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 Betreff des Beitrags: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 5.03.12, 12:54 
Einsiedler
Einsiedler

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"Der Tod ist sicher, die Stunde unsicher."

Auszug aus dem Tagebuch eines früheren Soldaten.:


"Wir alle werden irgendwann einmal sterben. Wann und auf welche Art und Weise, wissen wir nicht. Wenn der Tod also sicher ist, wie wertvoll sind also die Stunden, die wir atmen und leben? Mein Leben war eine schlechte Karrikatur, ein Possenspiel in einer Tragikkomödie, die, wäre es nicht so erbärmlich, mit Sicherheit für ein Lächeln gesorgt hätte.

Ich habe mit dem König gebrochen. Ich habe mit der Kirche gebrochen. Und letzten Endes, habe ich mit den Göttern gebrochen. Sämtliche Brücken in mein altes Leben habe ich abgebrannt und meine Bande an meine Familie sind gekappt. Fühle ich mich glücklich? Nein. Aber ich fühle mich frei, als ob ein schweres Gewicht, dass mich all die Jahre niedergedrückt hat, von meinen Schultern genommen wurde.

Ich will nicht behaupten, dass ich die Wahrheit erkannt hätte. Die Wahrheit geht soviel tiefer, als die meisten Menschen erahnen, dass es ein Leben und vielleicht mehr braucht, um sie zu ergründen. Aber ich habe einen Pfad erkannt. Einen neuen Pfad. Gefährlich, mit Entbehrungen verbunden und vielleicht auch tödlich. Der Erbauer ist kein Gott, der schenkt, kein Gott der verzeiht und kein Gott der Milde. Frieden mit seinen verantwortungslosen Eltern kann es nicht geben. Sie haben ihr Schicksal schon vor langer, langer Zeit besiegelt und ihre Strafe wird sie ereilen, wenn wie von den Propheten verkündet, die letzte Schlacht erfolgt.
Und doch beinhaltet dieser Aspekt eine schwerwiegende Wahrheit. Geschenkt wird dir nichts, doch was du dir erkämpft, soll Dein sein. Es ist eine Chance. Sie ist klein, der Weg hart und undankbar, aber sie existiert. Und vielleicht ist sogar der Weg das Ziel. Ich weiss es ehrlich gesagt nicht.

Brandenstein ist eine Enttäuschung. Sie sind sich uneins, schachern um die Stadt und versuchen sich Zeit auf Kosten ihrer Prinzipien zu erkaufen. Auf verquere Art und Weise ist das nachvollziehbar, aber es ist nicht die Art, wie ich Dinge anzupacken pflege. Es ist keine Art, mit der ich besonders gut klarkomme. Und dennoch soll ihnen Erfolg beschieden sein, wenn es Sein Wille ist. Was sie sich erkämpfen, soll ihnen gehören. Eines Tages werden sie alle Rechenschaft ablegen müssen vor Seiner selbst.

Als ich mich um meine Wunde kümmerte, sah ich sie kaum und nahm sie nicht wahr. Die Fähre war schneller, der Weg mit ihr kürzer. Ich bin nicht der hartgesottenste aller Menschen und doch auch nicht der am leichtesten einzuschüchternde. Der Anblick dieser Sieben aber war etwas, dass ich für lange Zeit nicht mehr vergessen würde. Diszipliniert, wortkarg bis zum Nervenzereissen und einschüchternd. Es ist mir noch nie in meinem Leben so schwergefallen, meinen Blick gesenkt zu halten, denn es war förmlich, als brannten sich ihre Blicke nicht nur auf meine Haut, sondern direkt in meine Seele ein.

Das Verhalten, dass sie zeigten und die Art, wie sie die Dinge regelten, war ein frischer, wenngleich sehr kalter Hauch. Brandenstein überließen sie jenen, die sich dort bereits eingelebt hatten. Ihre Pläne hatten sie kommentiert und ihre Zurückhaltung angezeigt, vor ihrer weiteren Bewertung aber gewarnt. Es war alles gesagt, die Karten waren offen auf den Tisch gelegt. Als der Khetai mich aufforderte, mich neben sie zu setzen, fühlte sich der Stuhl für mich wie Glas an. Beängstigend und einschüchternd wie seit der Grundausbildung, seit dem ersten Gefecht nicht mehr war es.

Später, als sie sich die Stadt anschauten, sprach mich einer von Ihnen an. Es war der Blonde, der sich mit dem Schmied unterhalten hatte, soweit ich das seiner Sprechweise entnehmen konnte, denn unter der vandrischen Rüstung waren sie so gut wie nicht zu unterscheiden. Er stellte mir zwei Fragen und er hatte durchaus freundliche, von einem Grundrespekt zeugende Worte für mich über, was mir ebenfalls sehr imponiert hat. Es wäre ein leichtes für ihn gewesen, mich zu gängeln, mich von oben herab zu behandeln, schließlich war ich der Bittsteller. Obwohl er keinen Zweifel an seinem Rang ließ, hatte er das offenbar nicht nötig, als er den Respekt in meiner Antwort hörte. Meine Bedenken verschwanden und ich antwortete frei heraus. Es war erleichternd. Es war ein Zeichen.

Dann nahm man mich mit. Wohin, das soll selbst in diesen Zeilen unerwähnt bleiben. Diejenigen, die es wissen, wissen es ohnehin. Der Rest soll weiter unwissend bleiben, oder sich die Wahrheit erkämpfen. Auch ich habe keine Geschenke zu verteilen.
Sie war eine sehr einschüchternde Erscheinung in Autreten und Gebahren. Und ich hatte schon angenommen, dass es um den anderen der neben mir kniete geschehen war. Auf seinen vermeintlichen Wissensvorsprung hatte ich mich verlassen, meine Antworten aber ersparten mir das, was ihm wiederfuhr. Dann nahm sie mich mit und befragte mich. Sie war überrascht, mich überhaupt lebendig hier vorzufinden und sie war überrascht von meinen ersten beiden Antworten. Die dritte war schwächer, das gebe ich zu, falsch war sie jedoch nicht. Ich war noch nie in meinem Leben so auf der Hut wie an diesem Tag. Jedes einzelne Wort war verdammt gut überlegt und vor allem: wahr.

Und obwohl der Rangunterschied zwischen mir und ihr nicht hätte größer ausfallen können, obwohl sie durchaus die Bereitschaft im Blut hatte, mich zu töten, sollte ich versagen, so war auch sie auf eine gewisse Art und Weise nicht einmal unhöflich. Es war schlichtweg ein anderer Maßsstab. Hart, aber gerecht. Dann folgte die Prüfung und ich glaube, sie gab mir eine Art Segen mit auf den Weg. Ich sollte mir das Recht der Unterkunft erkämpfen. Mir war es nur Recht.

Ich sollte die heilige Stadt verlassen und wieder zurückfinden. Und zu Recht hätte ich durchaus jemanden fragen können, ob man mir das Tor öffnete. Doch mir schien das nicht angezeigt. Es war meine Aufgabe, es völlig allein zu schaffen. Auf die Idee, nach einem versteckten Ausgang zu suchen kam ich nicht. Niemand ist ohne Fehler. Also sprang ich von der Zinne in das eiskalte und schwarze Wasser. Beim Aufprall prellte ich mir die Schulter und wäre beinahe ohnmächtig geworden, kämpfte mich jedoch gegen die Schwärze nach oben und schrie meine Qual hinaus,als tausend Messerspitzen auf mich einstachen.
Ich bin nicht geschwommen. Ich habe mich durch das Wasser "hindurchgeschlachtet" mit meinen Armen und Beinen. Das Wasser war mein Feind und ich war zu stur, einfach aufzugeben, blanker Hass auf das Wasser trieb mich voran. Andernfalls wäre ich wohl jämmerlich ertrunken. Ein Teil meiner Ausrüstung ging verloren, für mich ein geringer Preis. Für mich zählte, nur ja nicht zu versagen. Es war blanke Qual, meine gefrorenen Glieder warmzulaufen und den Weg nach draussen zu finden. Der Weg zurück war noch schwieriger, beinahe hätte mich der Wunsch nach wärme dazu gebracht, an einem Ort zu verweilen, der nicht dazu gedacht war, zu verweilen, sondern zu verenden. Hätte ich mich hingelegt, wäre ich nicht mehr aufgestanden und vermutlich auch nicht mehr aufgewacht, weil jemand anderes mich gefunden und entsorgt hätte.

Ich erreichte mein Ziel. Durchgefroren, mit steifen Gliedern und zitternd. Man erzählte mir sogar, dass ich mir die Tortur ersparen hätte können und zeigte mir den Ausgang. Belassen wir es einfach dabei, dass mir das ganze eine Lehre war, ich mich jedoch nicht für meine Tat schäme. Mein Ziel habe ich erreicht. Zumindest heute. Was die Zukunft für mich bereit hält, weiss ich nicht. Ich weiss jedoch: das war vermutlich noch das leichteste, was man von mir verlangt.

Nie wähnte ich mich in größerer Todesgefahr, doch nie zuvor fühlte ich mich gleichsam so verdammt lebendig."

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- Aurelia, Novizin der Briseis des Ordo Bellum-
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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 6.03.12, 22:57 
Einsiedler
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Beiträge: 2
"Er wird uns verraten." Die Stimme war ein beschwörendes Zischeln.

"Dann wird er sterben" wurde dem Zischeln entgegen gehalten. "So wie die anderen vor ihm."

"Er ist zu schwach für Treue. Zu schwach um zu überleben!" Das Zischeln gewann an Boshaftigkeit. "Töten wir ihn jetzt! Bevor er uns durch Schwäche besudelt!"

"Nein!" Harsch und befehlsgewohnt. "Nein, jetzt noch nicht" wurde nachdenklicher angefügt.

"Du hoffst dass er die Prüfung meistert?!" Halb Frage, halb Feststellung - und zur Gänze gewandet in triefende Abscheu. "Wir hoffen nicht, wir richten nur!"

"Und wir werden auch richten! Doch richten wir nicht bevor die Tat begangen wurde!"

"So wie in Brandenstein?!" Ein schrilles Kreischen. "Längst ist die Tat begangen, der Frevel getan! Verkauft haben sie alles, alles, alles! Wie Huren biedern sie sich dem Verderben an und wähnen den Preis als gerecht!"

