Mondtag der 11. Carmar 1 v. Hilgorad
Die Schläusen des bedrohlich wirkenden Himmels hatten sich nun doch geöffnet und vergossen ihren unerschöpflichen Inhalt, so schien es, über die im Dunkeln verborgene Stadt Draconis, Hauptstadt des Herzogtums Bernstein. Schon vor geraumer Zeit hatte sich die Nacht über das Land gelegt, doch sah man hier und da noch ein paar Lichter im Dunkeln aufläuchten.
Die lichten Gestalten, die sich um diese Zeit noch in den Gassen herumtrieben flüchteten nun doch in ihre Quatiere, wissend, dort entlich trockene Kleidung und ein warmes Mahl zu erhalten.
Einigen der Halunken blieb solch ein Festmahl doch leider verwährt und so mussten sie dann das schale Wasser, welches sich überall sammelte, trinken und von dem großen Angebot an Getiers, welches sich auf den Gassen tummelte, kosten.
In dieser Nacht hatten Aribert und Michael, beide bei der Stadtwache angestellt, Dienst und den Befehl erhalten in der Stadt zu patroullieren.
>>Sag mal ... Ist das nicht wieder das Weisenhaus, wo die ganzen Penner ihre Bälger abladen?<<
Aribert betrachtete ihn eine Weile nachdenklich, rieb sich dann die Augen und strich sich durch das wirre Haar
>>Wie oft soll ich dir noch sagen, du sollst die armen Leute nicht so nennen!?<< , zischte er ihm zu.
>>Aber mit dem Weisenhaus hast du wohl Recht, zumindest sind wir hier im Armenviertel. Ich denke wir sollten noch kurz warten und dann nachschauen ob da wirklich Jemand ein Kind abgelegt hat. Sollte dies der Fall sein, dürfen wir nicht all zu lange warten, da das Kind bei dem Sauwetter sonst noch umkommt<<
Gesagt getan, noch drei Minuten später wurden die Beiden vor der Tür des Weisenhauses fündig. Zuerst erkannten sie nur ein Bündel aus vor Dreck starrenden Leinen, doch beim näheren Betrachten, kam dann doch ein kleiner Kopf eines Jungen zum Vorschein.
>>Schau an ... Was haben wir denn da, ein kleines dreckiges Balg<<, rief Michael.
>>Mach dich mal lieber nützlich und erbitte Einlass. Ich nehm das Kind auf den Arm.
Er nahm das Kind in den Arm und schaute ihm beiläufig ins Gesicht, begann Grimassen zu schneiden und atmete zuletzt einmal genervt aus.
>>Also entweder der Junge ist stumm, tot oder hat Verstopfungen, der gibt einfach keinen Ton von sich<<
Keine Sekunde nachdem er dies ausgesprochen hatte, öffnete das Kind den Mund, gab ein Quiechen von sich und fing an wie wild herumzufuchteln.
>>Schau mal Michael, der Junge hat ja eine viel zu kleine Zunge! Das hab ich ja noch nie gesehen... Ich hoffe da kommt gleich entlich mal Jemand, sonst sinken wir hier noch im Schlamm ein<< , brummte Aribert und stakte ein paar Schritte nach vorn.
Michael ließ seine Faust drei Mal kräftig gegen das Tor krachen, trat zwei Schritte zurück, blickte über die Schulter und lachte beim Anblick seines Kumpanen laut auf. Doch kaum hatte er sich herumgedreht, ging auch schon das Eingangstor auf.
Die durch Kerzenlicht erhellte Öffnung wurde sogleich von einer massigen Gestalt gefüllt, die sofort zu plerren begann.
>>Was fällt euch Beiden eigentlich ein, uns alle bei der Nachtruhe zu stören?! Verschwindet!<<, rief die Frau, welche die Statur eines Hefekloß´s besaß.
Aribert opferte sich, trat einen Schritt vor und hielt ihr den Säugling entgegen.
>>Es tut mir unentlich Leid gute Frau, dass wir sie gestört haben, doch haben wir dies hier vor euer Tür gefunden und haben beschlossen es nicht im Schlamm liegen zu lassen. Wir sind doch keine Unmenschen>>, seine Mundwinkel verzogen sich leicht nach oben.
<<Sooo...!?>>, rief die Dicke, bäugte sich leicht vor, untersuchte das Leinenpaket eine Weile prüfend und nahm das Kind in ihre massigen Arme. Sie drehte es einmal in ihren Händen und begutachtete es dabei eingehend, bis sich eine Grimasse des Unwohls auf ihr welliges Antlitz stohl.
Sie Blickte den Beiden entgegen, welche schon fast mit dem Regen eins geworden waren und die gute Frau mit Mienen begutachteten, die nichts Gutes verhiessen.
>>Na ich bin mal gespannt wie lange das Balg noch lebt. Der ist ja gerade mal ne halbe Portion<<, brabbelte sie in Richtung der Regenwand, in welcher sie die beiden traurigen Gestalten vermutete.
Es war wohl die Stimme von Aribert, die das Getöse des Regens und des Windes durchbrach.
