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 Betreff des Beitrags: Dunkle Schleier der Vergangenheit
BeitragVerfasst: 19.12.06, 04:55 
Einsiedler
Einsiedler
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"Wenn es so ist, dann töte mich hier und jetzt," hauchte ihre Stimme, bebend, nur einen Moment lang wankend darin, die Unsicherheit und Aufgewühltheit in ihrem Inneren zu verbergen.
"Wenn du wirklich nichts fühlst... dann wird es dir auch keine Probleme bereiten mir das Leben zu nehmen," zerteilten die leisen Worte die ansonsten so bleierne Stille, die die dunkle Höhle umgab, in der nur vereinzelt Licht von oben hinabfiel, die Szenerie auf eine geradezu gespenstische Art und Weise diffus beleuchteten. Leise, klagend heulte der Wind am Eingang, unheilvoll die Tragödie untermalend, die sich anzubahnen drohte.
Er wich ihren flehenden, feuchtglänzenden Augen aus, deren Blick sich in seine Seele zu bohren versuchten, dort ein Zeichen suchend, während sich seine rechte Hand in die Falten seiner Robe schob, einen langen Dolch hervorzog, ihn erhebend, hinauf bis zu ihrem Rücken, wo er die Spitze auf die Höhe ihres rascher pulsierenden, noch einmal im Leben aufbäumenden Herzens absetzte.
"Ich weiss, dass ich dich liebe," murmelte sie leise, hielt ihren Blick fest hinabgerichtet auf seine Augen, ihre Haltung erhabener, das Kinn langsam hochreckend - lediglich die angespannt sich im Stoff des Lagers festkrallenden Hände sowie das rasende Herz verrieten ihre Anspannung.
Sie war bereit für ihr Schicksal.
Sie fühlte, wie die Spitze fester gegen ihre Haut drückte.
Ein Ruck ging durch seinen rechten Arm...

***

Dicht an ihm gedrängt stapfte sie knirschend durch den hohen, im letzten Licht des Hellzyklus glitzernden Schnee, in dem sich nur vereinzelt Spuren von Tiere ausmachen liessen. Sie genoss die Wärme seiner Nähe, seinen starken Arm um ihre Taille.
Bald kamen sie an eine Höhle im Boden an, die weit hinabreichte in den Leib Tares und neugierig stiegen sie hinunter, wo sich ihnen ein wie von Götterhand geschaffenes Bild vor ihren staunenden Augen ausbreitete - hohe Farne, bunte Blumen, Ranken an den felsigen Wänden, Gras und Moose am Boden, ein kleiner, glucksender Teich und in der Mitte, eigenartig sakral anmutend in dem spärlichen Licht der Höhle, ein gewaltiger Baum, der weit seine Äste ausbreitete, schützend und Geborgenheit vermittelnd.
Hier liessen sie sich nieder, küssten und liebkosten sich. Sie legte ihre Kleider ab, bis auf einen weitschwingenden Rock sowie einem Oberteil, was ihren Bauch freiliess. Sie zog ihr Tambourin hervor, lockte ihn mit ihren Worten neckend, wie sie es schon so oft in den letzten Tagen mit ihm getan hatte.. mit ihm.. mit anderen.. mit so vielen, für sie selten mehr empfand, als eine gewisse Zufriedenheit, wenn sie mit einem letzten Atemhauch ihr Leben entliessen oder sie ihr das gaben, was sie haben wollte.
Warum dann bei ihm, wenn er nicht mal ein Auftrag war?

