Band I - Der Genuss
Es war ein sonniger, heißer Tag gewesen und noch immer sandte Fela ihre nun letzten Strahlen auf Tare hinab. Der warme Wind trug den Staub durch die verlassenen Gassen, die meisten Menschen waren den Tag über in ihren kühlen Häusern geblieben, genoßen den Tag im Schatten unter den Bäumen in ihrem Garten oder sonnten sich auf einer Lichtung.
Alle bis auf einen. Ein junger Mann mit kurz geschorenen, blonden Haaren und einer leicht verbissenen Mine. Er war der Inbegriff eines Mannsbildes und für jede Frau
auf Siebenwind eine wahre Augenweide, so muskulös, so ... groß.
Doch dieser junge Mann hatte keine Augen für das weibliche Geschlecht. Seine einfache Gewandung mit dem simplen, aufgestickten Schwert wies jedem offensichtlich seine einzige Liebe zu- der Liebe zu Bellum.
Den jungen Novizen hegte dennoch Gram. Ein Gram, der durch die Gespräche mit seinem Schwertvater nicht gemildert wurde; im Gegenteil- er steigerte sich nur jedesmal, wenn sie über seine Nöte und Probleme sprachen.
"Weltliche Probleme, die nichts mit seinem starken Glauben zu Bellum zu zu haben", wie sein Schwertvater stets betonte. Dennoch fuchste es ihn; seit mehr als drei
Jahren war er nun schon ein schäbiger Novize im Ordensgeflecht des Bellum. Anscheinend war er nicht würdig genug, anscheinend vertraute man ihm und seinen
Fähigkeiten nicht- und so zahlt man es ihm nun heim. Man ließ ihn darben in seinem Leid, in seinem Elend, dass alle stets nur abwiegelten.
Doch nun wollte er es ihnen zeigen. In einer schäbigen Kneipe hatte er einen Mann beobachtet, hatte ihn belauscht und er kam zu dem Entschluss, dass dieser Mann böse sein musste. Wie er sich gekleidet hatte, wie er leise zischend sprach, wie er hin und wieder mit ebenso zwielichten Gestalten tuschelte und ihnen kleine,
klimpernde Beutel zuschob.
Felix Goldschein hatte beschloßen diesen Mann zu verfolgen und im Auge zu behalten. Schon lange gab es Gerüchte darüber, dass ein Schwarzmagier in dieser Stadt hauste, sein Unwesen trieb.
Dafür sprachen die seltsamen Tode an Obdachlosen, die sich häufenden Krankheiten und seit einiger Zeit auch die merkwürdig verwirrten Personen, die morgens, kauernd
in den Gossen der Stadt, aufgefunden wurden.
So geschah es, dass der mutige Felix dem Mann folgte, als Fela grade ihre letzten Strahlen auf die Stadt warf...
Und so geschah es, seiner Ausbildung sei Dank, dass der mutige junge Mann sah, wie der schäbig gekleidete Mann in einem Zugang zur Kanalisation verschwandt.
Felix überlegte einen Moment, dann eilte er hinter diesem wirklich sehr merkwürdigen Mann her und betrat nach einiger Anstrengung ebenfalls die Kanalisation.
Hier war es dunkel und ob der Hitze wohl noch stickiger, noch muffiger als sonst.
Übelkeit schlug ihm entgegen, doch er hatte keine Zeit, denn grade sah er noch, wie ein Schemen um eine Ecke bog. Eilig huschte er, bemüht keine Geräusche zu machen,
hinter diesem offensichtlich mysteriösen Mann her, gewillt ihn zu stellen, gewillt Antworten zu fordern und mit einem so starken inneren Willen beseelt durch die Gefangenname des selben endlich... ja, er würde endlich zum Geweihten ernannt werden, wenn er, durch Bellum geküsst, den Scheiterhaufen entfachte.
Ein Anflug von wohligem Fanatismus beseelte den mutigen, gut aussehenden Felix, während seine Hand zum Schwertknauf geglitten war und sich seine Augen an die
drückende Dunkelheit gewöhnt hatten.
Es war unglaublich, wieviel Glück er hatte, denn scheinbar hatte ihn der Mann nicht bemerkt. Er war nun durch einen weiteren Gang gehuscht und in einer Ecke stehen geblieben. Der Mann tastete über die Mauer... und Felix blieb der Atem stehen.
Dünne, matt-silbrig leuchtende Linien floßen aus den Fingerspitzen des Mannes und verteilten sich über die gemauerten Fugen der nassen, schmutzigen Wand.
Felix schluckte. Mit einem Geräusch, dass dem Brechen von Knochen sehr ähnlich war, glitten ein paar Mauersteine auseinander und formten einen mannshohen Durchgang, wie... ja, wie durch Zauberhand.
