Sie blinzelte. Dämmriges Kerzenlicht offenbahrte ihr einen größeren Raum mit hohen Wänden und in jene eingelassenen Stützpfeilern. Die Decke nicht auszumachen; war in Finsterniss gehüllt. Der Stein war dunkel, schimmerte in einem beunruhigend, unangenehmen rötlichen Ton. Schemenhafte Gestalten mit ausdruckslosen Gesichtern die in den Schatten des Saales rings um sie herum saßen, wie in einem Lehrsaal, einige Schritt von ihr entfernt. Heißes Kerzenwachs tropfte auf den steinernen Boden, während die kleinen Flammen um den Docht züngelten und sich nur auf die Mitte des Raumes beschränkten um diesen zu erhellen. Es roch nach Moder, abgestandenem Blut mit einem Quäntchen Verwesung der sich einem unweigerlich in die Geruchszellen bohrte. Schmerzhaftes Stöhnen kam ihr über die Lippen, als das schwummrige, betäubende Gefühl in ihrem Kopf nachlies. Die frischen Wunden, durch unbarmherzige zugefügte Peitschenhiebe, brannten wie Feuer auf der Haut und reizten jeden Nerv ihres Rückens, unter dem sich das immer wieder austretende Blut in einer schmierigen kleinen Lache sammelte. Nur langsam wurde sie sich bewusst, wo sie sich befand. Ihr Körper war gänzlich unbedeckt - kalter, nackter Stein - eine Art kruder Altar auf dem sie sich, die weibliche Statur völlig verdreht, befand. Ihre Haut war ungewöhnlich blass und zeichnete sich umso deutlicher auf dem dunklen Podest ab - gepaart mit den geschlagenen, dunkelroten Striemen bot sie einen seltsam ansehnlichen und doch abartigen Anblick. Sie zitterte am ganzen Leib vor Aufregung und Angst. Doch die Gliedmaßen reagierten nicht. Arme und Beine rührten sich keinen fingerbreit von der Stelle, wie erstarrt. Lediglich den Kopf konnte sie drehen um die Umgebung zu Erfassen. Alle anderen Sinne waren vorhanden. Sie hörte das leise, ruhige Atmen der Gestalten, manchesmal durchbrochen von einem Zischeln. Sie roch den Kupferduft, den das eingetrocknete Blut derer, die schon vor ihr hier lagen, hinterlies. Sie spürte den Schmerz und fühlte die Scham und Demütigung der sie ausgeliefert war. Die teils gierigen und kalten Blicke, die auf kein Mitleid oder Erbarmen hoffen liesen.
"Essssss.. isssst ssssoweiiitssss...."
Das Zischeln drang unangenehm in ihr Ohr und sie drehte den Kopf in dessen Richtung. Der große Kopf eines Sammlers kam ihr in's Blickfeld. Sein Körper wand sich im sandbedeckten Boden und die Schuppen seiner Haut glänzten im Lichtschein, als er sich näher heran bewegte. Sie erschauderte. Die aufkeimende Angst wand und zerrte an ihrem Bewusstsein, lies ihren Puls höher schlagen und verfluchte sich selbst, dass die Gliedmaßen nicht so reagierten, wie sie es wollte. Immer wieder schnellte die schwarze, gespaltene Zunge der zu groß geratenen Schlange aus dem, zu einem grotesken Lächeln geformten Reptilienmund und entblöste eine Unzahl an spitzen, dicht an dicht gereihten weißen Zähnen. In seinen langgliedrigen, krallenbewährten Klauen des rechten Armes hielt er einen stählernen Dolch, dessen Griff mit seltsamen Ornamenten verziert war. Erst jetzt sah sie an sich selbst entlang. Die Handgelenkte waren umfasst von eisernen Ketten, die ihren unbeweglichen Körper noch zusätzlich an Ort und Stelle hielten. Die Haut war dort rötlich aufgerauht und von blau-violetten Blutergüssen bedeckt, die sich über die Arme hinauf, Hals und Oberkörper erstreckten. Soweit sie es in ihrer liegenden Lage erfassen konnte, wölbte sich ihr Bauch auch ungewohnt, war angespannt wie eine prall gefüllte Melone. Sie spürte, wie sich etwas in ihr regte. Etwas, das nicht zu ihr gehörte. Viele Gedanken schossen ihr durch den Kopf, Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn und der Schrecken stand ihr förmlich in das Gesicht geschrieben. Der Sammler rückte so nah heran, dass sie die nur die Hand ausstrecken müsste, um ihn zu berühren.. Dieser hob den Dolch an, an dessen Spitze sich das Licht für einen Herzschlag lang aus ihrer Sicht brach und senkte sie auf ihren gefüllten Leib herab. "Bitte.. bitte nicht!" Was blieb war Blut.. Blut und Schreie..
Sie schreckte auf, schweißgebadet und sah mit rasendem Herzen hektisch, orientierend von links nach rechts. Die Hände tasteten hastig über ihren Körper, und erst als sich die Augen wieder an die spärlich beleuchtete Umgebung des Kerkers gewöhnt hatten, beruhigte sie sich annähernd wieder. Doch als sie die ihr mittlerweile wohl bekannte, berobte Gestalt hinter den Zellengittern sah, die sie anstarrte.. lüstern.. begierig.. Ein süffisantes Lächeln auf den Lippen trug.. Wusste sie, was er mit seinen Worten tag's zuvor meinte. Er kam näher. Und sie sah, dass er nicht alleine war..
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