Sah Liebste.

Dein Liebster ist zurück und wird wieder seinen Platz an Deiner Seite einnehmen. Für mich wird es Zeit zu gehen. Noch Heute werde ich Dich und Falkensee verlassen. Diese Zeilen schreibe ich, weil Du von dem singenden Licht erfahren sollst.

Wie wir vermutet haben, leben die singenden Lichter in einer anderen Sphäre und als sich ein Riß in den Sphären vor ihm auftat, war es Neugier, die es hindurchtrieb. Doch der Riß schloß sich, bevor es zurückkehren konnte.

Niemand den ich fragte wusste was das singende Licht ist oder wo es herkommt und das wundert mich auch nicht mehr ja, ich bin sogar froh darüber, soweit es die Menschen betrifft. Denn die singenden Lichter sind die ersten Fey! Es sind diejenigen, die Lothorien niemals verlassen haben. Sie sind viele und doch sind ihre Gedanken eins, solange sie sich in Lothorien aufhalten. Die Musik die wir hörten, auf diese Weise wollte es seine Gedanken mit uns teilen, nur haben die Elfen auf Tare im Laufe der Jahrtausende diese Kunst vergessen. Am Schrein Tevras aber gelang es mir nach einer Weile, unsere Seelen verbanden sich, wir wurden eins. Ich kann nicht in Worte fassen, was ich fühlte. Es war wunderschön und überwältigend. Wissen, Weisheit und die Erinnerungen vieler Tausend Jahre drängten auf mich ein und wirbelten in meinem Kopf durcheinander. Ich konnte diese Flut nicht ordnen. Doch ich war nicht mehr allein. Zusammen gelang es uns und wir führten uns durch die Erinnerungen.

Es war ein Ritual der Diener Angamons, genauer gesagt eine falsch gezeichnete Rune eines Magisters zur Linken, der den Riß erzeugte. Neugier trieb uns hindurch, dann konnten wir nicht zurück und erkannten, dass wir nicht bleiben konnten. Eine Seele kann auf Dauer nur auf Tare verweilen, wenn sie einen Körper hat. Wir wussten nicht wie der Riß entstanden war, doch wir waren uns sicher, dass die Nachfahren der Elfen die Lothorien verlassen hatten gemeinsam in der Lage sein würden, ein Tor zu öffnen, auch wenn ihnen das vielleicht selbst nicht bewusst war.

Unsere Seelen trennten sich wieder, aus uns wurde ich. Doch ein Bruchteil des Wissens der singenden Lichter ruhte jetzt in meinem Geist. Darunter viele Dinge, die kein Sterbliches Wesen Tares wissen sollte. Die Macht die Menschen zu unterwerfen und sie zu ihrem eigenen Wohl zu beherrschen lag in meinen Händen. Aber erst musste ich dem singenden Licht helfen.

Ich ging in die Wälder, doch obwohl unsere Brüder dort von meinem Versuch wussten das singende Licht nach Hause zu bringen, versteckten sie sich vor mir. Sie wollten nicht helfen.

Ich ging in die Auen. Ich bat einen jungen Auenelfen um hilfe. Ich erklärte ihm, dass es wirklich wichtig wäre. Doch er ging lieber mit Dir fort um sich zu vergnügen. Ich hinterließ eine Nachricht am Brett doch niemand kam. Sie wollten nicht helfen.

Hier in unserem Viertel, hatte ich schon längst eine Nachricht ausgehangen, einigen hatte ich vom singenden Licht berichtet, anderen wurde es gewiß weitererzählt. Voller Hoffnung blickte ich dann Heute in den Garten, aber auch die Hochelfen wollten nicht helfen. Nichteinmal Du.

Ausgerechnet ER war der einzige der bereit war mir zu helfen. Aber ich konnte nicht warten. Schon Morgen würde das singende Licht für immer verstummen, schon Morgen würde die uralte Seele eines Fey vergehen.

Ich überlegte IHN fortzuschicken, denn ER war so geeignet mir zu helfen, wie ÖL zum löschen eines Feuers. Aber ganz allein hatte ich bereits versagt. Wir gingen zu der Pracht des schwarzen Samens und ich weckte das singende Licht. Ich spührte sein Misstrauen, seine Abneigung gegenüber IHM und der Teil von mir, den ich erst vor kurzem entdeckt hatte, konnte das nur allzugut verstehen.

Ich forderte IHN auf Musik zu machen, damit das singende Licht Vertrauen fast und es funktionierte. So war es nicht der Gesang der Elfen der die Kräfte der Elemente wachrief, sondern SEINE Flöterei. Doch obwohl es IHM gelang den Gesang des singenden Lichts zu begleiten, waren die Gräben zwischen den beiden zu tief, die Gegensätze zu groß, es konnte nicht gelingen. Also webte ich ein einfaches, aber starkes Band zwischen ihnen und schickte die Musik auf die Reise nach Lothorien. Die anderen singenden Lichter hörten unseren Ruf und öffneten einen Riß.

ER hörte nur die Begrüßung. Ich aber gab zurück, was ich nicht wissen durfte. Wie man Erinnerungen abgeben kann, vermag ich Dir jetzt nicht mehr zu erklären, denn auch das wollte ich vergessen. Doch bevor das singende Licht dann verschwand, berührte es meine Seele erneut und ließ all das zurück, was ich Dir hier berichte. Von all dem ist eines ganz besonders wichtig. Die in Lothorien zurückgebliebenen Fey wachen über uns und in der Stunde höchster Not, werden sie uns beistehen.

Ich ließ IHN zurück. Wir beide hatten nachzudenken. Es war mir nicht gelungen das Vertrauen meines eigenen Volkes zu gewinnen. Nicht ein Elf wollte mir helfen. Im Moment übertönt der Missklang dieser einfachen Erkenntnis sogar den des Ostens. Es ist zuviel, ich kann nicht bleiben.

Lilia

Geduldig wartet der Brief auf einem Bett im Elfenviertel von Falkensee auf die "Liebste". Die Elfe die ihn geschrieben hat wandert eine Weile über die Insel. Ihrem gang fehlt die Anmut ihres Volkes, ihr Blick ist leer. Als sie einen abgeschiedenen Ort erreicht sinkt sie zu Boden. Sie schließt die Augen, ihre Atmung wird langsamer und bald versinkt sie in Finsternis.
Den Brief indes, der so geduldig gewartet hat, erfasst ein Windhauch, trägt ihn durch die Gänge und legt ihn liebevoll in den munter flackernden Flammen einer kürzlich entfachten Kohlepfanne ab. Mit einem freundlichen Knistern bedankt sich Ignis bei Ventus für das Geschenk und verzehrt es zügig.