Felix raffte sich noch einmal zusammen, entschlossen das, was er sich vorgenommen hatte, jetzt und hier zu beginnen. Mit kräftigen Schritten ging er voran. Seltsam
war nur, dass die Tür sich nach dem Eintreten des Magus nicht sofort wieder geschlossen hatte, nein. Dahinter drang kläglicher, flackernder Schein von Fackeln auf den
algenbewachsenen Grund, wo sich Felix Tritte auf dem sandig-schlammigen Grund abgedrückt hatten.
Dennoch trat Felix durch den Durchgang, spähte nach links und rechts und mit einem donnerten Knall schloß sich die Mauer hinter ihm. Felix erschrack. Dort, wo er eben
hindurch geschlüpft war, befand sich nun wieder solides, wenn gleich auch schmutziges Mauergestein. Felix drückte sich dagegen, Schweiß hatte sich auf seiner Stirn gebildet.
Doch alles Drücken, seine ganze Kraft nützte nichts- die Mauer gab keinen Zoll nach.
Felix atmete tief durch. Nun gut, dann würde er diesen... diesen Ketzer eben mit dem Schwert an der Kehle zwingen, diesen verfluchten Ort gemeinsam mit ihm wieder zu verlassen.
Der junge Novize war sich seiner Sache sehr sicher und so Schritt er festen Mutes, ja festen Glaubens voran, leise eine Liturgie zum Lobpreis Bellums murmelnd.
"... und so sei mir Gnädig.", endete die schwarzberobte Gestalt die Liturgie. Sie hatte sich über einen Tisch gebeugt hatte. Felix erstarrte. Langsam, ganz langsam drehte sich der Mann, der auf einen Stab gestützt war, zu Felix herum. Seine Mine zeigte ein bleckendes Lächeln und entblößte gelbe, spitze Zähne. Felix drehte sich der Magen um. Zu seinem Entsetzen war der Stab aus Knochen gemacht, in seiner Mitte war etwas pulsierendes, dass Felix nicht genau erkennen konnte. Verstohlen sah er sich um. Überall im Raum waren seltsame Dinge aufgehängt oder auf schäbige, modrige Regale gestellt. In Gläsern wabberten von Pein weit aufgerissene Augen, unterschiedlich große, farbige Gehirne und noch allerlei mehr obskure Dinge. Felix wollte sich herum wenden, er wollte sein Schwert ziehen, wollte sich auf den
vergnügt dreinblickenden Mann, dem die schon ergrauten Haare wirr abstanden, dessen Gesicht von irgendetwas zerfressen worden war, stürtzen und ihn in Stücke reißen.
Doch es gelang ihm nicht. Irgendetwas verhinderte, dass er sich bewegte.
Wieder hatte er das Gefühl, als müsse er sich übergeben, als der widerwärtige Mann sich ihm näherte. Der Gestank dieser Gestalt war atemberaubend widerwärtig.
Dann spürte Felix, wie etwas seinen Leib durchfuhr- und ihm wurde schwarz vor Augen.
Der junge, hübsche Novize hatte jedes Gefühl für die veronnene Zeit verloren. Ihm frohr. Er sah aus den Augenwinkeln an sich herab, denn als er versucht hatte
sich zu bewegen spürte er viele dünne Stricke, die ihn an mehreren Stellen seines Körpers fesselten. Er war nackt.
Der Schwarzmagier stand neben ihm, immernoch grinsend. In der Hand hielt er nicht mehr den seltsamen, knochenartigen Stab, sondern eine dünne, hohe, schwarz-schimmernde Kerze.
"Nun", der Mann seuftzte tief "mein junger, mutiger Mann. Wie ist dein Name?". Er sprach mit einer Ruhe und einer Gütigkeit, die Felix erschreckte. Er biss die Zähne zusammen. Diesem Mann würde er nichts sagen. Ein trauriger Blick wischte das Grinsen aus dem zerfressenen Gesicht des Magus. Langsam, ganz langsam senkte er die hohe Kerze. Das flüssige, heiße Wachs wabberte
bedrohlich an deren Rand, drohte über zu kippen. "Felix", presste der junge Novize hervor- doch fast im gleichen Moment tropfte schon die heiße Flüssigkeit auf seinen
nackten Bauch. Felix zischte, kneifte die Augen zusammen.
"Was wolltest du hier, Felix?", fragte der Magier wieder mit der ruhigen, ja fast großväterlichen Art, die Felix eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließ, die nichts
mit seiner Nacktheit zu tun hatte. Er war in den Händen eines Wahnsinnigen.