"Nein, nicht wie Brandenstein! Brandenstein hat seinen Pfad gewählt, sein Pfad jedoch liegt noch in Schatten verborgen!" Und abermals nachdenklicher "Er könnte einer sein, der nicht fehlt auf diesem Pfad. Nach so langer Zeit ...".

Die Antwort kam in eisiger Verachtung "So hoffnungsvoll, so schwach ..."

"DU WIRST SCHWEIGEN! UND GEHORCHEN" einem Peitschenschlag gleich.

Eine Weile herrschte Stille. Ehe es in wimmernder Unterwürfigkeit antwortete "Wir gehorchen".

Sie hatte obsiegt.
Dieses Mal.


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 Betreff des Beitrags: Scientia potentia est.
BeitragVerfasst: 7.03.12, 12:17 
Einsiedler
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Beiträge: 97
"Wissen ist Macht"

Auszug aus dem Tagebuch eines ehemaligen Soldaten:


Ja, Wissen ist Macht, wehe aber denen, die unwissend handeln. Ein weiterer Tag ist angebrochen. Ich habe mich von meiner Prüfung soweit erholt, dass ich mir meine Umgebung zum ersten Mal näher ansehen konnte. Beeindruckend, was die wahrgläubigen sich dort geschaffen haben. Das der Ort überhaupt existiert, ist bereits ein Zeichen Seiner Macht, andernfalls aber wäre dieser Ort schon längst ständigen Angriffen ausgesetzt.

Hier scheint, nach den Gesprächsfetzen die ich mitbekommen habe, eine sehr rigorose Politik der Einweihung und Nichteinweihung zu herrschen. Andernfalls wäre es wohl auch kaum möglich, solch eine Zuflucht geheim zu halten. Mir soll es nur Recht sein.

Geduld war noch nie eine meiner größten Stärken oder Schwächen. Dennoch scheint ständig etwas an meinen Nerven zu zehren, während ich im Innenhof auf und abschreite und darauf warte, dass man von mir Notiz nimmt. Vielleicht will man meine Beharrlichkeit testen, vielleicht hatte man auch nur keine Zeit sich bisweilen meiner anzunehmen. Fest steht, dass ich mich sicher nicht darüber beklagen werde. Das wäre sowohl töricht als auch lebensgefährlich. Also muss ich die Zähne zusammenbeissen und folge meinen Gedankengängen, denn Zeit zum Nachdenken habe ich bislang genug.

Ein Moment, der durchaus auch schlecht für mich ausgehen hätte können, war der Punkt an dem eine von Ihnen die Treppe herunterschitt. Zuerst, nahm ich sie gar nicht wahr, ihrer Kleidung nach konnte ich keinen Schluss entnehmen, wer oder was sie war. Einer, der auf dem gleichen Pfad wie ich zu wandeln scheint, sagte mir, dass man sie nach einiger Zeit durch ihre Bewegungsart, ihre Stimme und ihr Verhalten differenzieren könnte. Dumm nur, wenn man sich dieses Wissen noch nicht erarbeitet hat. Wieder einmal war es eher eine Ahnung, die mich davor bewahrt hat, etwas närrisches zu tun. Wenn ich das -mir nun endlich in diesem Punkt- bekannte Protokoll auch nicht zur Anwendung brachte, so erwies ich doch grußvollen Respekt.

Da ich diese Zeilen schreibe, kann man sich denken, dass es so falsch nicht gewesen ist. Immerhin trage ich meinen Kopf noch auf den Schultern. Die Art wie sie mich anblickte war beinahe körperlich zu spüren. Offenbar taugen meine Instinke trotz meiner jüngeren Vergangenheit noch ganz gut. Es stellte sich heraus, dass sie das war, was ich vermutet hatte. Ihre Fragen allerdings, waren nur wenig minder gefährlich als die von "Ihr". Und so blieb ich bei meinem Vorsatz, wahrheitsgetreu und mit Erklärung zu antworten, ohne Ausflüchte zu suchen. Ich habe bereits bei der ersten Begegnung mit den Sieben sehr schnell gemerkt, dass sie Ausflüchte nicht nur nicht leiden können, sondern sie beinahe als persönliche Beleidigung auffassen.

Nicht Müßiggang war es, der mich hier festhielt, sondern mühevoll bezähmte Geduld und der Wunsch, "Ihr" zu vermelden, dass ich getan hatte, was "Sie" mir aufgetragen hatte. Und so ließ sie mich gewähren und widmete sich einem anderen. Ich weiss nicht genau, was ihn geritten hat, aber es scheint generell keine gute Idee zu sein, ihre Befehle all zu frei zu interpretieren. Da mögen Unterschiede in den jeweiligen Personen liegen, doch soweit bin ich noch lange nicht.

Ich konnte "Ihr" zwar noch nicht mitteilen, was ich getan hatte, doch teilte man mir mit, dass es hier einige Zeit ruhig sein würde und ich also durchaus weiter an meiner Geduld arbeiten und sie mit dem Stein messen könnte. Vermutlich waren sie anderweitig beschäftigt. Müßiggang würde nicht in das Bild passen, das ich bislang von ihnen gewonnen habe.

Wieder habe ich einen Tag überlebt und mir ist klar geworden: Ich sollte hier lieber sehr schnell lernen und jeden Satz, den einer von ihnen an mich tätigt, lieber einmal mehr im Kopf wiederholen.

P.S. Es ist -mit einer Portion Galgenhumor- amüsant festzustellen, dass ein Mensch innerhalb von nur drei Tagen seine Anschauungen soweit ändern kann, als das er seine Lebenszeit in Tagen bemisst. Das zeigt, dass wir Menschen uns an so gut wie alles anpassen können.

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 12.03.12, 10:58 
Einsiedler
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Beiträge: 97
Auszug aus dem Tagebuch eines Gefolgsmanns:


Ich lebe. Und nicht nur das, mein Leben hat nach all den langen Jahren wieder ein Ziel, dass soviel höher ist als ich und dem zu folgen es wert ist.
Der letzte Eid, den ich meinem Leben geleistet habe liegt nun hinter mir. Es gibt kein zurück. Jetzt nicht mehr. Vielleicht, hat es das auch nie gegeben, vielleicht war es mir vorbestimmt, auf diesem Pfad zu wandeln und Erfolg zu haben oder zu scheitern. Scheitern ist keine Option, wenn es nach mir geht.
Doch niemand steht über den Dingen. Auch solche, die es besser wissen müssten.

Rufus hätte es wissen müssen. Eine einfache Unachtsamkeit war es, die ihn der Demütigung und dem Spott preisgaben. Und obschon er Ihre Anwesenheit und Ihre Prüfung erduldet hatte, hätte er mit einem einzigen, wiederum unbedachten Satz beinahe sein Leben verwirkt, und würde er es wieder tun, so wartete der Tod auf ihn. Eine ganz strikte Gleichung, an der nicht zu rütteln ist! Obschon Rufus mehr als nur lächerlich aussah, war mir nicht nach lachen zu Mute. Denn Rufus war für mich verantwortlich, ich bin ihm unterstellt und damit auf seine Unterweisung und das Wissen, dass er mir voraus hat, angewiesen. Was eine falsche Frage kostet, hatte der Nortrave nur schnell am eigenen Leib erfahren. Und beim Allmächtigen, dieser Blick! Ich stand bestimmt einen Steinwurf entfernt von den beiden, aber selbst mich fröstelte noch, als die Blonde sich nicht mehr regte, wie die Statue einer altertümlichen Kriegsgöttin.

Dem Allmächtigen danke ich, dass ich mir bisweilen keinen derartigen Schnitzer geleistet habe, auch wenn der mit dem Zopf mich auf dem Kieker zu haben scheint. Vielleicht ist das auch sein Verhaten allen Gefolgsmännern gegenüber. Das wird sich noch herausstellen. Die Blonde legt wert darauf, nicht mit Nichtigkeiten belästigt zu werden, den mit dem Zopf spreche ich nur an, wenn es erforderlich ist, der schwarzhaarige scheint mehr in das Metier des Blonden zu schlagen, wobei ich nicht weiss, ob er auch dessen Temperament hat, das aus den finstersten Teilen der Niederhölle zu stammen scheint.

Von allen ist er der hilfsbereiteste, der freundlichste und auch der zugänglichste. Aber wenn man wirklich so blöd sein sollte, sich es mit ihm zu verscherzen oder ihn gar in eine Stimmung zu bringen, die man als "gereizt" bezeichnen könnte, dann hat man alles verdient, was einem widerfährt. "Sie" nimmt eine Ausnahmestellung ein. Ihre beiden Brüder kann ich kaum einschätzen, sie wirken oft sehr nachdenklich und abwesend, so als befassten sie sich mit Dingen, die das Verständnis des einfachen Mannes bei weitem übersteigen. "Sie" dagegen beschäftigt sich mit jeder Kleinigkeit, die Ihr auffällt. Und wie sich wieder einmal gezeigt hat, entgeht Ihr so gut wie nichts.

Und doch. Alle sind sie zu Freundlichkeit und Hilfe in der Lage und zerstören somit die Mythen, die man über sie erzählt. Man brachte mir Feuerkieseltee gegen meinen Schnupfen, man gewährte mir Unterkunft nachdem ich sie erkämpft hatte und man hatte durchaus ermutigende Worte für mich über. Nur beim Erbauer nerve sie nicht, und frage sie nichts, was nicht auch ein Khetai wissen könnte, so neugierig du auch bist. Das wird wohl die für mich, wie auch Rufus schwerste Lektion. Doch sein Beispiel, soll meine Lehre sein.

Ich will sie alle nicht enttäuschen. Und ich will mich nicht enttäuschen.

Nachtrag:

Wie gedankenlos von mir. Man hat mir ein Geschenk gemacht, und ich glaube, sie wissen gar nicht, welch großes Geschenk es war. Seit zwei Jahren sitze ich nun das erste mal wieder im Sattel eines Pferdes. Was sein Name bedeutet, der vandrischen Ursprungs sein könnte, weiss ich noch nicht. Er lautet Rakal. Er zählt noch zu den jüngeren, allerdings ist klar erkennbar, das mit ihm schon gearbeitet wurde, denn er reagiert leicht und rasch auf meine Kommandos. Das wichtigste aber ist, dass er ein umgänglicher Zeitgenosse ist und er und ich vom gleichen Schlag zu stammen scheinen. Der Schwarzhaarige hat ein gutes Auge bewiesen. Das muss ich ihm lassen. In all meinen Jahren als Kurier habe ich mehr Zeit auf dem Sattel verbracht, als viele es ihr ganzes Leben tun und ich will meinen: ich kenne mich mit Pferden aus. Die Pferde, die hier geritten werden, scheinen auf ihre Besitzer sehr gut abgestimmt. Das meiner natürlich -wie könnte es auch anders sein- aus der Zuckertüte genascht hat, die bei der Ausrüstung eines anderen Reiters lag, beweist nur, dass er mir irgendwie ähnlich ist. Ich hoffe nur inständig, bitte lass es nicht ausgerechnet "Ihre" Zuckerstücke gewesen sein!

