Von draussen drang das Gebet des Elfen an seine Ohren. Wohl bemühte dieser sich ausdrücklich darum ihn mit den Worten, die gesprochen wurden, zu erreichen. Einzig das Bild des Königs an der Wand über dem hölzernen Tisch erinnerte ihn daran, dass er an diesem Ort völlig deplaziert war. Über die Folgen der Offenbarung oder der Gespräche, die er nun führen würde, machte er sich so gut wie kaum Gedanken. Es galt nun, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Standhaft zu bleiben, im Angesichte falscher Vergebung, die ihm angeboten wurde. Aber da war mehr. Ohne Zweifel war das ersuchen ernsthaft. Es musste sein, im Sinne eines Lebens, das es zu erhalten galt. Doch war es nicht auch seine Pflicht, sein Schwur, dasselbe zu Tun? Wer rettet am Ende wen? Und um welchen Preis? Vor seinem geistigen Auge sah er ein Heer aus Dämonen, und ein Heer aus Horwen, dass sich um ihn ein einziges, nacktes etwas rissen wie die wildesten Tiere.
"Nichts wiegt schwerer, als diese eine Entscheidung, die wir treffen müssen." Eine unglaubliche Kälte durchfuhr seinen Leib, ein Schaudern, dass seine tiefsten Ängste zu neuer Stärke führte.
Aus dem Zwielicht des vorüberziehenden Lichthochs, aus der Einsamkeit, der er sich dieser Tage gegenüber sah, tauchte langsam, erhob sich eine Gestalt, die ihm nur allzu bekannt war. Ein Wesen, dass ihn schon so lange begleitet hatte, und erst jetzt, nach den vorübergezogenen Tagen ungebrochener Helligkeit, wieder heimsuchte. Doch dieses mal war es anders, als die anderen male. Dieses mal lag in ihrem Blick eine Entschlossenheit, eine Endgültigkeit, die ihn schaudern lies.
Es spielt keine Rolle mehr, was du fühlst. Es spielt keine Rolle mehr, was du denkst. Du hast dich entschieden. Du gehörst mir, solange die Dinge endlich sind, und darüber hinaus.
Wie ein Schlag in das Gesicht, als hätten die Worte sein innerstes selbst durchbrochen, wankte er, und sank in den Stuhl zurück des kleinen Raumes im Tempel der Viere zusammen.
"Aber ist die Seele nicht frei? Gibt es kein zurück mehr? Kann ich nicht überwinden, was ich bin? So wie ich die Kälte des Gottkönigs empfinde, die erbarmungslose Kälte, und kurz darauf diese unendliche Wärme, dieses Gefühl der Erlösung, das Wissen um die seine Wahrheit - kann ich nicht Frieden schaffen?""Dir ist nicht klar, was du bist, Benedikt. Du hast eine Ahnung, aber es reicht nicht. Ein letztes Stück Erkenntnis fehlt dir noch. Du hast deine heiligen Streiter nicht verstanden. Es kann keinen Frieden geben."
Er fand sich wieder, in einem Raum am Falkenwall stehend. Ihm gegenüber zwei Menschen, der Blick in ihren Augen zeugte von absoluter Verachtung, ein Moment der ewigen Strafe.
"selbst die Kinder..." Wie verzweifelt du bist, wie entschlossen du bist, diesen Weg zu Ende zu gehen. Der Hals der Geweihten ist kräftig, aber zu brechen.
"Ich habe einen großen Fehler begangen, das ist mir bewusst. Ich werde dennoch nicht bedingungslos folgen. Ich bin frei. Ich trage die Last aus freiem Willen, um ihnen ein Licht zu sein.""Wie die innere Gestalt der Menschen, so bricht sich die der Völker an der Welt; das EIgenste, das getan werden müßte, besteht wohl als Richtbild, aber nicht in der Wirklichkeit, sondern über ihr; denn die Welt lässt das Eigenste nicht zu. Ja vielleicht könnte das Eigenste nicht einmal in ihr bestehen; Völker Leben nur durch den Gegensatz zweier Gesetze: des inneren, das ihnen auszusagen befiehlt, was sie sind, und des äußeren, das keine Rücksicht nimmt auf diesen Befehl; und indem sie nun danach ringen zu vollenden, was ihnen verwehrt ist, gelangen sie mit der Gesamtheit ihres Schicksals und ihres Vermächtnisses zu einer Aussage höherer Art. Denn ein Strahl des Innersten, um dessentwillen sie kamen, durchdringt ihr Werk und ihre Geschichte, die zum guten Teil von der Welt bewirkt worden sind; Kühnheit, die nur die allzu kühn war, ein allzu leidenschaftliches Verlangen nach dem Glauben oder seiner Widersacherin, der Macht, oder nach dem Traum erscheinen am Grunde ihres Schicksals, in dessen Verlauf das innerste Wesen sich gegen die Welt durchzusetzen suchte und sich im Kampf immer enger mit ihr verband. Dieser Krieg wird nie enden. Deine Pflicht ist wesentlich älter, als dir klar ist, Würmchen. Und du wirst diesen Weg bis zum Ende gehen. Auf die eine oder andere weise."
Ein vergnügtes kichern, hämischem Spott gleich, hallte von den Wänden der Zelle wieder, als die Sichtschlitze der Türe sich öffneten.
"Du hast Besuch. Ich bin noch nicht fertig mit dir."