Es regnete in Strömen als sie hastigen Schrittes aus dem Burgtor eilte. Der hübsche, seidenüberzogene Hut war mitlerweile einfach nur durchweicht und hing schlaff zu beiden Seiten herab und der garstige Wind peitschte ihr immer wieder die klitschige, lange Feder ins Gesicht. Ihr Blick war auf den Boden gerichtet, eher noch auf ihre Füße, welche sie schnell über das nun etwas glatte Kopfsteinpflaster schnellen ließ und dabei konzentriert den Pfützen auswich. So bemerkte das Mädchen garnicht wie ihr zwei Gestalten folgten, den langen Gang hinab, die Kaputzen tief ins Gesicht gezogen. Aber wen hätte ein solcher Anblick schon verwundert. Bei dem Regen.
Vor dem Tempel hob sie kurz den Kopf und schüttelte diesen dann. Heute nicht – sie musste doch unbedingt ihren Vormund finden. Zu lang hatte sie sich schon nicht bei ihm blicken lassen, eher noch ihn nicht auffinden können. Und das gehörte sich nicht, das wusste sie.
Die beiden Dunkelgekleideten kamen immer näher an sie heran, beschleunigten ihren Gang um zu ihr aufzuschließen.
Wäre nur dieses verdammte Wetter nicht. Eine Windböh presste der jungen Frau den Rock von hinten an die Beine und ließ sie schaudern als die kalten Tropfen sich ihrer Waden annahmen. Das Unwetter wurde schlimmer denn besser, prasselnd klatschte das Wasser zu Boden und Donner hallte durch die dichte Luft.
Die beiden hatten sie fast erreicht, waren dicht hinter ihr.
Geschwind schlüpfte sie in eine der engeren Gassen um kurz etwas Schutz zu finden, lehnte sich an die Mauer und schloss die Augen. Vielleicht würde es ja nachlassen, wenn sie etwas abwartete.
Die zwei Gerobten gingen vorbei.
Ein Schatten fiel kurz in die Gasse, sodass das Mädchen zur Seite aufsah, doch nichts außer der nebligen Dichte der Regenstriehemen erblickte. Kurz lehnte sie sich aus der Gasse, sah in die Richtung in die sie verschwunden sein müssten. Niemand war auf der Straße.
Eine kalte, nasse Hand schloss sich über ihren Mund und erstickte den folgenden Aufschrei im Keim. Irgendjemand zog sie nach hinten, mit einem Ruck, als sie sich umdrehen wollte, an sich und packte sie so fest am Arm, dass ihr vor Schmerz Tränen in die Augen schossen. Sie sah die Hand – ein dunkler Handschuh bedeckte diese, das Leder durchweicht von Wasser. Sie konnte sie dessen Abgewetztheit regelrecht riechen. Angst erfüllte sie als wäre sie ein leere Krug in diesen man das Gefühl füllt und dazu reichlich Panik mischt. Ruckhaft versuchte sie nach hinten zu treten, in die Hand zu beißen – vergeblich - dadurch wurde der Griff nur noch fenster. Innerhalb weniger Sekunden wurde es plötzlich dunkel. Kratzender Stoff lag über ihren Augen, welche sie hastig geschlossen hatte ehe ihr gewaltvoll ein ebenso stoffener Knebel unter der Hand hindurch in den Mund geschoben wurde und hinter ihrem Kopf festgezurrt. Schnell bereitete sich der Geschmack von ranzigem Fett, von irgendetwas muffig abgestandenen auf ihrer Zunge aus und paarte sich mit eisenartigem, fahlen, was ihr mehr noch schwindel bereitete, als ihre Mundwinkel nach einem Ruck an dem Knebel etwas einrissen.
Niemand sprach und sie war kaum fähig zu versuchen zu schreien, so sehr rang sie nach Luft als sie nach hinten gezerrt wurde. Mit aller Kraft stemmte sie sich gegen den Griff. Scheinbar waren es zwei Personen die sie nun fest packten, ihr die Hände und Füße in raschen Bewegungen zusammenbanden und sie mitschleiften, während sie sich vergebens wandt und um sich trat.
Eine ganze Weile versuchte sie dies noch ehe man sie unsanft auf einen Karren schmiss. Ihr einer Ellenbogen scharbe auf dem Holz entlang und sie sog schmerzhaft hastig durch die Nase Luft ein.
Stille.