Der erste Ausritt war wie eine Befreiung für mich. Es war als wäre ich völlig frei und mir war nach himmelhohem Jauchzen zumute. Vermutlich hätte man mich für schwachsinnig gehalten, andererseits. Sie sind alle Reiter und müssten es theoretisch nachvollziehen können. Von Maulschellen hält das hier zwar niemanden ab, aber was solls. Wer so für seine Gefolgsleute sorgt, der zerschlägt alle bösen Mythen mehr, als hundert langatmige Erklärungen es vermochten. Einfache Gesten mit viel Tatgehalt. Und da ich ihnen nicht wirklich zeigen kann, wie dankbar ich bin (des Nortravens Nase ist immer noch geschwollen und ich muss es ja nicht gleich zu Anfang herausfordern) schreibe ich es hier nieder.

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BeitragVerfasst: 13.03.12, 13:14 
Einsiedler
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Beiträge: 97
Laudando et vituperando
("durch Loben und Tadeln")

Auszug aus dem Tagebuch eines Gefolgsmannes:


Verflucht, verflucht, dreimal verflucht sei meine Voraussicht in dieser Sache! Es grenzt an seherische Gabe. Was sagte ich? Der Mensch gewöhnt sich an alles, auch an eine Lebenszeit, die er in Tagen bemisst. Was sagte ich ferner? "Achtet den Kerzenständer". Gehorsam war es, der mich davon abhielt, den Blonden darauf hinzuweisen, das wäre in Anwesenheit unseres Gastes überaus unhöflich gewesen.

Und was war geschehen? Unser Gast hatte sich die schönste Mühe gegeben uns allen den Abend reichlich zu verderben. Wie sie es genau angestellt hat, weiss ich auch nicht. Immerhin stand ich mit dem Raven vor der Tür Wache. Ich könnte jetzt natürlich so spitzfindig sein und anführen, dass man ohne Schlüssel kaum eine akzeptable Wache abgibt, andererseits habe ich das Kontingent dessen, inwieweit aufzufallen ich bereit bin, mehr als erschöpft. Der Blonde hatte mehr als nur andere Sorgen und seine noble Absicht ist mir nicht entgangen. Er wollte sie nicht im Kerker halten wie Vieh und das vermag ich ohne Einschränkung nachzuvollziehen.

Dass sie wirklich so mutig und gleichzeitig tollkühn sein könnte, den Raum, in dem sie arrestiert war in Flammen zu setzen, hätten die meisten für unmöglich gehalten. Ich jedenfalls bin gern bereit zuzugeben, dass ich paranoid bin. Wie dem auch sei, hatte sich das Feuer rasch vorangefressen und sie hatte auch den Türschlitz mit einem nassen Tuch verstopft, um den Rauch daran zu hindern, gleich nach außen zu dringen. Den Türschlitz und den Spalt zwischen Decke und Tür hatte sie jedoch vergessen und so wurden wir früher als von ihr wohl beabsichtigt gewarnt. Gewarnt sein, heisst gewappnet sein und zur Hölle mit dem disziplinierten Schweigen. Das hier war Kampf, das hier war Krieg auf seine Weise. Der Rave sprintete von dannen um die anderen zu alarmieren, während ich aus Leibeskräften zum Ort des Geschehens rief.

Derweilen ich erfolglos damit beschäftigt war, die Tür einzurammen, dafür aber sehr erfolgreich damit war, mir die Schulter zu prellen, kam der Blonde. Er riss die Tür auf, suchte nach unserem Gast, der Rave stürzte ebenfalls hinein. Der Rauch war mittlerweile so dicht, dass mir schwindlig wurde und ich kaum noch etwas sehen konnte. Also hielt ich die Türe auf und mich bereit, dort einzugreifen, wo ich gebraucht wurde. Meine Hauptsorge jedoch galt dem Blonden, denn er war ungeschützt, ohne wenigstens ein Tuch vor den Mund zu werfen, in den Raum gestürzt.

Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es der rote oder der Andere war, vermute jedoch den Anderen, trat auf den Plan und befahl mir die Tür zu öffnen. Seine Worte brennen selbst jetzt noch ein wenig. Ich habe nunmal keine Schlüssel und die Tore sind massiver, als selbst die Tür die zu knacken mir nicht möglich war. Also tat er es selbst und ich eilte dem Blonden zu Hilfe um den Gast aus dem Raum zu schleifen.

Das danach verschwimmt leicht. Mit dem Eimer zu den Tränken für die Pferde, Wasser schöpfen, hinein durch den Rauch, hustend und würgend. Hier und da Gestalten, die ebenfalls löschten. Ich hätte mir fast die Seele aus dem Leib gekotzt, so schlecht war mir mittlerweile vor dem Rauch und ich weiss noch, wie ich beim dritten oder vierten Gang zum Wasserschöpfen den Kopf untertauchte um meine brennenden Lungen ein wenig zu kühlen.

Was danach folgte, war Strafe. Die Gefolgsmänner -womit der Rave und ich gemeint waren- waren wohl nachlässig gewesen in ihrer Durchsuchung, kamen der Rote und der Andere schließlich zu ihrer Conclusio. Ich erwähnte den Kerzenständer? Weit gefehlt. Aber es war keine Option für mich, ihm zu wiedersprechen. War ich feige? Nein. Ich glaube es zumindest nicht. Furcht habe ich empfunden, Furcht empfinde ich selbst jetzt noch, wenn ich daran denke, was er mit uns gemacht hat, ohne mit der Wimper zu zucken oder scheinbare Kraft aufzuwenden. Ich war zu wütend zum sprechen, mir wäre beinahe etwas wirklich saublödes hinausgerutscht und das wäre es dann wohl für mich gewesen. Demut und Schweigsamkeit sind genauso schwierige Gesellen wie die Geduld. Eine bittere Erfahrung.

Und doch. Als der schwarzhaarige kam, hatte sich alles beruhigt. Es galt Aufträge zu erfüllen. Aufträge der eher alltäglichen Art. Ein Lastentier zu führen, mit Steinen zu beladen, von den Gefahren des Ritts fernzuhalten und provisorische, rasche Schanzarbeiten zu verrichten, während das Werk des Herren getan war. Ideal für mich, um auf andere Gedanken zu kommen und mich zu beruhigen. Der Rave und ich arbeiteten koordiniert, schnell und vor allem ohne große Worte. Ich glaube, man war leidlich zufrieden mit uns. Jedenfalls wurden wir nicht bestraft, durften sogar gemeinsam ein Gebet aufsagen und meine Worte und die Flammen -obwohl ich eigentlich zur Zeit mehr als nur die Schnauze voll habe, was Feuersbrünste betrifft-, das Umfeld waren wie eine Reinigung von den Strapazen der letzten Zyklen gewesen.

Letzten Endes lobte der Blonde uns sogar. Man hieß uns, sich frisch zu machen und etwas zu essen. Eine Pause. Kostbare Minuten um den Geist zu klären, herunterzufahren und über das, was passiert war zu reflektieren. Der Rave ruhte sich aus, ich hielt mich für weiteres bereit und bewachte unseren Gast, der mittlerweile umquartiert worden war. Nackt, in der Zelle, bekleidet nur auf das dürftigste mit einem Schlafsack. Während ich mich mit ihr ein wenig unterhielt, sann ich die ganze Zeit darüber nach, ob ich ihr lieber den schlanken Hals umdrehen oder ihr für ihren Mut gratulieren sollte. Ich entschied mich wiederwillig für letzteres. Immerhin hatte sie Mut bewiesen. An ihrer Stelle hätte ganz gewiss nicht jeder so gehandelt. Auch wenn sie mir den Abend so richtig, richtig zur Hölle gemacht hatte, hegte ich nicht mehr als Resignation ihr gegenüber. Sie halt an ihren Meinungen fest, verblendet bis ins Mark. Beinahe treudoof zu einem Verräter stehend, das man Mitleid mir ihr haben wollte.

Doch auch dafür blieb keine Zeit, denn man rief mich zum Waffengang. Es hieß der Rave gegen mich. Ein reiner Übungskampf. Zwei Waffengänge. Beim ersten Mal überrumpelte mich der Rave völlig und man wies mich -sehr sachlich im übrigen- an, schneller zu sein. Erwähnte ich meine geprellte Schulter schon? Die hat er getroffen...zweimal in Folge. Mir fiel beinahe der Arm ab. Beim zweiten Mal, nachdem man sich auf die immer noch sehr, sehr ungewohnte Art und Weise, die ihnen zu eigen ist, um mich gekümmert hatte, lieferte ich einen besseren Kampf ab, obwohl es mir war, als triebe jemand einen glühenden Nagel in mein Gehirn. Vermutlich zuviel Rauch eingeatmet. Na, wen wundert das?

Und dann....nichts. Keine Aufträge mehr für mich, keine Lob, kein Tadel, keine pyromanischen Frauenzimmer mit mehr Mut, als ihnen gut tut, gar nichts. Einfach nur der Schlafraum des Gefolges und vor allem, mein Bett. Ich schlief wie ein Stein. Meine Schulter fühlt sie an, als hätte ein Troll auf ihr herumgetrampelt und meine Stimme klingt wie die meines Vaters, aber was macht das schon?

Ich lebe. Und ich wandle auf dem Pfad.

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 16.03.12, 09:01 
Einsiedler
Einsiedler

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An sich ein "ruhiger" Abend. Ich war ein wenig im Ödland unterwegs. Ein wenig, trifft es gut. Bewaffnet mit einem Speer, gelang es mir eine Weile mich des ganzen Ödlandgezüchts zu erwehren, letzten Endes wurde ich jedoch zurück getrieben und da ich bereits feststellen konnte, wo meine Grenzen liegen, hatte ich nicht vor, sie schon so früh in meiner Ausbildung zu übertreten.

Das werden andere für mich erledigen, da mache ich mir einmal gar keine Sorgen.

