Alpträume
Seufzend griff der Elf nach drei Steinen. Es war nicht so geplant gewesen. Wahrlich nicht. Er hatte nicht vorgehabt einer der „Seinen“ so zu verlieren. Doch nun musste er Ersatz wählen. Er wog die drei Steinchen in der Hand, weiß, schwarz, grau.
Herr Bellum, Dir diene ich…
Entschlossen warf er die Steinchen in die Luft…
...
Am Anfang war da nur Dunkelheit. Erst nach einem Moment bemerkte sie die aschige Erde unter den bloßen Füßen. Das Ödland? Doch wie kam sie hierher? War das die Strafe? Sterben wie Schwertvater Delany es ihr einst gesagt hatte? Unbegraben, ohne den Segen Morsans? Hier war nichts außer Öde… …und dem Elf… Warum hatte Vater sie auch keine Klinge mitnehmen lassen! Sie fühlte sich nicht wohl so nackt (ohne Schwert und Kleidung) vor dem Elf. Wenigstens sah er nicht zu ihr hin.
Ich kann dir hier nicht helfen, niemand kann das.
Der Elf schwieg einen Moment, in welchem sich die raue Erde um ihre Fußsohlen schmiegte.
Ich sollte dir nun etwas sagen wie „Sei stark und bete zum Herrn“, doch ich sage „Ich werde für dich beten, möge der Herr mein Wort erhören und deine Seele schützen“.
Sie schrie auf als der Erdboden unter ihr nachgab und sie in die Tiefe riss. Aschige, schwarze Erde über ihr zusammenschlug, ihr den Atem raubte.
Ich werde für dich beten, möge der Herr mein Wort erhören und deine Seele schützen.
Sprach der Elf feierlich, ballt die Hände zu Fäusten und kreuzte die Unterarme vor der Brust.
Sie spürte die Wesen in der Erde. Wollte schreien, doch überall war nur Erde.
...
„Steh auf!“
Die Stimme durchschnitt die Stille, scharf und hart.
„Steh auf!“
Die dritte Aufforderung folgt in Form eines Trittes in die Seite, welche die an der Wand kauernde Frau zur Seite schleuderte. Grob packten Hände nach ihr und zerrten sie in die Höhe. Die Frau sah sich im Kerker um. Sie kannte diesen Raum. Und die Männer.
Lucius… in der Uniform des Lehensbanners… Tarjas… Garilko… Zacharias… Lyrius.. und die Anderen….
Sie zerrten sie nach draußen: Der Marktplatz von Falkensee. Sie kannte die grölende Menge, jedes einzelne Gesicht…
Sire Robaar… Sire Ecanas… Lorence… Ortwin… Toran… Gnaden Elsvia… Hochwürden Gamajeff…
Sie kannte sie alle. Die Menge bildete einen Korridor. Sie hörte die wütenden Rufe….
„Hängt sie! Hängt sie!“
Sie zerrten sie auf den Galgen. Sie waren alle da… außer Ihm.
Ortwin trat auf den Galgen während die Soldaten sie fesselten. Legte ihr die Schlinge um den Hals.
Sie spürte wie es ihr den Boden unter den Füßen wegriss, wie die Schlinge sich um ihren Hals zusammenzog. Dunkelheit schlug über ihr zusammen.
...
Das nächste das sie spürte war raues, kaltes Holz unter sich.
Hallo, Kleine.
Der Elf! Ein Schwert! Ein Schwert!
Meine Kleine, das würde dir überhaupt nichts nützen. Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte: Du bist angekettet.
Ketten. Sie war mit Ketten an den Tisch gefesselt! Verdammter Elf!
Oh nur keine Angst, es wird nicht wehtun. Zumindest mir nicht.
Dämlicher Elf! Der dämliche Elf zauberte ein Säge hervor… sie schrie auf als er mit seiner Arbeit begann….
Sie versuchte nicht zu sehen was der Elf tat. Was er ihr antat, ihr zeigte. Doch vergebens.
Das war sein Werk… sein Werk… sein Werk… Sie haben dich gehängt. Er hat dich gehängt! Das war sein Werk… sein Werk… sein Werk…
Flüsterte der Elf ihr fast schon vertraulich ins Ohr.
Dies ist der Weg in die Niederhöllen, Kleines, verstehst du? Hier kann Dir der Herr nicht helfen, hier gibt es nur einen Herrn, nur einen Namen, welchen du um Hilfe anrufen kannst.
„Ruf meinen Namen und ich werde kommen! Preise SEINEN Namen und ich werde Dich retten!“
Klare blaue Splitter bohrten sich in ihren Leib. Erinnerung. Er war es. Er vollzog das Ritual. Sie war nie in Vandrien gewesen. Nicht so. Er quälte sie. Er übergab sie IHM. Schmerz und Qual erfüllen ihre Seele. Nicht Er.
Sie kannte ihn. Die schwarze, vandrische Rüstung, der blutrote Umhang, Er… ein Tardukai.
Tanzende Bilde, Wahnsinn, der Elf hatte wahr gesprochen, der Herr half nicht, sie war alleine mit Ihm….
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