Hufschläge erklangen und der Karren erzitterte. Wohl wurde das Pferd vorgespannt. Gerade als sie versuchen wollte sich zu regen wippte der Karren neuerlich und eine Person drückt sie kraftvoll auf die Bretter. „Spürst du das?“, zischte eine leise, jedoch deutlich männliche Stimme während sich eine Spitze scharf durch ihr Kleid und etwas in die Haut unterhalb ihrer Rippen bohrte. „Wenn du noch einen Mucks von dir gibst... dann...“, er sprach nicht weiter und sie verharrte. Plötzlich schien der Regen nach zu lassen, dennoch hörte sie ihn deutlich und schloss daraus, man hatte irgendetwas über das Gefährt gedeckt. Rumpelnd setzte sich der Karren in Bewegung.
„Ah, ihr habt die Kisten ausgeliefert?“, freundlich erkundigte sich eine andere Männliche Stimme von der Seite. Der Karren hielt an.
„Sicher. Wir bringen ihn zurück nach Brandenstein.“, antwortete eine andere männliche Stimme.
Wenn nicht jetzt wann dann. Tief holte sie Luft und versuchte irgendein Geräusch vor zu bringen, doch in dem Moment donnerte es Ohrenbetäubend laut.
Und schon rattete der Karren weiter.
Das Messer verschwand von ihrer Seite. Dafür strich ihr nun eine irgendwie schmierig wirkende Hand durch das Haar während sie der beißend schweißigen Geruch des Mannes einhüllte.
Übelkeit stieg ihr die Kehle empor aber gleichzeitig schien ihr die Angst jene völlig abzuschnühren.
Die Fahrt dauerte eine ganze Weile, wurde immer holpriger wobei sie immer wieder mit dem Ellenbogen über das raue Holz ratschte und mit dem Kopf gegen die Bretter stieß. Alles tat ihr weh und es war eine Erleichterung als der Karren endlich hielt.
Der Regen hatte mitlerweile nachgelassen und stipperte nur noch als man sie vom Karren zog. Ihre Füße wurden losgebunden und einer der beiden griff in ihre Handfesseln und zog sie rücksichtslos mit sich. Sie stolperte mehrere Male und schon bald spürte sie weichen Waldboden durch die dünnen Sohlen ihrer Schuhe. Dornen zerrten an ihrem Rock und schrammten über Arme und Beine. Einige Äste schlugen ihr in das Gesicht, hinterließen Striemen und es musste wohl Blut sein, was nun ihre Wange herab rann. Es kam ihr eine Ewigkeit vor bis sie festeren Boden betrat, wurde kälter und ob des Echos ihrer Schritte glaubte sie, dass sie eine Höhle waren.
Mit einem achtlosen Ruck schmiss sie der eine zu Boden.
Sand... kalter feucht, klammer Sand bedeckte diesen und sie kauerte sich zusammen, bliebt dabei jedoch einfach auf der Seite liegen.
„So wird sie erfrieren, gib ihr irgendetwas.“
„Mach du es doch – der Ort war deine Idee.“
„Damit ich erfriere – du spinnst. Nimm die Pferdedecke.“
Ein entrüstetes Schnauben erklang.
Sie wusste nicht wieviel Zeit vergangen war, nur merkte sie, dass ihr ganzer Körper zitterte. Irgendwie musste sie weggetreten sein und erst wieder ob des Streitgespräches erwacht.
Als die Decke über sie geworfen wurde schrack sie zusammen, zog dann doch mühsam mit den gefesselten Händen die diese über sich und ließ sich wieder auf den kalten Grund sinken. Es war zwecklos, was sollte sie schon tun. Sie sah nichts, konnte nicht rufen – vielleicht könnte sie davon laufen. In den Wald. Und dann? Sich von einem Wolf fressen lassen? Im ersten Moment erschien es ihr völlig sinnlos. Was sollten diese von ihr wollen. Wenn es ihr Tod gewesen wäre, dann hätten sie sie schon längst umgebracht. Aber so?
Ab und an waren Schritte und leise Stimmen zu vernehmen, doch nun konnte sie nicht mehr verstehen was sie sprachen.
Es schien lange zu brauchen bis sie nicht mehr zitterte – länger noch bis sie in einen unruhigen Schlaf fiel und in dieser Zeit dachte sie... :
.oO( Liebste Schwester. Ich hoffe ich sehe dich wieder, denn noch immer weiß ich nicht was diese Männer mit mir vorhaben. Warscheinlich werden sie ein Lösegeld fordern – doch bin ich mir nicht sicher ob mein Vormund es bezahlen wird. Wenn überhaupt. Soll ich dir erzählen, von dem was ich fürchte? Es würde nichts nutzen – außer, dass meine Angst wächst. Drum denke ich an dich, denke an den Moment, wo wir uns das letzte Mal sahen. Meine geliebte Schwester.. wär ich nur bei dir. )Oo.
Und irgendwann schlief sie ein.
Zuletzt geändert von Ive: 13.07.07, 01:05, insgesamt 1-mal geändert.
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