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 Betreff des Beitrags: Vom Samen bis zur Blüte
BeitragVerfasst: 15.08.11, 14:55 
Einsiedler
Einsiedler

Registriert: 18.07.10, 00:39
Beiträge: 4
Die Nacht bricht über Venturia herein und dicker Regen schluckt die meisten Geräusche. Kaum jemand trotz diesem Wetter, doch etwas ist dort. Auf den ersten Blick sieht es aus als hätte jemand ein paar alte Lumpen in eine Gasse geworden. Doch Lumpen sollten keine Geräusche von sich geben. Und Lumpen zittern für gewöhnlich auch nicht. Neugier treibt eine schlanke Gestalt in die Gasse, was mag sich wohl unter den Lumpen verbergen?
Die Tiere der Stadt mögen an Menschen gewöhnt sein, doch kaum eines fühlt sich in ihrer Gegenwart wohl. Die Gestalt tut also gut daran sich nur langsam den zitternden Lumpen zu nähern. Schließlich zieht eine schlanke Hand die Lumpen langsam beiseite ... alle Weisheit Tares schützt das Herz nicht vor dem Anblick eines halb verhungerten Kindes, gehüllt in Lumpen die man vielerorts nichteinmal als Sack benutzen würde.
Doch wohlgenährt und gehüllt in warme Kleidung vertreibt Mitleid rasch das Grauen und ehe ein weiterer Tropfen das Kind erreichen kann wird es emporgehoben und findet Schutz unter einem weiten Mantel. Die Gestalt lässt sich an Ort und Stelle nieder und nimmt das Kind in seine Arme. Geschützt vor Xans Fluten und gewärmt durch den fremden Körper kehrt nach und nach Leben in das kleine Geschöpf zurück. Doch kaum wird es der leisen Melodie bewusst die an seine Ohren dringt, fällt es auch schon in einen erholsamen Schlaf.
Wenige Stunden später erwacht das Kind in den wärmenden Armen einer jungen Frau die lächelnd auf es herabblickt. Der Instinkt sagt dem Kind, lauf weg! Doch hier ist es warm und schön.

"Du musst Hunger haben."

Wie aus dem nichts erscheint eine schlanke Hand vor dem Gesicht des Kindes und hält etwas, dass wie ein Bröchen aussieht. Das Kind weiß, es sollte misstrauisch sein, doch der Hunger siegt und die Fingerchen stürzen sich gierig auf die unerwartete Gabe. Es ist eindeutig ein Brötchen, aber irgendwie auch nicht. Es schmeckt süß, ein wenig nach honig und es ist nicht hart, aber auch nicht weich. So, so denkt das Kind, sollten alle Brötchen schmecken. Die eine Hälfte schon verzehrt, den Mund noch vollgestopft, bringt es nur mühsam ein einzelnes Wort hervor.

"Danke."

Aus tiefstem Herzen lächelt die junge Frau als die Stimme des Kindes erklingt. Leise summt sie eine Melodie und beobachtet das Kind beim Essen, als gäbe es nichts schöneres auf der Welt. Auch das leckerste Brötchen Tares muss einmal aufgegessen sein und so fragt das Kind.

"Wer bist Du?"

