[Eine Chargeschichte]
Hallo Ihr! Ja, genau ihr da!
Hört… es ist doch schrecklich langweilig auf diesem vermaledeiten Kahn, findet ihr nicht? Also ich bin der absoluten Überzeugung man kann seine Zeit auch besser nutzen, als nur diese ganze Odyssee hier zu verschlafen. Und außerdem – ach jetzt legt doch mal den Kram da weg und macht später weiter! Habt ihr nicht Lust die eine oder andere Geschichte zu erzählen? Oder vielleicht möchtet ihr eine hören, nun?
Ihr redet nicht wirklich viel, hm? Naja, sei’s drum, ich erzähl‘ euch einfach etwas über mich, ha! Und ich weiß auch schon wo ich anfange:
Also damals, als ich noch ein kleiner Stöpsel war und meine Beine mich kaum durch den Raum trugen, da war ich auch einmal auf einem Boot, müsst ihr wissen. Und das hat mir gar nicht gefallen sag ich euch, eigentlich komisch, dass mir bis jetzt noch nicht schlecht geworden ist. Hossa, ich sag euch was damals die Priesterinnen Vitamas im Heim immer geschimpft haben, wenn ich ihnen in den Flur geko… nnt möchte ich lieber auf eine andere Geschichte überleiten, so wie ich mir euch so anschaue da kommt euch vermutlich gleich selbst das Frühstück hoch.
A propos Frühstück – habt ihr auf diesem Kahn schon etwas zu essen gesehen? Ich meine außer dem teuren madenverkorksten Fras, den sie uns hier auch noch für blanke Taler verkaufen wollen? Ihr habt da ja auch was feines, lasst doch mal kosten – hoppla! Hehja, nicht so frech werden, ja?
Müsst ja nicht teilen, wenn ihr nicht wollt. Aber ich sag euch, da hab ich schon besser gegessen. Hah, natürlich nicht im Heim, dort haben sie uns nur diese merkwürdige Grütze aufgetischt. Wobei ich ja fand, dass es eher wie Brei aussah, aber Bob meinte es wäre eben kein Brei, sondern Grütze.
Hab ich euch schon von Bob erzählt? Hm wisst ihr, er hatte eigentlich ein wenig Ähnlichkeit mit euch. Wäre damals nicht diese hässliche Keilerei gewesen, dann hätte er auch heute noch so ein schmuckes Gesicht wie ihr.
Lasst euch sagen, als ich ihn damals nach langer Zeit wiedertraf, da nannten er sich Einzelaugen-Bob, aber er wurde meistens „hässlicher, narbengesichtiger, verkrüppelter Bastard“ gerufen – jedenfalls von seinen engsten Freunden, wie mir. Hach ja, was aus ihm wohl geworden ist, nachdem ich ihn an den alten Fingers verkauft hab? Wer weiß, wer weiß… Hey, wisst ihr was? Da ihr ohnehin nicht viel redet, werde ich euch einfach Bob nennen. Und wo wir uns schon mal so gut kennen, können wir uns auch gleich Duzen! Stört dich das, Bob?
Ach weißt du, der Bob damals war eigentlich kein so schlechter Kerl – stank wie ein Iltis, aber kam wohl gut an bei den Frauen. Hah, nur das eine Mal hatte er nicht den merkwürdigen Bart dieser Carla entdeckt und padautz hatte er eine geladene Armbrust vor der Nase! Was haben wir gelacht! Und dieser Carla – eigentlich hieß sie Karl – war so verdutzt, dass sie – äh, Verzeihung – Er dem armen Bob sein linkes Ohr abschoss.
Naja, solche Sachen passieren halt, die Götter wissen’s , aber sei’s drum! Was treibt dich in die Gegend, Bob? Ach ich vergaß, du bist nicht der gesprächigste. Hast du eine Freundin, Bob? Oder stehst du nicht so auf Frauen?
Ich wette du bist ein ganz schlimmer bei den Mädels, so wie ich eigentlich, aber ich kann dich beruhigen, wo auch immer dieses Schiff hier landet, dort will ich’s da erstmal ruhiger angehen lassen, hehe. Wenn du wüsstest!
Hach ja, das Leben kann so tolle Geschichten parat haben – das hab ich damals schon gewusst, als dieser Hilgorad an die Macht kam, dass das seine Abenteuer parat halten wird. Naja obwohl, eigentlich war ich ja da kaum geboren – zumindest meinten die Priesterinnen das, wenn ich denn mal von irgendwelchen adoptionsverrückten Herrschaften angeschaut wurde. Donnerwetter, was bin ich froh, dass ich das immer vereiteln konnte. Ob jetzt durch aufgemalte Pocken, die alte Kotz-der-Tante-auf-den-Schoß-Taktik oder indem ich herumgeschrien habe, wie ein Rehkitz in der Falle, hah, das war ein Spaß!
Hast du schon einmal ein Heim von Innen gesehen Bob? Hat so ein wenig etwas von einem Gefängnis, auch wenn es in einer Zelle etwas dunkler ist, hihi. Der Unterschied ist eigentlich, dass es bei dem einen Ort ziemlich brutal, kriminell, unmenschlich und gewalttätig zu geht und beim anderen sitzt du hinter Gittern. Verstehst du? Hahee!
