Mit freiem Oberkörper saß er da. Auf der Brust war die leichte, weiße Behaarung gut zu erkennen und überall auf ihm, ins Besondere auf dem oberen Teil des Rückens, der Brust und den Oberarmen konnte man kleine Narben erkennen, die von einer kleinen spitzen Hacke oder einem Schnabel stammen könnten. Es sah nicht so aus, als wären sie in die Haut hineingeschnitten worden, viel mehr machte es den Anschein, als wäre das Fleisch, welches einst an jenen Stellen saß, herausgepickt und gerissen wurden. Er war nicht sonderlich muskulös oder kräftig gebaut. Er war ein einfacher schlanker Mann, der dem gewöhnlichen Durchschnitt eines ausreichend, aber nicht zu sehr, genährten Herren glich. Er schloss nachdenklich die braunen Augen und wog den Kopf unsicher zu den Seiten. Leise brummend strich er mit einer Hand durch den etwa fingerlangen Bart am Kinn.
Der Alte der ihm gegenüber saß, beobachtete ihn nur schweigend, jedoch mit einem äußerst aufmerksamen Blick, als passe er genau auf, was sein Schützling zu tun gedenke. Es war schwer zu sagen, ob auch er versuchte sich etwas zu überlegen, da nach wie vor die Falten auf der Stirn zu sehen waren, jedoch nicht klar war, ob er sie nun extra runzelt oder einfach locker hält. Er strich mit einer Hand, eine graue Haarsträhne, aus dem Gesicht und glitt mit zwei Fingern anschließend an seiner Nasenseite entlang. Nur kurz lösten sich von Zeit zu Zeit seine verblassten Augen vom Anblick des Weißhaarigen und wanderten herüber zu Gesika.
Die Eule hockte an der Seite des Lagerfeuers und machte sich über ihr Gefieder her. Auffällig und sorgsam reinigte sie ihre Flügel und ihren Körper. Ihr weißes, reines Fell war ihr scheinbar äußerst wichtig, sodass sie es fast keine Minute aushielt, ohne zu prüfen, ob es wirklich noch in Ordnung war, oder nicht. Ihre großen Augen wanderten an ihrem Körper herab und suchten ihn wachsam nach weiterem Schmutz ab. Von Zeit zu Zeit klapperte sie dabei mit ihrem Schnabel, oder sah, sobald sie spürte, dass sie jemand beobachtete, zu demjenigen hin und neigte den Kopf unbeschreiblich weit zur Seite.
Lergoh atmete einmal tief durch und schob mit einer Hand sein langes Haar etwas zurück, bevor er die Augen wieder öffnete und nach oben ins Licht, bzw. die Lichtsäule empor, zum Loch sah.
>Da muss ich also durch?<, fragte er mit nachdenklichem Ton und sah zu seinem Gefährten.
>Ja...zumindest wenn du hier wieder raus willst<, war die knappe Antwort, bevor der Alte ebenso kurz den Blick anhob und die schier endlose Distanz einzuschätzen versuchte.
L, der das ebenso tat, brummte leise auf und und senkte den Blick anschließend nachdenklich zur Seite.
>Translokation können wir wie gesagt vergessen, dazu fehlt mir der Blickkontakt mit dem Ziel<, sprach der weiße Riese, als wolle er das selbst absegnen. Langsam und sehr in sich gekehrt, schwenkte sein Blick zurück nach oben, während er murmelte:
>Magie ist generell etwas schwieriger hier, aber ein anderer Weg bleibt ja nicht..es ist unmöglich mit meinen begrenzten Mitteln eine riesige Leiter zu bauen. Hinzu kommt, dass ich keine Macht über die gewöhnlichen physikalischen Regeln hier habe. Es bleibt nur die Magie...<, den letzten Satz sprach er dabei etwas lauter und sah mit schmalem, fragenden Lächeln zu seinem Großpappi, welcher nur mit sanfter Stimme und Schmunzeln dazu meinte:
>Ja, du hast Recht, aber die generellen Regeln hier, sind genau die Gleichen wie in der wirklichen Welt. Du kannst nur nicht einfach bestimmen, dass Menschen, oder präziser du, plötzlich fliegen können.<
>Und was ist, wenn ich mich von einem Wirbel Luft in die Höhe tragen lasse? Sollte das nicht funktionieren?<, fragte der junge Magier, bevor sein Kumpane abschätzend mit Kopf und Hand abwog.
