Was blieb würden blasser werdende Erinnerungen sein. Freud und Leid. Lachen und Weinen. Freunde..? Vielleicht. Lana und Sesha.. Die einzige Familie, die sie noch hatte. Ihre Tochter sicher zu wissen, der mittlerweile hauptsächlich ihr Dasein galt, war auch ein wichtiger Aspekt in ihrer Entscheidung. Sie konnte nicht länger nur allein für sie da sein und gleichzeitig dafür Sorge tragen ein Dach über den Kopf und genügend Essen im Haus zu haben. Nie hatte sie es sich so schwer vorgestellt, auch nie daran gedacht überhaupt einmal Kinder zu haben und doch .. Um nichts in der Welt würde sie diese Erfahrung mehr hergeben wollen. Wenn sie Lana ansah, sah sie auch einen großen Teil von ihm. Es war beruhigend, tröstend und doch eine andauernde, schmerzliche Erinnerung. Soviel Leere hatte er dagelassen..
Sie wusste auch, dass sie ihren Weg verloren hatte. Sie war weich geworden. Aber die Gram und Scham darüber war viel geringer als die Freuden die sie dafür erlebt hatte. Ob sich das ändern würde, wenn sie zurück war in Rothenbucht? Was wohl aus ihren alten Freunden und Wegbegleitern, vor allem aus Flynn, geworden war.. Der, zu dem sie immer aufgesehen hatte und bedingungslos Folge leistete. Ihr Lehrmeister und langjähriger Weggefährte in jeglicher Lage.
Und so viele Bilder flirrten ihr in dieser Nacht durch den Kopf.
Die Felastürmer mit ihren gelben Sonnen auf den Tuniken, das Lehensbanner und der dazu gehörige strenge Ausbilder Lucius Gropp in damaliger Zeit.. Die Malthuster Armee und die dortigen vielen Erlebnisse.
Der erste Kuss.. das erste offene Gestehen von Gefühlen, die Geburt ihrer Tochter und das Besiegeln dieses Beisammenseins durch einen Bund.
Emanuel..Die oftmals schrille Erin; Ansgar, der es ebenso nicht leicht zu haben schien.. Felis, der breit grinsende David und die gestrenge Katharina. Ihr einstiger Peiniger; Arthur wie er ihr entgegen lachte. Quendan mit seiner amüsanten aber anstrengenden Art, Adalric als sein Schüler.. Berethon, der ihr trotz seiner Geizigkeit zur Seite stand. Der ständig hin und her gerissene Beak, der längst verschollene weißhaarige Siegfried und Marie Taluard, mit der sie gern noch mehr Zeit verbracht hätte.
Und zu guter Letzt Kilian - diese furchtbar dreckige Mauer..
Das alles und noch viel mehr schoss ihr in dem Augenblick durch den Kopf, als sie den Fuß auf das Schiff setzte . Ein Blick zurück? Sie wagte es nicht. Das Herz lag ihr schwer wie Blei im Brustkorb. War es das wert, zu.. putzen?
Wenn ich eines gelernt habe im Leben, dann dies:
Es gibt ihn nicht, den ›richtigen Moment‹.
Für absolut Nichts.
Niemals.
Wir halten viel zu stur daran fest, auf ihn zu warten.
Ewig, wenn es sein muß. Sogar dann, wenn es nicht sein muß.
Und wenn's ganz dumm kommt, kommt Galtor.
Und beendet die Warterei.
Ohne zu warten.