Beflissentlich murmelte Felix neue Worte einer ihm bekannten Litanei, die ihn von innen heraus zu wärmen schien und ihn mit neuem Mut füllte. Er bäumte sich gegen
die Fesseln auf. "Aber aber Felix, was soll denn das? Hast du denn meine Frage nicht verstanden?".
Neuerlich neigte er die Kerze zur Seite, bis sich ein großer Tropfen flüssigen Wachses auf Felix muskulösen Bauch ergoß und dort eine kleine, sinnfreie Form bildete.
"Meine Frage Felix. Wieso bist du hier?". Felix Körper bebte, teils aus Zorn, teils von der nagenden Kälte. "Ich... Ich wollte Euch", er machte eine Pause, schluckte, schloß
für einen Moment die Augen. "Werdet Ihr mich töten?", schloß er dann. Zu seinem Erstaunen wurde der Mann nicht wütent. Er goß auch nicht mehr von dem schwarzen Wachs auf seinen Leib. Nein. Er gluckste. Heiser war dieser abscheuliche Laut- er widerte Felix an.
"Oh nein, mein lieber Felix, ich werde dich nicht töten, weißt du?!" und da erschien wieder das vergnügte, gütige Grinsen auf der Fratze des Mannes. "Es gibt viel mehr Dinge zwischen Leben und Tod, als die meisten Menschen glauben. Du fragst dich sicher, lieber Felix, ob ich dich auch wieder laufen lassen, nichtwahr?". Felix erwiderte nichts und starrte den Mann an, wie jener, gebückt und doch unwahrscheinlich groß, so zu ihm hinab sah. "Ich werde dich gehen lassen, geblendeter Novize."
In dem jungen Mann keimte ein trügerischer Hoffnungsschimmer auf. "Ich werde dir sogar ein Lehrer sein. Ich werde dir überdies zeigen, was es alles zwischen Himmel und Erde gibt." Er hatte nun seine Hand über Felix' Schritt, sein Atem beschleunigte sich, die Augen in Panik geweitet. "Herr!", rief er, als der Magus anstallten machte seine Hand herab zu senken, "Herr! Ich... Ich wollte... Ich werde einfach gehen, ja? Ich werde niemandem sagen, dass Ihr hier unten ... ähm, haust! Ich werde bestimmt nichts sagen!". Die Worte des panischen Jungen vermischten sich mit einem neuerlichen Glucksen des
Schwarzberobten. "Oh, das wirst du gewiss nicht, junger Felix", antwortete der Mann vergnügt- und goß einen großen Schwall Wachses in Felix' Schritt. Jener brüllte in
Pein. "Ohja", sprach der Magus schnell "ohja, fühlst du den Schmerz?", er machte eine kunstvolle Pause, "ich habe eine Frage gestellt, nichtwahr?". Felix hatte es die Tränen
in die Augen getrieben, sein Schritt schmerzte fürchterlich. Die Tränen rannen ihm nun die Wangen hinab und tropften auf seine Lagerstatt- eine hölzerne Streckbank.
"Ich, ich bin Novize des Herren Bellums! Ich... wollte Euch gefangenen nehmen.", schloss Felix resigniert, die Augen zusammengekniffen, eine neuerliche Welle des
Schmerzes erwartend. Doch er blieb aus.
"Wieso wolltest du mich gefangen nehmen, Felix?", sprach der Alte nun mit einem großväterlich-tadelnden Tonfall, "Habe ich dir denn etwas ... getan?". Felix brachte nur ein gedrungenes, schüchternes "Nein" hervor. "Wieso wolltest du mich also gefangenen nehmen Felix?". Felix schien das alles unwirklich surreal; als ob dieser alte, geistesgestörte Mensch das nicht wüsste. Er beißte die Zähne zusammen und funkelte ihn böse an. Die Kerzenhand war nun über seinem Hals, senkte sich langsam, doch unaufhaltsam- und ergoß schließlich einen weiteren Schwall heißen Wachses auf seinen Leib.
Drei Tage später...
Felix war immernoch auf sein Gestell gefesselt. Seine Haut war wund gelegen. Felix'
Körper schmerzte an jeder Stelle. Er fühlte sich schrecklich schmutzig, fühlte sich hilflos und allein- unendlich allein.
Sein ehemaliges Opfer war immer wieder verschwunden. Für wie lange, konnte Felix nicht sagen. Er hatte jedes Gefühl für Zeit verloren. Jeden Tag musste er neue
"Lehrungen" ertragen. Sein Meister kam und traktierte ihn- und darin schien er wirklich gut. Mal bohrte er dünne, feine Nadeln unter seine Nägel, mal ließ er einfach viele kleine Kerzen auf seinem Körper brennen, während er irgendwelche Besorgungen zu machen schien. Der Schmerz trieb Felix jedesmal in den Wahnsinnn.
