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 Betreff des Beitrags: Vernunft gegen Gefühl- oder: aus der Seele einer Orkin
BeitragVerfasst: 29.09.09, 21:20 
Einsiedler
Einsiedler
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Registriert: 24.03.02, 04:16
Beiträge: 114
Die Orkin saß auf einem Stein am Ufer des Flußes in der kühlen Mondnacht und kämmte ihr Haar. Mit ihren dicken Warzen blieb sie immer wieder in besonders filzigen Nestern ihrer Wallemähne hängen. Dann und wann brachen besonders versplisste Haarsträhnen ab und segelten, leicht wie eine Feder auf das rauschende Wasser nieder und wurden hinfortgetragen, an Orte, die sie wahrscheinlich niemals sehen würde.

Sie hatte sich heute abend davongestohlen, vom großen Feuer in der Mitte des Lagers, wo die Orken gegen Abend dem Schnaps fröhnten, bis ihnen die Wangen glühten.
Sie hatte den Blick des Choharhars bemerkt, der lüstern zu ihr herüberglotzte. Grezhan, dieser schmierige, alte Sack. Dieser faule Feigling, der den ganzen Tag auf seinem Thron schnarchte und sich von ihr Zwiebelkuchen ins Maul schieben ließ. Mit seinen Speckringen um Bauch und Hals, mit seinen erbärmlich kleinen Hauern, seiner lichten Behaarung – und überhaupt, diese grüne Haut! Dieses Grün!
Sie schauderte.

Und sie, ja sie war eben eine schöne Orkin, keine Frage. Schon als Säugling hatte sie diese wunderbaren dichten, schwarzen Haare überall am Körper und diese neckische kleine Warze unter dem rechten Auge gehabt. Ihre Augenwülste waren groß und wohlgeformt, ihre Augen schmal und tiefschwarz. Ihre Zähne waren von so strahlendem Gelb, daß es sie manchmal selbst blendete, wenn sie den Kopf zum Trinken über ein stilles Wasser beugte.
Da sie so schön war, hatte der Cho ihres Geburtsstammes ihr den Namen Zkruazna gegeben.

Zkruazna war heute nicht nach freundlichem Grunzen und hohlem Gelächter zumute, nach auf dem Schoß sitzen und sich begrabschen lassen.
Heute konnte sie, nein – wollte sie nicht gute Miene zum bösen Spiel machen.
Heute, wo ihr dieser andere Ork schier nicht aus dem Kopf wollte.
Schon das erste mal, als sie ihn sah, schlug ihr Herz höher. Seine Größe, seine Muskeln, seine obszönen Hauer! Sie mochte wetten, er sei der stärkste Ork im ganzen Stamm.
Und sie betrachtete ihn, wann immer sie sich unbeobachtet fühlte.

Aber was ihn anbelangte, war ihr Herz ein dunkler Wald, in dem sich ihr Verstand verlaufen hatte. Er sprach nicht mit ihr, er ermahnte sie nicht, wenn sie Rapooz, den mißglückten Aikar ärgerte, er grunzte ihr nicht einmal zur Begrüßung zu.
Er sah ihr nicht hinterher, er machte keine schmutzigen Witze über sie, ließ seinen Ärger nicht an ihr aus, wenn er welchen hatte. Er ignorierte sie schlicht und ergreifend.
Hinzu kam, daß er einmal sogar gesagt hatte, er würde sie mitnehmen, ins Ödland und dort einfach töten, weil sie ihn so nerve. Das hatte er natürlich nicht so gemeint, tief in ihrem Inneren wußte sie dies.
Trotzdem hat er sie dann im Stich gelassen, als all die Monster kamen, ihr nicht geholfen, woraufhin sie beinahe gestorben wäre.
Das nahm sie ihm schon ein bißchen übel. Wollte er ihr damit etwas sagen?
Und wenn ja, was? Sie wurde nicht schlau aus ihm.

Sie seufzte: Ahk Murok, phän thu thok uoarkh marl anzauähnz phürtähnz! Maihn ähpähnholtzpharpähnä haar, maihn öiklaihn, thi tzo zwarz phi thi nahkt! Phillaihkt thu than noarkh mähr tzo kalt phi aihn ztain!

