Ich sehe ein letztes Mal zurück zu der charaktervollen Hütte. Wieso bei all den Göttern taucht in solchen Momenten immer dieser Mistkerl Atori auf? Ist es ein Fluch? Als hätte ich nicht genug mit mir zu tun, nein, da muss er auch noch halb sterbend aus dem Grab klettern und mir vor die Füße fallen. Was hätte ich anderes machen sollen? Ihn einfach liegen lassen, das hätte Vitama mir übel genommen. Also tue ich meine Pflicht. Nun liegt er auf seiner Pritsche und schläft – hoffentlich träumt er schlecht.
Meine müden Füße tragen mich durch Falkensee, sie steuern den Markt an, wie immer. Ich verfluche sie für diesen Weg. Ich weiß, warum sie mich unbewusst immer wieder dort hin schleifen. Aber sie werden es dort nicht finden. Nicht in dieser Nacht. Ich zwinge sie den Weg zu ändern und laufe auf das Westtor zu. Ich atme tief durch, es funktioniert.
Es wird nicht helfen, flüstert eine gelassene, fast sarkastische Stimme in mir. Ich murre und beschleunige meinen Schritt. Es muss funktionieren. Hier geht es nicht darum, wer von uns Recht hat. Hier geht es ums Überleben, um das Überleben von diesem verfluchten Es. Denn es rennt offensichtlich in höchste Gefahr. Es liegt an uns, es aufzuhalten.
Ich lasse Falkensee hinter mir und wieder einmal erstreckt sich ein schwarzer Himmel über den Wäldern. Wo gehe ich hin? Ich weiß es nicht, ich lasse mich tragen. Ich wünsche mir eine Pause. Möchte frei atmen. Möchte nicht mehr dran denken, wie dumm es war. Es lag sicher am Tag, überall Rosen, überall diese schwere leichte Luft, überall Romantik und dieser ganze vermaledeite Mist. Genau, das war’s. Das erklärt auch das Gefühl im Bauch. Diese Wärme, im Nachhinein war sie wirklich unangenehm. Die Hände werden schwitzig, als leide man an einer seltsamen Krankheit. Ja, so ist es, es ist eine Krankheit und sie muss dringend kuriert werden.
Deshalb tragen die Füße mich fort. Ich weiß, was du vorhast, sagt die Stimme. Mittlerweile spüre ich, dass ich neben mir laufe. Ich wusste nicht, dass mein zweites Ich so zynisch ist. Ich überhöre es und gehe weiter. Glaubst du ernsthaft, du schaffst es auch nur wenige Stunden? Es schmunzelt doch tatsächlich. Unverschämt!
Äste knacken unter den Füßen und kälterer Wind kommt auf. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich es überlisten kann. Denn es bringt nur Ärger. Ich habe einen Freu.. Bekann… unwichtigen Menschen verloren – niemand weint der Freundschaft mit einem solchen Idioten nach! Und ich bin einem Anderen zu nahe gekommen, viel zu nahe – Das war dämlich, bemerkt mein zweites Ich. Notgedrungen muss ich nicken. Ja, es war verdammt dämlich.
Seltsam, ich stocke. Warum führen mich meine Füße ausgerechnet hier hin. Die alte Höhle ist noch immer unverlassen, doch die Erinnerung hallen stumm von einer Wand zur anderen. Es wird reichen für diese Nacht. Ich schlafe die Gedanken einfach weg – dann ist es nur noch eine einfache Höhle, es hört auf den Ton anzugeben, er bleibt einfach, wer er ist und sogar Atori könnte man die Hand reichen. Schließlich hätte er sich dann geirrt und ich, wir - zweites Ich schmunzelt - hätten Recht gehabt. Du kannst gar nicht sagen, dass es nichts wird – entgegne ich ihm – denn wir haben es bisher gar nicht ausprobiert. Wir haben einen ganzen Tag, bevor wir wieder in die Stadt müssen. Das dürfte nicht so schwer werden.
Im Hintergrund erhebt sich die Sonne, während ich in der Höhle Schutz suche. Es versuche ich draußen zu lassen. Es hat nun zu schweigen, hier geht es um mich allein. Und ich kann mich nicht einfach verlieren und solche… Peinlichkeiten verkraften. Ich will nicht wie alle anderen daran zergehen und leiden. Nicht ich, nein. Ich sperre es aus, setze mich mir gegenüber, schaue mich an und bereite mich auf eine lange Diskussion vor. Ich weiß genau, niemand ist so streng mit mir, wie ich…
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