>Schwer zu sagen<, sagte er mit zögerlicher Stimme, >du wirst den Wind nicht spüren können, genauso wenig wie du das Feuer gespürt hast. Ob er dich aber trotzdem in die Höhe tragen kann, musst du vermutlich ausprobieren.<
Lergoh nickte einmal sachte und hob den Blick noch ein weiteres Mal an, bevor er sich mit einer Hand am Boden abstützte und langsam vom, schwarzen, glatten Grund aufstand. Kurz war ihm etwas schwindelig, und er hatte deutliche Probleme damit, aufrecht und ohne Wackeln, auf dem Oberfläche zu stehen. Es lag nicht daran, dass sie zu glatt war, viel mehr war es die lange Zeit in der er nicht mehr auf seinen Füßen stand, sondern saß und sich kaum bewegte.
Es zog sich etwas hin, bevor er schließlich das Gleichgewicht wiederfand und seinem Großpappi die Hand reichte. Dieser hatte sein ganzes Taumeln, grinsend beobachtet und mit einem leisen Kichern kommentiert, während die Eule ebenso amüsiert heulte und beide Flügel vor den großen, gelben Augen zusammenschlug.
L hingegen schien dies im Moment herzlich wenig zu kümmern.
Der alte Mann ergriff die Hand des jungen Magiers und erhob sich ebenso mit seiner Hilfe vom Boden, um vor ihm aufrecht, lächelnd zu stehen. Mit leicht angehobenen Mundwinkeln, betrachtete der weiße Riese seinen Großpappi und schien sich das Bild, was sich vor ihm bot, möglichst genau einprägen zu wollen. Verstehend und dementsprechend ohne ein Wort zu sagen, verharrte der Grauhaarige an seiner Position und sah sein Gegenüber väterlich an.
>Ich...<, begann der Jungspund und schüttelte dann den Kopf, um noch einmal neu zu beginnen:
>Auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass wir miteinander...naja..etwas freundlicher umgehen würden, war es schön dich wiederzusehen, nach so vielen Läufen. Ich werde das, was du mir sagtest beherzigen und umsetzen. Wenn es irgendwann einmal so weit ist und ich in die Hallen Morsans treten darf, dann...dann werde ich dich besuchen kommen.<
>Und dann suchen wir dort nach deinen leiblichen Eltern. Ich und die Akademie der Tausend Funken haben dich zu einem guten Menschen erzogen. Ich bin wirklich froh, dass du nicht so ein<, sprach der Alte und senkte die Stimme etwas, bevor er weitersprach, >geiler Bock geworden bist, wie ich.<
>Ja, wenn man erstmal die Akademie verlassen und sich nicht mehr die ganzen Schülerinnen in den weiten, tristen, wirklich langweiligen Roben ansehen muss, dann ist man wirk..<, meint der Weiße rasch und rollt nur mit den Augen, bevor er dann abrupt stoppt und die Augen etwas weitet:
>Nein, bin ich natürlich nicht Großpappi!<
Der Alte begann laut zu lachen und schüttelte den Kopf, bevor er die Arme ausbreitete, einen Schritt zu ihm heran machte und sie um ihn legte. Lergoh, der kurz peinlich vom Gelächter berührt war, seufzte etwas als er umarmt wurde und legte dann auch die Arme um seinen Ziehvater.
>Ich liebe dich als wärst du mein eigener Sohn. Bitte gib Acht auf dich auf und lass dir Ayleen nicht durch die Hände rutschen<, sprach ihm der Grauhaarige leise und zufrieden zu.