Ein weiterer Gast war eingetroffen. Einer, der seinen Eid gebrochen hatte für die Liebe, einer der einen Vitamabund eingegangen war. Die Worte des schwarzhaarigen (es müsste der Zopfträger gewesen sein, diesmal mit einer Kapuze, statt einer Maske gewandet) im Verein mit dem Gespräch, dass ich zwischen dem schwarzhaarigen und dem Blonden gehört hatte, bestätigen meinen Verdacht. Gerade von derartigen Verbindungen hält man hier offenbar mehr als nur wenig. Ob die Ehrwürdigen im Zöllibat leben, weiss ich nicht, andererseits verspüre ich nicht den Wunsch, jemanden deswegen zu nerven. Wie das ausgeht, weiss ich nur zu gut. Die Nase des Raven schwillt im übrigen ganz gut ab. Man erkennt schon nichts mehr.

Es war zwar mitten in der Nacht, doch schien es dem Ehrwürdigen an der Zeit, mir ein wenig auf den Zahn zu fielen. Er hat einen kräftigen Schlag, seine Ohrfeigen klingelten in meinen Ohren und ich bin durchaus stolz, nicht auf die Knie gesackt zu sein. Aber beim Erbauer, jeder Schlag zehrt an meiner Zurückhaltung und Disziplin.

Es war das erste Gebot, wie ich später herausfand, über dass er mich befragte. Eine meiner Ausführungen war gut, die andere lausig. Zu so später Stunde bin ich nicht mehr zu philosphischen Höchstleistungen fällig. Daran muss ich offenkundig arbeiten, denn darauf nimmt hier keiner Rücksicht. Und er befragte mich nach meiner Meinung. Letzten Endes stellte sich heraus, dass mein Blickwinkel der Betrachtung einfach ein Stück verquer war. Nachdem er ihn durch wenige, gezielte Fragen korrigiert hatte, stellte sich heraus, dass wir an sich das selbe meinten. Diesmal keine Ohrfeige für mich.

Wenn man sich erst einmal an den Rhythmus und dergleichen halbwegs gewöhnt hat, findet man auch wieder ruhigeren Schlaf. Ruhig war er jedoch nicht. Albträume suchen mich heim. Träume, die ich lange nicht mehr hatte, sind in neuer Intensität zurückgekehrt. Ich durchlebe die Bilder wieder, unfähig etwas an ihrem Ausgang zu ändern obwohl ich genau weiss, wie falsch sich das alles anfühlt. Ich wache schweißgebadet auf und kann danach lange nicht mehr einschlafen, liege hellwach, bis ich mich leise ankleide, mir meinen Speer greife und einsam auf den Zinnen der Feste auf und abschreite. Dort habe ich Zeit zur Reflektion. Dort kann ich nachdenken und verarbeiten. Die kühle Nachtluft klärt meine Gedanken, fährt in meine steifen Glieder und macht mich schließlich so müde, dass ich noch ein wenig ruhen kann, ehe ein neuer Tag mit neuen Prüfungen und Entbehrungen auf mich wartet.

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"Sie" hatte völlig Recht. Der Pfad ist einsam und steinig. Warum bereits zwei Schüler, ein Khetai und ein Feradai in größten Schwierigkeiten wegen der Frauen stecken, kann ich nachvollziehen, ziehe eine derartige Schwäche jedoch nicht in Betracht.

Der einsame Wolf ist leichter angreifbar als das Rudel. Er passt sich an, stählt sich, oder geht zu Grunde. Doch wehe, wenn der gestählte Wolf verwundet ist.

Wolf oder Welpe? Was bin ich?

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 19.03.12, 08:25 
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"Contra Legem"

(gegen das Gesetz)


Auszug aus dem Tagebuch eines Gefolgsmannes:


"Darandor ist nicht mehr. Der Verräter wurde heimgesandt, auf dass er vor den Erbauer treten möge um dort für seinen Verrat ewige Buße tun zu dürfen. Was so salbungsvoll klingt, entbehrt nicht der bitteren Realität. Der Erbauer schenkt nicht. Gnade dem, der ihn hintergeht, so wie Darandor es getan hat. Denn hier wird er keine Gnade finden. Die Differenz liegt zwischen dem, was die Sahor vorzugeben sind und dem was der Erbauer niemals geheuchelt hat. Treue wird gefordert. Wird sie nicht erbracht, so folgt Strafe.

Anders als in meinem alten Leben ist es hier gleichsam klarer als auch ein offenes Geheimnis. Hier wird man nicht weggeworfen wie ein nutzloses Werkzeug, solang man nur sein Bestes gibt. Sehe ich mir die Bilder aus meiner Vergangenheit an, streitende Kauffahrer und Händler, die jede Steuererhöhung, die das Reich immerhin zum Schutz ihrer Grenzen gegen den (aus früherer Betrachtungsweise zu definierenden) Feind benutzt hat, so weiss ich, warum ich diesen Worten keinen Glauben mehr schenken kann und erneut fühle mich bestätigt. Jeden Tag aufs Neue.

Die Verblendeteten kennen kein höheres Wohl, kein heres Ziel. Und sie sind nicht willens und in der Lage, sich dafür zusammenzuschließen. Anders als, nunja, wir. Selbst die Brandensteiner, die ich mit Skepsis betrachte, haben erkannt, das sie Hilfe brauchten und sie waren weder zu feige noch zu selbstverliebt um um diese Hilfe zu bitten, die wir ihresgleichen niemals entsagen würden in allen Ehren. Und siehe da: es funktioniert. Obschon man ihren Weg hier immernoch mit Sorge betrachtet, kann man diese Sorge vergessen, gemeinsam zur Klinge greifen und sich wider alles Äußere stellen. Wenn ich mir ansehe, wie weit die Anfeindungen manch galadonischer Fürstentümer schon zurückreichen, muss ich nicht einmal vor mir selber reflektieren, wie anders sie doch sind. Es liegt dem Betrachter auf der Hand.

Meine Lektionen habe ich bislang, sehr zum Missfallen des Blonden Ehrwürdigen, beinahe fehlerfrei gelernt und ich trachte, sie zu verinnerlichen. Andererseits gibt es da nicht viel zu verinnerlichen. Es sind hohe Maßstäbe, hohe moralische Werte, nach denen zu leben ich ohnehin immer versucht habe. Oft bin ich dafür verlacht worden. War nicht bestechlich, habe mich nicht ständig betrunken und herumgezecht und mir für Zusatzaufträge, damals, als ich noch gehofft habe, nie zu schade. Wie ich sehe, ist so eine Lebensart doch möglich. Entgegen allem was ich hoffte, gibt es Menschen, deren Lebensziel es ist, solche Maßstäbe für andere zu setzen und leuchtendes (prosaisch ausgedrückt, ihre Rüstungen leuchten nämlich nicht) Vorbild für andere zu sein.

Der Blonde ist ein guter Lehrer, ein guter Verwalter, ein Kämpfer mit Herzblut und kümmert sich um alle Belange, die anfallen. Man könnte ihn sozusagen als Verwalter betrachten, der alles für seine Brüder und Schwestern im Überblick behält. Dass er dabei nicht öfter die Nerven verliert, ausser ein dummer Gefolgsmann oder Schüler schafft es einmal wieder, grenzt bereits an ein Wunder. Der mit dem schwarzen Zopf aber scheint die Lehre zu verehren. Auch wenn sie mitunter schmerzhaft ausfallen kann, ist es doch äußerst interessant, seinen einfachen, verständlichen Worten zu lauschen. Das gilt eigentlich für sie alle. Jeder von ihnen findet meist einfache Worte, auch wenn uns Gefolgsleuten nicht immer gleich klar ist, was sie meinen. Das liegt in der Natur des Lernens. Wahr ist, was man spricht, Erkenntnis, was der andere versteht. Und nur gemeinsam vermag man zu wahrer Erkenntis zu gelangen.

Und doch gibt es da auch Dinge, die mich stören. Massiv stören. Sieht man einer Ausnahme und einem Verdacht ab, so weiss ich nicht einen Namen und habe keine Ahnung, was ich davon halten soll. Ist es Herabsetzung? Vorsicht? Kalkulierte Beleidigung? Ich gehe mit meinem Namen nicht mehr hausieren und habe gar einen anderen Namen angenommen, den ich dem Angesicht Tares präsentiere, auf das ich, sollte es nötig sein, unter den Verblendeteten wandeln kann. Aber dennoch habe ich ihn freien Willens genannt, als man ihn von mir gefordert hat. Irgendwann werde ich, egal ob auf die Frage Strafe folgt, danach fragen. Das muss sein. Es gibt Dinge, die muss man erfahren, auch wenn sie schmerzen. Vielleicht ist das ja der Grund? Vielleicht will man uns daraufhin erziehen, abzuwägen, ob unsere Fragen den Preis wert sind? Rätsel über Rätsel.

Es ist, wie es ist, meine Geduld, nie meine größte Tugend, neigt sich jedoch dem Ende zu und wenn nicht jetzt, wann dann?
Fürchte ich mich davor? Sehr. Wird es meine Handlungen beeinflussen? Zur Hölle, nein!"

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 26.03.12, 05:46 
Einsiedler
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Auszug aus dem Tagebuch eines Gefolgsmannes:


"Manche Fragen muss man einfach stellen. Das habe ich gesagt, dazu stehe ich. Aber auf diese Antwort war ich nicht vorbereitet. Auf eine einfache Frage hin wurde ich annähernd einen Zyklus lang durch die Blonde und den Schwarzhaarigen Ehrwürdigen "verhört". Mit kurzen, knappen, präzise formulierten Fragen wurde mein innerstes nach außen gekehrt und egal wie sehr ich darüber nachdachte, mir wollten die passenden Antworten nicht einfallen. Warum? Weil ich die Antwort auf die eine Frage noch nicht verinnerlicht hatte. Nicht zur Gänze. Meine Zurückhaltung hatte ich auf andere Dinge zurückgeführt, die sich zwar durchaus nicht negativ ausnehmen, doch an der Sache völlig vorbeigingen.

Es war, wie es war, weil sie es so entschieden hatten. Und ich konnte daran nichts ändern. Zumindest nicht direkt. Durch Wille, durch Gehorsam und Leistung ja. Aber es oblag nicht mir, darüber nachzudenken, denn das war ihnen bestimmt. Diese Lektion erfolgte völlig ohne Strafe, nicht einmal ein harsches Wort wurde gewechselt und dennoch barg sie ihren ganz eigenen Schmerz.