Och, jetzt mach doch nicht so ein Gesicht – wie war das noch gleich? Jener welcher ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein, nicht oder? Hab ich zumindest mal irgendwo aufgeschnappt, kann dir aber nicht sagen was das bedeutet. Muss wohl irgendwas mit den Göttern zu tun haben. Aber was auch immer, sollen die Vier doch ihre Acht Beine schnappen und zum Fünften gehen, hah! Ach guck doch nicht so, Bob, die Götter haben so viel mit sich selbst zu tun, da werden sie den einen oder anderen Schabernack nicht schwer nehmen, meinst du nicht?
Ich jedenfalls habe noch nie etwas von irgendwem, schon gar nicht den Göttern, geschenkt bekommen, da brauch ich mich auch nicht sehr drum zu kümmern was die Viere meinen. Hah, aber lass das bloß nicht die Leute auf diesem Schiff hören – wenn die hören, dass Xan mir meinetwegen den Buckel runterrutschen kann, dann schlagen die ihre Hände über den Kopf und beten wie die Verrückten, dass sie nicht von Du-weißt-schon in die Tiefe gerissen werden, haha!
Und wir alle wissen wie nass es am Meeresgrund sein kann – wie zum Beispiel das eine Mal, als ich diesen Ritter traf, dessen Rüstung komplett aus Porzellan bestand. Interessante Technik, hat er die Rüstung doch gleichzeitig als siebenteiliges Service für Tee und Gebäck verwenden können. Aber kämpfen wollte er damit wohl nicht – wer kann’s ihm verübeln? Aber da war ich natürlich Feuer und Flamme und hab sie gleich überprobiert, als er schlief – ich wollte sie mir ja nur leihen – und heyßa jupdidei purzelte ich schon hinein in den nächstbesten Teich. Zum Glück zersprang die Rüstung alsbald ich auf dem Grund aufschlug und ich konnte mich nach oben retten.
Hätte ich gewusst, dass ich durch den Platscher den grimmigen Ritter ganz nass und aufgeweckt gemacht hab, wär ich vielleicht lieber unten geblieben, aber immerhin konnte ich die Gelegenheit ja nicht verstreichen lassen, oder?
Aber so ist das eben mit Gelegenheiten, die kommen und gehen, so wie damals und so wie heute, meinst du nicht, Bob? So wie gerade bei diesem Schiff die Wachen gerade nicht hinschauten, musste ich eben die Gelegenheit nutzen, sonst hätten wir beide uns ja nie kennengelernt, stell dir das mal vor! Und so wie ich sie jetzt eben nutzte, bin ich auch damals aus dem Heim geflohen und ein zwei Wanderjahre später war da dieses Zelt – und ich konnte ja beileibe nicht einfach daran vorbeigehen bei dem Knurren im Bauch, oder?
Oh potzblitz und dann sah ich sie. Kaum betrat ich das Zelt war da auch schon dieser Zauber der in der Luft schwebte, musst du wissen. Artisten, Akrobaten, Gaukler, Barden, Seiltänzer, Messerwerfer, Feuerspucker, Tänzer, Geschichtenerzähler, Sänger und Jongleure. Naja und wie man als kleiner Bub von kaum Vierzehn da eben begeistert ist kannst du dir sicherlich vorstellen!
Und schwuppdiwupp waren schon vier Jahre vergangen in denen ich so allerlei lernte von dem Fahrenden Volk – nicht immer nur die Künste, weißt du? Nein, die beherrschte ich schon bald und ich widmete mich eher Geschicklichkeitsaufgaben die sich im Rahmen semilegaler Fingerfertigkeitsarbeit bewegte, wenn du verstehst… Naja und bald schon waren nur noch wenige Taschen und Schlösser vor mir sicher, das kannst du mir glauben! Hah und wie sich die Priesterinnen im Heim wohl aufgeregt hätten, wenn sie gewusst hätten, wo ich mich schon wieder herumtrieb, hehe! Ranîm, hätten sie geschrien: Ranîm! Bei Vitama, komm zurück in die warme Stube!
Oha, aber ich glaube ich hab mich noch gar nicht vorgestellt, oder? Aber ist ja auch gar nicht so wichtig, weißt du – denn genauso wenig wie ich deinen Namen kenne, kennst du wohl meinen. Und trotzdem sind wir doch jetzt sowas wie Freunde, nicht Bob? Man muss sich nämlich nicht immer alles erzählen, um gut über jemanden Bescheid zu wissen – es reichen die kleinen Hinweise. Und wenn du mich eben beim Namen nennen willst, dann nenn mich doch einfach Gaukler, Bettler oder Strauchdieb oder Akrobat, Künstler oder Narr. Denn so wurde ich schon von vielen gerufen, die auch nicht meinen Namen kannten: ob nun Halunke oder Schuft, oder Spaßvogel oder aber Schwerenöter, da gab es Leute die riefen Wortkrämer und Besserwisser sowie Kümmelspalter oder Schabernacktreiber. Trotzkopf, Dickschädel, Tunichtgut und Nichtsnutz genauso wie Beutelschneider, Harlekin, Schuft oder schlicht Lügner. Aber du darfst mich, als einer der wenigen ausnahmsweise Ranîm nennen. Ranîm Kel.
Und wo wir uns doch jetzt nun besser kennen und so gute Freunde sind, halt kurz still und versuch weder zu beißen noch zu bellen, während ich mich kurz in der Kajüte deines Herrchens umsehe… und auf welchem Schiff sind wir hier noch gleich, sagtest du?
Wie, Siebenwind?
[bei Interesse gibt's mehr von Ranîm]
_________________ Ehemalige: Ranim, Thjarnulf, Ubald, Bolgo, Remus, Jesko Aktuelle: Tobias Knopf, Mama Vadhu, Klunkerbart -------- http://www.merkenau.de
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