Zusammengerollt liegt die kleine weiße Katze auf den harten Dielen des Bodens. Kein Platz, den sich eine Katze aussuchen würde und trotzdem der Ort an dem sie liegt – neben ihm. Der schwarze Kater. Eine seiner Tatzen ruht auf ihrem Bein. Kein Schnurren. Nichts. Er liegt nur da. Nicht einmal die Ohren zucken. Seine Augen sind geschlossen. Dennoch ist gewiss – er schläft nicht.
Sie würde auch nicht schlafen, wenn sie er wäre.
Noch immer war sie am Leben.
Beweis genug. Genug für ihre Existenz, für ihre Bedeutung. Dafür, dass sie nicht nur irgendjemand war. Dafür, war zu viel geschehen. Dafür, hatte sie zu viel gesehen.
Ausnutzen? Nein, der Gedanke kam ihr nicht. Sie würde ihn benutzen, wie er sie. Sie würde um ihre Vorteile wissen, aber sie brauchte davon nicht Gebrauch zu machen. Das stand nicht im Bilde.
Und das Gefühl, das sie beschlich. Nein, es würde ihre Lippen nicht verlassen. Bedenken. Vorsicht. Immer. Wie sollte sie auch seine Natur vergessen.
Sie war an diesem Platz, ohne großes Zutun und dennoch war sie sich gewiss, dass sie sich diesen Platz damit verdient hatte, was sie tun würde. Damit, was sie sein würde. Einbildung? Nein sie bildete sich reichlich wenig ein.
Weniges vielleicht, aber das betraf andere Wesen. Nicht ihn und nicht sie. Vor allem nicht den blauen Hut.
Sie war sich nur nicht sicher, was geschehen war.
Hatte sie kurz ihr Haupt mit unter diesen Hut gesteckt oder hatte er sich aufgelöst, in dem Moment, da sie ihn gesehen hatte? Ein Blick, in die Ewigkeit.
Und deswegen, der Platz am Rande der Ewigkeit war breit, bald.
Sie wusste, was er mochte – nein, eigentlich wusste sie es nicht. Wer konnte schon wissen, was schwarze Kater mögen? Sie spürte, dass es ihm zusagen würde, in dem Moment, da sie es tat.
Oder war es ihr tun?
Unwillkürlich beginnt sie zu schnurren...
Wohin ging der Kater in der Nacht? Wohin gingen Kater, wie er?
Rasch richtet sie sich auf... setzt an sich über die Pfoten zu schlecken, doch mit einem Ruck springt das nachtschwarze Wesen auf, schlägt seine Krallen in sie, beißt ihr ins Ohr, in den Nacken – faucht leise.
Und sie kann nicht anders. Die kleine weiße Katze, so wie es ihre Natur ist... stellt ihr Haar auf... buschig wie eine Flaschenbürste, während sie zurückfaucht, nieder gerungen wird, nach ihm beißt. Doch er ist geschickt. Sie rollen, balgen über den harten Boden. Seine Krallen sind scharf, so scharf wie sie sie bei keinem anderen Tier, keiner anderen Katze je erlebt hatte. Sie ist sich sicher, dass er ihr allein damit schon die Kehle aufschlitzen könnte, dazu brauchte er nicht einmal seine Zähne. Doch er setzt sie mit so feinem Bedacht ein, dass er sie zwar arg in Bedrängnis bringt, aber nie ernsthaft verletzt.
Andere hätten ihn dafür gehasst. Für das ewige Spiel. Das Spiel mit ihr, das Spiel mit viel zu viel.
Und … ja, er wollte doch gehasst werden?
Oder war es das Gegengenteil? Nur ein geschickter Schachzug es zu verlangen?
Oh ja, die kleine Katze konnte hassen.
Sie hasste sogar sehr. Abgrundtief. Hasste und sann auf Rache.
Doch ihn, nein, ihn könnte sie nicht hassen. Nicht, weil man ihn nicht hassen konnte. Jeder konnte einen solchen Kater hassen, alle taten es insgeheim. Und wer sagte, er täte es nicht, der log. Doch sie, sie konnte es nicht. Es lag ihr nicht im Blut. Nicht so. Sie war... einfach etwas – anders. Und er... er auch.
Und nachdem der schwarze Kater der kleinen weißen Katze eine Abreibung gab, ließ er sie einfach zurück, einfach liegen. Diesmal. Für jetzt.
Und sie schnurrt, in Erinnerung daran, dass er genau dies nicht tat.
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