Die wenigsten von uns werden gern an ihre Fehler erinnert. Und in dieser schonungslosen Art, passt das noch viel weniger Leuten. Eine bittere Erfahrung? Ja. Eine nötige Erfahrung? Ich gebe zu: ja. Sie hat mir etwas ins Gedächtnis zurückgerufen, was ich über all die Jahre hinweg immer weiter verdrängt hatte, weil es nichts mehr gab, was diese Denkart noch in mir hätte wachrufen können. Doch jetzt ist das anders.

Davon abgesehen betätige ich mich seit neuestem wiederholt als Schauspieler. Ich weiss nicht, was ich davon halten soll, denn eigentlich habe ich nie eine Karriere beim Theater in Betracht gezogen. Doch wenn von dir gefordert wird, die entsprechenden Rollen durchzuspielen, so disputtierst du darüber nicht. Also gute Miene zum bösen Spiel gemacht und das ganze durchgezogen. Ich bin nur froh, dass keine der Heiligkeiten meine kläglichen Versuche in diese Richtung mitbekommen hat. Da war mir die Robe irgendwie lieber. Doch was soll es. Diese Entscheidung obliegt mir nicht. Von mir wird Gehorsam erwartet. Und ich nehme meine Lektionen so ernst, wie es mir möglich ist.

Im Moment beschäftige ich mich mit dem zweiten der Vier Götzen. Der Blender wurde behandelt und ich glaube, er war zufrieden. Diesbezüglich ist kein Tadel beinahe schon Lob, darüberhinaus vermag ich ihn einfach nicht einzuschätzen. Jetzt aber, ist ersteinmal die Hure an der Reihe. Meine Gedanken dazu sind gemacht. Doch ist es nicht so, als ginge es in diesen Mauern und fernab davon ruhig zu für unsereins. Es gilt Dinge zu besorgen. Viele Dinge, exquisite Dinge aber vor allem Dinge, die man nicht so einfach auf dem Marktplatz kaufen kann (und erst gar nicht danach fragen sollte!).

Also habe ich das, was ich auf später verschoben habe, vorgezogen und die Städte der Verblendeteten bereist. Als ich zurückkam, hätte ich am liebsten irgendwem den Hals umgedreht. Zumindest Falkensee lässt jede Ordnung vermissen und ist eine Stadt voller Verrückter. Dort finden an jeder Ecke Dinge statt, die man sonst nur in den desolatesten Regimentern, die schon viel zu Lange an der Front eingesetzt sind und wo jede Disziplin verloren gegangen ist, finden kann. Seis drum. Ich gehöre nicht wirklich dazu. Ich mische mich unerkannt und unbehelligt unter sie. Auch wenn das mitunter bedeuten mag, dass man mich dazu einsetzt, mich jenen anzuschließen, welche meine Herren jagen. Na viel Spaß dabei.

Zweimal ist es mir das bislang schon passiert. Beide male habe ich die Klappe gehalten, mir meinen Teil gedacht und amüsiert die Landschaft betrachtet. Sollen sie sie ruhig jagen. Meine Herren kommen jeden Abend wohlbehalten zurück, wenn sie Sein Wort verkündet haben. Die beinahe bedauernswerten Gestalten, die ihnen über den Weg gelaufen sind und sich dann gen der Städte schleppen, sprechen dagegen eine ganz andere Sprache.

Der Rave scheint mir mitunter Probleme zu haben. Ich weiss aber noch nicht genau, woran das liegt, da wir die meiste Zeit irgendwo getrennte Wege gehen um in aller Eile das zu besorgen, was uns aufgetragen wurde. Doch so, wie er mein Lehrer in gewisser Sache ist, so bin ich der seine in anderen Belangen. Und ein Lehrer achtet auf seinen Schüler.

Heute hat er es sich offenbar mit dem anderen verscherzt, soweit ich das mitbekommen habe. Ich habe keine Ahnung, was dazu geführt hat und ich will nicht sagen, dass er sowas doch hätte verhindern können. Wir lernen noch. Und wir machen nach wie vor Fehler. Aber es schien wohl etwas zu sein, dass etwas mehr Missfallen nach sich zog. Umsonst wird man nicht an diesen Ort gerufen. Schon gar nicht als Gefolgsmann und vor allem nicht zum Anderen.

Ich war ehrlich gesagt, heute -wieder einmal- kurz davor, Bekanntschaft mit Ihrer Klinge zu machen. Ja, man hätte ahnen können, dass ich bisweilen nur einen der Ehrwürdigen hinter Ihr habe stehen sehen. Und man hätte es ahnen sollen. Da Sie nie sehr laut spricht -das hat sie auch gar nicht nötig- hat es mich ziemlich überrascht, zu erfahren, welch verdammt lautes Organ diese Persönlichkeit doch beherbergt. Wenn ich behaupte, mir war nicht ganz wohl bei der Sache, ist das eine schöne Untertreibung. Das ich nicht die Gesichtsfarbe gewechselt habe, war noch das Beste daran. Und mein Tempo hätte einem Meldeläufer durchaus Konkurrenz machen können. Habe mir das Knie gegen die Tischkante geschmettert und ein etwas steifes Bein. Ein geringer Preis.

Und doch hatte dieser Tag etwas höchst erbauliches. Wir mögen nur das Gefolge sein, doch ließen die Herren sich heute dazu herab, in gar beachtlicher Zahl gerade diesem Gefolge beizustehen, auf dass die Sache zu einem befriedigendem Ergebnis gebracht werden kann. Bei aller Strenge, Distanz und Bestrafung wissen sie sehr genau, dass es Dinge gibt, die wir einfach nicht alleine tun können, da mag auch aller Spott (über unsere vermeintlichen Verlustzahlen) des Blonden Ehrwürdigen nichts ausrichten.

Und sie beobachten uns offenbar. Es gibt nur eine Person auf der Insel, die ein mir sehr einprägsames Wort im Sprachgebrauch hat und wie der Zufall so will, treffe ich ausgerechnet in Falkensee eine über die Maßen höfliche Figur an, die von der Statur dazu passen will und das gleiche Wort benutzt. Zunächst, war es nur ein Verdacht. Die Stimme klang ein wenig heiserer, aber die Fragestellung, insbesondere auf die zu findenden Antworten (und dem dazugehörigen Wo) mehrten meine Skepsis. Die Verabschiedung aber bestätigte meinen Verdacht. Ich wählte meine Verabschiedung aus schierer Tollkühnheit mit dem genau selben Wort. Ob es meinem Gegenüber aufgefallen ist? Mit ziemlicher Sicherheit.

Es gibt nicht viel, was sie nicht sehen...

Heute Nacht stehe ich einer Frau zur Verfügung (als Geschenk im wahrsten Sinne des Wortes) um ihre Fragen zu beantworten. Ich glaube, sie weiss gar nicht, was für ein Geschenk das ist. Das wissen wir alle nicht, finden es jedoch sehr schnell heraus. Die einfache, völlig unkomplexe Möglichkeit, Fragen stellen zu dürfen. Meine Antworten wähle ich je nach Bedarf ausholend und umfassend erläuternd, oder kurz und knapp. Je nachdem, wie nebensächlich, treffend oder unnütz die Fragen dieser Frau sind. Absichtlich gebe ich mich distanziert. Ich habe erstens nichts zu verschenken, zweitens wäre falsche Milde völlig kontraproduktiv. Nein. Sie muss es lernen und bestehen, wie wir anderen es auch mussten. Alles andere wäre ihr gegenüber nicht gerecht.

Und so tritt sie morgen vor die Tafel um zu berichten. Und ich werde ihnen mitteilen, welche Fragen sie mir gestellt hat. Für sie, wie für mich eine Prüfung. Jeden Tag aufs neue."

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 10.04.12, 14:15 
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Vivere militare est

(Zu leben heißt zu kämpfen)

Auszug aus dem Tagebuch eines Feradai:


"Welchen Tag haben wir heute? Ich weiss es nicht und es interessiert mich nicht. Heute ist der erste Tag, den ich wieder in Freiheit bei meinesgleichen verbringe. Und nur das zählt in erster Instanz. Dies hier sind meine Eindrücke aus der Gefangenschaft in dem Wissen, dass sie von den Ehrwürdigen beurteilt werden könnten.

Es war Marnie Ruatha, die mich zu Fall brachte. Marnie Ruatha, die einzige, die je mein Gesicht in der Uniform eines Feradai erblickt hatte. Und natürlich begegne ich ausgerechnet ihr bei meinen Besorgungen in Falkensee. Wie das Schicksal es will, kommt mein Pferd aus der Spur, weil ich bei meinem rasanten Ritt Richtung Öde ausgerechnet den Tag erwische, an dem die Verblendeteten Truppen sich vor exakt diesem Tor sammeln, um den Wall zu befreien wie ich später erfuhr. Und natürlich ist eine Adelige unter dieser Truppe, die sich durch meinen Ritt gestört fühlt und was passiert? Sie schickt mir die Rittergarde hinterher.
Mein Pferd strauchelt, ich habe Mühe es unter Kontrolle zu bringen. Mein Herz rast, meine Gedanken sind geschärft wie nie. Mein Blut rauscht nur so durch meinen Körper und meine Hände sind trocken, die Finger jederzeit bereit Stahl zu umklammern und mir meine Freiheit mit der Klinge teuer zu erstreiten.

Endlich gelingt es mir, das Pferd unter meine Herrschaft zu bringen. Er ist jung, hat sich erschrocken, ihm fehlt die Erfahrung. Er kann nichts dafür und doch bin ich umzingelt. Die Rittergardisten wollen mich lediglich zu einer höflichen Moralpredigt mitnehmen. Doch Ruatha holt mich ein. Greift nach meinen Zügeln, lässt entgegen meiner wiederholten Warnung nicht los. Und sie enthüllt, wer ich bin. Schlägt die Maske, die zu tragen ich ohnehin gehasst habe in tausend Scherben, die nicht zu kitten sind. Mein Schwert erreiche ich nicht, denn Ruathas Pferd drängt so dicht an meine Flanken, dass mein Oberschenkel eingeklemmt wird.
Aber der Dolch fährt aus dem Schwertgehenk, sticht nach der Hand, die es wagt, nach meiner Freiheit zu trachten und trifft ihr Ziel. Es geht mir nicht darum zu verletzen. Es geht mir darum mich ihrem Zugriff zu entziehen und so gebe ich meinem Pferd die Sporen. Ich bin nicht gewappnet, führe kein Schild mit mir. Lediglich mein Schwert ein Dolch und mein Speer sind meine heutigen Gefährten und die anderen sind schwer gerüstete Reiter, die just dabei waren, in den Krieg zu ziehen. Mein Pferd ist ausgeruht und gut zugeritten. Ich sollte keine Probleme haben, schon in kurzer Zeit viel Distanz hinter mich zu bringen.
Und doch kommt es anders. Rot blüht die Welt auf, als Agonie sich von meinem Rücken ausbreitet als mich die Klinge das erste mal trifft. Ich weiss nicht wie mir geschieht und ehe ich mich versehe ist der Gardist heran.