Sie war sich selber nicht sicher, warum sie bei ihm so schwach wurde, denn hier gab es keine Schattentänzer, keine Aufträge, keine Herren und vor allem keine 'Mutter', die über ihnen alle standen und ihr sagte, wessen Schicksal sich nun dank ihren geschickten Händen erfüllen würde.
Doch sie wischte die Gedanken beiseite und begann ihren zuerst lasziven Tanz, langsam, wiegend, lockend und barfuss auf den mit Moosen bedeckten Höhlenboden. Mit zunehmender Schnelligkeit ihres Tanzes erregte sie auch ihn, sah, wie er auf Knien eine Hand nach ihr ausstreckte, begehrlich und flehend ihren Namen ausstiess. Doch sie tanzte, steigerte sich weiter hinein, ehe sie in einem letzten dramatischen Dreher in sich zusammenklappte und am Boden verharrte, während er nach ihr griff, sie zu und auf sich zog.
Das übliche, huschte nur kurz ein Gedanken durch ihren Kopf, als sie seine Hände dort spürte, wo auch unweigerlich entsprechende Gegenreaktionen auftraten, aber sie wollte nicht.. nicht schon wieder.. dieses Gefühl, nur eine von vielen zu sein.
Warum aber?

Sie dachte, sie hätte sich damit abgefunden, schon in dem Moment, als sie sah, wie jene Schwarzhaarige verärgert und enttäuscht ihre Wut auf dem Markt über ihn herausgelassen hatte. Sie wusste, worauf sie sich eingelassen hatte und es war doch eigentlich nichts Neues.
War sie nicht selber eine von den Menschen, die festere Bindungen vermieden?

Zugegeben, ihre Art von "Profession" liess nichts anderes zu. Sie raubte das Leben anderer, manchmal spionierte sie es auch nur aus. Gewiss, sie war keine kaltblütige Mörderin - sie unterlag einem gewissen Kodex, der ein Töten aus persönlichen Gründen unterband, nach ihrem ersten Mord hatte sie sich zitternd und weinend verkrochen, auch wenn sie erst Härte und Stärke vorgetäuscht hatte und auch nach wiederholtem Fragen behauptete, es ginge ihr gut... ehe sie allein jegliche Angst, jegliches Unverständnis in Tränen und unter Schluchzen hinausgelassen hatte - der Moment, als ihre Jugend abrupt und mit dem Beigeschmack von Gift auf den Lippen eines Opfers endete.
Kein Leben, wo Platz für einen treusorgenden Ehemann und vor allem Kinder blieb. Nur Platz für kurze Vergnügen und Zerstreuung in den Bordellen Luth-Mahids, wo sie ihr Geld bei schönen Männern liess, umschwärmt und vergöttert wurde. Doch all das hatte auch stets den bitteren Geschmack der Falschheit getragen.
Seine Nähe jedoch schmeckte anders, verheissungsvoller und sie war nun, nachdem sie die Schattentänzer Luth-Mahids verlassen musste, frei... frei vom Töten. Somit auch vielleicht frei für eine neue Zukunft. Ausgerechnet da tauchte er auf, hauchte ihr süsse Worte ins Ohr und verwöhnte ihren hungrigen Leib mit seiner Nähe.
Doch was fühlte er?
War sie nur wieder eine von vielen?

Sie bohrte, drängte mit ihren Worten, erzählte ihm nun endlich die Wahrheit über ihre Vergangenheit, in der Hoffnung, ihre Ehrlichkeit würde ihn erweichen, die ersehnten Worte über seine Lippen kommen lassen, doch ihre Berechnung schlug fehl. Er sperrte sich, erzählte von seiner Zeit in der Armee und mehr und mehr wich der galante Kavalier und zurück blieb ein Mann voller abweisender Härte und Kälte.
Sie hatte den hellen, lichten Schleier, den er vor sich trug, beiseite geschoben und das, was sich dahinter befand, erschreckte sie, doch sie wollte nicht von ihm lassen - auch an ihren Händen klebe Blut, sprach sie auf ihn ein. Halt wollte sie ihm geben, ihm helfen, seine Zukunft werden - doch er wies sie ab. Schatten, ewige Nacht und einen Abgrund prophezeite er ihr.
Doch war da nicht etwas in seinem Blick, ein letztes Glimmen, ein letzter Rest vom Feuer?

Eindringlicher fragte sie ihn, was er für sie fühle, doch stets blieb die Antwort die gleiche - nichts.
Sie war unsicher, doch was hatte sie - heimatlos, familienlos, ehrlos als Mörderin - noch zu verlieren?
Sie beugte sich hinab, nah an eines seiner Ohren, während ihr restlicher Körper noch auf seinem hockte, zu beiden Seiten seines Leibes knieend, und hauchte leise: "Wenn es so ist, dann töte mich hier und jetzt."

