Ich war gestern im Kino, in "Inception". Der Film sieht aus wie eine geklaute, weiterentwickelte und hollywoodisierte Version meines alten Magiercharakters und seiner bekloppten Ideen, ich hatte dauernd das Gefühl, das selber schonmal erfunden zu haben. Ich hätte nie gedacht, dass jemand so einen Blödsinn verfilmen würde, aber offensichtlich findet sich immer ein Spinner (Hauptsache genug Schusswaffen). Hier also das Original-Drehbuch zur Schlussszene in "Inception".Und es ging los. Er fühlte sich wie im freien Fall, spürte das merkwürdige Zerren an seiner Haut, sah das Licht näherkommen
Zitat:
- und dann hörte er das vertraute Glockenspiel. Sie standen in dem kleinen Zimmer mit den verhängten Fenstern, die auf den ersten Blick merkwürdig hoch wirkten, bis man sich darüber im Klaren war, dass man ein Kind war. Bastean beäugte kurz seine Gefährten, allesamt Menschenkinder, die in dem kleinen Spielzimmer saßen und den unmöglichsten Unfug trieben. Einige erkannte er als Schüler. Ein kleines, dunkelhäutiges Mädchen mit scharfen endophalischen Zügen näherte sich ihm, er konnte sich gerade an ihren Namen nicht erinnern, nur daran, dass sie ihn in der Prüfung ziemlich beeindruckt hatte, obwohl er sich über ihr arrogantes Wesen geärgert hatte. Sie trat neben ihn und blickte in das Chaos. "Wieso sind wir Kinder?" "Als Erwachsene wären die Fehler zu offensichtlich." "Ihr macht Fehler?" "Unter diesen Umständen darfst du 'du' sagen." "Du machst Fehler?" "Halt den Mund, wir müssen nach oben. Alte Männer haben einen unruhigen Schlaf, und wir verschwenden besser keine Zeit."
Langsam stiegen sie die Treppe des Waisenhauses hinauf, und das Mädchen sog die Einzelheiten in sich auf. "Wieso sind die Fenster vergittert?" "Möchtest du raten?" "Hast du mal versucht, wegzulaufen?" "Weißt du, es gibt Dinge, die dich nichts angehen." "Wer sind die anderen?" "Erinnerungen." "Ihr habt mir mal erklärt, man sollte es vermeiden, persönliche Erinnerungen einzuflechten." "Sie wirken besser." "Sie sind emotional belastet." "Das kriege ich hin." "Ihr seid ziemlich von Euch selbst überzeugt, Magister." "Wenn du noch ein Wort sagst, hänge ich dich mit den Füßen nackt an der Turmspitze auf."
Endlich gab sie Ruhe. Bastean sah sich im Küchenraum um: obwohl er es nicht zugeben wollte, schmerzten die Erinnerungen doch. Im geschäftigen Treiben wurden die beiden zwar nicht bemerkt, aber dennoch hatte er das Gefühl, jeden Augenblick als möglicher Eindringling erkannt zu werden. Ihm wurde allmählich heiß, und er zwang sich zur Eile.
"Habt Ihr eigentlich 'Traumgespenster' gelesen? Von Isail ... naja, von diesem Elfen? Es ist wirklich sehr inspirierend, obwohl er natürlich nur zur Unterhaltung schreibt. Aber seine Gedanken zur Met..." "Wir sind gleich da, würdest du dich bitte erinnern, wie man sich gegen externe Morphik schützt." "Festes Zusammenbeißen der Zähne und Konzentration auf die eigenen Empfindungen." "Genau. Wir müssen da hoch."
Das Mädchen sah unwillig in die Höhe. Eine lange hölzerne Leiter führte hinauf in das nächste Stockwerk. Eine Treppe gab es nicht. Und die Leiter war eher für Erwachsene gemacht. Für ein Kind war sie zweifellos ein erheblicher Kraftakt. Nichtsdestotrotz kletterten sie. "Warum hast du den Erzmagier da hinauf gebracht?" "Irgendwo musste er ja hin. Sollte ich ihn zu den Kindern setzen?" "Warum denn nicht?" "Viel zu chaotisch. Außerdem hätte das alles durcheinander gebracht. Wir sind die Jungen, er ist der Alte. Wie immer, nur alle etwas jünger. Das ist viel einfacher." "... sicher?" "Jetzt sei still."
