschwüre oder einem wuchs sogar ein fünftes Bein.
Eines Tages fiel ihm zufällig von einem Händler ein Buch mit dem Titel „Die geheimen und dunklen Künste der Alchemie“ in die Hände und er versuchte sich an den darin beschriebenen Rezepten für Tränke und Mixturen.

Sein jetziges Werk, was er im Schutze der Kanalisation, umgeben von Ratten, anfertigte, war für einen Menschen bestimmt. Manch einer sagt, dass eines der schlimmsten Dinge überhaupt die Gleichgültigkeit sei. Vielleicht mag dieser jenige bei Agonisius ja Recht haben, denn er war nun darauf bedacht irgendeinen Menschen zu töten.
Der Trank schien nun fertig, denn Agonisius nahm eines der Gefäße vom Tisch und betrachtete es durch die gläserne Wand der Phiole. Der Inhalt war kräftig rot, aber dabei noch transparent und irgendwie schien die Flüssigkeit etwas zu leuchten. Agonisius stieß wieder ein schallendes Lachen aus und wenn jemand in dieser Nacht oben auf dem Marktplatz stand, hat er es mit Sicherheit vernommen. Genauso verrückt hörte sich das irre Lachen an wie zuvor. Nun überlegte er sich, wie jemand am besten diese Tinktur verabreichen könnte und er schien auch sogleich einen Geistesblitz zu haben und schlug sich dabei dreimal mit der Handfläche der freien Hand auf den Kopf. Seine Haare waren weißgrau und standen zum Teil vom Kopf ab, was ihn noch etwas unberechenbarer wirken ließ. Seine Kleidung war zerlumpt und gab den Anschein, als hätte er schon Wochen hier unten in der Kanalisation gehaust.
Agonisius trat nun den Tisch mit den Apparaturen und Glasgefäßen ins Wasser und man könnte Glas zerklirren hören. Nun rannte er die Treppe hinauf und drückte vorsichtig den Kanaldeckel am Marktplatz hoch, um heraus zusehen, dass ihn auch ja keiner beim Aussteigen erwischt, denn wie manch einer vielleicht weiß, ist der Zutritt zur Kanalisation untersagt. Als keiner in seiner unmittelbaren Nähe zu sehen war schob er den Deckel beiseite und stieg vorsichtig hinaus. Er sah kurz hoch, nachdem er den Deckel zurückgeschoben hatte, und wunderte sich über den Pokal mit der Aufschrift „Borsti, bestes Schwein Siebenwinds“, den der Besitzer wohl mit Stolz da platziert haben musste. Er war angeekelt von diesem Anblick und besonders von seinen Mitmenschen. Er sah sich noch mal um und rasch ging er los bis er vor einem Tor stand über dem ein Schild mit der Aufschrift „Falkensee Brunnenplatz“ prangte. Er öffnete das Tor und gab etwas von der roten Tinktur ins Wasser des Brunnens. Wieder stieß er ein unverkennbar irres Lachen aus und machte sich nun auf dem Weg zum Badehaus, wo er die Treppe hinaufstieg und den Rest der Tinktur in das Badewasser gab. Sofort begann sich in den geschlossenen Räumen ein übel riechender Gestank breit zu machen, fast schon wie Verwesung. Er ging noch einmal zum Brunnenplatz und auch hier stank es fürchterlich, als hätte hier schon wochenlang ein toter Kadaver gelegen. Er hielt sich ein Stück Stoff vor die Nase und sah gerade noch zu wie rings um den Brunnen ein paar Vögel tot aus den Büschen auf den Boten fielen. Dem Anschein nach waren die Dämpfe giftig, zumindest töteten sie die Vögel rings um den Brunnen.
Wer weiß welche Reaktion sie bei einem Menschen hervorrufen.

Agonisius hatte etwas übersehen. Das Buch, aus welchem er die Rezeptur für die Tinktur nahm lag noch immer in der Kanalisation, auf einem kleinen Steinabsatz, außer Reichweite des gammligen Wassers. Gerade als eine Ratte an der aufgeschlagenen Seite knabberte, stieg Agonisius wieder in den Kanal und vertrieb die Ratte, als er das Buch aufhob. Als er sich das Buch ansah, um festzustellen was die Ratte angerichtet hatte, schlug er auf die nächste Seite und begutachtete die angeknabberte Ecke oben links. In diesem Moment fielen ihm ein paar Zeilen auf die er zuvor nicht gelesen hatte. Dort stand in dünner und zusammengedrückter Handschrift folgendes:

„Außer dem furchtbaren Gestank und der bei konzentrierter Überdosis letalen Wirkung, treten bei Hautkontakt starke Reizungen und Hautausschläge mit eitrigen Beulen auf. Die letale Dosis erhöht sich mit der Zugabe von Wasser und verschwindet schon ab einem Verhältnis von 1 zu 2 (Tinktur zu Wasser).“

In dieser Nacht war noch leise ein Schrei aus der Kanalisation zu vernehmen, dem man locker einiges an Verzweiflung entnehmen konnte.