>Nein...das Einzige worüber wir rutschen werden, sind Felle<, entgegnete der junge Magier mit keckem Lächeln, bevor er den Alten noch einmal drückte und dann langsam los ließ. Der faltige Mann sah seinen Sprößling irritiert an, brummte einmal fragend und sprach nach einiger Zeit, als eine Antwort ausblieb:
>Ihr und eure neumodischen Ausdrücke.<
Lergoh zwinkerte ihm einmal zu, wank der Eule mit der rechten Hand lächelnd zu und hob den Blick anschließend nach oben, zum Zensor an. Er atmete tief durch und befeuchtete mit der Zunge seine Lippen, ehe er beide Arme nach unten, an den Seiten seines Körpers herab, ausstreckte, sie etwa eine Elle abspreizte und die Augen schloss. Auch die Finger der Hände suchten den größtmöglichen Abstand voneinander, während er die Füße eng aneinander stellte. Mit einem Mal ging eine gewaltige Spannung durch seinen gesamten Körper, welche nicht nur einige Adern auf seinem Oberkörper verteilt zu Tage förderte, sondern auch einige Muskelpartien sichtlich darstellte. Der Ausdruck auf dem Gesicht wurde konzentrierter und verkrampfter, als mit einem Mal die Luft um seinen Füßen herum, eine kreisförmige Bahn einnahm und immer schneller um sie zu strömen begann. Recht zügig wanderte der Luftwirbel, der gut sichtbar, wie ein kleiner Wirbelsturm war, an seinen Beinen, bis auf die Höhe der Knie, als der junge Mann mit einem Mal seine beiden Fußspitzen etwas nach außen schob, um sie direkt in den Wirbel hinein zu schieben.
Es war wie ein gewaltiger Ruck, als er plötzlich vom Wind erfasst wurde, die Hand eilig zu Fäusten ballte und der Wirbel sich noch intensivierend, seinen Weg nach oben in den Lichtkegel bahnte. Lergoh, der sich im Wind verkeilt hatte, drehte sich dabei mit rascher Geschwindigkeit in der Laufbahn des Sturmes mit und gewann zunehmend schneller an Höhe. Der Ausdruck auf seinem Gesicht veränderte sich leicht, als er laut aufknurrte und der Wirbel noch kräftiger wurde und hoch nach oben, wie eine Rakete, in den Kegel vorstieß.
Eine halbe Minute war er unterwegs und sein Großpappi am Boden war lediglich nur noch als kleiner Punkt zu erkennen. Der Blick nach oben, welcher genauso wie der hinab, durch die rapide Drehung im Wirbel erschwert wurde, war jedoch weniger zufriedenstellend. Er hatte sich dem Zensor kaum genähert. Noch immer schien er unerreichbar und es fraglich, ob er überhaupt je erreichbar wäre. Lergoh, dessen Kraft ebenso nicht unerschöpflich war, sah man bereits nach so kurzer Zeit an, dass er selbst wenn er schon ein Drittel des Weges zurückgelegt hätte, es kaum noch schaffen würde, den restlichen Abschnitt zu schaffen, zumal ihn auch das Zittern von Neuem erfüllte und in seiner Konzentration unterbrach. Tief am Boden war kein Feuer mehr zu erkennen. Es musste das Hemd nun ebenso endgültig verzehrt haben und damit erloschen sein.
L senkte den Kopf und kniff die Augen kräftig zu, bevor er seinen Kopf schüttelte, die Arme seitlich am Körper im Halbkreis anhob und nach oben, über seinen Kopf, ausstreckte. Er zog beide Füße wieder ins Auge des Wirbels und löste sich mit einem Mal aus der Spitze der gigantischen Windhose, um dann im Zentrum derer, wie durch einen langen Schlauch, nach unten zu fallen. Nur vereinzelte breitete er Arme und Beine etwas aus, um sich im noch vorhandenen Wirbel, welchen er herunter donnerte, etwas abzubremsen, indem er in die Stromrichtung griff und leichten Auftrieb erfuhr.