***

Sie hielt seinem Blick stand.
Rasch rasten Bilder ihrer Vergangenheit vorbei - die Kindheit mit der kranken Mutter, dem versoffenen Vater, der ganzen Kinderschar, die liebevolle Grossmutter mit ihren Talismanen und Erzählungen, den zukunftsdeutenden Teesatz, die Armenviertel Luth-Mahids, die Schattentänzer, die ihr eine neue Zukunft boten, die Zeit der harten Ausbildung, ihre Aufträge, die seichten Vergnügungen und Ablenkungen, ihre Flucht, Siebenwind...
Ein Ruck ging durch seinen rechten Arm, sie glaubte den Rausch der Ewigkeit zu fühlen - sie war bereit.
Ihr Ra solle sich nun erfüllen....

.... und es erfüllte sich, als der Dolch klappernd zu Boden fiel, mit ihm der Arm, kraftlos, dazu die Worte des Mannes: "Ich... ich kann... nicht."
Tränen, zitternd schmiegten sich die Körper aneinander, leise sprach er ihren Namen, während der letzte, dunkle Schleier zerriss.

_________________
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Zuletzt geändert von Sachmet: 19.12.06, 05:14, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 19.12.06, 06:33 
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Jede Münze besitzt zwei Seiten. Jedes Gut enthält das Böse. Liebe verpflichtet den Hass. Freundschaft wandelt zu Feindschaft. Recht gebiert Unrecht. Wahrheit schöpft aus Lüge. Jedes Geben ist ein Nehmen. Und nur der Mensch allein umschließt all dies in seinem Geist.

"Wenn es so ist, dann töte mich hier und jetzt." flüsterte Sie leise zu ihm herab, er könnte förmlich spüren wie Ihre Stimme bebte, sein verdüsterter Blick sah die schwelende Unsicherheit die Sie vor ihm zu verbergen suchte.
"Wenn Du wirklich nichts fühlst ... Dann wird es Dir auch kein Problem sein mein Leben zu nehmen." fuhr Sie fort, nur Ihre Stimme durchhallte die im Zwielicht schimmernde Höhle, schwach phosphoreszierte der kleine Teich, nur ein oder zwei Schritt von ihrem provisorischen Lager aus Umhängen und weichem Stoff entfernt. Das Licht der Monde flackerte, immer wieder wurden die weichen Strahlen von dunklem Blattwerk welches sich in einem kaum spürbaren Hauch leise rauschend regte durchbrochen und die Schatten tanzten über Sie ... Und ihn.
Er wich Ihren Augen aus, konnte nicht sehen wie Sie flehten, ein feuchter Glanz die dunkel schimmernde grüne Iris in einen wundervollen, tiefen Teich wandelte.
Seine rechte Hand schob sich langsam und von einem leisen, kaum hörbaren Rascheln schweren Stoffes begleitet über ihr Lager, fuhr zwischen die weiten Falten seiner ausgebreiteten Robe und kehrte zurück. Ein blanker, scharfer Dolch lag zwischen seinen harten, schwieligen Fingern die verrieten dass ihm der Griff einer Waffe nicht fremd, gar gewohnt war. Die lange Klinge hob er langsam an, die Spitze setzte sich auf Ihren Rücken, einen Augenblick strich die Waffe über Ihre so warme, zarte Haut die noch zuvor seine Lippen berührt hatten bis schließlich der düster glänzende Stahl direkt über Ihrem pulsierenden, pochenden Herzen verharrte. Seine Hand zitterte nicht. Seine Hand zitterte niemals. Und seine Hand würde auch diesmal nicht zittern. Er wusste, wie man ein Leben nahm. Es brauchte keine Worte, keine Gesten und nicht einmal bewusste Gedanken. Nur blankes Eisen und einen leichten Stoß. Doch plötzlich durchbrachen ein weiteres Mal Worte die von dem Plätschern des Teiches, dem Rauschen und Rascheln von Farn und Laub begleitete Stille.
"Ich weiß, dass ich Dich liebe." leise, kaum zu hören waren die Worte und doch drangen sie klar durch all die Laute. Beinahe hoffte er sie wären in dem leisen Heulen des Windes untergegangen. Oder von Blättern bedeckt worden. Er richtete seine Augen nun auf Sie. Er sah Sie direkt an. Er sah, wie ihre Haltung sich aufrichtete, eine schweigsame Erhabenheit, stolz lag darin wie Sie sich so Ihrem Schicksal bot. Weder Wanken noch Zweifeln schien Sie zu kennen, sah er doch nicht Ihr hämmerndes Herz oder Ihre in den schweren Stoff unter seinem Leib gekrallten Hände.
Entschlossen drückte er die Spitze des Dolches fester an ihren zarten Leib. Er konnte spüren wie die Klinge ihre warme Haut schnitt.
Dann ging ein Ruck durch seinen rechten Arm.