Da wurden ihre komplexen Gedankengänge jäh von einem Grunzen unterbrochen.
Sie blickte über ihre Schulter und sah im kalten Mondlicht den dicken Cho.
Seufzend erhob sie sich und folgte ihm, von seinem Arm um die Schulter geführt, Richtung Lagerfeuer.

Unth iätz, Zkruazna, uoarkh phollähnz ain bari mazzazhä phon thir!

Sie nickte ihm unterwürfig zu.
Häuptling ist eben Häuptling.

Anmerkungen für Ungelehrte:
Choharhar: Häuptling eines Orkenstammes
Aikar: Schamane eines Orkenstammes

"Ahk Murok, phän thu thok uoarkh marl anzauähnz phürtähnz! Maihn ähpähnholtzpharpähnä haar, maihn öiklaihn, thi tzo zwarz phi thi nahkt! Phillaihkt thu than noarkh mähr tzo kalt phi aihn ztain!":
"Ach Murok, wenn du doch ich mal anschauen würden! Mein ebenholzfarbenes Haar, mein Äuglein, die so schwarz wie die Nacht! Vielleicht du dann nicht mehr so kalt wie ein Stein!"

"Unth iätz, Zkruazna, uoarkh phollähnz ain bari mazzazhä phon thir!":
"Und jetzt, Zkruazna, ich wollen ein tolle Massage von dir!"

_________________
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 Betreff des Beitrags: In der Nacht
BeitragVerfasst: 10.02.10, 05:05 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 28.01.10, 08:54
Beiträge: 17
Wieder einmal war es Nacht geworden.
Wieder eine Nacht nach einem kalten, langen Tag, den sie in sämtlichen Knochen spüren konnte. Wieder eine Nacht auf den schmonzigen Fellen, in denen der Schweiß und die Krümel unzähliger Orkengenerationen hafteten.
Ihr Geruch war ihr vertraut geworden, seit sie zu den Kaz’la gekommen war.
Ihr Geruch erinnerte sie an harte Arbeit und ungewaschene Körper, und an das Vieh, das sie im Winter der Wärme wegen in die Schlafhütte holten. Das und die Ausdünstungen derer, deren Mägen schwer an der Zersetzung des, in übermäßiger Fülle verzehrten, rohen Fleisches zu schaffen hatten, reicherte die Luft im Schlafsaal zu einer dicken, undurchdringlichen Masse an. Und Obwohl Zkruazna dankbar für die Wärme war, freute sie sich über jeden kalten Luftzug, der durch das unverglaste Fenster eindringen konnte.
Sie konnte mittlerweile das Schnarchen aller Orken auseinander halten, wenn sie im Dunkeln wach lag.
Rhobarz hatte eine ganz merkwürdige Art, zu schnarchen. Er zog kurz und unter knarzigem Grunzen Luft ein, hielt diese wenige Augenblicke ein, und stieß sie dann unter einem hellen Seufzen wieder aus. Tzizrahs Schnarchen bestand nur aus kurzen, hektisch wirkenden Sägelauten. Zlarks Schnarchen klang wie ein unterdrücktes Stöhnen. Und Pazhnak schnarchte alles übertönend. An der Art und Weise seines Schnarchens konnte man erkennen, ob er auf dem Bauch oder dem Rücken lag. Außerdem hatte er diese Atemaussetzer. Wenn Zkruazna nicht einschlafen konnte, horchte sie auf Pazhnaks Atem und zählte die Aussetzer. Wenn sie bei zwei angelangt war, fing sie wieder von vorne an.

Heute half es nichts. Sie wälzte sich unruhig hin und her, die Rüstung drückte. Sie war unbequem und unter den Armschonern juckte es. Die Schnallen drückten sich ins Fleisch, die Nähte rieben ihre lederne Haut wund. Doch sie zog sie, wie die meisten anderen Orken auch, nie aus. Selbst im Schlaf nicht, selbst in der Schlafhütte nicht.
Als wären sie alle besessen von ihren Rüstungen. Sie lebten darin, wie Schalentiere in ihren Panzern. Unfähig, auf diesen Schutz zu verzichten.

