Siebenwindhomepage   Siebenwindforen  
Aktuelle Zeit: 16.07.25, 04:47

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Blut und Whisky
BeitragVerfasst: 21.01.08, 20:45 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 14.03.05, 14:05
Beiträge: 20
... das von goldenem Haar eingerahmte Gesicht kam näher, ein verheißendes Lächeln auf ihren Lippen... er glaubte schon ihren Atem zu hören, ihren Herzschlag zu vernehmen. Er schloss die Augen - eine ihrer Haarlocken streifte sein Gesicht. Ein süßer Geschmack auf den Lippen...

... salzig, bitter, metallisch! Ein stechender kurzer Schmerz lässt ihn die Augen aufreissen. Eine Fratze, nicht mehr ihr Gesicht, sondern ein Anderes. Blutrotes Haar, von der Farbe gerosteten Eisens, rot wie die Flammen der Niederhöllen. Ebenso die Lippen, an ihnen sein eigenes Blut. Er hörte ihr knurrendes Zischeln, animalisch und zornerfüllt, welches jede Fiber seines Körpers angespannt vibrieren lässt... "Verräter!" - ein Dolch an seiner Brust, ein Stechen. Der eigene Herzschlag, noch oben wie ein dumpfer Trommelschlag, der die Säulen Tares zum Erzittern bringt, endet jäh...


... schweißgebadet öffnet er die Augen. Eine Höhle, begraben unter der Erde. Die Luft stickig, der Druck der unzähligen Schritte Erdreich lastet tonnenschwer auf der allesverschlingenden Dunkelheit tief im Herzen Tares - Halt. Nein. Er war auf dem Schiff. Fast beruhigend klingt da das Klatschen der Wellen gegen die hölzerne Wand und das sanfte Schauckeln, welches ihm noch am Tage den Magen zupresste, löst den festen starren Knoten in der Bauchgegend. Kein Dolch an seiner Brust... nur der Knauf des Zauberstabes eines schnarchenden Magiers - dieser Uwe? Oder doch Nassau? Unwichtig.

Still lag er in der Dunkelheit, reglos, der Atem flach, nicht wagend, auch nur einen Deut Aufmerksamkeit zu erregen - als fürchtete er, das Umherschweifen seiner Gedanken könnte ertappt werden. Warum sah er ihr Gesicht im Traum? Immer und immer wieder? Er hasste es, er hasste sie mit jeder Fasser... oder hasste sich, weil er sich einreden musste, sie von ganzem Herzen zu hassen. Kein Tropfen Wein, kein Schluck Whisky war mehr übrig, um den Selbsthass und die Selbstzweifel zu ertränken. Kein süßer traumloser Schlaf in Aussicht - ebensowenig die Strafe am frühen Morgen, der pochende Kopfschmerz und das Gefühl, als wären im Schlaf Ungeziefer und Kakerlaken in der Mundhöhle herumgekrochen... ein selbstverschuldetes Elend, dass ihn zwar - verdientermaßen - unglücklich, doch gleichzeitig mit störrischer Zufriedenheit erfüllte. Nüchtern erschien ihm das Elend und die Tragik des eigenen Lebens noch unerträglicher, ein noch größerer absurder göttlicher Witz. Blut, Selbsthass und Whisky. Er brauchte frische Luft...

Warum stand er hier an der Reling dieses verfluchten Schiffes? Was hatte er sich erhofft? Antworten von schwarzmagischen Verschwörern, denen es gelang, ganz Tare auf den Kopf zu stellen, während er schon unter der Last, seine eigene Lage messerscharf zerteilen und analysieren zu können, doch unfähig zu sein, an ihr etwas zu ändern, ächzte? Den neuen Verbündeten konnte man mit dieser Lüge hinters Licht führen, sich selbst nicht. Was hatte es eingebracht? Der Anblick eines weiteren Magiers, der unter der eigenen Zerrissenheit, dem eigenen Streben und dem eigenen Größenwahn zerbricht? Dazu genügt ein Blick in den Spiegel. Alles für Nichts und wieder Nichts - nur ein weiterer vergeblicher Versuch, zu handeln, nach vorbeihaschenden Gelegenheiten zu greifen. Außer IHM gibt es keinen Ausweg. Nicht, was wartet, außer grenzenlose Qual, ob hier oder auf der anderen Seite... auch keines der beiden Gesichter, die ihn im Traum plagten, von denen er sich stets einreden musste, den eigenen eingebildeten Resten Menschlichkeit wegend, das Eine zu lieben und das Andere zu hassen.

Ein kurzes Flackern aus der Kapitänskajüte unterbricht den verschlingenden Strudel aus pechschwarzen Gedankengängen, denen der Mann sich hingibt. War doch nicht alles vergebens? Er hatte keine Antworten bekommen - doch die Zungen zweier Magier. Er hatte keine Geheimnisse erblickt - doch hatte er die Augen zweier Magier. Die blutige Beute treibt, vor Verfall und neugierigen Blicken geschützt, im Inhalt seiner letzten Flasche Whisky.
Was, wenn es keine Antworten gab, weil keiner die richtigen Fragen stellte? "Warum waren die Adeligen noch am Leben?"


Zuletzt geändert von Schreiberling: 21.01.08, 20:49, insgesamt 1-mal geändert.

Nach oben
 Profil  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde [ Sommerzeit ]


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste


Sie dürfen keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Sie dürfen Ihre Beiträge in diesem Forum nicht löschen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron

Powered by phpBB © 2000, 2002, 2005, 2007 phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de