Sie hatte den letzten Kunden und den letzten Verkäufer an Fellen und Leder langsam vor die Tür bugsiert und jene dann sorgsam abgeschlossen. Sie war erschöpft und schwer ging ihr der Atem, jedoch nicht ohne ein zufriedenes Lächeln und das Gefühl angenehmer Schwere. Die Eile schwand aus ihren Gliedern, das Gefühl allem und jedem konzentrierte Aufmerksamkeit zu widmen ebbte ab. Es gab nur noch eine Person, der sie jetzt noch Blick und Wort schenken wollte, und diese hatte ihre Arme um Awas Hüfte gelegt und ihr einen leichten Kuss auf die Lippen gelegt. Sie blieben einfach dort stehen, als könnte jeder Schritt von diesem Platz fort bedeuten, dass die Zweisamkeit ein Ende finden könnte. Leise Gespräche, zarte Neckereien, tiefe Geständnisse.
Sie kamen kurz auf den großen Schrank zu sprechen, der im Wohnzimmer stand, von dem der Mann, der seine Stirn an ihre gelegt hatte, hoffte ihn für sich ergattern zu können.

„Ich müsste aber Solices Sachen herausnehmen.“
„Warum hast du Sachen von ihr?“, folgte ein leises Lachen.
„Es ist ein Bild von Eliath und ihr dabei. Du weißt doch, ich sammle Erinnerungen…“

Erinnerungen.

Dann wurde es ganz still im Raum. Awa löste sich aus der Umarmung, den Blick auf den Abgang zum Keller gerichtet. Zögerlich, aber wie angezogen, ging sie in die unterirdisch liegende, renovierte Räumlichkeit herunter.

Sie erinnerte sich.

Als sie vor Wochen den Keller hergerichtet hatte, Teppiche und Vorhänge neu verlegte, die Lagerkisten an anderer Stelle aufstellte, da hatte sie doch… Der Mann war ihr gefolgt, wusste, dass er unaufdringlich zu sein hatte und doch bei ihr sein sollte. Er tat es richtig und nahm ihr den Beutel aus der Hand. Sie selbst legte ihre schlanken Hände um den Griff eines geschnitzten, verzierten Holzstabes, den sie aus der Ecke gehoben hatte. Auf dem Schild des Beutels stand deutlich ein Name, klare Lettern.

„Wir gehen nach Hause.“ Sprach er ihr leise zu.

Auf dem zum Felaviertel und jenem hindurch ließ sie das untere Ende des Stabes nicht einmal auf den Boden kommen, drückte ihn an ihre Schulter, als hätte er keinerlei alte Funktion mehr und sollte behütet getragen werden, statt selbst zu stützen. Keine Worte fielen lange Zeit, nicht, als sie das Haus betraten, nicht im Keller und nicht, als sie sich vor ihrem Kleiderschrank auf den Boden setzte und die Türen öffnete. Den Stab legte sie hinein, an die innere Schrankwand gelehnt. Von ganz hinten aber zog sie eine Kiste zu sich und öffnete den Deckel.

Neben den Beutel des verstorbenen Karol Niederweydts war noch etwas Platz, der letzte in der Kiste. Ihr Begleiter reichte ihr den Beutel an und sie stellte in jene Nische hinein. Hände legten sich auf ihre Schultern, ein Körper war hinter ihr in die Hocke gegangen, wärmend und stützend.

„Es ist Monde her, dass er mich bat, die Sachen aufzubewahren. Ich weiß gar nicht mehr warum, nur sollte ich nicht hineinsehen. Dann hat er ihn wohl vergessen.“

Sie legte das Schild mit der Aufschrift ‚Adalric Sila‘ ordentlich nach vorne