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 Betreff des Beitrags: Die Verbrennung des heiligen Markus
BeitragVerfasst: 6.01.11, 20:43 
Edelbürger
Edelbürger
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Registriert: 12.06.02, 19:27
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Die Handvoll eiskalten Schnee, die gerade in seinen Magen wanderte, verdrängte das dumpfe Hungergefühl, an das er sich seit drei Monaten längst gewöhnt hatte. Seit Monaten nährte er sich nur einmal in der Woche an den Überresten der Armentafel im Tempel Vitamas, stets nur die letzten Krümmel annehmen, die ihm die Geweihten voller Mitleid aushändigten. Er glaubte nicht, dass einer von ihnen ihn wiedererkannt hatte, als den Vorsteher der hiesigen renommierten Magierschule, denn seine Haut war blass und fahl geworden, die Lippen spröde und blutleer. Sein Haar war deutlich ausgedünnt durch die Strapazen der letzten Monate, seine Wangen eingefallen und der Hunger hatte ihn in einen Mann verwandelt, der sich im Spiegel nicht mehr selbst erkannte. Vor drei Wochen hatten seine Zähne, die seit längerem bedenklich locker im Mund zu sitzen schienen, sodass er seine Gebete nurnoch gedämpft sprach, in der Furcht sie würden ihm aus dem Mund springen, ausgefallen - mit schwarzen Wurzeln. Die Kleider waren abgerissen, seine Fußballen längst vernarbt und fingerdick verhärtet, sodass er inzwischen auf Glas wandern konnte. Seine Hände waren rissig, lauter kleine blutende Wunden, die nie wirklich heilen wollten, lies er sich doch keine Zeit Ruhe.

Vor drei Monaten hatte Markus entschlossen, sich in die Meditation zu begeben, auf eine Reise der geistigen Reinigung zu gehen. Heute war er ein zahnloser Bettler kurz vor dem Hungertod in diesem harten Morsan, hinter dessen abgestumpften Augen der wache Verstand eines der begnadetsten Weißmagiers dieses Generation tickte, immernoch wach, immernoch messerscharf. Die Ablenkung vom Weltlichen hatte seinen Geist nur geschärft, hatte ihn zu hell leuchtenden Erkenntnissen geführt, die er nach dem Dunkeltief seinen Kollegen mitteilen wollte. Die Strapazen und Selbstgeißelung hatten ihn gereinigt, sodass seine Seele, versteckt unter dem Anlitz eines Hungerleidende, hell und strahlen war, den Vieren so nah, wie nie zuvor. Die Welt der Magie, früher ein Tobendes Chaos, dem er seinen Willen aufzwingen musste, ein Sturm mit dem er focht, stolz und sturr, war zu einer ruhigen und reglosen Seeoberfläche geworden, in die er mit vollkommener Leichtigkeit einen Finger strecken konnte, um wahres Wunderwerk zu vollbringen. Schloß er die Augen, schien das Glühen seiner Seele warm und einladend die Dunkelheit seines Egos zu erfüllen, ein wärmendes Leuchen, dass ihn tief an den Grund sehen lies, wo er reine Göttlichkeit erkannte, das göttliche Wesen der Viereinigkeit.

Er hatte sich auf diese Reise begeben, um sich für das Dunkeltief zu wappnen, doch war er weiter auf dem Weg der wahrhaft Heiligen geschritten, als er es je vorgehabt hatte. Markus war nun erleuchtet vom Licht der Viergöttlichkeit, doch war dies ein Schein, den er nur selbst erkennen konnte, während die schmutzen Schichten seiner Haut, die Lagen abgerissener Kleider und der Dreck der Straße dieses Licht für jedermann sonst bis zur Unkenntlichkeit verwischten. Am ersten Tag des Dunkeltiefs fühlte er die Verwirrung in der Magie, das Anbrausen dämonischer Mächte gegen die Mauern dieser Sphäre, deren Pfeiler sie umstürzen wollten, doch sein eigene Gewalt über die Magie blieb unberührt, ungeregt durch das tobende Chaos der dunklen Tage. Markus konnte mit Leichtigkeit wirken, was all den anderen Magiern versagt blieb und während der folgenden Tage sollte er seine Fertigkeiten zum Schutz der Stadt nutzen, viele Leben und Seelen vor der Dunkelheit rettend.

Nach dem Dunkeltief wurde Markus auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Jedermann wusste doch, dass zur dunklen Zeit nur Schwarzmagier in der Lage waren, magische Tore zu öffnen oder die Dunkelheit mit ihrem Blick zu durchdringen. Jeder andere Magier war doch nicht in der Lage, solcherlei Werk zu vollbringen, so sehr wütete der Sturm dämonischer Magie über das Land. Es war für jedermann eindeutig bewiesen, dass Markus ein Schwarzmagier sein musste und keiner zweifelte das Urteil an.

Vielleicht war es der Neid seiner ehemaligen Kollegen, die selbst unfähig waren, so sehr im Wesen der Viere und der Magie zu wandeln, als dass auch das Dunkeltief ihnen nichts anhaben konnte?
Vielleicht... wahrscheinlich aber nicht.


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