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BeitragVerfasst: 7.06.06, 15:44 
Einsiedler
Einsiedler

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Wohnort: Unterirdischer Bergsee
*Es sei dem gesagt, der die nachfolgenden Zeilen nun lesen möchte - um sich die Geschichte des armen Tores einzuverleiben - dass es an einigen Stellen mit reger Gewalt und brutalität zugeht.*

Einige Tage später konnte man das gequälte Quieken von Ratten aus dem Kanaldeckel der Kanalisation am Markt hören. Wäre man dem gefolgt, hätte man Agonisius unter dem Marktplatz vorgefunden, wie er grade eine Ratte mit einem vom Rost zerfressenen Messer aufschnitt, während sie noch lebte.
Sein Verstand schien nun noch mehr abzudriften als bisher, er verspürte zunehmend den Drang sich selbst oder anderen Lebewesen wehzutun, sie zu quälen, oder zu verstümmeln. Doch die Ratte, die er gerade sezierte, erfüllte noch einen anderen Zweck als nur seine krankhaften Gelüste zu befriedigen. Damit stellte er sich in den Dienst der Wissenschaft, wobei seine Methoden moralisch mehr als nur fraglich waren. Das führt wieder zu der Frage, ob der Zweck denn die Mittel heiligen würde, aber nun gut, das soll hier nicht zur Diskussion stehen.
Als er alle Organe der Ratte einzeln herausgeschnitten hatte und fein säuberlich auf einem alten und schmutzigen Fetzen Leinen in Reihe gelegt hatte, nahm er sich ein Buch mit dunkelbraunem Ledereinband und skizzierte die Organe, sowie die tote Ratte.
Als er fertig war schloss er das Buch und bemerkte, dass das nicht alles war, was er wollte. Das reichte einfach nicht, nur in der Kanalisation herumzukriechen und so zu leben wie eine Ratte. Er wollte seine Vorlieben ausleben und merkte, dass die Triebe in ihm Überhand gewannen, dass er sie nicht mehr kontrollieren konnte und etwas tun musste, um sie zu befriedigen.

All seine Vernunft war nun außer Kraft gesetzt und er warf das Tuch mit den Innereien in das ohnehin schon dreckige und übel riechende Wasser, welches sich sogleich in ein dunkles Rot verfärbte. Er eilte die Treppen hinauf und vorsichtig stieg er aus dem Kanaldeckel, bedacht darauf, dass niemand ihn aus dem Kanal kommen sieht. Es war gerade Hellzyklus, aber der Markt war bis auf zwei heiß diskutierende Leutchen so gut wie ausgestorben. Er verschwand um die nächste Ecke und beobachtete die Leute, welche so selbstgerecht und ihres Ansehens gewiss durch die Gassen schlenderten. Er verabscheute den Wettbewerb dieser Insulaner, sich am teuersten zu Kleiden und mit Schmuck zu behängen. Noch schlimmer waren für ihn diese Wichtigtuer, welche ein Geheimnis aus sich machen wollen, indem sie sich eine Kapuze so tief ins Gesicht ziehen, dass man davon nichts mehr erkennt.

Nun kam einer des Weges, auf den er besonderes Augenmerk legte, mit schwarzen kurzen Haaren und einem ungepflegten Oberlippenbärtchen. Agonisius wartete ihn bei der Säule vor dem Liebighaus ab und zog den jungen Mann als er gerade vorbeiging zu sich und bedrohte ihn mit seinem rostig blutigen Messer. Seine Augen waren von einem Wahn gefüllt und er grinste unheimlich, wobei ihm etwas Speichel an der Seite aus dem Mund lief. Von dem nun schon unbezwingbar wirkenden Trieb erfasst zog Agonisius den vor Angst erstarrten Mann hinter das Haus und hielt ihm mit einer Hand den Mund zu, so dass er nicht schreien konnte. Als es ihm gelang, den fremden unerkannt bis zum Eingang der Kanalisation zu bringen, zog er ihn hinein, ließ von seinem Mund ab und fragte ihn nach seinem Namen. Er antwortete, dass sein Name Markus Trutschelus sei.

Agonisius nahm das Messer an Markus’ Hals und schnitt ihm die Halsschlagader durch, so dass sein Blut Stufe für Stufe die Treppe hinunterfloss. Er ließ von dem Mann ab und ergötzte sich am Anblick des sterbenden, wie seine Augen das Entsetzen ausstrahlten und er sich an den Hals fasste, um zu verhindern, dass sein so dringend benötigter Lebenssaft seine Adern verlässt. Endlich wurde der Trieb in Agonisius befriedigt und als Markus am Boden lag und noch etwas zuckte, zog Agonisius ihn schon die Treppen herunter und versenkte ihn im Wasser.
Sofort tippelten einige Ratten zum Wasser und schwammen zum Kadaver des Mannes, um sich daran zu laben.

Agonisius vergewisserte sich noch einmal, dass ihn niemand gesehen hatte und ging dann wieder hinab in die Kanalisation. Doch schon bald merkte er, dass sein Trieb nur kurzfristig befriedigt sein würde und dann würde er ihm wieder nicht widerstehen können.


Zuletzt geändert von Theylos: 7.06.06, 15:45, insgesamt 1-mal geändert.

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