Erst viel später geht mir auf, welch ehrloses Handeln mich in Feindesfänge gebracht hat, ich hörte keinen Ruf stehen zu bleiben, mich zu stellen und keine Warnung ereilte mich. Aber ich spieh ihm meine Verachtung ins Gesicht. Mit den ersten beiden Treffern hat er mich so gut wie besiegt. Meine Sicht verschwimmt, ich finde meine Klinge nicht und so bleibt mir nichts anderes, als im Sattel zu kauern und auf das unvermeidliche zu warten. Und das sage ich ihm auch. Die Klinge saust herab, fällt mich, ich falle vom Pferd, schlage mit dem Gesicht auf und gnadenvolle Dunkelheit umgibt mich.

Das Rauschen in meinen Ohren klingt langsam ab als ich wieder zu mir komme und ich höre ihre Stimme, weiss, dass ich verloren bin, da ich allein gegen drei stehe und Schwierigkeiten habe, auch nur geradeaus zu sehen. Doch es ist mir einerlei. Sollte ich hier sterben, zeige ich ihnen, wie man als Gefolgsmann des Wolfsbanners stirbt. Aufrecht und ohne Furcht. Dienst über den Tod hinaus!

Ich ziehe mich am Zaumzeug meines Pferdes empor und versuche meine Sicht zu klären, während die Adelige mit den Gardisten doch tatsächlich darüber streitet, wo ich hingebracht werden soll und ob ich überhaupt weggebracht werden soll. Es geht mir bescheiden und warm rinnt das Blut meine linke Flanke hinab aber selbst in diesem Zustand, kann ich ein spöttisches Lächeln nicht ganz unterdrücken. Man will mich entwaffnen, zeigt jedoch kaum Anzeichen, mir nahe kommen zu wollen.
Was würden sie wohl machen, wenn an meiner Stelle ein gewappneter Ehrwürdiger stehen würde? Schreiend davonlaufen? Narren sind sie. Und wie Narren sollen sie behandelt werden. Ich schnalle meinen Waffengurt ab, werfe ihn der Adeligen vor ihre Füße und verschränke die Arme vor der Brust. Samson, der Rittergardist übernimmt von hier an. Ich betrachte ihn zum ersten mal und würde mir am liebsten selbst das Gesicht mit der Faust verunstalten, wieder und wieder, denn was für einem Troll bin ich denn da ins Netz gegangen?

Scham erfüllt mich, aber ich zeige sie nicht. Stur und entschlossen verharre ich, als dieser Wahnsinnige mich anweist, mein treues Pferd dem sicheren Tod in der Öde zu überlassen. Er ist einer dieser Soldaten, der die Uniform toll findet, aber den Gedanken des Soldatentums nie verstanden hat. Genau das, was König Hilgorad gebrauchen kann. Ich bleibe hart, entweder streckt er mich an Ort und Stelle nieder, oder aber mein Pferd UND ich gehen dorthin, wo sie uns haben wollen. Ich siege. Rakal verbleibt nicht alleine zurück. Ich bin vielleicht nur ein Feradai. Aber ich bin ein Krieger. Und mein Pferd und ich sind eine Einheit, die aufeinander aufbaut. Der eine sorgt für das überleben des anderen. Etwas, was dieser schnieke Bursche in seiner Uniform nicht erkennen kann.

Seeberg. Hort der Ritterschaft und Beginn meiner Folter. Dreimal weise ich daraufhin, dass ich am nächsten Tag verblutet bin, denn ich spüre, wie mein Schritt immer wieder durchnässt wird. Langsam, aber stetig. Es interessiert niemanden, weder Samson, der viel mehr damit beschäftigt ist, meinen Tornister an sich bringen zu wollen, den Nortraven, noch ihren "Gardemeister". Obwohl. Ihren Gardemeister interessiert es, er hat nur auf so etwas gewartet. Seinen Schlag kannte ich damals in der Armee zur Genüge und habe ihn damals schon verachtet, als ich selber noch dem königlichen Offiziersstand angehört habe. Er kommt mit Bandagen zurück und ich will ihn schon fragen, was er von der Heilkunst versteht und ob er denn meint, dass ein kläglicher Druckverband ausreichend ist. Dann steigt mir der Geruch von Salz in die Nase und ich weiss Bescheid. Er nutzt meine Schwäche für die Folter, nicht um mir zu helfen.

Als das Salz mein geschundenes, blutendes Fleisch berührt schreie ich und schreie ich und schreie ich...es vergeht eine Zeit, bis ich mich wieder genug gefasst habe, aber dennoch wankt mein Bewusstsein am Rande der Wahrnehmung und tatsächlich bedarf es eines Elfenritters, der meine Qualen lindert. Sein Zauber presst das Salz so gut wie aus meinen Wunden. Dennoch hat er keinen vollen Erfolg. Vermutlich weil seine Magie die Magie des Blenders ist und bei mir nicht mehr richtig wirkt. Die Salznarben trage ich noch immer und sie werden mich stets daran erinnern, wie der Gardemeister seine Gefangenen behandelt. Und auch der Elfenritter wird nicht vergessen. Mag er auch mein Feind sein, mag er für all das stehen, was ich zu verachten gelernt habe, so scheint er mir einer der wenigen, der noch an das glaubt, was er zu vertreten meint. Und das von einem Elfen!

Das Procedere hat mich mehr geschwächt als mir bewusst war. Ich erwache in einer völlig fremden Zelle in einem Bett? Wo mag ich hier wohl sein? Ah. Man klärt mich darüber auf, dass es Falkensee ist und ich im Ordenshaus gefangen gehalten werde, zusammen mit einer Feradai und dem Ehrwürdigen Kiehn. Aber wie? Fragen brennen mir auf der Zunge, doch der Hochgeweihte und seine Geweihte versuchen ein weiteres mal, mich in die Zange zu nehmen. Bis hierher habe ich nie bestätigt, dass ich ein Feradai bin. Sie haben mir die falschen Fragen gestellt bis zuletzt der Hochgeweihte mich zum Schweigen brachte, denn mit einer Lüge über meinen Eid werde ich mich nicht belasten. Und so wussten sie ohnehin, was ich bin.
Aber als man mich schlussendlich fragte, wie die Pläne des vandrischen Heeres wären, und was der heilige Valkai vor hätte, da platzte mir der Kragen. Wie man so dumm sein könne, einem Feradai solche Fragen zu stellen. Ich gab es zu. Später stellte sich heraus, dass Adara unabsichtlich enthüllt hatte, was ich war.

Seis drum. Es liegt keine Schande darin, preis zu geben, wer wir sind. Sollen sie es ruhig wissen. Aber die Folter hört nicht auf. Schlussendlich wird zunächst Adara, später der Ehrwürdige Kiehn in meine Zelle verlegt. Wir betten ihn auf der Bettstatt, versorgen ihn abwechselnd und halten über ihn Wache. Treue wird mit Treue vergolten, eine Lektion die ich nach meiner Gefangenschaft deutlich in Erinnerung gerufen bekommen soll. Er hat sich gefangen nehmen lassen, um mich zu beschützen. Jetzt ist er dem Tode nahe, vergiftet von dem götzenwerk seiner Häscher. So ehrenvoll der Hochgeweihte sich gibt, so zeigt er doch überhaupt kein Mitleid mit seinem Feind.

Wengistens ist er ehrlich. Aber ich sehe mich Minute um Minute, Zyklus um Zyklus, Tag um Tag im Angesicht eines der Treusten der Treuen, der nurmehr ein entfernter Schatten seiner Kraft und Vitalität ist. Es frisst mich auf, denn ich weiss, dass es meine Schuld ist. Der Ehrwürdige ist die meiste Zeit schon nicht mehr ansprechbar. Und Adara ist zum Tode verurteilt. Ich kann sie nicht schützen und ich werde den Ehrwürdigen nicht mehr schützen können. Mir selbst blüht von allen noch das wenigste, soweit hat man mich informiert. Und doch. Mir kommt die Legende schmerzhaft in Erinnerung, die Legende die ich vernommen habe von "Ihr". Die Legende über die ich Zeugnis abgelegt habe. Nach der ich meinen Eid leistete. Ich kenne den Preis.

Adara und ich wissen beide, dass die Zeit davon läuft. Sie ist ruhig, im Angesicht des Todes. Ich bewundere sie dafür. Und dennoch zeugt auch ihr Antlitz von der Sorge um den Ehrwürdigen. Hier und jetzt sind die Rollen vertauscht. Wir sind für ihn verantwortlich. Wir beschützen seine sterbliche Hülle, während er den Kampf um seine Seele führt.

Es gibt für mich nur mehr einen Ausweg. Ausbruch. Es wird hart und es wird kein ehrenvoller Zweikampf werden. Doch die Ehre die man mir verweigert hat, zolle ich nun meinen Häschern. Denn ich werde sie nicht hinterrücks töten und ihre Gefangenschaft soll nur solange währen, bis wir frei sind. Die Geweihte fällt uns zum Opfer. Sie wird schlussendlich überwältigt, obwohl der Kampf zulange gedauert hat. Denn der Hochgeweihte sieht nach ihr und ich bin alles, aber kein Satai, der diesen Kampf auf gleicher Augenhöhe führen könnte.

Ein Patt entwickelt sich. Da stehen Adara, bewaffnet mit einem ramponierten Stuhl und ich mit leeren Händen, mit einer bewusstlosen Geweihten hinter uns in einem Gang, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Vor uns der Geweihte. Die Peitsche fährt hernieder, zieht einen schmerzhaften Striemen über meinen Oberarm. Doch wir geben nicht nach. Wir dürfen nicht. Das ist vermutlich die einzige Chance die wir bekommen. Und egal wie aussichtslos der Kampf ist. Adara und ich weichen nicht. Worte werden gewechselt und es nähert sich dem unweigerlichen Ende.

