Da waren sie alle also an diesem alten Hort. Tief unter dem verwunschenen Wald, der todlosen Kraft, der notwendigen und doch schmerzenden Wunde, die das Leben erhielt wo die leblose Kraft es fest in Seinem Würgegriff hielt. Kurz schloss sie die Augen. So viel Tod...
Sie riss sich von dem Gedanken los. Sie waren nicht hergekommen um zu betrauern. Weshalb die anderen dabei waren? Nun da war Vater Tion, der die Gruppe führte. Vater Custodias, der aus dem Hintergrund anwies. Der erste Templer und Maichellis, neben Leaniel diejenigen die die Gruppe beschützten. Caieta. Die Herrin mochte wissen was ihre Motive waren, wie so oft. Dann der Ordo Vitamae natürlich. Ben, Edelmut und sie selbst. Der Waldelf den sie irgendwo unterwegs aufgegabelt hatten und wie eigentlich immer wenn es um Belange der Kirche ging Tendarion, der sich an der Elfenholztafel die sie alle hierher geführt hatte schwer tat. Anders als andere Dinge aus diesem Material war die Tafel schwer und sie ahnte weshalb dies so war.
So waren sie also hier an diesem Hort. Der Weg hierhin schien unverändert, nicht anders als sie ihn in Erinnerung hatte als Aseijen sie mal hierher geführt hatte. Todlose Kraft. Vitama und Rien wie sie alle sagten. Nun, wenn es sie glücklich machte, warum sollte sie ihnen das nehmen? Zumal, aus heutiger Sicht hatten sie Recht, mittlerweile war dieser Hort genau das. Eben darum pikierte sie ein wenig wie der Orden sich im Hintergrund hielt und anderen selbst in diesem Schrein die Rolle des Leitwolfs überließen, als so ziemlich alle noch verdutzt schauten warum die Tafel, die offensichtlich hierher gehörte, nicht zu fehlen schien.
Na, Freunde der Nacht, die Rechnung habt ihr aber ohne die Wirtin gemacht, dachte sie noch kurz und so bugsierte sie Ben und Edelmut hin zu dem kleinen Altar. Kurz erläuterte sie was sie vor hatte, ehe sie die Anwesenden bat sich in einem Halbkreis auf zu stellen. Dann ergriff sie die Hand von Ben, der seinerseits die von Edelmut ergriff und beide überließen sie Edelmut das Ruder, die zu sprechen an hob:
"Also erst einmal möchten wir uns bedanken,
dass ihr uns begleitet und auf uns achtet während wir diesen Gegenstand
*eine kurze Pause*
zurück bringen wollen.
Sowohl den Fey als auch den menschlichen Begleitern.
Das bedeutet uns sehr viel."
Ein verschmitztes Grinsen huschte über Edelmuts Züge.
"Also ohne groß herum zu quatschen:
Ein großes Dankeschön an Euch alle."
Damit neigte sie das Haupt vor der Gruppe, einige erwiderten die Geste. Ben ließ es sich nicht nehmen ihr ein Küsschen auf die Wange zu drücken. Dann hob das Dreiergespann am Altar die sich umfassenden Hände empor und Diana hob zu sprechen an:
"So wollen wir auch der Herrin danken, dass sie uns an diesem Abend zusammen führte:
Herrin Vitama, gütige Mutter, Schenkerin des Lebensfunkens,
Hüterin der Liebe und der Liebenden, Bewahrerin der Gemeinschaft
wir danken Dir für die Brüder und Schwestern, die Du uns zur Seit' gestellt,
für Deinen Geist mit dem Du sie erfüllest,
der sie erst zu Brüdern und Schwestern in unseren Herzen und in unseren Seelen gemacht."
Kurz stockte sie. Eigentlich wollte sie nun aufzählen was sie zu Brüder und Schwestern mache, was sie zur Gemeinschaft bei trugen, aber - es fühlte sich nicht richtig an.
Sei nicht so besitzergreifend. Dies war ein Schrein der Herrin, ja, aber sollten nicht gerade deswegen auch ihre Brüder erwähnt werden? Ist nicht gerade auch dies Gemeinschaft in ihrer reinsten Form?
So holte sie kurz Luft und fuhr dann fort:
"So bitten wir Dich:
Gib uns die Kraft und den Glauben und die Zuversicht den Bruder und die Schwester im Fremden zu erkennen wie auch in dem uns Bekannten,
auf dass wir eins werden in Dir und durch Dich und in all' Deinen Geschwistern und durch sie
durch das heilige Band der Seele, das ihr uns so großzügig geschenkt.
Ael."
Viele Stimmen stimmten in das Ael mit ein, dann nahm sie abermals die Flasche mit dem Elfenwein zur Hand und befüllte den Kelch auf dem Altar damit. Nahezu augenblicklich wusch der Wein den Staub von Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden, hinfort und das fruchtig-liebliche Aroma des Weins breitete sich im ganzen Schrein aus.
Nicht wenige genossen diesen Augenblick, tief sogen sie den Duft ein, dann ergriff Diana den Kelch mit beiden Händen und trat an Maichellis, der ihr am nächsten stand und bot ihm den Kelch an. Nachdem er getrunken hatte ging sie weiter zur nächsten, Leaniel, dann reihum am Halbkreis der Begleiter vorbei, jedem einen Schluck anbietend. Gerne hätte sie den Kelch einfach kreisen lassen, aber sie befürchtete, dass die Scheu diesen zu berühren oder daraus zu trinken dann größer wäre und so bot sie zuletzt Edelmut und Ben jeweils einen Schluck an ehe sie selbst daraus trank und den Kelch behutsam wieder auf den Altar stellte.
Danach wurde es verschwommen. Sie hatte an den teils doch begeisterten Gesichtern der Anwesenden schon bemerkt, dass der Wein es wohl in sich hatte, aber dass dies nicht allein am Wein lag zeigte sich als selbst gut geübte Zecher in ein seliges Lächeln verfielen. Was sie selbst in diesem Augenblick empfand - es war schwer in Worte zu fassen. Wenn man sie diese Tage danach fragte würde sie nur eines zu sagen wissen: Sie fühlte sich geliebt.
Nach Aussagen der anderen war die Wirkung auf Edelmut und sie wohl wirklich durchschlagend. Sie beide sollen verschwommen gewirkt haben, umgeben von einem sanften Lichterreigen, der es schwer machte ihre Gestalt wahr zu nehmen und so mancher mochte sich gesorgt haben, dass die oberen Hälften ihrer Köpfe abfallen könnten, da das Lächeln das sie auf den Lippen trugen gepaart mit den völlig verklärten Blicken vermuten ließen, dass das Lächeln ein mal um den ganzen Kopf herum ging.
So waren sie darauf angewiesen, dass andere ihnen dabei halfen sich von diesem Ort zu lösen und zurück nach Brandenstein in den Schrein zu finden. Den Kelch nahmen sie mit. Sie hatten schon Pläne dafür, die sich gut anfühlten. Aber nicht jetzt. Nicht diese Nacht in der Vitama ihren Schleier über so manches Werk noch ausbreitete, das diejenigen die die Expedition begleitet hatten in dieser Nacht noch verrichteten...