Doch das sollte heute ein Ende haben. Felix hatte noch sich noch einmal zusammen
gerafft, seinen Mut gesammelt. Er horchte, lauschte gespannt- Stille. Er schabte seine wunden Gelenke an dem Holz, versuchte in qualvollen Minuten seine Fesseln auf zu
scheuern. Zunächst hatte es den Anschein, als würde es nichts nützen, als wären seine Mühen vergebens, als würde jeden Moment der Magus zurück kommen und ihn aufs Neue peinigen. Doch da geschah es. Ratsch. Die Schnüre an seinen Handgelenken gaben mit einem leisen, zerreissenden Laut nach. Eine Weile konnte Felix nichts anderes tun, als zu weinen. Er weinte vor Glück, dass es ihm gelungen war, sich von seinen Fesseln zu lösen, er schickte dabei einige Stoßgebete an seinen Herren Bellum, der ihn scheinbar doch nicht verlassen hatte.
Felix würde sich rächen. Fürchterlich würde er sich rächen. Wankend stand er auf, taumelte an den Tisch, wo ein Dolch lag. Er griff jenen und versteckte sich hinter
der Tür. Es verging wohl eine, vielleicht zwei Stunden. Felix kauerte voller Anspannung hinter der hölzernen Verschlagstür, als sie aufsprang. Der in schäbige Kleidung
gehüllte Mann trat ein, warf einen kleinen Beutel auf den Tisch- und erstarrte.
In seinem Rücken steckte ein kleines, dünnes Messer. Felix lachte wahnsinnig, als ein lauter Knall ihn in eine Ecke des Raumes warf. Sterne tanzten vor seinen Augen, doch so
verschwommen seine Sicht auch war, er konnte erkennen, wie sich der Mann das Messer aus dem Rücken zog und das Blut von der Klinge leckte, begleitet von verzückten Grinsen, während sich die Wunde an seinem Rücken langsam schloß.
zu späterer Stunde...
Felix lag wieder gefesselt auf der Streckbank. Sein ganzer Mut war aus ihm gewichen, wie aus einem aufgeplatzten Pansen- und so stank er auch.
Unterdessen tropfte beharrlich, im Abstand von etwa einer Minute, Wasser von einem, über seinem Kopf angebrachten Eimer. Sein Kopf war mit einem Lederriemen fixiert, sodass er sich nicht im Mindesten rühren konnte. Seine Augen waren durch zwei Klemmen weit aufgerissen- und so musste der mutige Felix stetig zwei gehäutete Kaninchen ansehen. Musste sehen, wie dicke Schmeißfliegen sich über das Fleisch her machten, wie sich irgendwann später, so glaubte Felix, das Fleisch zu bewegen schien, wie es hie und da aufplatzte und dicke, fette, weiße Maden aus dem Fleisch hervor krochen, sich wanden und, wenn sie den Halt verlohren, auf den Körper von Felix klatschten.
"Nun Felix. Ich sehe, dass du kein guter Schüler bist. Du lernst nicht sehr eifrig, bist störrisch und widerspenztig, jaja- ich muss dich tadeln.", flötete der Alte in seiner großväterlich-tadelnden Stimme, die dennoch ruhig und besonnen schien.
Felix konnte kaum mehr einen klaren Gedanken fassen, schon scheinbar eine Ewigkeit ist es her, seitdem das Wasser zum ersten Mal auf seinen Kopf tropfte. Felix öffnete seinen Mund zu einem stummen Wehklagen- und eine besonders fette Made fiel in seinen Mund.
Der junge Novize würgte, keuchte- doch schließlich entschloß er sich die Made herunter zu schlucken, zu lange hatte er nichts mehr gegessen.
zwei Tage später...
Felix wurde auf die staubige Gasse geworfen, die sich in der Nähe des Tempels befand.
Sein Blick war glasig und seine Mine ausdruckslos, als ihn das Grüppchen von gackernden Vitamigeweihten fand.
Sie liefen aufgeregt schreiend umher, riefen um Hilfe- doch das alles nahm der junge Novize gar nicht wirklich wahr. Er kauerte nackt auf dem staubigen Pflaster, seine geröteten Augen waren wässrig und seltsam trübe. Der junge Mann war gar nicht mehr schön, hatte nichts mehr von dem mutigen, muskelgestählten Schönling...
... Felix Goldschein war in den vergangen Tagen doch noch ein guter Schüler geworden.
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Zuletzt geändert von unicrack: 24.07.07, 20:56, insgesamt 1-mal geändert.
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