Als sie im obersten Stockwerk angelangt waren, stutzte er. Es war leer. Da lief etwas gehörig schief. "Und jetzt?" "Irgendwas ist faul." "Ihr solltet abbrechen, Magister." "Nein, kommt nicht in Frage." "Bastean ... Ihr seid mir unheimlich."
Er stutzte einen Moment. Das denkbar ungünstigste, was ihm passieren könnte, wäre, jetzt an ...
Er spürte einen Hauch in seinem Nacken. Er roch den Duft von Veilchen und konnte den Wind hören, der ihre Haare schweben ließ. Es dauerte nur winzige Augenblicke, und der Fall begann. Die Mauern begannen zu Bröckeln, das endophalische Mädchen wurde nervös. "Magister, es bricht zusammen, wir müssen nach unten, wir müssen..."
"Ist das deine neue Schülerin?" Mit einem tosenden Lärm spritzte weiße Gischt über die drei, woher kam das Meer so plötzlich?, und als sie sich gelegt hatte, standen sie auf dem weit voranreichenden Felsmassiv inmitten des tosenden Meeres. Bastean war versteinert. Eine Hand legte sich behutsam von hinten an seine rechte Wange, strich liebevoll darüber. Inzwischen hatte das endophalische Mädchen die kindliche Elfe bemerkt, die sich an Basteans Rücken schmiegte. "Hast du sie gern, hm? Ach Bastean, ich habe dir ja einst vertraut ... ich habe dich geliebt, weißt du?" Das Mädchen wich allmählich vor der Elfe zurück, presste die Lippen aufeinander und wurde nervös, während die beiden Spitzohren nun in Auriel zu flüstern begannen. Sie verstand dennoch jedes Wort, es war ja nur ein Traum. "Du gehörst hier nicht hin." "Du wolltest doch, dass ich zu euch komme." "Wir haben andere Dinge zu tun." "Liebst du mich nicht mehr?" "Wir verschwinden jetzt." "Du bleibst." "Wir verschwinden, sagte ich."
Mit einem Mal fiel das Kindliche von den Zügen der Elfe ab. In ihren Augen kam der Hass hervor, und binnen winziger Wimpernschläge vernahm das Mädchen einen stumpfen Schlag, gefolgt von dem Blitzen einer hellen Klinge aus weißem Elfenholz, die vorn aus Basteans Brust aufschimmerte. Die Elfe beleckte ihre Schneidezähne, und da erinnerte sie das endophalische Mädchen mehr denn je an Bastean, und zog das Messer aus dem Elfen, der mit einem gurgelnden Laut in die Knie ging. Kein Tropfen Blut klebte an der weißen Klinge, als sie sich näherte. "Und du bist nun an meine Stelle getreten, ja?" "Was, nein, ich bin..." "Du bist es nicht wert, du bist nicht halb so viel wie ich, du bist ein nichts..." "Das ist ein Missverständnis, ich bin..." "Sicher nicht ihn, aber wenigstens mein Ende will ich mit dir teilen!"
Kreisrunde Flammen rasten ihn entgegen, als sie das Gleichgewicht verlor und in einer gewaltigen Explosion fortgeschleudert wurde. In ihren Ohren fiepte es hell und bohrend, sie fühlte ihren Herzschlag, als sie durch die Luft geschleudert wurde, sie fühlte die unglaubliche Wucht des Drucks, der sie davon trug, und dann schlug sie mit dem Laut brechender Knochen gewaltig auf dem Meer auf, das sie sogleich, noch immer in Flammen, unter den Wellen begrub. Das Mädchen schloss die Augen. Das war das Ende.