Es dauerte fast eine weitere halbe Minute, bis er mit einem kräftigen Beben, mit beiden Füßen auf dem Boden auftraf, etwas in die Knie ging und beide Hände knurrend zu den Seiten auseinander drückte, woraufhin der Wirbel sich erst um ihn herum auszudehnen begann, dadurch in seiner gesamten Höhe instabil wurde und schließlich seine Form auflöste und nach mehreren Augenblicken wieder im Raum verflog.
Ächzend fiel der Weiße auf die Knie und stützte sich am Boden ab. Erschöpft und zitternd, brummte er auf und biss die Zähne kräftig zusammen.
Der Graue, welcher das Spektakel beobachtet hatte, eilte zu ihm und ging in die Hocke, um nach ihm zu sehen.
>Alles in Ordnung mein Sohn?<, fragte er fast panisch und blickte mit großen Augen an ihm auf und ab.
>Es hat nicht funktioniert verdammt. Es...braucht zuviel Kraft..ich kann nicht mehr viel tun<, erwiderte sein Schützling, und richtete seinen, vor Kälte, mit Gänsehaut überzogenen Oberkörper, rasch wieder auf, um den Blick auf das Lagerfeuer zu richten, welches nur noch schwach vor sich hin glimmte.
>Mist verdammt<, knurrte er, warf sich, noch während er kniete, nach hinten auf den Rücken und begannt eilig die Schüre seiner Hose zu lösen, sich dabei aus den Stiefeln zu strampeln und dann die robuste Beinkleidung abzustreifen.
Mit nur noch einer einfachen dünnen, kurzen Stoffhose, saß er nun auf dem Boden und krabbelte eilig an seinem Großpappi vorbei zum Lagerfeuer, um hektisch aber mit dem nötigen Feingefühl, die Flammen von Neuem, mit der Hose, versuchte anzuheizen.
>Na los, komm schon...Brenn endlich!<, brummte er zittrig voran, während der Grauhaarige ihn nur stumm, fast ratlos beobachtete.
Fast hatte er die Hoffnung aufgegeben, als die Lederhose mit einem Mal Feuer fing und zu brennen begann. Sogleich durchfuhr ihn ein erleichtertes, wärmendes Gefühl , bei welchem er die Augen schloss und durchatmete.
Kopfschüttelnd saß er dann, nach kurzer Zeit wieder vor dem Feuer.
>Die Hose ist auch bald weg. Ich weiß nicht was ich tun soll. Es muss einen Weg geben. Er muss kontinuierlich wirken, und für maximale Wirkung ein vergleichsweise geringes Maß an Kraft aufbrauchen<, sprach er leise und ratlos, bevor er mit beiden Händen durch sein Gesicht strich und seufzte.
>Laf?<, kam dann vom Alten, ehe der junge Magier seinen Kopf anhob und zu ihm sah. Er fuhr fort:
>Ich habe da vielleicht etwas im Kopf..erinnerst du dich an den Unterricht, den dieser Magister A..Asanra..oder sowas, geben wollte? Der den du damals, aufgrund der Sache mit den Elementarmagiern, kritisiert hast?<
Nachdenklich flüchtete sich der Blick des weißen Riesen in die Dunkelheit, bis er dann nach einigen Herzschlägen nickte.
>Ja<, sprach er kurz und sah zu seinem Großpappi zurück.
>Was wollte er unterrichten?<, fragte der Alte kurz, während sich sein Gesicht langsam aufhellte. Auch das seines Schützlings klarte etwas auf und machte sogleich einen positiveren Eindruck als noch Augenblicke zuvor.
>Meinst du das funktioniert hier?<, fragte er mit hoffnungsvoller Stimme, und bekam nur ein knappes Nicken, vom Alten, als Antwort.
