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 Betreff des Beitrags: Die goldene Treppe
BeitragVerfasst: 29.12.07, 21:03 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 29.12.07, 19:40
Beiträge: 2
Die goldene Treppe

„Was ich hier mache?
Mir gefällt die Einfältigkeit der Frage, denn jene die ich mir stelle sind weitaus komplexer. Also, ich sitze hier, am Ende der goldenen Treppe und lasse meine Beine baumeln. Unter mir ist nichts. Nichts zu sehen, nichts zu hören, nichts zu riechen. Würde ich das kalte Metall der Treppe nicht unter meinem Hintern und an meinen stützenden Handflächen spüren, würde ich mich wohl selbst für tot halten. Ja, so stelle ich mir das vor. Friedlich aber irgendwie langweilig. Also ich glaube ja, dass ich, wenn ich den Weg die Stufen hinab geben würde, irgendwann wieder auf die morsche, wurmstichige Tür treffen würde. Aber ich sehe keinen Grund das auch nur ansatzweise zu wollen. Also um das nochmals zusammenzufassen: Da bin ich, sitzend. Die endlose goldene Treppe an deren Ende ich hocke und da bist du. Du und deine neugierigen Fragen. Du, der du mich beobachtest und nun versuchst eine Art Zwiesprache mit mir zu halten. Ich heisse übrigens Linus.

Wieso soll ich da runter spucken?!
Wenn du mich schon ausquetschst wie eine überreife Zitrone, dann hör’ gefälligst zu, wenn ich mir schon die Zeit nehme es dir zu erklären. Da unten ist NICHTS. Und abgesehen davon, wieso sollte ich für jemanden ins Leere spucken, der sich mir noch nicht einmal zeigt? Ich habe auf dem Weg hier her schon so viel gesehen, da könntest du die Fratze eines Schweins und den Leib eines Bären haben und es würde mich nicht im Geringsten schockieren. Also, wo bist du?

Wieso lenkst du ab? Nun gut, mir solls recht sein. Ein gepflegtes Gespräch kann ja nicht nur auf Fragen aufgebaut sein, einer sollte auch immer noch bereit sein antworten zu geben. Und auch wenn ich diesen Part nun übernehme und so vor allem mich sprechen höre, ist es immer noch angenehmer als der ständigen Stille ausgesetzt zu sein. Aber ganz ehrlich, ich weiss nicht wie ich mich fühle oder fühlen soll. Losgelöst und… wirklich, vielleicht. Der „wirkliche“ Linus. Wie theatralisch. Aber ein besseres Wort will mir derzeit nicht einfallen. Es fühlt sich gut an alleine zu sein. Weit und breit der einzige der das Geschehen kontrolliert. Ist dir bewusst, dass ich hier so ziemlich alles machen könnte?
Weißt du was, ich spuck jetzt doch mal da runter. Achtung!

Hast du was gehört? Also ich nicht. Ob die Spucke jetzt dazu verdammt ist ewig zu fallen? Ich würde es ihr nicht wünschen. Irgendwie ein grausamer Gedanke ständig einem Ziel entgegen zu eilen und doch niemals anzukommen. Das ist so wie in diesen Träumen, die man manchmal hat. Man kommt und kommt nicht vom Fleck obwohl man es sich doch so sehr wünscht. Früher hab ich viel geträumt. Du auch? Allerdings muss ich ehrlich zugeben, jeder einzelne Traum war eine Farce gegen den Weg, den ich zurückgelegt habe!
Wieso habe ich das Gefühl, dass du nicht weißt wovon ich spreche? Du bist nicht die Treppe hoch gegangen, nicht wahr? Du warst schon da, hier an der letzten Stufe, in der Dunkelheit. Fühlst du dich manchmal einsam hier oben?

Bist du noch da?

Es gehört sich nicht eine Diskussion auszuschweigen und ungetaner Dinge zu verschwinden, also, antworte doch bitte.

Nunja, falls du mich noch hören kannst: Es ist schon gut. Wenn ich etwas falsches gesagt habe, tuts mir Leid. Wenn du, ich meine, wenn du vielleicht mal wieder mit jemandem sprechen willst, du weißt ja, wo du mich findest.
Ich bin der, der auf der letzten Stufe der goldenen Treppe sitzt. Und mit seinen Beinen baumelt.“



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 Betreff des Beitrags:
BeitragVerfasst: 30.12.07, 14:32 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 29.12.07, 19:40
Beiträge: 2
„Magst du Spiegeleier, Bob?
Achja, ich hab übrigens entschieden, dass du ab sofort so heisst. Schliesslich kennst du ja auch meinen Namen und dass du nicht mehr bereit bist mir zu antworten schliesst ja nicht aus, dass ich trotzdem weiter spreche und dich benenne. Und nein, das ist nicht armselig. Ich sitze hier alleine am Ende einer goldenen Treppe, Armseligkeit existiert an so einem Ort nicht.

Also, magst du gespiegelte Eier, Bob?
Meine Mutter bereitete diese in ihrer grossen, eisernen Pfanne zu und ich habe mich als Hosenfratz stets gefürchtet auch nur einen Blick in diese hinein zu werfen. Ich wusste was mich erwartete. Zwei weisse Seelein mit den sonngelben Dottern thronend in ihrer Mitte. Fast so wie zwei riesige, starrende Augen. Ich war der festen Überzeugung, dass, wenn diese Fratze einen Mund gehabt hätte, vielleicht aus Bratspeck, sie nur zu gern von ihrem beschwerlichen Weg durch den Hühnerkörper und ihrer Ohnmacht nun bald einen ähnlichen Werdegang durch den menschlichen Verdauungstrakt antreten zu müssen, geklagt hätte. Und davon wollte ich nichts hören. Nicht von meiner Mutter, die mir meine schwierige Geburt heute noch vorwirft und schon gar nicht von einem Ei.
Also ich mag Eier nicht, Bob. Sie machen mir Angst. Vielleicht weil sie so menschlich sind, keine Ahnung. Ein weiterer Grund hier sein zu wollen. Hier gibt es weit und breit keine Eier, nur das schwarze Nichts.

Was zum Kuckuck!?

Was ist das?
Siehst du das Bob?!

Da hat mir doch wirklich jemand auf den Kopf gespuckt! Direkt in mein Haar. Nicht dass es schlimm wäre, meine Frisur hat auf dem Weg hier hoch sowieso gelitten.
Warst du das?
Oder war ich es?
Möglich scheint mir hier so ziemlich alles. Ich spucke hinab und mein Produkt fällt mir von oben auf meinen unansehnlichen Scheitel. Sowas nennt man Ironie, oder nicht? In Sachen Fremdwörtern war ich noch nie das hellste Licht am Firmament. Aber ich weiss, dass Ironie etwas ist, was gesagt oder gemacht wird, im Zusammenhang aber einen zweideutigen, anderen Sinn ergibt.

So betrachtet war die Ironie mein stetiger Begleiter auf meiner Reise hier her. Ich entfliehe meinem Umfeld auf der Suche nach dem Sinn und lande am Ende einer Treppe im Nichts.

Du hast mich gefragt wie ich mich fühle, also da, als du noch zu mir gesprochen hast. Ich denke, ich fühle mich wie ein Ei, das im Körper eines Huhnes feststeckt.

Und das ist wirklich armseelig.“


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