Wie konnte er mir das nur antun? Wie konnten SIE mir das nur antun? Verstehen SIE mich denn nicht? Können SIE so blind sein? Können SIE so feige sein? Habe ich umsonst gelebt? Wurde mir umsonst gelehrt? Wieso lügt er?
Mit zermarterter Miene schritt sie im Zimmer auf und ab - seit Mitte der ersten Helligkeit - sie fand keinen Schlaf war nicht müde. Ihr Herz raste als würde sie kämpfen - Stunde um Stunde focht sie einen Kampf. Nicht körperlich, geistig. Sie Rang mit ihren Erfahrungen, ihren Wünschen und Träumen, der Hoffnung und der Realität die so eiskalt um sie gegriffen hat wie damals der Tardukai vor gut 4 Jahren, als er ihr Handgelenk umschloss. Sie war bei Sinnen, das wusste sie, sie musste es bleiben. Der Mann hatte gelogen, sie die ganze Zeit belogen in ihrem Streit den sie hatten, einem Streit den man am gestern zu später Stunde im obersten Stockwerk der Burg hat hören können, wenngleich die Mauern auch die Worte verschluckten waren doch eine weibliche stark erregte Stimme und eine tiefere deutlich zu erkennen.
Ihr Atem geht immer schneller ihr Blick huscht irrend die Wände entlang, eingepfercht in ein Grab. Nicht aus feuchter Erde, das hätte sie gerne gehabt, auch wenn sie es sich nie eingestehen würde; Nein, eingepfercht in ein Grab aus Stoffen, Parkett und Möbeln, einem schönen Teppich und heller Fenster, ein Grab ihrer Vergangenheit, früherer glücklicher Zeiten, die längst vergangen sind, die Vergangen sind seitdem sie alleine, von Tag zu Tag mehr wie ein Gespenst durch die Burg spukt.
SIE fühlen sich ihr verpflichtet, haben SIE gesagt, aber sie glaubt es nicht. Sie kann es nicht glauben, denn alles was SIE tun schlägt ihr ins Gesicht, klatscht ihr an die Wange einem Handschuh gleich.
Kann das möglich sein?
Immer noch geht sie über den Teppich hin und her, ein weiterer Gedanke durchschlägt einem Speer gleich ihre Sinne, ihren Verstand.
Wie kann das möglich sein?
Ihr wurde es alles gelehrt, sie hat es eifrig aufgesogen und sich Stunden, Tage nein sicher Wochen lang Gedanken gemacht, wie die Lehre zu interpretieren sei. Sie kann nicht falsch liegen, sie ist sich sicher, sie ist sich sicher, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, dass hier ist die ihre.
Wieso kann ER das nicht verstehen?
Er müsste es doch wissen, oder tut ER nur so als verstehe ER es nicht.
Was denkt ER sich dabei?
ER schlägt ihr ins Gesicht, nicht mit der Hand, verbal und im Geiste, spuckt ihr mit Worten ins Gesicht, tritt ihre Gefühle mit verbalen Stiefeln.
Und SIE kommen nicht einmal. SIE sind so feige, trauen sich nicht. Sie hatte es so gehofft, sie würden den Mut finden ihr gegenüber zu treten. Sie wusste das es Tapferkeit verlangt schlechte Kunde zu überbringen. Erst recht wenn man die Ursache selber ist. Sollen SIE dafür verdammt sein, für diesen Beschluss, für ihre Worte davor.
Ein Scharren... nicht hörbar, nur gedanklich, die Tränen sind echt, mehr ist nicht zu sehen als sie in ihrem Herzen ein Grab aushebt, nur eines von vielen, von zu vielen. Sie hält Inne. In ihrem Gehen. In ihrem Denken. Still steht sie da und Gedenkt ein letztes mal der Vergangenheit als sie diese tief in ihrem Herzen versenkt, in das Grab, die Dunkelheit hinein und sie versiegelt, sie besiegelt.
Minuten verharrt sie, dann jappst sie nach Luft, ein Reflex ihres Leibes, der dem Grab nicht folgen will, ihr schwindelt, sie fällt auf die Knie, stützt sich nach vorne ab und schnauft hektisch nach Luft.
Selbst ER hat versagt, sie schloss die Augen, schnieft durch die Nase und schluckt den Klos, nein den Granitbrocken in ihrem Hals hinab. Nein, ihm kann sie nicht böse sein, ER hat sie schon so oft gerettet, ER war einfach nur nicht stark genug und SIE wohl mit wichtigerem beschäftigt, diesmal halfen SIE ihr nicht; sie war allein - allein und ohnmächtig.
Sie rappelte sich wieder auf und setzte sich auf das weiche warme Bett, so sah es zumindest aus, doch sie sprang wieder auf, als die Laken sie umgriffen und sie hinabziehen wollten in die Vergangenheit, als dieses Bett noch so warm war wie es aussah und nicht so kalt und unbequem wie eine Basaltplatte war. Sie setzte sich in den Ohrensessel, ihren Sessel, das einzige noch warme Möbelstück hier und hob sich die kleine Katze auf den Schos. Legte sie sich an die Schulter und bettete ihren Kopf an ihren.
_________________ [X] Nagel hier hineinschlagen, wenn sie einen neuen Monitor wollen.
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