>Aber ich habe mir nie auch nur ein Tier genau genug angesehen..ich kenne sie nicht gu...<, sprach Lergoh und wurde dann wüst von dem alten Mann unterbrochen:
>Doch! Das hast du! Denk doch mal nach. Du hast sie als Kind zyklenlang beobachtet und siehst sie derzeit wieder.<
>Gesika?<, fragte
L unsicher und hob eine Braue an, bevor er fortfuhr:
>Das ist doch lächerlich, ich kann mich doch gar nicht mehr daran erinnern, wie sie aussah und sich in jeder Situation bewegte oder was besonders an ihr war. Es ist zu lange her.<
>Nein Laf, das ist nicht wahr. Genauso wie ich, ist auch sie, hier in dieser Welt nur eines deiner Hirngespinste. Wir basieren auf deinen Erinnerungen an uns, und wenn wir davon ausgehen, dann kannst du dich an sie Bestens erinnern. Nutze sie als Vorlage. Kopiere sie<, gab der Alte zu verstehen und lächelte den Mann mit dem schneeweißen Haar zufrieden an. Letzterer, sah einmal kurz zu der Eule, die, als ihr Name fiel, langsam zu den Beiden herüber tapste.
>Das ist vermutlich meine letzte Chance, das weißt du.. oder?<, sprach Lergoh unsicher und drückte seine Lippen aufeinander.
>Los, bevor das Feuer erlischt<, antwortete Großpappi kurz und zwinkerte ihm zu.
Der weiße Riese atmete tief durch, drückte sich am Boden hoch und stellte sich aufrecht mit festem Stand hin. Ruhig lag sein Blick auf der Eule, die scheinbar genau wusste, was er vor hatte und breitete demonstrativ, beide Schwingen zu den Seiten aus. Ein knappes Nicken ging von
L aus, ehe er ebenso seine beiden Arme zu den Seiten ausstreckte und dann die Augen schloss.
>Präge dir den Aufbau deines Körpers gut ein!<, rief ihm der Alte mit ernster Stimme zu, als ein Lichtblitz unter den Lidern des jungen Magiers heraus brach und im Anschluss die Augäpfel mit einem hellen Licht erfüllte. Es drang als leuchtender Schimmer durch die dünnen Hautlappen, die über seinen Augen lagen und machte die, darin liegenden, Äderchen gut sichtbar.
Deutlich konnte man leichte Bewegungen erkennen, als würde er die Umgebung mustern, bis sie schließlich bei der Eule hängen blieben.
>Du hast eine Methode, ich weiß es! Schaffe einen Bereich in dem du dich neu zusammensetzen kannst!<, kam es als weitere Anweisung vom Großpappi, als der weiße Riese auch schon sachte nickte und ein grauer, schimmernder Nebel von seinen Füßen und Händen entstand und sich dann langsam zur Körpermitte ausbreitete. Leise surrend wurde er schließlich gänzlich darin eingehüllt, als es dann plötzlich ruhig wurde.
Augenblicke vergingen, in denen niemand so recht sagen konnte, was geschieht, als dann mit einem Mal der große Nebel damit begann sich zu verformen und zusammen zu schrumpfen. Glühender, weißer Dampf stieg von ihm auf und verflog in der Luft, während er zunehmend kleiner wurde und irgendwann auf Größe Gesikas stehen blieb.
>Gut so! Verändere die Ladungen!<, sprach der Alte noch einmal mit lauter, kräftiger Stimme, bevor sich der Nebel nun nicht mehr zu verkleinern schien, sondern langsam die grobe Form eines Menschen verlor und zu etwas Anderem, schwer deutbaren wandelte.
Wieder vergingen einige lange Momente, in denen der Grauhaarige, wachsam und aufmerksam zu Lergoh sah und ihn beobachtete. Dann jedoch, wurde das Glimmen des Dunstes, der um der Gestalt lag, immer schwächer, bis er schließlich als weißer heller Rauch an ihr aufstieg und verflog.
Was sich nun vor den Augen Großpappis und Gesikas offenbarte, schien beide gleichermaßen zu erstaunen. Der junge Magier war verschwunden und das Spiegelbild der Eule stand direkt vor den Beiden. Schneeweiß, einen kleinen Tick größer, doch ansonsten gänzlich gleich.
