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 Betreff des Beitrags: Gute alte Zeit
BeitragVerfasst: 20.08.11, 00:56 
Festlandbewohner
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Bastean sah an dem großen marmornen Turm hinauf und verschränkte die Arme. Wann immer er hier ankam, dachte er an die alten Zeiten zurück, als er in Südfall gelernt und gelehrt hatte, und er fragte sich, wieso ihm alles so anders schien. War es, weil er nicht mehr involviert war in das, was hier geschah, oder war es, weil es wirklich anders geworden war?

Heutzutage war eine Autorität niemals weit. Das war eigentlich keine gute Sache. Damals, zu einer Zeit, als Kida einmal im Mond an der Akademie weilte, als die Elementaren gleichsam nicht vorhanden waren und der weiße Pfad ebenso wie der graue von Leuten geführt wurde, die man niemals sah, da ließ man sie gewähren. Ein Gleichrangiger beklagte sich nicht über die Machenschaften seiner Kollegen, und so hatten Solos und Garreth und all diese Leute mit Moralvorstellungen und Idealen ihm nicht in die Karten gepfuscht. Damals hatte sich niemand dafür interessiert, wenn er seine Schülerin im Bad in den Katakomben nahezu ertränkt hatte, um sie dem idealen Trancezustand für den Konsum seiner neuesten experimentellen Mixturen näher zu bringen; niemand hatte sich über den Frauenhändler beklagt, den er an den hölzernen Boden im Bestiarium genagelt hatte; niemand hatte nachgefragt, als er tausende von Dukaten für neu entdeckte Mittel beschaffte, um Gefangene, Feinde und Schüler gefügig zu machen. Was waren das für ergiebige Möglichkeiten gewesen, um zu forschen und zu lehren, als sich niemand darum scherte oder zumindest niemand etwas zu sagen wagte, wenn das Wasser im Bad rosafarben war, wenn die Tür zu seinem Büro in Splittern über den Gang verteilt war oder die Novizen im Schlafsaal sich am nächsten Morgen bei den Primi der Garde über das Schmerzensgeschrei die ganze Nacht hindurch beschwerten.

Seine Arroganz und seine Ruhmsucht hatten ihn danach streben lassen, die höchsten Ämter frei zu machen und dort Leute einzusetzen, die tatsächlich etwas bewerkstelligen konnten. Er hatte damals vor allem an sich selbst und vielleicht an Toran gedacht, ohne zu kalkulieren, dass eine anwesende Autorität schneller auf idealistische Abwege kommen konnte als es ihm lieb war. Und nun musste er sich ansehen, wie sich Solos und Tiberias wie ein Frosch die Backen aufbliesen und durch die Gänge der Akademie schwebten. In diesem Umfeld war an ernstzunehmende Forschung sowieso nicht zu denken.

Aber vielleicht war das auch garnicht schlecht. Er war ohnehin etwas enttäuscht; unter den Schülern war ihm nicht ein einziger aufgefallen, der seine Neugier, sein Interesse oder wenigstens seine Spiellust geweckt hätte. Es mochte ihm nur so vorkommen, aber waren seine Schüler damals nicht maßgeblich interessanter und gebildeter gewesen? Oder mussten sie sich in Anbetracht der durch die Gänge schwebenden Autoritäten vielleicht einfach dumm stellen?

Er seufzte und dachte, dass das, was er empfand, wohl nichts anderes als Nostalgie und Weltschmerz waren. Zeiten ändern sich. Aber früher war es doch besser gewesen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Gute alte Zeit
BeitragVerfasst: 28.08.11, 00:11 
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Bastean war ganz übel, als er sich auf das weiche Bett sacken ließ und die Stuckdecke anstarrte. Sich für eine dahergelaufene, selbstherrliche Weißmagierin einzusetzen, die nicht hübsch, nicht intelligent, nicht interessant und nicht einmal besonders fähig war, das war wirklich nicht sein Fall. Aber sie war die bessere Alternative zu Solos, und da war eine Flucht aus Seeberg, eine Lösung von der Akademie oder am Ende schon wieder eine Spaltung der Akademie überhaupt keine adäquate Lösung.

Er hätte sie am liebsten am Kragen gepackt und ihr Vernunft eingeprügelt, aber im letzten Moment war ihm eingefallen, dass diese Seuche durch Hautkontakt ansteckte. Und das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen. Trotzdem hätte er sie für ihre Unvernunft ohrfeigen können. Sie war doch nur ein Mensch, was jammerte sie ständig über Stolz und Würde! Dass sie nicht einsah, dass auch sie nicht perfekt war, wurmte ihn am meisten. Wie könnte man jemanden gegen eine Referenz von Weißmagier wie Solos aufbauen, der nicht einmal die grundlegendsten Regeln der Diplomatie beherrschte?

