Zitat:
Leise, immer leiser wurde der sanfte Klang ihrer Stimme, welche die einlullende, warme Melodie summte; das Kind in ihren Armen dazu brachte die Augen zu schließen. Immer wieder wog sie es von einer Seite zur anderen, während ihre Schritte langsam durch das Zimmer führten. Sich in der Sicherheit schützender Arme der Mutter wohl fühlend, atmete es ruhig ein und aus, gab sich nach und nach dem einvernehmenden Schlaf hin.
Sodann wurde der kleine Körper in die mit weichem Fell ausgestattete Wiege gebettet, liebevoll und zärtlich strich ihre Hand über die weiche Haut der Kinderwange, hinauf zu dem bräunlich-schwarzem, kraus abstehendem Haar.
Er sah seinem Vater jetzt schon so ähnlich..
Wehmütig presste sie die Lippen aneinander, während sie behutsam die Decke über Elias zog und sich von der Wiege aufrichtete. Ihr Blick ging durch das Zimmer, streifte den großen, über und über befüllten Schrank, ging hinüber zum Kamin in welchem immernoch beruhigend das Feuer ums Holz knisterte, bis hin zum völlig überlasteten Bücherregal.
Eigentlich sollte ihr warm sein, doch sie fühlte sich kalt und ausgelaugt. Eigentlich sollte sie glücklich sein, hatte sie doch soweit alles was man sich wünschen, erreichen konnte.
Sie schritt hin zu dem einladend großen Bett, setzte sich an dessen Rand und strich über die unberührt wirkende Seite des Bettes. So groß und doch so leer..
Sie brauchte ihn, vermisste ihn.. Verdammt, ja, sie vermisste ihn unheimlich. Die Kälte die sie verspürte rührte nicht vom Wetter her, ihr fehlte einfach nur der wichtige Teil der sie anfeuerte und dazu drang weiter zu machen. Der Trübsinn kam nicht von Langeweile, sondern weil ihr die kleine Handvoll Glück, die er nur mit seiner Anwesenheit in ihr zu Tage brachte fehlte. Die Leere, die immer größer wurde, füllte langsam ihre Seele.
Dieser Tage fühlte sie sich noch einsamer den je. Zwar wurde ihre Stimmung immer wieder durch das fröhliche Kinderlachen, der Freude zu sehen wie Elias Tag für Tag mehr lernte, wuchs und charakterlich stärker wurde gehoben, dennoch.. Die stützende Hand, die schützende Umarmung, das aufmunternde Lächeln; war nicht da. Wo war er nur?
Wieso lies er seine Familie allein, im Stich? Wieso tat er ihr das an? Wo war das Versprechen, dass er ihr gegeben hatte? Weshalb wollte er nicht sehen wie sein Sohn aufwuchs? Warum.. Warum.. Es gab viele Fragen die er ihr nicht beantworten konnte.
Er war nicht da, und doch fühlte sie sich ihm so nah. Sie sah ihn nicht und dennoch war ihr Blick jedes mal voller Hoffnung, wenn sie Schritte vor der Tür vernahm.
In einem Anflug von Verzweiflung drang die ungestillte Sehnsucht in ihr auf und doch zwang sie die aufkeimenden Tränen wieder hinunter. Sie musste stark bleiben. Stark genug, um ihren Kindern all die Liebe die sie hatte ,schenken zu können.