Zkruazna hatte die Rüstung satt. Sie fühlte sich eingesperrt. Sie fühlte sich, als würde ihr die Luft zum Atmen genommen. Die ganzen Monate, seit sie bei den Kazla war, hatte sie die Starke gespielt, um nicht unterzugehen. Gerade sie hatte es schwer bei den Grünorken.
Sie war ein Weib. Und sie war schwarz. Sie hatte sich immer doppelt beweisen müssen, doppelt so stark sein müssen, wie alle anderen. Und sie hatte es weit gebracht, sie war Truch geworden. Für ein Weib eine herausragende Position.
Wenn sie ihr Leben vor ihren Augen Revue passieren ließ, wie sie es gerade tat, wurden all die Schmerzen, die sie für den Erfolg auf sich genommen hatte, wieder spürbar. Alte Wunden brachen auf, ihr Wundwasser sickerte wie eine ätzende Säure in ihr Inneres.
Klang der Schmerz ab, fühlte sie sich einsam und leer, sich selbst entfremdet.
Wer war sie geworden, durch all diese Schmerzen? Durch die Gier nach Freiheit und Macht?
Die ihr nicht zustanden.
Sie war ein harsches Weib geworden, garstig und kalt, das Fehler nie vergab und den Schwachen nur Verachtung entgegenbrachte. Keinen ließ sie an sich ran, hart zu Anderen und vor allem zu sich selbst. Als würde sie alles Weibliche an sich verleumden.
Manchmal, in der Nacht, wenn die Orken wie die Schatten friedlicher Felsen neben ihr lagen, wurde ihr klar, dass das alles nur Fassade war. All die Stärke eine Maske, eine Rolle. Und sie war zu feige, diese Maske abzulegen und sie selbst zu sein. Ein schwaches Weib, das verletzbar ist und eine Schulter zum anlehnen braucht.
Es gab keinen Weg, der zurückführte, in das alte Leben, das sie aus ihrer Kindheit kannte. Sie konnte nicht mehr das werden, was sie hätte werden sollen. Ihren ihr von der Natur und Cirgbus angestammten Platz einnehmen. Was würde sie für ein Leben ohne diese Last alles eintauschen. Ihren Stolz, ihre Autorität, ihre schmutzig-grüne Tunika.

Sie wälzte sich wieder herum und blickte in Zlarks Gesicht, das plötzlich ganz nah lag. Sie konnte es im Dunkeln nur schemenhaft erkennen. Die großen Hauer und die vor Schweiß glänzende Stirn. Die abgetragene, dunkle Rüstung, vor der sich die graue Margh Tunika hell abhob. Das spärliche Mondenlicht spiegelte sich in seinen dunklen Augen, die so schwermütig und glasig ins Leere blickten, dass sie für einen Augenblick dachte, er schliefe mit offenen Augen. Doch dann hob er den Kopf und ihre Blicke trafen sich. In seinen Augen lag Sanftmut und Einsamkeit. Wie er so dalag, erschien er ihr zart und verletzlich, wie auch sie sich zart und verletzlich fühlte. Nie hatte sie sich jemandem so nahe gefühlt.
Zlark bewegte seine Hand vor, langsam und unmerklich, wie unbewusst, vielleicht einen Finger breit. Plötzlich zuckte er zusammen, zog sie zurück, schloss die Augen und drehte sich geräuschvoll von ihr weg. Der Augenblick war verloren.
Auch Zkruazna wandte sich ab.

Eigentlich, so dachte sie sich, waren ja in der Nacht alle Orken schwarz.

Mit diesem tröstlichen Gedanken schlief sie schließlich ein und spürte erst am nächsten Morgen die blauen Flecke und Einschnitte, die die metallenen Schnallen und spröden Nähte der Rüstung ihr in der Nacht zugefügt hatten.


Anmerkungen für Ungelehrte:

Kazla: Stamm der Orken auf Siebenwind
Truch: Jungkriegerkaste der Kazla, deren Zeichen die dunkelgrüne Tunika ist
Cirgbus: Orkischer Gott der Magie
Margh: Oberkriegerkaste der Kazla, deren Zeichen die graue Tunika ist


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