Zufrieden war er nur mit dem Gespräch mit Galthana. Er hatte sie störrischer in Erinnerung, als sie gewesen war. Erstaunlich kompromissbereit, und verblüffend offen für Gegenvorschläge zu ihrem wahnwitzigen Einfall, eine Magistra in ihrem eigenen Lehen vogelfrei zu sprechen. So wenig ihm die Nähe zu den Rittern gefiel, so sehr musste er zugeben, dass man mit ihnen leben konnte, wenn man sich nicht allzu blöd dranstellte.

Und Solos? Sie war eine der großen Unbekannten in der Rechnung. Laylira war eindeutig ihre Schülerin, man hatte das Gefühl, dass man bei einem Bild eines schlechten Malers keine Chance hätte, Solos und Laylira überhaupt zu unterscheiden. Es war zu befürchten, dass Solos ihr eine Lektion erteilen wollen würde, und dass das seinen Hoffnungen auf einen Wechsel an der Spitze des weißen Pfades einen langen Winter bescheren könnte. Andererseits konnte er sich nicht erinnern, Solos jemals dabei erlebt zu haben, ihre eigenen Zöglinge zu beschädigen. Aber mittlerweile war sie adelig, und ohnehin war dieser machtsüchtigen Hexe eigentlich alles zuzutrauen.

Als er darüber nachdachte, wer eigentlich noch auf der Rechnung erscheinen könnte, kam ihm zum ersten Mal in den Sinn, dass Tiberias doch zu etwas nütze sein könnte. Er suhlte sich ganz schön in seinem Amt als Turmleiter, aber müsste er nicht eingreifen, um zu beweisen, dass er in diesem Amt überhaupt etwas verloren hatte? Und Bastean war sich sicher, dass Tiberias genug Fäden in der Hand hätte, um alle Glocken Siebenwinds leuten zu lassen, sollte er nötig sein.


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 Betreff des Beitrags: Re: Gute alte Zeit
BeitragVerfasst: 29.08.11, 01:10 
Festlandbewohner
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Neugierig brach er mit der Messerspitze das erste der merkwürdigen Echseneier auf. Die Kreatur darin war merkwürdig verformt und mickrig; er hätte niemals angenommen, dass so ein Wesen jemals zu einer solchen Kreatur auswachsen könnte, wie er sie heute in den Höhlen der Echsen gesehen hatte.

    Diese Novizia war keine Viola, aber welche hätte einen solchen Vergleich schon gewinnen können. Immerhin war sie so gut durch die Grundausbildung gekommen, dass sie einigermaßen stichfest war, wenn man ihr ein paar simple Fragen stellte. Sein neuer Erzmagier hatte ihn da sehr viel herber enttäuscht. Und sie hatte ein scharf umrissenes Interessengebiet, das seinen Willen weckte, sie voran zu bringen. Vielleicht könnte er aus ihr endlich eine Gegnerin in seinen Forschungen machen, um nicht mehr der einzige zu sein, der sich mit diesen Dingen beschäftigte.

Er schnitt das, was er für die Brust des unfertigen Wesens hielt, ein Stück auf und die kleine Kreatur zeigte eine kurze, widerstrebende Reaktion, war aber noch nicht groß genug, um sich ernsthaft zu wehren. Er sammelte etwas von dem wässrigen Blut in einer kleinen Phiole und betäubte das Wesen mit einem leisen Gesang zu einem tödlichen Schlaf. Schließlich ließ er die Überreste verschwinden und fragte sich, was er mit dem zweiten Ei machen sollte.

    Sie hatte etwas an sich, was ihm in merkwürdiger, guter Erinnerung war. Diese explosive Mischung aus scheinbarer Arroganz und eigentlicher Nüchternheit, aus eigentlicher Bescheidenheit und zur Schau getragener Selbstherrlichkeit, das kannte er irgendwoher, und obwohl er es nicht genau verorten konnte, ließ es ihn neugierig werden. Und sie sprach Auriel. Er war sich nicht so sicher, ob sie zu dem taugte, was er sich erhoffte. Aber selbst wenn nicht: er hatte schon viel schlechtere Schüler ausgebildet.

Es auszubrüten, war eine Idee. Die bessere Idee war vielleicht, es in einem Studienbehälter aufzuziehen, ungefährlich und doch für jeden anzuschauen. Ein großer Kasten aus stabilem Glas, gefüllt mir einer guten Nährlösung und dem zweiten der ungeborenen Echsenwesen - das musste doch eigentlich funktionieren. Im Labor war Platz, außer ihm arbeitete da doch sowieso niemand. Fieberhaft begann er einen Plan für das Behältnis zu entwerfen, rechnete den Nahrungsverbrauch auf, zeichnete die Anatomie des Wesens auf und die Bereiche, an denen er die Kreatur modifizieren müsste, um das Ausstellungsstück unschädlich zu machen. Vielleicht konnte er der Echse sogar eine primitive Sprache beibringen?


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