Selten fühlte er einen Schnitt so intensiv wie diesen. In unzähligen Kämpfen hatte er sich unzählige Wunden geholt und immer wusste er sie zu ignorieren, nicht auf Schnitte, Stiche, Bisse, stumpfe Traumen oder gar Verbrennungen zu achten, bis der Feind tot war. Doch diesmal war da kein Feind zu töten, als er sich die scharfe Klinge des Dolches über die Handfläche zog. Es war kein wirklicher Schmerz den er spürte, es war eher ein Brennen, das in den Wundrändern entflammte, wie ein wärmendes Kohlebecken im kalten Morsan unter der Hand. Ihm gegenüber der hochgewachsene Choharar, ein einziger Berg von Muskeln und Sehnen, die sich aus der Rüstung zu quetschen versuchten, und mit einer gleichen Wunde in der Hand griff die grobe Pranke des Orken Traims Hand, die in der gewaltigen Orkklaue fast gänzlich verschwand, und besiegelte einen Pakt für den Frieden. Wie oft hatte er in diesem Krieg nicht sein Blut gelassen, wie oft das seiner Feinde, den Orken gefordert und vergossen? Und nun war alles, was es brauchte diesen Krieg zu beenden sein Blut und das eines Orken, daraus einen Pakt zu schmieden der einen Frieden versprach. Ein Friede, aus Blut von Orken und Dwarschim geboren und Traim wusste nur zu gut, es würde das Blut von Orken und von Dwarschim brauchen, diesen zu erhalten oder zunichte zu machen. Er wäre nicht so töricht den Orks jetzt noch Anlass zu geben diesen Frieden zu gefährden und er konnte nur hoffen, dass die anderen Dwarschim ihm folgen würden, entgegen ihren verletzten Stolz, entgegen der vielen Niederlagen die sie erleiden mussten. Aber wie sollten die Dwarschim in der derzeitigen Situation einen Feind aufhalten, der es verstand in wenigen Augenblicken das gesammelte Heer der Insel vernichtend zu schlagen? Er gab dem Orken einen Schwur, dass dies nicht wieder geschehe, und er gab dem Orken sein Blut diesen Schwur zu verewigen, sein Blut für sein Volk, mögen die Götter und die Ahnen dieses Opfer anerkennen.
Es war seltsam wie ruhig diese Ratssitzung verlief, und wie lang sie dabei doch dauern konnte. Seine Blase drückte schon eine ganze Weile, er hätte vor der Abreise doch kein Trosch mehr trinken sollen. Hatte er sich das nicht gesagt? Ja, und als nächstes auf die gute Idee erstmal ein Trosch getrunken! Na, eine bärtliche Idee muss auch bärtlich belohnt sein! Aber nun drückte die Blase, und so verlies er noch vor den Orken den Ratssaal der Burg Finianswacht um sich zu erleichtern.
Als er auf dem Rückweg in den Ratssaal an Zhiruk und der Orkin vorbeiging, keifte diese ihn nochmal an, sie würde ihn an ihre Trolle verfüttern. Ja, das sollte sie nur versuchen, er würde ihre Trolle wie jeden Troll behandeln, aber es wäre schwer die Orkin inmitten der Dunkelheit nicht für eine Untote zu halten, war doch ihr halbes Gesicht nicht mehr als ein grobes Stück leder, das mit fingerdicken schwarzen Fäden über eine klaffende Wunde genäht wurde, fast, als wäre diese "Heilung" der Wunde mehr Strafe und schrecklicher Anzusehen als die Wunde selbst. "Die Götter mit Euch, Rhazza" brummte er im Vorbeigehen, "Pluthzprutha!" rauhnte ihm Zhiruk nur entgegen...ja...Blutsbrüder, das waren sie nun...er würde sich noch daran gewöhnen müssen, sagte er mit einem schmalen Grinsen zu sich selbst, als er den Ratssaal wieder betrat.
Mit leisem Brummen betrachtete er in der Nacht den Ring an seinem klobigen Wurstfinger. "Ehrenbürger der Kronmark" war darauf eingraviert, und seinem Bart wurde dieser Titel verliehen, stellvertretend für all die Taten der Dwarschim vor und während der Schlacht. Es ist schon seltsam, ging es ihm durch den Kopf, da rettet man den König quasi im Alleingang und erhält einen Blumenkranz (den immerhin Dolana sehr hübsch fand), führt das Heer zur Vernichtung des Pestdämonen und erhält aufrechten Dank, und für eine verlorene Schlacht, eine historische Niederlage auf dieser Insel die keine Vorbereitung der Dwarschim hätte verhindern können, wird er zum "Ehrenbürger der Kronmark" ernannt. Sicher, er fühlte sich geehrt, und es scheint, als wären die Khaela nicht so blind für die Taten der Dwarschim wie er manchmal glaubte. Mit einiger Mühe friemelte er den Ring wieder vom dicken Finger herunter und legte ihn zurück aufs Kissen in der kleinen Holzschatulle. Es würde Anlässe geben diesen Ring zu tragen, doch für die Ausbildung der Rogala im Ahrpet, wird er ihn kaum brauchen können...
|