Lergoh, der sich nun in der Gestalt einer Schneeeule vor ihnen befand, neigte den Kopf zu den Seiten, drehte ihn dann etwas und sah an sich herab. Langsam glitt der Blick, der großen Rieseneule, an den Schwingen entlang zu den Krallenfüßen, bevor sie zurück zum Großpappi sah, laut aufheulte und aufgeregt mit den Flügeln schlug, was ihn sogleich ein paar Meter in die Luft hob. Hektisch und völlig ungläubig, sah er sich sich in der leichten Höhe um, blickte herab zum Boden und schlug noch ein paar weitere Male mit den Schwingen, um bloß nicht, wie ein nasser Sack auf den Boden zu klatschen.
Nur zögernd tastete sich der junge Magier daran heran, seinen Flug zu kontrollieren und auch Gesika, schwang sich hoch in die Luft, um es ihm demonstrierend vor zu machen.
Er hatte jedoch nicht viel Zeit um zu lernen, aber die brauchte er auch nicht, denn zu genau hatte er die Bewegungen Gesikas in seiner Jugend studiert und verinnerlicht.
Nicht einmal ein halber Dunkelzyklus muss es gewesen sein, als Lergoh bereits erste Kreise über seinem, voller Stolz dreinblickenden Großpappi zog:
>Jawohl
L! Gut gemacht!<, rief er mit glücklicher Stimme und lächelte breit nach oben. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten und ein lautes Heulen kam zurück zum Boden. Dann begann er etwas wackelig mit dem Sinkflug und landete, etwas holprig, vor seinem alten Freund auf dem Boden. Mit langsamen kleinen Schritten wackelte er auf ihn zu und hob dann einen Flügel an. Sein Ziehvater trat einen Schritt näher, ging in die Hocke und strich vorsichtig mit der Hand über den Kopf der Eule. Dann deutete er nach oben, zum Zensor.
>Du musst los. Dir bleibt kaum noch Zeit<, sagte er mit etwas trauriger Stimme, streichelte die Eule noch etwas und richtete sich dann auf. Langsam wendete sich der alte, faltige Mann herum, steckte zwei Finger in den Mund und pfiff laut, woraufhin Gesika ihre Runden, über ihren Köpfen, beendete und zu ihrem Herrn flog. Sie landete auf seiner Schulter, während er sich bereits in Gang gesetzt hatte und mit ruhigen Schritten und einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht den Lichtkegel verließ.
Ein lautes Heulen war von Lergoh zu hören, als die Beiden in der Dunkelheit verschwanden und aus allen Richtungen, die Stimme des Großpappis, noch einmal zu vernehmen war:
>Pass auf dich auf mein Sohn. Denk immer daran: Du bist zäh.<
Als das Echo verhallt war, sah die weiße Rieseneule kurz zum Lagerfeuer, welches noch brannte, jedoch die Hose fast verzehrt hatte. Eilig begann sie mit den Flügeln zu schlagen und sich somit vom Erdboden zu lösen. Die Füße zog sie an, ehe sie dann langsam Fahrt aufnahm und in runden, kreisförmigen Bahnen immer weiter nach oben, den Kegel hinaufstieg, direkt in Richtung Zensor.
Es schien ein endloser, erbarmungsloser Flug zu sein, während auch die Kälte, wieder durch das dichte Gefieder, der Eule zu dringen schien.
Unermüdlich jedoch, stieg er weiter in die Höhe. Er brauchte etwa zwei Minuten bis er die alte Höhe erreichte, die er auch schon mit seinem Wirbel geschafft hatte, doch es brauchte noch weitere zehn Minuten bis er schließlich dem Zensor zum Greifen nahe war.
Die Kälte hatte ihm derweil schon sehr zugesetzt und es kam öfter vor, dass er ein paar Meter herabsank, statt aufzusteigen. Es fiel ihm schwer, weiter mit den großen Flügeln zu schlagen. Er war am Ende.
Doch aufgeben wollte er nicht. Er war zäh und drückte mit lautem Heulen seine Schwingen immer wieder nach unten, bis er schließlich in das helle Licht eindrang und in ihm verschwand...
Langsam kam er wieder zu sich.