Doch zu leben, heisst zu kämpfen. Der Ehrwürdige schwankt aus der Zelle heraus. Mit jeder Sekunde, die er seinem Götzengefängnis entrissen ist, wird sein Blick klarer und er wird zum Herr über die Situation. Wir kümmern um uns um die Geweihte, das Reden übernimmt er. Und er hat Erfolg. Versprechen werden ausgetauscht, ein Duell zwischen ihm und Altor. Doch nur zwei wird man ziehen lassen. Da bleibt der Hochgeweihte hart. Adara und ich streiten uns. Sie ist, zum Tode verurteilt will bleiben. Ich schimpfe sie eine Närrin. Doch die Entscheidung trifft der Ehrwürdige. Und seine Wahl fällt auf mich.

Wie ein Hieb fahren die Worte auf mich hernieder, dass ich diesen verfluchten Ort verlassen und sie zurücklassen soll. Aber ich muss gehorchen. Und so verlassen wir die Stadt, unbewaffnet, unbewehrt, aber am Leben und mit jedem Schritt, den der Ehrwürdige tut, wird er sicherer, gefasster. Unsere Wege trennen sich, denn er hat noch etwas zu erledigen. Kein Wort der Strafe für mich, kein böser Blick. Er gibt mir seinen Segen, gemahnt mich, stark zu bleiben für das was kommt und zu berichten.

Und so trete ich schweren Herzens meinen Weg nach Hause an.

Ich werde nicht wirklich bestraft. Doch man zeigt mir, welche Konsequenzen meine Handlungen für die Bruderschaft hatten. Welche Gefahr sie meinetwegen auf sich genommen haben. Wäre ich nicht so ausgelaugt, wäre ich vermutlich zu Tränen gerührt in dem Wissen, dass sie mich nicht aufgegeben hatten. Und "Ihre" Worte werde ich nicht vergessen welche frei ausgelegt besagen, dass es nur den Treusten der Treuen zustehe, über die ihren zu richten. Das ist wahre Treue. Jetzt verstehe ich es.

Nach einer Nacht im Sanctum, in der ich alles noch einmal bildlich vor mir sehe, werde ich vor die Satai geführt. Und zu meiner grenzenlosen Erleichterung scheint man Adara freigelassen zu haben. Vielleicht habe ich diesen Hochgeweihten doch falsch eingeschätzt.
Man hält über meine Taten Gericht und ich bin auf alles vorbereitet, selbst auf ein Todesurteil oder die Verbannung. Doch es kommt alles anders. Vielleicht wähnt man mich schon genug gestraft. Vielleicht hat es Gründe, die mein Wissen einfach bei weitem übersteigen. Denn die Worte des Satai, obschon ihnen Weisheit innewohnt, übersteigen mein Verständnis diesmal so weit, dass ich es nicht in Worte zu fassen vermag. Doch wie er schon sagte, vielleicht werde ich es eines Tages verstehen."

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 18.05.12, 23:12 
Einsiedler
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Auszug aus dem Tagebuch eines Gefolgsmannes:


"Es ist eine Weile vergangen, seit ich Zeilen zu Papier brachte. Das mag daran liegen, dass ich für eine Aufgabe abberufen wurde, und mich dieser mit all der Entschlossenheit widmen musste, die von mir verlangt werden.

Dennoch ist etwas passiert, dass ich nie für möglich gehalten hätte. Eine Tochter. Ich habe eine Tochter. Fünfzehn Jahre lang hat meine ehemalige Gefährtin dieses Wissen vor mir Geheim gehalten. Ganze Fünfzehn Jahre lang habe ich nichts davon gewusst. Kürzlich ist sie an der Schwindsucht verstorben und hat ihrem Gewissen noch auf dem Sterbebett Linderung verschafft.

Man könnte sagen, die Tage nach dieser Erfahrung waren turbulent für mich. Mir war von Anfang an klar, dass ich diesem Kind nie ein Vater sein könnte, wie es das Buch vorsieht. Ich habe einen Eid geschworen, der derlei nichts zulässt. Und wie könnte ich guten Gewissens eine Familie haben, wo mein Fürst die seine auf so tragische Weise verloren hat. Unsere Treue beweisen wir doch am ehesten dadurch, dass wir, wo es der Fall wie bei mir ist, seine Bürde mit auf unseren Schultern tragen.

Es war ein wenig verzwickt, es ausgerechnet zwei Frauen erklären zu müssen. Ich möchte an dieser Stelle einfach mal in den Raum stellen, dass ein Mann meine Gedankengänge vermutlich einfacher verstanden hätte. Wie sage ich so schön: Sei´s drum. Botschaften haben ihren Weg begonnen und bei ihrem Eintreffen, wird alles in die Wege geleitet sein um meine Tochter nach Vandrien zu verschiffen. Dort soll sie in die Obhut einer gläubigen Familie gegeben werden. Damit habe ich alles für sie getan, was ich tun kann an dieser Stelle. Ich habe das Gefühl, dass ich mich für ihren weiteren Werdegang interessieren werde und bin gespannt, wie sie sich machen wird. Doch wird sie mich nicht kennenlernen. Beide müssen wir uns auf unsere Wege konzentrieren und ein Zusammentreffen dieser ist nicht mein Ziel.

Brandenstein ist eine Stadt, die jemanden wie mich dazu bringt, sich einsam und verwundbar zu fühlen. Die Ehrwürdigen kommen nur selten hier her, da sie gänzlich wichtigere Pflichten zu erfüllen haben und wir verstehen das alle. Dennoch sind wir hier um den Gläubigen zu zeigen, dass die Bruderschaft sie nicht aufgegeben hat, an ihrem Schutz interessiert ist. Das gibt mehr Menschen Kraft, als ich zunächst angenommen hätte, Lukas Abneigung gegen die Bruderschaft zum Trotz. Mittlerweile vermisse ich die beruhigende Anwesenheit der Ehrwürdigen mehr, als ich zunächst für möglich erachtet hätte.

Dennoch gestalten sich die Tage langwierig. Keine Schulung, kein Unterricht, die Gespräche mit den Bewohnern bar jeder Preisgabe von Informationen, da wir nicht wissen, wie weit das Netz von Lukas reicht. Zurückhaltung, da mein niederer Rang es ohnehin nicht ratsam erscheinen lässt, mit den leuten offiziell in Kontakt zu treten, denn sie sehen naturgemäß ein Mitglied der Bruderschaft in mir. Meine Handlungen und Taten sehen sie also stets in einem öffentlichen Licht.

Manchmal fühlt es sich an, als würde ich auf der Stelle treten. Erging es so einem gewissen Khetai, der nun die Zinnen der Burg ziert? Wenn es so ist, so ist Geduld die Tugend, auf die es hier am meisten ankommt. Geduld und Vertrauen.
Ich tröste mich mit dem Wissen, etwas gutes für die Gläubigen zu tun und sei es nur, sie wissen zu lassen, dass wir da sind und sie nicht vergessen haben. Dennoch komme ich nicht umhin, Adara ein wenig zu beneiden. Die Demut verlangt von mir, meinen Platz zu kennen und mittlerweile habe ich mir diese Lektion auch verinnerlicht. Und doch ist es mitunter schmerzlich, zu sehen, wie sie weiter gelehrt wird. Zu gern würde ich mehr erfahren und lernen.

Andere bestimmen über meinem Weg. Ich halte an meinem Vertrauen zu Ihm und Ihnen fest."

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 24.05.12, 17:48 
Einsiedler
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Registriert: 27.11.11, 18:47
Beiträge: 97
Auszug aus dem Tagebuch eines Schülers:


Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Meine Wahl ist final und endgültig gefallen. Nicht einmal der Tod kann mich jetzt noch mehr als nur partiell von meinem Eid erlösen. Meine Lehrmeisterin hat für uns beide die Wahl getroffen. Jetzt wird sich zeigen, ob ich fallen oder bestehen werde.

Der Moment, wo mein altes Leben geendet und der Rest meines neuen Lebens begonnen hat, war so erhebend wie einschüchternd gleichzeitig. Mehr Augen als ich zählen könnte, ruhten über mir, wägend, urteilend, bemessend.

"Betrachte mich als Richter, deinen ärgsten Feind, aber auch als Deinen Lehrer". Das waren die Worte, die Sie an mich richtete. Aus meinen Beobachtungen heraus weiss ich, dass ihre Worte mehr als nur wahr sind. Allerdings kann ich Sie nicht als Feind ansehen. Vielleicht ist das auch nur eine Frage der Zeit, bis mir diese neue Betrachtungsweise gelingen wird. Ein kleiner Vorgeschmack, was passiert, wenn man gewisse Grenzen übertritt, wurde mir schon zuteil. Und dabei bin ich vermutlich noch mehr als glimpflich davongekommen. Dies eine mal.

Die Freude und Dankbarkeit, die mich erfasst haben, sind einer Esmigkeit gewichen, die mich selbst überrascht. Es haben sich Probleme aufgetan, über die Lösungen gefunden werden wollen. Und vielleicht muss ich es mir auch nur selbst beweisen, aber ich glaube, ich kann etwas zum höheren Wohl Seines Werkes beitragen. Marginal, mit Sicherheit nicht kriegsentscheidend, aber nicht ohne Wert.

Mit neuer Energie stürze ich mich in die Geschehnisse des Tages, wann immer möglich mit dem Hintergedanken, an die Lektion der Geduld, die zu lernen manchmal schlimmer ist, als jede Strafe, die man ersinnen könnte.

Es gilt, die Augen jetzt nach vorne zu richten. Man hat mir das Vertrauen geschenkt und ich habe nicht vor, es zu enttäuschen. Mein Blick ist auf die Gegenwart und die Zukunft gerichtet und wenn ich etwas beitragen kann, so soll das geschehen. Neue Aufgaben harren ihrer Erfüllung.

Die Zeit der Demut hat begonnen.

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 18.11.12, 23:20 
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Beiträge: 716
Aus dem Tagebuch eines Morotai:

"Es ist mehr als nur einige Zeit vergangen, seit ich jene Blätter zuletzt mit meinen Gedanken befüllt habe. Habe ich eine Angewohnheit vernachlässigt? Lange habe ich darüber gegrübelt, doch muss ich verneinen. Die Zeit der Demut war lange, entbehrungsreich und lehrte mich Geduld, wie ich sie nie zuvor aufbringen konnte.

