Die Nacht scheint heute schwärzer denn je. Kein Licht dringt in die kleine Kammer in der er sonst ruht. Friedlos ist sein Schlaf. Unruhig wälzt er sich in seinem Nachtlager umher. Der sonst so ruhige Schlaf war heute ferner denn je. Der Atem geht schnell und keuchend. Der Herzschlag rast, nichts ist es mit der Ruhe für den Körper.
Dort wo Augen sein sollten ist nur Schwärze. Die Stimmen blechern verzerrt, monoton und schrill wirken. In ihnen schwingt Übermut und Arroganz.
„Die Farben die ihr tragt sind nicht die unserer Verbündeten!“
Die Anspannung zwischen den Menschen ist zum greifen nah.
„Und dennoch ehren wir – die Tardukai - sie mehr als ihr es eben tatet!“
Wie ein Peitschenhieb zerschneidet die Stimme die Luft.
„Du hättest voller Stolz sagen müssen, dass du ein Streiter des Ordens der Löwen bist!“
Verachtung und Hohn sind es, die ihm entgegenschlagen.
„Schmach und Schande! Ihr habt diese Farben nicht verdient!“
Wie ein Dolchstoss treffen die Worte seine Brust und dort wo die Klinge trifft bleibt nichts als eine dunkle Leere.
Mit einem stummen Schrei fährt er aus dem Schlaf hoch. Die Worte hallen immer noch in seinem Kopf nach. Die Stirn ist schweißbenetzt und die Haut ist leichenblass. Mit aufgerissenen Augen sieht er sich in der Kammer um. Minuten vergehen, ehe sich der Puls beruhigt hat, der Atem normal ist und eine leichte Farbe wieder auf seine Haut zurückgekehrt ist.
Unruhig greift er nach seinen Stiefeln und einem Hemd, die Hose trägt er noch und geht hinaus zum Stall. Der warme Geruch des Strohs schlägt ihm entgegen. Das Tier welches dort steht blickt ihn mit seinen treuen Augen und streckt ihm den Kopf entgegen. Es Mag wohl fühlen was in seinem Herrn vorgeht. Sanft streicht er ihm über die Nüstern und den Hals, ehe er es aufzäumt und aus dem Stall führt.
Einige Minuten später kann man eine dunkle Gestalt erkennen, welche sich in zügigen Galopp von Falkensee entfernt und mit jedem Schritt mehr von der Dunkelheit verschluckt wird, bis sie eins mit ihr ist.
Der Galopp wird schärfer. Das Gelände unebener. Immer wieder peitschen ihm die Äste ins Gesicht und hinterlassen feine rote Striemen. Sein Blick ist starr in die Dunkelheit gerichtet.
In seinem Kopf ein wilder Dialog.
"Sie hatten Recht. Und ob sie es hatten."
Zustimmend nickt der Mann.
"Nein, du hast richtig gehandelt. Anders hätten sie dir den Kopf abgeschlagen."
"Schweig, sie hatten Recht. Ich hätte dazu stehen sollen." Es nagt an ihm, stimmt ihn nachdenklich.
"Aber…" Hilflos klingt die Stimme.
"Kein Aber, einmal zu dem Stehen, was man tut, wer man ist." Der Gesichtsausdruck des Mannes wirkt hart und überzeugt.
"Wer bist du denn?" hackt die Stimme nach.
"Ich bin Telvar Largos, Sohn von Bernius und Thalia Largos."
"So? Jetzt bist du doch sein Sohn? Wolltest du nicht einen Schlussstrich setzen?" fragt die Stimme mit sarkastischem Ton.
"Schweig!" schnauzt er harsch zurück.
Ein Moment der Ruhe. Nur der Atem des Tieres, der seinen Reiter voran treibt ist zu hören.
"Und?" Einen Moment halt das Wort nach.
"Und was?" entgegnet er genervt.
"Du bist Telvar Largos und weiter…"
"Weiter? Wie weiter?"
"Wofür stehst du? Was bist du?"
"Ich bin Streiter des Löwenordens!"
"Vorhin warst du es nicht." Stellt sie knapp und nüchtern fest.
"Doch!"
"Warum hast du es nicht gesagt?"
Wieder ein langes Schweigen
"Warum hast du es nicht gesagt?" bohrt die Stimme weiter
"Weil….verdammt…weil ich Angst hatte verdammt…"
"So wie du immer Angst hast, wenn es darum geht sich zu irgendwas zu bekennen?"
"Hey..."
"Kein Hey, oder warum bist du hier?"
Endloses Schweigen. Die kühle Nachtluft zieht an ihm vorbei und lässt sein Haar sanft im Wind wehen. Bis er das Tier nach geraumer Weile zügelt und vor einem kleinen Teich steht.
Der Reiter steigt ab und geht auf das Ufer zu. Dort bleibt er stehen und blickt auf dessen Oberfläche, welche sich leicht kräuselt. Es mögen stunden vergehen, in denen er dort steht und sich nicht rührt. Den Blick auf das Wasser gerichtet, in sich gekehrt, suchend...zweifelnd.
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Unser größter Ruhm liegt nicht darin, niemals zu fallen, sondern jedes Mal wieder aufzustehen, wenn wir gescheitert sind. - Konfuzius -
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