>>Der Kleine hat auch noch eine zu kurze Zunge will ich ma meinen!<<
Die Dicke runzelte die Stirn, bäugte sich über das Kind und öffnete dessen Mund. Ein fachmännischer Blick genügte, um ihr Gesicht in eine hässliche Fratze zu verwandeln.
>>Na das wird ja immer besser, jetzt hab ich auch noch Einen, der fast stumm ist und bestimmt nicht adoptiert wird ... Oh ihr Götter, warum straft ihr mich so?<<, brabbelte sie gen Himmel und schüttelte den Kopf. Plötzlich drehte sie sich um, wild schnatternd, den Blick gen Boden gerichtet und verschwand dann in der Eingangstür, welche sich augenblicklich schloss, ohne sich bei den beiden traurigen Gestalten zu bedanken.
Wie er später erfahren musste, hatte man ihn, oder besser gesagt, Frau Doris, die dicke alte Gans, gefunden und sofort einer Sechsjährigen überlassen. Mit den Worten...
>>Du da! ... Komm mal her und nimm mir das Balg ab<<
Das besagte Mädchen, welches gerade erst unsampft aus seinen Träumen gerissen worden war, tat wie gehießen, blickte mit weit geöffneten Augen zuerst auf das Kind und dann, ganz langsam zu der Dicken empor.
Diese stierte mit hoch rotem Kopf auf das Mädchen hinab.
>>Und ab jetzt hast du die Verantwortug dafür, hörst du?<<
Mit den Worten, legte die Dicke das Bündel, nicht gerade sanft, auf den Boden und watschelte davon. Natürlich nicht ohne die üblichen Flüche und Selbstgespräche, welche noch zu hören waren, obwohl die Dicke schon längst in ihrem Gemach sein musste.
Das Mädchen saß noch eine Weile regungslos auf ihrem Schlafplatz am Boden, bis sie eine Bewegung zu ihrer Rechten wahr nahm.
Das Kind hatte wieder begonnen wild umherzufuchteln und gelegentlich einen, in den Augen des Mädchen´s, komischen Laut von sich zu geben.
Sie huschte unter der Decke hervor und blieb für den ersten Augenblick fröstelnd sitzen.
Die Kälte kroch ihr die Beine herauf, doch wenig später robbte sie zu dem, auf dem Boden liegenden Bündel und zog es zu sich an die Schlafstelle, wo sie es mit unter ihre Decke nahm.
>>Ich habe leider keine Milch für dich. Die können wir erst morgen holen, sonst gibt es wirklich großen Ärger von Frau Doris, wenn sie merkt, dass ich Nachts in der Küche bin. Ich bin auch hungrig, aber wie sagt man so schön ... Ähm, achja ... geteiltes Leid ist halbes Leid oder so<<
Mit den Worten zog sie das Kind etwas näher an sich heran und verfiel dann wieder in einen tiefen Schlaf, begleitet vom Trommeln des Regens, welcher sich auf das baufällige Dach ergoss.
So wurde die 6jährige Elisabeth, die alle nur Lissi nannten, die unfreiwillige Ziehmutter des Kindes, was in den Augen des Mädchens eine unlösbare Aufgabe darstellte, diese aber mit Mut, Gedult und Fürsorge zu meistern gedachte.
So machte sie seinen Geburstag an jenem Tag fest, an welchem er vor der Tür des Weisenhauses entdeckt wurde. Als eine viel schwierigere und mit viel Denkarbeit behaftete Aufgabe stellte sich dann die Namensgebung heraus, über die Lissi viele Tage und Nächte brütete und zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis kam.
Nach einer Weile war ihr fürs erste die Lust am Nachdenken vergangen, woraufhin sie sich einfach auf „Kleiner“ festsetzte, was wohl nicht nur von seinem Alter inspiriert war, sondern viel mehr daran, dass er von Geburt an einen schmalen Körperbau hatte und sich auch nicht durch besondere Größe kenntzeichnen konnte. Er hatte ein schmales Gesicht, braune Augen, wie die Blätter im Bellum und eine kleine zierliche Nase.
Von dem Tag an, da er denken konnte, war er an Lissi gebunden, denn sie als einzige Bezugsperson lehrte ihn die Grundgesetzte des normalen Lebens, welches sie hier führten. Ohne Lissi hätte er wohl nicht lange überlebt, denn je älter er wurde, um so mehr war er den Attacken der Heimkinder ausgesetzt, die ihn stehts daran erinnerten, dass er anders sei als sie und von den Göttern bestraft wurde. Nicht selten wurde er wegen seiner Zunge gehenselt und manchmal, mit steigender Tendens, handelte er sich auch mal ein Feilchen ein.
In diesen Augenblicken war Lissi stets zur Stelle, um die Anderen zu mahnen und verjagen, denn sie war dadurch, dass die Älteste vor nicht all zu langer Zeit adoptiert wurde, nun die Älteste im Haus und hatte sich eine Menge Respekt unter den Kindern aufgebaut.
In den Augenblicken, da er am Boden lag, schluchzend und die Kleidung voll Dreck, da schalt sie ihn...
>>Feigling! ... Wehr dich doch entlich mal, oder bist du kein Mann?<<
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Jaja ich weiß, meine Rechtschreibung ist so grottig, dass man kotzen könnte.
Aber vergbt mir doch bitte diesbezüglich und genießt die Story!
