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 Betreff des Beitrags: Eine Elfe beschließt zu sterben
BeitragVerfasst: 25.01.08, 03:55 
Festlandbewohner
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Filiana sah still in die Brandung herab, während der Wind an dem leichten, violetten Kleid zerrte, das die trotz ihres hohen Alters noch glatte und beinahe weiße Haut bedeckte.

"Worin soll das enden? Du weißt es, wir wissen es beide. Verrat ist keine Alternative, nicht mehr, nicht dieses Mal. Ich habe ein Versprechen gegeben, so dumm es vielleicht war. Er war ein Narr, ja. Ich weiß, doch es ändert nichts."

Die alte Hochelfe senkte den Kopf auf die Brust und stieß ein leises, hilfloses Seufzen aus. Seine Mutter war wirklich alt geworden, in der kurzen Zeit. Kein halbes Jahr war er tot, doch als wäre sie all die sechshundert Jahre, die sie gesehen hatte, erst nach seinem Tode gealtert, war sie müde geworden. Nun stand sie hier. Wollte sterben, und heute? Und nun? Er glaubte ihr nicht. Sie wollte ihn zwingen, mit Gewalt. Sie mit ihrem Leben erpressen.

"Bastean-ma, er war ein Besessener. Zerfressen von einer Idee, von seinem Ehrgeiz, von seinem Glauben an etwas, das nicht existiert."

Er verschränkte die Arme vor der Brust und wand den Blick von ihr ab, hinaus ins Meer, woher der kalte Wind des frühen Morgens ihnen entgegenschlug.

"Ich habe ihm geschworen, meine Liebe. Es ist nicht an uns, der Toten Fehler zu bewerten. Ich werde noch dieses Jahr aufbrechen. Ich werde nicht ruhen. Versprechen muss man doch halten, wer brachte mir das noch einst bei, Filiana Sarai Eleonia va'anai Asanra, weißt du es noch?"

Die schmalen, hellroten Lippen der Elfe pressten sich aufeinander. Das weiße Haar, vor einem Jahr noch pechschwarz gewesen und bis zu ihren Hüften reichend, umtanzte ihren schmalen Leib, das violette Kleid ließ ihren Rücken, der so vielen Männern verwirrte Blicke in die Augen schrieb, wenn sie die merkwürdigen Linien, die wie gezeichnet ein perfektes Sinnbild der Anatomie der Gonais zeichnete, frei, und er spürte förmlich, konnte an den hervortretenden winzigen Adern, Muskeln, an der Art, wie sich die Fingernägel in die Handballen gruben, sehen, wie die Wut in ihr wuchs. Er spürte, dass sie hier wahrhaftig nur stand, um ihn zu zwingen. Sie würde sich nicht der Ewigkeit überantworten. Nicht, solange sie einen Funken Stolz in ihrem Leib hatte. Sie war zu eitel dafür. Sie würde niemals freiwillig gehen.

"Du trägst denselben, widerlichen Eifer in dir. Denselben Irrsinn, der ihn zu der miserablen Kreatur gemacht hat, die er war. Ja, verflucht soll er sein, doch er ist tot, und was kümmerst du dich! Willst du enden wie er? Opfer eures Starrsinns, seines verwirrten Irrglaubens? Du weißt, wie es ihn vergiftet hat. Willst du das?"

Nun war es an ihm, den Zorn im Herzen aufflammen zu spüren. Er verabscheute die Wahrheit, wenn sie so bitter zustach. Natürlich war Vater ein verdammter Narr, ein Chaot, ein Idiot gewesen. Untauglich. Wahnsinnig auf seine Weise. So würde er nicht werden. Er war nur dazu verpflichtet, ihm einen Wunsch zu erfüllen.

"Ich kann nicht anders, und hättest du mich damals nicht belogen, wäre es niemals dazu gekommen - du hast mich verflucht, du solltest dich schämen, dass..."

Er bemerkte das weißliche Blitzen in den wunderschönen Augen, das nur für einen Wimpernschlag anhaltende Zusammenziehen der Brauen, die für einen Hauch eines Augenblicks entbrannte Wut auf ihren Zügen, zuerst. Nur langsam stellte sich der brennende Schmerz auf seiner Wange ein, das Stechen der tiefen, blutigen Kratzer ihrer Fingernägel, die kurze Verstörung, die den zur Seite geworfenen Kopf für einen Augenblick in Watte hüllte.

"Du bist ein Narr, ein hilfloser Narr, du bist wie dein Vater es war, verloren, hilflos, dumm, verdammt, genau wie dein Vater bist du, ein elendes Abbild seiner selbst, ein..."



***


Am nächsten Morgen fand man den schlanken Elfenleib an der Küste vor dem Anwesen, angespült von den Wellen, schön und unberührt, als schliefe sie mit offenen Augen. Sie war alt gewesen, ihr Geliebter dem Tode entgegengetreten nach einem grausamen Attentat. Es war nur verständlich, dass sie ihm nun gefolgt war. Sie war alt gewesen, sie hinterließ keine unbedeutende Zahl von Nachkommen. Man trauerte nicht, oder vielmehr, nicht wie um einen grausam dahingerafften Freund. Das Begräbnis war friedlich. Sie war in Frieden gegangen.

Der Elf in der dünnen, dunkelroten Robe saß noch lange auf dem schweren Stein vor ihrem Grab auf dem Acker der Familie. Nachdem sich selbst Cathiel von ihm losgerissen hatte, betrachtete er noch lange still ihr Grab, und befand für sich selbst, dass er ihr einen Gefallen getan hatte. Sie wäre niemals in eigenem Willen gegangen, wäre alt und verbittert geworden. Dabei war sie das eigentlich schon gewesen.

Was wusste sie schon.


Zuletzt geändert von Phobie: 25.01.08, 03:59, insgesamt 1-mal geändert.

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