***

Nebeneinander gingen sie durch den hohen, frischen Schnee der hier, soweit ab von jeder Zivilisation, irgendwo an der östlichen Küste dieses elenden provinzialen Lehens ungestört immer mehr und mehr sich aufschichtete. Sein kraftvoller Arm um Ihre schlanke Taille gelegt, dicht hatte Sie sich an ihn gedrängt. Er konnte Ihre Wärme spüren.
Endlich erreichten sie sein Ziel. Eine Höhle die sich tief in den Leib Tares hineinschob, ein gähnendes Loch in diesem weltfernen Inselreich auf dem man nur die Wahl hatte mit dem unwissenden Pöbel zu leben oder ihn zu erschlagen und dafür in den Kerker zu wandern. Gar für solch löbliche Tat hingerichtet zu werden. Immerhin. Eine Ablenkung blieb auf diesem Lehen. Frauen. In Falandrien hatte er bereits viele gehabt. Auf diesem dreckigen Inselchen dass sich Siebenwind zu nennen beliebte nicht viel weniger. Ein angenehmes Vergnügen, besonders im kalten Morsan.
Sie machten sich daran in die Höhle hinab zu steigen und der vertraute, feuchtschwere Geruch stieg ihm entgegen. Grüne Farne verdeckten die Sicht, Moose und weiches Gras wuchsen saftig, mitten im Morsan. Die Luft war warm. Ein wenig schwül beinahe. Mitten in der Höhle erhob sich der ihm bekannte Baum empor, wuchs riesig und alles beherrschend mit weit verzweigten Ästen hier in Tares Schoß, nur durch einzelne kleine Erdlöcher drang Licht ein.
Im Schatten der schwer belaubten Zweige des mächtigen Baumes ließen sie sich nieder, wenige Schritte von ihnen entfernt schimmerte im Schein der Monde unwirklich der kleine flache Teich mit dem lauen Wasser.

