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 Betreff des Beitrags: Ungeschickte Briefe
BeitragVerfasst: 27.04.10, 10:47 
Einsiedler
Einsiedler
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Registriert: 27.11.09, 21:50
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Liebste A.

Zweifle nicht an dem, der Dir sagt er habe Angst. Diese Worte habe ich mir unlängst sehr wohl gemerkt. Allein deswegen schon, weil sie so schmerzliche Wahrheit bergen. Wenn Dein die Zweifel sind, so ist mir die Angst bestimmt. Und wenn wir beides nicht überwinden können, wohin sonst soll es uns führen als in tiefstes Unglück?

Ich fürchte Deine Zweifel, das weißt du wohl. Darum muss ich schreiben, was ich noch nicht sagen kann. Ich tue dies in der bangen Hoffnung, dass Du diese Zeilen niemals wirst lesen müssen. Sie sind ohnehin mehr für mich, denn für Dich bestimmt. Was Du verdienst, sind Worte von meinen Lippen. Gleich ob süß oder schmerzlich, denn wenn ich meinem Herzen nicht erlauben könnte zu sprechen, wohin soll es uns führen als in tiefstes Unglück?

Es nützt kein Zittern und kein Klagen mehr. Ich muss erfahren, was Dir so tief im Herzen brennt. Und ich muss….ich will es Dir gleichsam vergelten. Denn auch mein Herz brennt. Da ist die Liebe zu Dir…wie schmerzlich allein, nur zu lesen, was ich nicht sagen kann. Nicht sagen darf. Wieder fürchte ich die Zweifel. Sie sind es, die mich haben verstummen lassen. Ich will Dich nicht ängstigen. Und doch ist sie da. Für mich, deutlich fühlbar am Schlag meines Herzens und deutlich hörbar an seinem Klang. Und wenn ich es nicht sagen darf…dann lass es mich Dir zeigen. In der Hoffnung, Du mögest erkennen was…in mir ist und mich umtreibt.
Welch große Worte dir mir selbst, wo ich sie lesen muss, dumpf und hohl vorkommen. Warum solltest Du nicht an mir zweifeln zumal ich törichter Narr Dir scheinbar allen Grund dafür liefere. Was kann ich schreiben, was ich nicht schon gesagt hätte? Ja, sie ist ein Abbild dessen, was ich einst war und darum ist sie mir lieb und teuer. Aber sie ist mehr als nur ein Spiegel der Vergangenheit…es ist mir, als stünde ein Teil meiner eigenen Seele leibhaftig vor mir. Ich vermisse nichts im Damals. Wie könnte ich? Wo doch alles blass und trüb ist im Vergleich zu dem, was ich durch Dich haben darf. Blass und trüb. Und tot. Sie nun um mich zu haben ist alles, was mir außer meinen Erinnerungen geblieben ist. Erinnerungen, die ich nur schmerzlich mit Dir teilen mag. Und doch habe ich es bereits getan. Ich bitte Dich, gräme Dich nicht ihretwegen. Es ist nicht gerecht. Du hast so vieles und ich habe nichts.

Doch hätte ich Dich…und hättest Du mich, wohin sollte es uns führen als in höchstes Glück?




Mit fahriger Hand und sichtlich bemühtem Schriftbild fanden sich, bei einem Becher Wein, die Zeilen auf einen schmutzigen Bogen Pergament gebannt. In der Absicht, niemandes Augenmerk einen Einblick in das Geschriebene zu gewähren, geschweige denn das Schreiben der Adressatin jemals zuzustellen, ließ der Verfasser es schließlich zwischen den Seiten eines abgegriffenen Buches verschwinden, aus dessen Einband der Titel längst unleserlich prangt und allenfalls noch über den Tastsinn erkennbar wäre. Auch wenn der Besitzer des Buches kein begeisterter Leser war (wenngleich das Schreiben, nicht das Lesen ihm die größere Mühsal abverlangte), kannte er den Inhalt recht gut und kam nicht umhin, sein eigenes Treiben mit einem kleinen Zitat aus dem Machwerk zu beschließen.

Zitat:
Um der süßen Liebe Willen werde alles ich besteh'n.


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 Betreff des Beitrags: Re: Ungeschickte Briefe
BeitragVerfasst: 14.07.10, 15:05 
Einsiedler
Einsiedler
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Beiträge: 26
Der obere Abschnitt des Pergamentes ist abgerissen und vom Verfasser nach eigenem Gutdünken vernichtet worden. Erhalten ist indes der Rest des Schreibens. Auch dieser Fetzen findet sich zwischen den vergilbten Seiten des vorgenannten Buches im persönlichen Besitz des Urhebers nachfolgender Zeilen

[…]wie froh ich bin, den Tempel noch nicht aufgesucht zu haben. Und gleichsam entsetzt bin ich darüber, wie sehr sich das eigene Herz belasten lässt, ohne vor Gram zu zerspringen. Ich muss diese Sache enden und die Göttin um Vergebung bitten. Vorher mag ich es nicht wagen, sie um ihren Segen zu ersuchen. Danach aber muss ich ebenso trachten wie nach ihrer Vergebung, habe ich doch in den Prüfungen, die ich mir selbst auferlegte so schmachvoll versagt. Ich will weder Schicksal noch Glück über Gebühr fordern und warte nun ergeben auf die Lasten, die mir die Götter auferlegen wollen. Wo ich die Kraft suchen und finden will, derer ich bedarf, weiß ich nun mehr als jemals noch zuvor. Auch Du meinst es gut mit mir. Und[...]

Zum Leidwesen des Verfassers ergoss sich im Zuge gesteigerter Trunkenheit der Inhalt des Weinkelches über den Rest des Pergamentbogens und führten zu zweierlei Bedauern. Zum einen gewiss über das verlorene Schriftwerk. Zum anderen, ohne Frage, über die Fülle des vergeudeten Rebensaftes.


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