"Ich wurde vor mehr als 6 Generationen geboren, also mach es Dir bequem und nimm Dir noch ein Brötchen aus meinem Mantel, gleich hier neben deinem rechten Knie. Denn es wird etwas dauern, Dir diese Frage zu beantworten.
Aufgewachsen bin ich in dem Dorf Eckweiler. Das liegt viele Tagesreisen von hier entfernt, im Osten. Die Menschen dort haben sich um mich gekümmert, sie waren sehr freundlich. Ihnen war klar, ich bin anders, aber das hat sie nicht gestört. Die meisten sind Bauern und so schien es nur natürlich, dass sie mich in diesem Handwerk unterweisen. Man mag es als einfache Arbeit bezeichnen, aber es hat etwas beruhigendes und es hat mir von Anfang an gefallen Dinge wachsen zu sehen. Als ich größer wurde bauten mir die Männer des Dorfes eine eigene Hütte. Nach wenigen Jahren hatte ich alles gelernt und eine Generation später half ich den Kindern das sähen, pflegen und ernten beizubringen.
Jahr für Jahr lehrte ich die Kinder, bildete sie mit aus, schloß mit ihnen Freundschaft wenn sie groß waren und trauerte um sie als ihr Ende gekommen war. Mit der Zeit wurde mir bewusst, wie anders ich doch bin. Doch ich war nicht bereit das Dorf zu verlassen. Also bat ich reisende Händler darum meinen Brüdern und Schwestern von mir zu erzählen. Viele Jahre wartete ich vergeblich. Doch schließlich kamen sie.
Krieger, Magier, Geweihte, Händler, Jäger, Handwerker ... sogar einmal ein Dieb, glaube ich zumindest. Fast in jedem Jahr besuchten sie mich, entweder allein oder zu zweit. Sie lehrten mich die Geschichte meines Volkes, unterwiesen mich im Umgang mit der Magie und viele von ihnen fragten mich, ob ich nicht mitkommen wolle. Doch sie alle fragten nur einmal und nahmen es mir nicht übel, dass ich Nein sagte. Eine Generation ging es so, ehe der Strom der Besucher allmählich abriß. Einige von ihnen kamen wieder, doch manchmal vergingen Jahre. Aber das war gar nicht schlimm. Erfüllt von ihrer Weisheit verbrachte ich Monate damit nachzudenken, bis ich schließlich verstand wieviel passiert, bis aus einem Samen eine Ähre, aus einer Blüte ein Baum oder aus zwei jungen Menschen ein dritter wird, der die Beiden zu Grabe trägt.
Das Leben lässt sich jedoch immerzu auf die Erde zurückführen, denn die Erde nährt uns. Ich erkannte schließlich, dass mein Weg mich tief hinein führen wird, in die Geheimnisse der Erde, des Steins und des Lebens. All das gehört zusammen und regiert Tare zusammen mit Feuer, Wasser und Luft ... beeinflusst Tare viel mehr als irgendein König das je könnte. Ich fing an mir des Lebens um mich herum, des Bodens und sogar der Berge mehr und mehr bewusst zu werden und verbrachte Jahrzehnte damit all das zu beobachten, mit ihm auf die eine oder andere Weise in Verbindung zu treten. Je mehr ich lernte, desto mehr erkannte ich wieviel mir noch verschlossen war und dieser Gedanke führte schließlich zu der Entscheidung aufzubrechen.
Ich glaube ich bin ziemlich langsam vorangekommen, aber ich hatte es auch nicht eilig. Der Weg hierher bot so vieles zu entdecken. Die Gaben meines Volkes halfen mir den Weg sicher zu finden. Bei Tagesanbruch waren stets alle schrammen verschwunden, hatte ich Hunger, musste ich nur etwas geduldig sein und konnte fast zusehen, wie Pilze wuchsen oder Bäume Früchte trugen und nicht einmal bin ich vom Weg abgekommen.
Und schließlich stolperte ich in diese Stadt und über Dich."

Geduldig hatte das Kind der Geschichte gelauscht, doch kaum schweigt die junge Frau kann es eine Frage nicht zurückhalten.

"Wer bist Du?"

Ein verständnisvolles Lächeln blickt zu dem Kind herab und die junge Frau erhebt sich.

"Ich bin Lilia."

"Und was jetzt?"

Das Kind im Arm haltend verlässt Lilia die Gasse und wandert langsam durch die Straßen der Stadt.

"Lass uns einen letzten Blick auf die Stadt werfen, denn Morgen werden wir beide nicht mehr hier sein."

"Und wo werden wir sein?"

"Ich werde auf dem Weg nach Siebenwind sein und Du wirst in Morsans Hallen erwachen."


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