Seit Tagen durchforstete der atypische Jäger die Wälder und Ebenen der Insel. Die Aufgabe, anfangs aus Pflichtbewusstsein und Loyalität als selbstverständlich angenommen, begann sein Interesse zu erwecken. Sein Jagdtrieb war entfacht.
Wenigstens ein Trieb, den ich auslebe.Doch es war wie verhext - die gesuchte Beute war einfach nicht auszumachen. Er hätte einen erfahrenen Jäger hinzuziehen können, aber Menschenmaterial, das gewissenhaft Aufgaben erfüllte, ohne Fragen zu stellen, wurde rar letzthin. Letztendlich wusste er, auf wen er sich verlassen konnte, wenn seine Brüder einmal mit anderen Aufgaben betraut und daher nicht zur Stelle waren.
Auf mich. Nur auf mich.Beharrlich setzt er also seine Pirsch fort. Schließlich ändert er seine Strategie und verlagert die Jagd vom Tag in die Zyklen der Dunkelheit. Und - er hätte es vorher wissen können - brachte ihm schließlich endlich den erwünschten Erfolg.

Gewaltig, wie er sich im Mondschein silbern plötzlich aus dem Schatten des Waldes löste und auf die Wiese trat.
Eine imposante Erscheinung, jah. Aber du hast hier eine Aufgabe zu erfüllen, Khetai!Die gütigen, intelligenten Augen des riesigen Hirschen erfassten den schwer gerüsteten Krieger, der sich dort näherte. Noch war die Klinge nicht gezogen, das Tier vielleicht nicht ahnungslos, aber doch zu erhaben, als daß es die Gefahr ahnte, in der es sich befand. Wer würde IHN schon angreifen?
Der Mondschein, der das Fell des Ältesten der Silberhirsche zum Glänzen brachte, spiegelte sich auf der Klinge wieder, die mit einem metallischen Surren aus der Scheide gezogen wird. Ein, zwei Schritte und der Jäger steht neben seiner erkorenen Beute, die Klinge dringt tief ins Fell ein.
Laut röhrt der Hirsch auf, panisch und wütend zugleich. Der Klang des Rufes verhallt in der Ebene entlang des Ufers zwischen Vänskap und dem Elementarkloster, doch es kommt keine Hilfe. Keine Armee von Naturgeistern, von denen der Jäger unlängst nachts in einem wirren Traum geträumt hatte. Stattdessen kalter Stahl, der wieder auf das Tier niederfällt. Die Wut des Ältesten entbrennt. Das silbrige Geweih stößt er brachial und mit schnellen Drehbewegungen auf das Menschlein nieder.
Doch der Jäger ist gewappnet. Der Schild wird wieder und wieder in Stellung gebracht, viel Beinarbeit erspart ihm ernste Verletzungen. Das harte Training der letzten Monde zahlte sich langsam aus. Es würde zwar noch etwas dauern, bis aus einem scheinbar behäbigen Händler die Kampfmaschine geworden ist, die so funktioniert, wie er es sich wünschte, aber er war auf einem guten Weg.
Dieser Gegner hier war hart, aber klar benachteiligt im Vergleich zum Wolf, den er vor kurzem erlegt hatte. Er war und blieb ein Hirsch, und mit Hirschen war er noch immer gut klar gekommen.
Brah. Wenn ich nur dran denke... Sie könnt ich auch mal wieder besuchen.Die langen, dünnen Beine werden dem Ältesten der Silberhirsche schließlich zum Verhängnis. Zwei wuchtig geschmetterte Hiebe mit der noch immer scharfen Klinge und die Vorderbeine knicken mit einem knirschenden Knacksen ein. Drei weitere Schläge, diesmal mit mehr Ruhe dahinter, gehen schwungvoll hernieder und bringen die Sache zu Ende.
Triumphierend ein letzter, wütender Schlag, mit dem er das Geweih abtrennt.

Schnaufend wendet er sich dann ab und stapft rasselnd und etwas scheppernd zurück zu seinem Pferd. Zurück bleibt ein blutig fleischiger Haufen zerschnittenen und nicht weiter beachteten silbrigen Fells.
Waidmannsheil!