Endlich ließ Sie Ihre überflüssigen Kleider fallen. Lediglich Ihre köstlichen Brüste waren noch umflort von hauchzarter Seide, beinahe dem Winde ähnlicher denn wirklichem Stoff. Ihr Becken, Ihren Schoß verbergend enthüllte das Tuch um Ihre Hüften dennoch beinahe mehr denn es vor seinen Augen zu verschließen versuchte.
Mit Verzückung betrachtete er Ihren wohlgeformten Leib, Ihre sanft gebräunte Haut und das rote Haar das Ihr in glänzenden Wellen über Rücken und Schultern und die Brüste floss. Frauen, Vitama dankte er für diese wundervollen Geschöpfte. Sie verprachen Ablenkung. Wärme. Nicht selten Hingabe. Etwas war anders als sonst. Irgendetwas.
Langsam begann sich Ihr köstlicher Körper verheißungsvoll zu wiegen, Ihre feingliedrigen Hände schlugen den Tambourin zuerst in langsamem Takt, lasziv regten sich ihre Hüften, verführerisch kreiste Ihr Becken, wirbelte Ihr Oberleib durch die feuchtwarme Luft. Er konnte sich unmöglich beherrschen. Er beugte sich vor. Versuchte Ihre zarte, heiße Haut zu berühren. Sie entwand sich ihm in anmutigen Bewegungen, erregte ihn noch mehr. Und dennoch. Etwas war anders. Er spürte wie seine Lippen trocken wurden, sein Blick verfolgte die Regung Ihrer Zungenspitze als diese verführerisch, während Ihr Leib sich im Rythmus des Tambourins drehte und wand, über Ihre feucht glänzenden vollen roten Lippen strich.
Plötzlich, mit einem letzten verhallenden Schlag sank Ihr Körper zu Boden. Beinahe schien Sie sich ihm darzubieten. Wohl wäre es nicht das erste Mal gewesen dass sie ihn gewähren ließ. Genießerisch selbst. Hatte er doch ihren vielversprechenden Leib bereits gekostet. Und mehr erfüllt gefunden als jemals erhofft.
Er legte seine harten, kräftigen Hände an Ihre Taille, hob Ihren leichten Körper empor, zog Sie über seinen Leib. Selbst sank er auf die Felle und Stoffe nieder die ihr Lager bildeten.
Seine Händen fanden ihren Weg. Wohl wusste er eine Frau zu berühren. Etwas war anders. Er küsste Ihren weichen, nachgiebigen Lippen. Spürte wie Ihr Leib sich enger an seinen presste. Irgendetwas war ... anders. Wohl hatte er seinen Hunger bereits zuvor an Ihr gestillt. Nicht umsonst nannte Sie ihn 'Löwe'. Aber etwas, etwas war anders. Er spürte wie sein Begehren nach Ihr stieg, wie er beinahe zu zittern begann vor Lust nach Ihrem Körper. Ihren Lippen. Und mehr.
Eben noch berührte er Sie mit dem Mund. Den Händen. Den Fingerspitzen. Glaubte er Sie ein weiteres Mal verführt zu haben. Nicht dass Sie es nicht gewollt hätte. Doch irgendetwas war eindeutig anders.
Sie wies ihn ab. Das hatte Sie noch nie getan auch wenn Sie sich erst kurz kannten. Sie drang in ihn. Er wollte nicht. Wollte nichts sagen. Doch er spürte, tief in seinem so oft von Nacht umhüllten Geist, dass etwas anders war. Plötzlich begann Sie zu erzählen.
Ohne dass er wusste warum nahm er Sie fest in die Arme. Er beherrschte seine Erregung, ja Gier. Er streichelte Ihr Haar. Ihre Wange. Er hörte wie Ihr jedes Wort schwer war. Und er erfuhr die Wahrheit von Ihr ohne dass er sie hatte wissen wollen. Doch nun wusste er sie. Nun bat Sie ihn zu erzählen. Zu erzählen. Beinahe hätte er gelacht, seine Verzweiflung heraus geschrien. Nichts war anders. Dann begann er einfach zu erzählen. Er verschloss jede Regung, jede tiefere Erinnerung zwischen den wirbelnden Schatten seines Innersten. Mit vollkommen ruhiger Stimme sprach er. Sachlich. Sein Gesicht war eine Maske. Eine Maske aus Marmor und Stahl. Und doch, irgendetwas war anders. Er ließ seinen Schleier fallen. Sein wahres Gesicht kam zum Vorschein. Die tiefe Schwärze. Ohne jegliche Regung oder Beschönigung sprach er. "Ich tötete Orken. Und Menschen. Manchmal Frauen. Ein oder zweimal Kinder."
Als er geendet hatte nahm er seine Arme von Ihrem Körper und sagte Sie solle gehen. Wie alle anderen zuvor. Gehen. Und ihn endlich allein lassen. Damit er vergessen konnte. Und doch, jetzt spürte er es genau. Etwas war anders. Sie ging nicht. Doch Sie schwieg auch nicht. Sie verabscheute ihn nicht. Sie verfluchte ihn nicht.
Sie drang in ihn. Das war anders. Immer wieder fragte Sie was er für Sie empfinde. Und jedesmal antwortete er: "Nichts." Er wollte sich nicht öffnen. Er konnte sich nicht öffnen. Seine Erinnerungen. Das Blut. Der Tod. Es würde ihn vernichten. Zerstören. Es würde ihn, der er kein Mann, nur noch ein Schatten in der Nacht war, verwehen.
Plötzlich drang Ihre Stimme näher an sein Ohr und leise, mit schwachem Beben, flüsterte Sie.

