Die goldene Treppe
„Was ich hier mache? Mir gefällt die Einfältigkeit der Frage, denn jene die ich mir stelle sind weitaus komplexer. Also, ich sitze hier, am Ende der goldenen Treppe und lasse meine Beine baumeln. Unter mir ist nichts. Nichts zu sehen, nichts zu hören, nichts zu riechen. Würde ich das kalte Metall der Treppe nicht unter meinem Hintern und an meinen stützenden Handflächen spüren, würde ich mich wohl selbst für tot halten. Ja, so stelle ich mir das vor. Friedlich aber irgendwie langweilig. Also ich glaube ja, dass ich, wenn ich den Weg die Stufen hinab geben würde, irgendwann wieder auf die morsche, wurmstichige Tür treffen würde. Aber ich sehe keinen Grund das auch nur ansatzweise zu wollen. Also um das nochmals zusammenzufassen: Da bin ich, sitzend. Die endlose goldene Treppe an deren Ende ich hocke und da bist du. Du und deine neugierigen Fragen. Du, der du mich beobachtest und nun versuchst eine Art Zwiesprache mit mir zu halten. Ich heisse übrigens Linus.
Wieso soll ich da runter spucken?! Wenn du mich schon ausquetschst wie eine überreife Zitrone, dann hör’ gefälligst zu, wenn ich mir schon die Zeit nehme es dir zu erklären. Da unten ist NICHTS. Und abgesehen davon, wieso sollte ich für jemanden ins Leere spucken, der sich mir noch nicht einmal zeigt? Ich habe auf dem Weg hier her schon so viel gesehen, da könntest du die Fratze eines Schweins und den Leib eines Bären haben und es würde mich nicht im Geringsten schockieren. Also, wo bist du?
Wieso lenkst du ab? Nun gut, mir solls recht sein. Ein gepflegtes Gespräch kann ja nicht nur auf Fragen aufgebaut sein, einer sollte auch immer noch bereit sein antworten zu geben. Und auch wenn ich diesen Part nun übernehme und so vor allem mich sprechen höre, ist es immer noch angenehmer als der ständigen Stille ausgesetzt zu sein. Aber ganz ehrlich, ich weiss nicht wie ich mich fühle oder fühlen soll. Losgelöst und… wirklich, vielleicht. Der „wirkliche“ Linus. Wie theatralisch. Aber ein besseres Wort will mir derzeit nicht einfallen. Es fühlt sich gut an alleine zu sein. Weit und breit der einzige der das Geschehen kontrolliert. Ist dir bewusst, dass ich hier so ziemlich alles machen könnte? Weißt du was, ich spuck jetzt doch mal da runter. Achtung!
Hast du was gehört? Also ich nicht. Ob die Spucke jetzt dazu verdammt ist ewig zu fallen? Ich würde es ihr nicht wünschen. Irgendwie ein grausamer Gedanke ständig einem Ziel entgegen zu eilen und doch niemals anzukommen. Das ist so wie in diesen Träumen, die man manchmal hat. Man kommt und kommt nicht vom Fleck obwohl man es sich doch so sehr wünscht. Früher hab ich viel geträumt. Du auch? Allerdings muss ich ehrlich zugeben, jeder einzelne Traum war eine Farce gegen den Weg, den ich zurückgelegt habe! Wieso habe ich das Gefühl, dass du nicht weißt wovon ich spreche? Du bist nicht die Treppe hoch gegangen, nicht wahr? Du warst schon da, hier an der letzten Stufe, in der Dunkelheit. Fühlst du dich manchmal einsam hier oben?
Bist du noch da?
Es gehört sich nicht eine Diskussion auszuschweigen und ungetaner Dinge zu verschwinden, also, antworte doch bitte.
Nunja, falls du mich noch hören kannst: Es ist schon gut. Wenn ich etwas falsches gesagt habe, tuts mir Leid. Wenn du, ich meine, wenn du vielleicht mal wieder mit jemandem sprechen willst, du weißt ja, wo du mich findest. Ich bin der, der auf der letzten Stufe der goldenen Treppe sitzt. Und mit seinen Beinen baumelt.“
Zuletzt geändert von Gold!: 30.12.07, 13:58, insgesamt 1-mal geändert.
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