An der Seite meiner Lehrmeisterin bestritt ich so manches Problem, machte Fehler und leistete Sühne für jene. Stunden verflüchtigten sich zu schemenhaften Tagen, von denen ein jeder Veränderungen mit sich mit brachte. Jeder dieser Tage versetzte mich erneut in Staunen, Ehrfurcht und so manches mal mit Furcht. Beseelt von dem brennenden Wunsch, nicht zu versagen und auf dem Pfad nicht zu fallen, wo vor mir bereits zwei Khetai gescheitert waren, trieb ich mich immer weiter und weiter an. Innehalten bedeutet Stagnation und Stagnation ist gleichbedeutend mit Versagen.

Nur jene von uns, die des Lernens willens und mächtig sind, bestehen in ihrer Zeit als Schüler. Während die Ehrwürdigen ihren Pflichten auf der Insel des Schicksals und darüber hinaus nachgingen, war es an mir unter der gestrengen Hand meiner Lehrmeisterin Tag für Tag zu lernen. Ihre Lektionen waren erhebend, lehrreich und nicht zuletzt von Kompromisslosigkeit geprägt.

Die Lehre darf nicht verfälscht werden, denn es hieße, die Reinheit zu verwässern. Ein Fehler in der Ausbildung ist ein schweres Vergehen, ein Fehler, den man an das Gefolge weitergibt grenzt an Sünde. Um sich ihre Reinheit zu bewahren und jene, die sie für der Lehre würdig empfinden ebenfalls zur Reinheit zu bringen, fungieren die Ehrwürdigen als die ehernen Bewahrer ihres Wissens, ihrer Codices und ihrer Lektionen.

Die Ehrwürdige machte ihre Worte wahr. Sie war und ist meine strengste Richterin und mein größter Feind, aber auch meine Lehrerin. Doch die beinahe knisternde Kälte, die aus ihren Augen lodert und ihrer Stimme spricht, vermag mir innerlich das Fleisch von den Knochen zu schälen und meine Seele erfrieren zu lassen.

Einst sagte einer der Tardukai zu mir, dass die Zeit als Gefolgsmann die schönste Zeit sei und das ich sie genießen solle. Wie Recht er doch hatte. Wie unbeschwert diese Zeit doch war. Blicke ich heute an mir herab, so sehe ich das dunkelgraue Gewand eines Morotai und jeder Fehler, den ich jetzt mache wird mich mit ziemlicher Sicherheit das Leben kosten. Sie sind nicht tollerierbar, entsprechend meinem Wissen und meiner Erfahrung.

Und so wie ich die Worte gelehrt wurde, so gebe ich jene Lehre weiter an diejenigen, die die Suche nach einem Ziel auf den Pfad des Suchenden gebracht hat. Ich sehe, wie sie ihren Eid als Gefolgsleute leisten und sich binden, ich sehe, wie sie die ersten Schritte auf dem steinigen Pfad tun, den auch ich einst angetreten habe und es erfüllt mich mit Stolz und Sorge gleichermaßen.

Ihre Fehler sind die meinen. Meine Handlungen haben weitreichende Konsequenzen angenommen, für sie, wie für mich. Eine wurde aus unserer Mitte entlassen und ich brachte jenen Fall vor Sie. Ich denke, ich bin nur noch am Leben, weil kein anderer Schüler da war, um mir die Schwere meiner Handlungen zu erläutern.

Ich bin Lehrer, Prüfer, Richter und wo nötig Henker. Macht wurde mir in die Hände gelegt, als man mir das graue Gewand übergestreift hat und nur wer jene Macht verantwortungsbewusst, korrekt und ohne zu Zögern in seinem Willen wahrnimmt, der wird bestehen. Wer sich von ihr blenden oder verführen lässt, wer seine Schwächen dahinter zu verbergen versucht, der wird, durchbohrt von der schwarzen Klinge vandrischen Stahls, zu Boden gehen und sein Leben als Verräter und Schwächling aushauchen.

Die Welt um mich herum ist heute viel klarer geworden. Wo ich früher Farben mit hunderten von Nuancen sah und mich oftmals in ihnen verlor, um ziellos umher zu irren und mich in meinen Entscheidungen zurückzuhalten, reduzieren sich die Farben nach und nach, bis das Bild in geistiger Klarheit vor mir liegt und die Entscheidung in festem Willem getroffen werden kann. Ich war noch nie in so guter körperlicher Verfassung wie es heute der Fall ist, dennoch ist mein Geist nicht frei von Einflüssen.

Noch heute wache ich schweißgebadet auf, wenn ich an die Prüfung zurückdenke, die man mir als denkwürdige Lektion mit auf den Weg gegeben hat. Mein eigen Fleisch und Blut, wie es an der Seite jener, die zu erlösen ich trachte unbeirrbar auf mich zustürmt. Auch wenn ich es niemals öffentlich zugeben wollte, so schmerzt mich dieser Gedanke sehr. Ich bin mir im klaren darüber, dass sie es weiss. Ihr entgeht nichts und wir sind eingestimmt aufeinander wie zwei Musiker, die endlose Stunden und Tage miteinander geübt haben. Ich kann und will mich vor ihr nicht verstellen. Meine Zurückhaltung aber respektiert sie, so wie ich die ihre respektiere. Geste und Blicke sind oftmals das einzige, was zwischen uns stattfindet um das Ziel klar zu definieren und unser Handeln zu vereinen.

Wären wir nicht, was wir sind, so glaube ich, hätten wir gute Freunde werden können. Jetzt, sind wir so viel mehr als das..."

Ich schließe jene Zeilen und wimde mich meinen Aufgaben, meiner Lehre und meinen jungen Schülern. Sie sind der Schatz und die Essenz des Fortbestandes. So gestreng wir ihnen entgegen treten, so kostbar sind sie, da aus ihnen jene werden können, die das Schwert für jene führen, die uns nun vorstehen und die den wahren Glauben hochhalten. Sie rechtfertigen jeglichen Einsatz auch über die Pflicht hinaus, da es sie zu formen und zu festigen gilt. Noch einmal wird mir kein Gefolgsmann auf diese Art verloren gehen!

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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 12.01.13, 01:43 
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Letum non omnia finit – Der Tod beendet nicht alles

Die drohenden Schatten, die sich über allem wölbten, ließen die Häuser im Dämmerlicht versinken. Einzig die Burg erhob sich trotzig ihnen entgegen. Solange noch einer von ihnen atmete würden sie dem drängenden Verderben entgegentreten.
Unten auf dem Burghof wieherte ein Pferd, keilte aus und war nicht zu bändigen. Ein scharfer Ruf von ihr und ihm wurden Sattel und Trense abgenommen und im halsbrecherischen Galopp verschwand es durch das Tor. Es würde nicht zurückkehren.

Es waren Momente wie diese, welche einen weiteren Ring in ihren dunklen Panzer fügten. IHM zu dienen verlangte alles, weniger war nicht genug, würde es nie sein. Das Schwert jedoch - heut war ein weiteres in ihrer Hand zerbrochen. Die Klinge schien so vollendet, so kunstvoll geschmiedet und doch hatte sie etwas übersehen, eine Trübung, eine Schwäche. Hätte sie diese noch einmal ins Feuer stoßen sollen, noch einmal unter dem hell klingenden Hammer formen?
Ein tiefer Atemzug ließ all dies hinter ihr zurück. Auf diesem Weg gab es kein Zögern und kein Innehalten, er trieb einen weiter und weiter. Das Blut, das sie immer sah, wenn sie auf ihre Hände blickte, würde ein Teil von ihr werden, wie so vieles andere auch.

War es nicht das, was es jeden Preis wert machte? Ihm dienen zu dürfen?!

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And who are you, the proud lord said / that I must bow so low? / Only a cat of a different coat, / that's all the truth I know.
In a coat of gold or a coat of red, / a lion still has claws, / and mine are long and sharp, my lord, / as long and sharp as yours.
And so he spoke, and so he spoke, / that lord of Castamere, / but now the rains weep o'er his hall, / with no one there to hear.
Yes now the rains weep o'er his hall, / and not a soul to hear.


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 Betreff des Beitrags: Re: Mors certa, hora incerta
BeitragVerfasst: 13.01.13, 14:56 
Einsiedler
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Registriert: 20.02.06, 13:07
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An einem Ort fern des Lichts steht eine Kriegerin und hält die letzte Wacht über dem leblosen Körper eines Kriegers. Und an der schmalen Grenze zwischen Gebet und Gesang erklingen Worte, die seit ungezählten Monden nicht mehr erklungen sind. Seit damals, als ein anderer Krieger sie seiner gefallenen Schwertschwester zum letzten Gruss entbot.


Ich fühle sie schon seit der Dämmerung.
Der Wald ist so still und du begreifst nicht warum.
Nebel liegt schwer auf der dunklen See
dort warten die Schatten, kannst du sie seh'n?

Das Schattentor steht offen heut' Nacht
Sie kommen mich holen mit des Einen Macht
Wir sagen Heimkehr, sie nennen es Tod.
Es sei wie es sei, denn bald bin ich fort.


Durch das Tor siehst du die Welt der Nacht,
wo Schatten tanzen, bis der Morgen erwacht
wo alles schläft unter blutrotem Mond
und keiner weiß, was in den Ebenen wohnt.

Das Schattentor steht offen heut' Nacht
Sie kommen mich holen mit des Einen Macht
Wir sagen Heimkehr, sie nennen es Tod.
Es sei wie es sei, denn bald bin ich fort.


Dunkle Brüder, nehmt mich mit
niemals mehr will ich hierher zurück.
Stets habe ich fest an euch geglaubt
nur die Viere haben mir meine Träume geraubt.

Das Schattentor steht offen heut' Nacht
Sie kommen mich holen mit des Einen Macht
Wir sagen Heimkehr, sie nennen es Tod.
Es sei wie es sei, denn bald bin ich fort.


Seh' ich eine Träne auf deinem Gesicht?
Sag mir, freust du dich denn gar nicht für mich?
Dieses ist deine Welt, drum bleibst du hier
kämpfst weiter um die Wahrheit in dir.

Das Schattentor steht offen heut' Nacht
Sie kommen mich holen mit des Einen Macht
Wir sagen Heimkehr, sie nennen es Tod.
Es sei wie es sei, denn jetzt bin ich fort.


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Für diesen und für jeden gefallenen Bruder unter dem Wolfsbanner.



[abgewandelt aus dem Lied "Weltentor"; abgewandelte Version von Noraht Morgenstern]




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