"Wenn es so ist, dann töte mich hier und jetzt." Er wusste es. Etwas war anders. Er hob den Dolch. Blank lag der scharfe Stahl auf Ihrer Haut, nur wenige Fingerbreit entfernt von ihrem pochenden Herzen. Noch in diesem Augenblick pumpte es Blut durch diese Adern. Durch diesen Leib. Den Leib den er gespürt hatte. Die Lippen die er geküsst hatte. Er verstärkte seinen Druck etwas, spürte wie die Spitze in Ihre Haut ritzte. Nichts würde anders sein. Sie würde sterben. Ihre letzten Worte. Die letzten Worte aus diesem wundervollen Mund. Die letzten Worte von diesen vollen, sanften Lippen. Die letzten Worte von dieser unbeschreiblichen Frau. Sie würden sein: "Ich weiß, dass ich Dich liebe." Aber Sie hatte sich geirrt. Er liebte nicht. Liebte er? Nein. Nein. Nichts war anders. Nichts würde anders sein. Er würde sich eine Neue suchen. Er fand immer eine Neue. Ohne Schuldgefühle war es einfach eine Neue zu finden. Und wie sollte er schon Schuldgefühle bei einer Verführung empfinden? All sein Empfinden für Schuld hatte er schon vor zehn Jahren aufgebraucht. Nichts würde anders sein. Er würde Sie einfach töten. Würde er Sie töten? Liebte er Sie? Liebte er Sie? Nein. Nichts. Da war nichts. Er würde es jetzt tun. Ganz genau jetzt. Sein rechter Arm ruckte. Die Muskeln spannten sich an wie schon oft.





Der Dolch fiel ihm aus der Hand. Er hörte das leise Klappern. Glaubte es zu hören. Er spürte wie ihn seine Kraft verließ. Ihn. Ihn! Sein Leib wurde schwach. Sein ganzer, eisern gestählter Körper bebte. Zitterte. In den dunkel verhangenen, sonst hellgrauen Augen, tobte die Schlacht. Die finsteren Wolken suchten den letzten Funken zu zerstören. Zu ersticken. Doch - etwas war anders! Schatten wirbelten in ihm empor. Schreie hallten durch seinen Schädel. Finsternis umhüllte ihn. Überall. Überall. Nichts als Düsternis. Dunkelheit. Nacht. Schwärze. endlose Nacht. Nichts - nichts war anders. Dann erbebte sein Leib unter dem Ansturm der Schrecken. Doch etwas hielt sie auf. Etwas war anders. Licht. Warm. Sanft. Und die Nacht schwand. "Ich ... Ich kann ... nicht."
Tränen pressten sich unter seinen Lidern hervor. Weinen. Seit sechzehn Götterläufen zum ersten Mal. Tränen. Benetzten seine bebenden Lippen. Dann. Er hob die Lider. Etwas war anders. Er sah Sie vor sich. Sie. Sein Leib war schwach. Jede Kraft in einem einzigen Moment, einem Augenblick verbraucht. Doch leise flüsterte er. Seine Worte wehten durch die von Mondlicht erhellte schwüle Luft. Er schrie ihn heraus. Doch nur gewispert erklang er. Erlösung und Erkenntnis. Geständnis. Ihren Namen. Nur Ihren Namen. Und er wusste: Etwas - etwas, war anders.



Und eine Mitte. Und die Hoffnung. Und die Treue. Und zu Vertrauen. Und Erbarmen. Und aus Glauben. Und ein Geschenk. Und nur die Liebe umschließt all dies in ihrer Fülle.


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